Vorher-Nachher: Eine abgerockte Wohnung wird zur coolen Männerbude
Ein Möbeldesigner renoviert seine Wohnung selbst – wohnt jetzt schick mit eigenen Entwürfen, und bedient damit kaum ein Männerbuden-Klischee
Männerbuden sind schwer mit Vorurteilen belastet: sie sind meist wenig charmant und chaotisch. Funktional statt fantastisch, sagt das Klischee. Möbeldesigner Manuel König beweist das Gegenteil. Er verwandelte eine heruntergekommene Wohnung in ein stylisches – statt spartanisches – Männerreich. „Alle haben mich für verrückt erklärt, diese Wohnung sanieren zu wollen. Doch ich sah genau in dem miserablen Ausgangszustand die Chance, alles nach meinen ästhetischen Vorstellungen gestalten zu können“, erinnert sich Manuel König. „Für mich war dieses private Projekt ein unglaublich autodidaktischer Lernprozess, von dem ich auch beruflich enorm profitiere.“ Der schweißtreibende Weg hat sich sichtbar gelohnt – sein „Königreich“ unterm Dach schindet mächtig Eindruck, mit viel Freiraum, frechen Farbtupfern, Möbeln mit Geschichte und eigenen Entwürfen.
Auf einen Blick
Hier wohnt: Manuel König, Schreinermeister, Möbeldesigner und kreativer Kopf hinter Makingdesign
Auf: 136 Quadratmetern, in einer alten Stadtvilla aus der Jahrhundertwende
In: Kulmbach, Oberfranken
Fotos: Franziska Land
Auf einen Blick
Hier wohnt: Manuel König, Schreinermeister, Möbeldesigner und kreativer Kopf hinter Makingdesign
Auf: 136 Quadratmetern, in einer alten Stadtvilla aus der Jahrhundertwende
In: Kulmbach, Oberfranken
Fotos: Franziska Land
Den hinteren Teil des Wohnzimmers, das Turmzimmer, erklärte König zur Musikecke. Der Sessel, ein Straßenfund, erinnert zusammen mit seiner kleinen Gitarrensammlung an Proberäume, in denen die größten Rockstars einst ihre steile Karriere begannen. Manuel König startet aber lieber im Möbelbusiness raketenstark durch – mitsamt seiner weißen Stehlampe „Rocket“ mit rotem Textilkabel.
Ein Highlight des Wohnzimmers ist der Durchsichtkamin, den König als zusätzliche Wärmequelle einbaute. Für das exakt wandstarke Exemplar von Flam fuhr er selbst nach Belgien und setzte den für den Einbau notwendigen Mauerdurchbruch zum heutigen Büro. „Wenn ich am Schreibtisch entwerfe, lodern schon beim Anblick des Feuers meine Ideen“, sagt er.
Durchsichtkamin: MD 72-56, Flam
Durchsichtkamin: MD 72-56, Flam
Ein Konzept bei der Gesamteinrichtung gab es vorher nicht. Trotzdem trifft König mit seinem intuitiven Ästhetikgespür ins Schwarze. Wie bei diesem Arrangement aus Streetart-Bild (einer überraschend schönen Lackierunterlage von einem Podestbau), der Vase aus Biskuitporzellan (wieder ein Fundstück) mit Gräsern aus dem Vorgarten und einem selbst entworfenen Tablett/Smartphone-Ständer (den König auch verkauft).
VORHER: Zum Vergleich: Wo zur Besichtigung noch Spongebob an der Wand grinste, war kaum an stilvolles Wohnen und Arbeiten zu denken.
NACHHER: „Das Arbeitszimmer ist jetzt das Zentrum meiner Wohnung, hier halte ich mich am häufigsten auf“, so König. An seinem Schreibtisch, dem besagten Gesellenstück, entwirft der 29-Jährige seine Möbel.
Das Büro strahlt Natürlichkeit und Besinnlichkeit aus – dank der nachtblauen und blütenweißen Wände, dem Kamin und einem Drehbürostuhl im Industrial-Look, den er bei einem Kunden vor dem Sperrmüll rettete.
Wandfarbe: AC6-G, Thermoshield
Das Büro strahlt Natürlichkeit und Besinnlichkeit aus – dank der nachtblauen und blütenweißen Wände, dem Kamin und einem Drehbürostuhl im Industrial-Look, den er bei einem Kunden vor dem Sperrmüll rettete.
