Große Kunst: Wohnen, wie in einem Bild von Jan Vermeer van Delft
Er könnte der meistgeliebte Maler des holländischen Barock sein – und in punkto Farbstimmung und Lichtsetzung kann man viel von ihm lernen
Karen Bofinger
31. Oktober 2015
Vielleicht ist es der fragende, melancholische Blick, der „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ so berühmt gemacht hat. Vielleicht der sanfte Lichteinfall vor schwarzem Schattengrund, die Farbkombination aus Indischgelb und Blau. Typische Stilmittel vieler Gemälde von Jan Vermeer van Delft (getauft 31. Oktober 1632; begraben am 15. Dezember 1675), einem der heute berühmtesten Maler des holländischen Barock – und vielleicht jener, der die Menschen am meisten rührt.
„Das Mädchen mit dem Perlenohrring“, um 1665, 45 × 40 cm, Öl auf Leinwand, Mauritshuis Den Haag
Gemalt um 1665, wurde dieses Bild erst im Laufe des 20. Jahrhunderts berühmt. Man weiß nicht einmal, wer abgebildet ist – anders, als es der Film von 2003 vermittelt, in dem Scarlett Johannson mit Rehblick das Hausmädchen Griet verkörpert, das Vermeer (Colin Firth) Modell sitzt. Alles Fiktion.
Was wir sehen ist ein Mädchen ohne Statusattribute, nur die Perle, sonst pur – modern – in Szene gesetzt. Der Turban ist nicht etwa holländische Tracht, sondern zeigt das damalige Interesse für die morgenländische Kultur (als Folge der Türkenkriege). Man könnte auch sagen: Wir sehen den Ethno-Style des Barock.
Gemalt um 1665, wurde dieses Bild erst im Laufe des 20. Jahrhunderts berühmt. Man weiß nicht einmal, wer abgebildet ist – anders, als es der Film von 2003 vermittelt, in dem Scarlett Johannson mit Rehblick das Hausmädchen Griet verkörpert, das Vermeer (Colin Firth) Modell sitzt. Alles Fiktion.
Was wir sehen ist ein Mädchen ohne Statusattribute, nur die Perle, sonst pur – modern – in Szene gesetzt. Der Turban ist nicht etwa holländische Tracht, sondern zeigt das damalige Interesse für die morgenländische Kultur (als Folge der Türkenkriege). Man könnte auch sagen: Wir sehen den Ethno-Style des Barock.
Man kann sich viel von diesem Bild abschauen, mindestens aber zwei Dinge: Wie wichtig Schatten für die Wirkung des Lichts ist. Und ein Farbschema: Blau und Gelb.
Der Schatten
Nur im Spiel mit einem dunklen Kontrapunkt kann Licht seine Wirkung voll entfalten – das gilt in der Malerei wie in Architektur und Interior. Hell kann es ohne dunkel nicht geben, und Ziel sollte stets ein interessantes Verhältnis zwischen beiden sein. Dieses Treppenhaus in einem Projekt des Architekten Eduardo Hernández, fotografiert von Yoshihiro Koitani, illustriert das wunderschön. Treppenhaus scheint ein zu profaner Begriff: es wirkt wie ein Meditationsraum, eine Kathedrale. Das gelingt durch gezielt einfallendes Licht – zum einen durch das schmale Oberlicht rechts oben, zum anderen durch den goldfarben strahlenden Schacht.
Dass ein Japaner dieses Foto gemacht hat, mag kein Zufall sein: Der Schatten spielt in der Ästhetik des Landes eine große Rolle.
Mehr zum japanischen „Lob des Schattens“
Der Schatten
Nur im Spiel mit einem dunklen Kontrapunkt kann Licht seine Wirkung voll entfalten – das gilt in der Malerei wie in Architektur und Interior. Hell kann es ohne dunkel nicht geben, und Ziel sollte stets ein interessantes Verhältnis zwischen beiden sein. Dieses Treppenhaus in einem Projekt des Architekten Eduardo Hernández, fotografiert von Yoshihiro Koitani, illustriert das wunderschön. Treppenhaus scheint ein zu profaner Begriff: es wirkt wie ein Meditationsraum, eine Kathedrale. Das gelingt durch gezielt einfallendes Licht – zum einen durch das schmale Oberlicht rechts oben, zum anderen durch den goldfarben strahlenden Schacht.
Dass ein Japaner dieses Foto gemacht hat, mag kein Zufall sein: Der Schatten spielt in der Ästhetik des Landes eine große Rolle.
Mehr zum japanischen „Lob des Schattens“
Das Farbschema
Ultramarin, Indigo oder Petrol mit Ocker, Indisch- oder Senfgelb: perfekte Farbpaare, die man häufig in Vermeers Gemälden entdeckt.
Wobei man, anders als in Vermeers Mädchenporträt, das Gelb in einem Raum wohl eher als Akzent verwenden würde, wie in diesem Schlafzimmer das samtbezogene Betthaupt vor blauer Wand. Die Farbkombination wirkt kuschelig, gemütlich – und ist gerade sehr modern.
Bettwäsche, Decken: Urbanara
Ultramarin, Indigo oder Petrol mit Ocker, Indisch- oder Senfgelb: perfekte Farbpaare, die man häufig in Vermeers Gemälden entdeckt.