Wandfarbe: AC6-G, Thermoshield
„Nur was täglich gebraucht wird, darf auf meinem Schreibtisch stehen“, so König. Alles andere landet in den nahezu unsichtbaren Klapp- und Schubfächern, in denen sogar ein Geheimfach integriert ist. Der Schlüssel dafür? Der kleine Holzwürfel, der mittels Magnetismus die Verriegelung des Geheimfaches aufhebt. Clever!
Die Tischleuchte ist eigentlich eine kleine Filmlampe der Firma Yamaha. „Die hab ich aus einem Züricher Brocki – so nennen die Schweizer ihre Secondhand-Läden.“
Die Tischleuchte ist eigentlich eine kleine Filmlampe der Firma Yamaha. „Die hab ich aus einem Züricher Brocki – so nennen die Schweizer ihre Secondhand-Läden.“
Auf der gegenüberliegenden Seite des Arbeitszimmers baute der Designer eine Komposition aus Sitzkubus und Regalsystem ein. Was als moderne Hausmediathek fungiert, hat in seinem Ursprung energetische Gründe. „Der integrierte Zwischenboden soll Wärme von Kamin und Sonneneinstrahlung, die sich zuvor in Deckenhöhe angestaut hat, weiterleiten“, so König.
Eine große Holzflügeltür führt zum Schlafzimmer. Ein bisschen Männerbuden-Klischee gibt es hier schon: Ein schlichtes Doppelbett, eine Baumscheibe, die als Betttisch dient, und eine halbleere Kleiderstange genügen dem kreativen Minimalisten.
Die Kleiderstange und die Hängeleuchte, beide aus Ahorn, sind weitere Eigenkreationen des Schreinermeisters, die typisch für seine gestalterische Handschrift sind. Klare Formen in starker Reduktion auf ihre Funktion und eine Dominanz linearer Konstruktionen, kennzeichnen seine Arbeiten genauso wie handwerklicher Perfektionismus. „Ich setze statt auf Dübel, Kleber und Schrauben lieber auf intelligente Verbindungskonstruktionen“, so König. Dieser hohe handwerkliche Anspruch zieht sich genauso durch seine Arbeit, wie die roten Textilkabel durch alle Lampen seiner Wohnung.
VORHER: Wo nun ein Badezimmer in Schwarz glänzt, war einst ein Aufgang zum Dachboden. Heute ist die Treppenschräge kaum mehr erkennbar.
NACHHER: Das neue Badezimmer, das direkt an das Schlafzimmer angeschlossen ist, flieste König selbst – unter Regie seines Großvaters. „Ich wollte mit der Fliesenwahl starke Kontraste zu den weißen Badmöbeln sowie dem Bodenbelag und den Ablageflächen aus Esche schaffen“, sagt König. Das langfasrige Holz ist übrigens das Lieblingsmaterial des Designers: „Vielfältig in Textur und Farbspktrum. Stabil, aber zugleich sehr elegant“, schwärmt er.
Und was hat es mit der Spitzhacke in der beleuchteten Nische auf sich? „Eine morgendliche Erinnerung an die harte Arbeit, bei der das Werkzeug kaputt ging – und den Erfolg zugleich.“
Aufsatzwaschbecken: Vero 045412, Duravit; Amatur: Allure Brilliant, Grohe
Und was hat es mit der Spitzhacke in der beleuchteten Nische auf sich? „Eine morgendliche Erinnerung an die harte Arbeit, bei der das Werkzeug kaputt ging – und den Erfolg zugleich.“
Aufsatzwaschbecken: Vero 045412, Duravit; Amatur: Allure Brilliant, Grohe
VORHER: Schrille Wandfarben und ein grauenhafter PVC-Boden verbargen die natürliche Schönheit des Dielenbodens und Backsteingemäuers im Esszimmer.
NACHHER: König legte eine Wandseite und den Boden frei. Der raue Charakter der Steinwand unterstreicht nun den männlich-groben Charme des Esszimmers. Außerdem dient sie energetischen Zwecken: Wenn Sonnenlicht auf diese Wandseite strahlt, gibt sie Wärme an die dahinterliegende Küche ab.