Wobei man, anders als in Vermeers Mädchenporträt, das Gelb in einem Raum wohl eher als Akzent verwenden würde, wie in diesem Schlafzimmer das samtbezogene Betthaupt vor blauer Wand. Die Farbkombination wirkt kuschelig, gemütlich – und ist gerade sehr modern.
Bettwäsche, Decken: Urbanara
Auch in diesem Schlafzimmer funktioniert das Farbschema gut, mit der Bettbank als Akzent.
Durch die antiken Möbel wirkt das Ensemble hier etwas düsterer – doch der Teppich im Stile eines Beni Ouarain hellt es auf. Und schlägt gleichzeitig eine Volte zum exotischen Turban im Ausgangsbild – ein Hauch Ethno-Style.
Durch die antiken Möbel wirkt das Ensemble hier etwas düsterer – doch der Teppich im Stile eines Beni Ouarain hellt es auf. Und schlägt gleichzeitig eine Volte zum exotischen Turban im Ausgangsbild – ein Hauch Ethno-Style.
„Die Milchmagd“, 1658–1660, 45,4 × 41 cm, Öl auf Leinwand,Rijksmuseum in Amsterdam
Vor Fenster hat Vermeer seine Modelle gerne gestellt – in diesem Fall „Die Milchmagd“. Ein Bild, entstanden um 1660, das mit ähnlichen Mitteln und Farben spielt wie „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“.
Der „Meister des Lichts“ Vermeer inszeniert hier eine Idylle des Einfachen. Wie selbstvergessen die Milchmagd ihre Tätigkeit zu verüben scheint, wie lecker das Brot duften muss – dieser Verklärung folgen wir heute gerne, in unserer Landlust, die uns vom einfachen Leben träumen lässt.
Vor Fenster hat Vermeer seine Modelle gerne gestellt – in diesem Fall „Die Milchmagd“. Ein Bild, entstanden um 1660, das mit ähnlichen Mitteln und Farben spielt wie „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“.
Der „Meister des Lichts“ Vermeer inszeniert hier eine Idylle des Einfachen. Wie selbstvergessen die Milchmagd ihre Tätigkeit zu verüben scheint, wie lecker das Brot duften muss – dieser Verklärung folgen wir heute gerne, in unserer Landlust, die uns vom einfachen Leben träumen lässt.
Eine ländliche Speisekammer
Diese Speise- und Hauswirtschaftskammer könnte ebenso gut ein originales Vermeer-Setting sein – wir erkennen das Steingut wieder, und natürlich: den Lichteinfall durchs Seitenfenster.
Da ist sie: die Ästhetik des Einfachen, in der handfeste Materialien wirken statt Bling-Bling. Beim Kauf noch der einfachsten Dinge kann man durchaus auf ihren Werkstoff achten – nicht nur wegen der Nachhaltigkeit, sondern auch der Sinnlichkeit zuliebe. Wer hätte gedacht, dass Drahtkörbe so schön aussehen können wie an dieser Decke? Könnten Plastikkörbe das auch?
Diese Speise- und Hauswirtschaftskammer könnte ebenso gut ein originales Vermeer-Setting sein – wir erkennen das Steingut wieder, und natürlich: den Lichteinfall durchs Seitenfenster.
Da ist sie: die Ästhetik des Einfachen, in der handfeste Materialien wirken statt Bling-Bling. Beim Kauf noch der einfachsten Dinge kann man durchaus auf ihren Werkstoff achten – nicht nur wegen der Nachhaltigkeit, sondern auch der Sinnlichkeit zuliebe. Wer hätte gedacht, dass Drahtkörbe so schön aussehen können wie an dieser Decke? Könnten Plastikkörbe das auch?
Das Geheimnis des Lichteinfalls
Letztlich geht es bei der Inspiration durch ein Gemälde vor allem um die Stimmung – dafür braucht es in diesem Fall kein Ambiente im Landhausstil, das funktioniert auch im Industrie-Loft, durch dessen Fabrikfenster fades Stadtlicht fällt. Wie viel aparter die Atmosphäre doch durch den Schattenwurf der Sprossen wird …
Eine leere Küche, deren Stimmung etwas von der Vermeers Bildern eigenen Melancholie verströmt – eine Melancholie, die nicht traurig ist, sondern eher selbstversunken. Wir finden sie in Räumen, die ganz still sind, früh am Morgen. Und vielleicht kann uns Vermeer eine Erinnerung daran sein, uns selbst diese Stimmung ab und an zu schenken.
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Romantisch wohnen à la Fragonard
Bunt und geradlinig, wie von Mondrian
Letztlich geht es bei der Inspiration durch ein Gemälde vor allem um die Stimmung – dafür braucht es in diesem Fall kein Ambiente im Landhausstil, das funktioniert auch im Industrie-Loft, durch dessen Fabrikfenster fades Stadtlicht fällt. Wie viel aparter die Atmosphäre doch durch den Schattenwurf der Sprossen wird …
Eine leere Küche, deren Stimmung etwas von der Vermeers Bildern eigenen Melancholie verströmt – eine Melancholie, die nicht traurig ist, sondern eher selbstversunken. Wir finden sie in Räumen, die ganz still sind, früh am Morgen. Und vielleicht kann uns Vermeer eine Erinnerung daran sein, uns selbst diese Stimmung ab und an zu schenken.
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