Die restlichen Wandseiten verputze Manuel König mit Lehmputz, zwei davon in einem leicht golden schimmernden Ockerton. Die Farbe untermalt das urige Raumgefühl, das sich im Zusammenspiel mit dem grünen Kachelofen, dem gemütlichen Essplatz und einer hochkant gestellten alten Werkstattbank breit macht. „Das Eichenholz der Werkbank hat sich wegen der Gerbsäure über die Jahre komplett schwarz verfärbt“, schwärmt König. „Das seltene Stück will ich in einem zweites Bad, in dem genauso wie in der Küche noch letzte Sanierungsarbeiten laufen, als Waschtisch verwenden.“
Was auf dem Kachelofen thront, ist nicht einfach nur irgendeine Büste, während seines Studiums modellierte König den Kopf eines befreundeten Buchbinders und Kommilitonen. Die ausdrucksstarken Strukturen von Bart und Haar korrespondieren – wie auch die Blickrichtung – mit der Hängelampe, ein Souvenir von Königs Schwester aus Italien.
Was auf dem Kachelofen thront, ist nicht einfach nur irgendeine Büste, während seines Studiums modellierte König den Kopf eines befreundeten Buchbinders und Kommilitonen. Die ausdrucksstarken Strukturen von Bart und Haar korrespondieren – wie auch die Blickrichtung – mit der Hängelampe, ein Souvenir von Königs Schwester aus Italien.
VORHER: Auch im Flur war der Ausgangszustand der Wohnung miserabel: Abgewohnt und zugemüllt.
NACHHER: Der Eingangsbereich empfängt Gäste nun mit viel Licht und Freiraum. Gemächlich ankommen, das Draußen dem Drinnen überführen. Unter diesen beiden Mottos hielt König den Flur bewusst minimalistisch und in dem für ihn typischen rauen Stil.
Gleich um die Ecke befindet sich eine ganz besondere Garderobe. Was wie ein heruntergekommenes Brett aussieht, ist eine Bohle aus Gustav Langes „Treppe ins Nichts“ für die Documenta IX (1992). Diese wurde im Jahr 2000 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abgerissen. König (der unter anderem an der Werkakademie für Gestaltung Hessen, Kassel lernte) bekam irgendwann eine Bohle geschenkt und machte eine Garderobenleiste daraus.
Im Flur gibt es aber noch ein Highlight: „Für mich ist es das schönste Wohnglück auf meiner Schaukel ‚Schwing‘ zu sitzen, den Ausblick auf den Wald zu genießen und meine Gedanken im wahrsten Sinne schwingen zu lassen.“ Verständlich, beschwingt genießen sich die luftigen 136 Quadratmeter, gefüllt mit einzigartigen Möbeln und Fundschätzen, bestimmt noch besser.
Sehen Sie noch mehr Fotos von Manuel Königs cooler Männerbude – im Profil von Franziska Land >>>
Mehr Houzzbesuche >>>
In unserer Rubrik „Houzzbesuch“ stellen wir spannende Projekte der Houzz-Experten vor, aber auch originelle Wohnungen von Privatleuten. Ihr Projekt oder Ihr Zuhause passt perfekt? Dann schreiben Sie uns – und schicken Sie am besten ein paar Fotos mit!
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So gelassen und lebensfroh wie sein Gemüt ist auch seine Wohnung: Neben eigenen Entwürfen trifft man überall auf spontane Möbelfunde – nicht anders im Wohnzimmer, das Dank des roten Mid-Century-Schlafsofas vom finnischen Produzenten OTKn Puu Osakayhtiö sprichwörtlich Feuer unterm Hintern hat. Vor dem peppigen Auktionsstück steht Königs Beistelltisch „Modular“. Das Möbel aus Kirsche und Ahorn zeigt sich minimalistisch verhalten, doch hält, was sein Name verspricht: Die Platten lassen sich flexibel austauschen – je nach Platzbedarf und Dekorationsvorlieben. Der Zeitungsständer neben der tiefen Couch ist übrigens ein Überbleibsel eines Auftragsentwurfs namens „Regalquadrat“; die blaue Kugellampe eine Eigenkreation von König, aus einer Industrieleuchte und dem altem Goldfischaquarium seiner Großmutter.
Vase mit Birkenzweigen: Alvar Aalto Collection; Iittala