Houzzbesuch: Abstrakter Neubau in der Natur, weit draußen in Suffolk
Nachhaltiges und offenes Bauen im Grünen – das war die Vision bei diesem Neubau mit Holzfassade auf einer ehemaligen Schweinefarm
Als die Eigentümerin dieses Grundstücks in Southwold in der englischen Grafschaft Suffolk sich an das Team von Charles Barclay Architects wandte, um auf dem Gelände einer ehemaligen Schweinefarm ihr neues Wohnhaus bauen zu lassen, wusste sie eines mit Sicherheit: Auf keinen Fall wollte sie ein „0815-Haus mit Garten“, sondern eines, das mit der umliegenden Natur verschmilzt. Angesichts des wunderschönen Teichs, der alten Eichen und der vielfältigen Tierwelt direkt vor der Haustür nur verständlich. „Unsere Vision war es, ein ganz besonderes Wohngefühl zu schaffen – ein Zuhause, in dem man das Gefühl hat, eins mit der Natur zu sein”, erklärt der leitende Architekt Charles Barclay. „Wenn man im Haus ist, hat man beinahe eine Art Freilufterlebnis.“
Der Neubau im Bungalow-Stil ist aber nicht nur gestalterisch mit der Natur verbunden – auch die Bauweise selbst zeugt von großem Respekt für die Umwelt. Dank diverser Einbauten, darunter eine versteckte Solaranlage auf dem Dach und eine vier Meter breite Holzblende zur Minimierung von Wärmeverlusten, ist ein echtes Niedrigenergie-Haus entstanden.
Der Neubau im Bungalow-Stil ist aber nicht nur gestalterisch mit der Natur verbunden – auch die Bauweise selbst zeugt von großem Respekt für die Umwelt. Dank diverser Einbauten, darunter eine versteckte Solaranlage auf dem Dach und eine vier Meter breite Holzblende zur Minimierung von Wärmeverlusten, ist ein echtes Niedrigenergie-Haus entstanden.
Die großzügige Fensterfront auf der Südseite des Hauses gibt den wunderschönen Blick auf das Feld frei. Die Wohnräume und Schlafzimmer wurden mit leichten Dachschrägen versehen, so dass sich die Räume zu den Fensterfronten hin erhöhen. Auf diese Weise wird das Panoramagefühl noch verstärkt – als befände man sich tatsächlich mitten in der Natur!
Der Fußboden ist aus poliertem und geschliffenem Beton. „Nach dem Polieren wurde die obere Schicht noch einmal angeschliffen, damit die Körnung schön zur Geltung kommt. Deckenstrahler setzen das Ganze ins rechte Licht“, so der Architekt. „Wir haben im gesamten Haus und sogar teilweise auf der Terrasse den gleichen Fußboden verwendet. Er ist eine Reverenz an den nahegelegenen Kiesstrand.“ Deckenfluter an der höchsten Stelle des Raums runden den Look ab.
Wandfarbe: Dulux; Fensterrahmen aus verzinktem Stahl: W40, West Leigh; Schiebetür: Fineline Aluminium
Wandfarbe: Dulux; Fensterrahmen aus verzinktem Stahl: W40, West Leigh; Schiebetür: Fineline Aluminium
Es gibt zwei Holzöfen im Haus. Diesen hier hat die Eigentümerin aus ihrem vorherigen Zuhause mitgebracht. „Er stammt aus Frankreich und soll eigentlich hinter Kaminsims-Attrappen eingebaut werden. Er produziert ordentlich Wärme, passt also gut in einen großen Raum wie diesen“, so Barclay.
„Die Eigentümerin hat ein Faible für den Industrial-Look. Deshalb wollte sie Holzofen und Schornstein nicht verstecken, sondern sichtbar lassen. Abgesehen davon wünschte sie sich aber einen cleanen Look ohne Heizkörper und andere störende Elemente. Die Idee war, das Haus und seine Umgebung ganz für sich sprechen zu lassen. Möbel und Accessoires kommen erst an zweiter Stelle.“
Der Holzofen steht auf einem Sockel aus Beton, der die Wärme speichert und nach und nach an die Umgebung abgibt. So ist es immer kuschlig warm, auch lange nachdem das Feuer aus ist.
Kamin: Brisach
„Die Eigentümerin hat ein Faible für den Industrial-Look. Deshalb wollte sie Holzofen und Schornstein nicht verstecken, sondern sichtbar lassen. Abgesehen davon wünschte sie sich aber einen cleanen Look ohne Heizkörper und andere störende Elemente. Die Idee war, das Haus und seine Umgebung ganz für sich sprechen zu lassen. Möbel und Accessoires kommen erst an zweiter Stelle.“
Der Holzofen steht auf einem Sockel aus Beton, der die Wärme speichert und nach und nach an die Umgebung abgibt. So ist es immer kuschlig warm, auch lange nachdem das Feuer aus ist.
Kamin: Brisach
Vom Wohnzimmer aus gelangt man auf eine überdachte Terrasse – der perfekte Ort, um gut geschützt vor Sonne und Wind den Blick über die weiten Felder schweifen zu lassen. „Hier gibt es eigentlich immer was zu sehen“, so Barclay. „Neben Fledermäusen sind auf dem Grundstück auch Enten, Gänse und andere Vögel zu Hause. Sogar einer Schleiereule kann man beim Jagen auf dem Feld zuschauen. Im Westen des Grundstücks gibt es außerdem ein Schutzgebiet der britischen Natiurschutzorganisation RSPB, in dem man wunderbar Wild beobachten kann.“
Das Haus besteht aus zwei L-förmigen Gebäudeteilen, die jeweils durch Taschenschiebetüren unterteilt sind. „Im Haus sollten bequem zwei Personen wohnen können, ohne dass es eng wird,“ sagt Charles Barclay. Türen aus Ätzglas sorgen dafür, dass Licht in jeden Winkel dringen kann. Die Tür links im Bild führt in den Gästetrakt. So gibt es genügend Privatsphäre, wenn mehrere Gäste gleichzeitig im Haus sind.
Der Essbereich bietet gleich in zwei Richtungen Ausblick: Rechts auf den Teich und links auf die Terrasse und das Feld.
Tisch und Stühle hat die Eigentümerin aus ihrem vorherigen Zuhause mitgebracht
Der Essbereich bietet gleich in zwei Richtungen Ausblick: Rechts auf den Teich und links auf die Terrasse und das Feld.
Tisch und Stühle hat die Eigentümerin aus ihrem vorherigen Zuhause mitgebracht
„Die Bauherrin wünschte sich einen großen, offenen Wohnbereich, in dem Küche, Ess- und Wohnzimmer fließend ineinander übergehen, damit sie sich nicht so isoliert fühlt, wenn sie für ihre Gäste kocht. In dem großzügigen Küchenbereich können zudem mehrere Personen gleichzeitig herumwerkeln, ohne sich in die Quere zu kommen“, sagt Architekt Charles Barclay.
Anstelle von normalen Vorhängen gibt es im ganzen Haus Einbau-Rollos. Die große Glasfront ist außerdem von innen mit einer Holz-Blende gegen Wärmeverluste versehen. „Auf dem flachen Gelände ist das Haus schutzlos dem kalten Ostwind ausgesetzt. Die Blende bietet eine zusätzliche Dämmung und reduziert den Wärmeverlust des Hauses, vor allem nachts. Wenn sie geschlossen ist, fühlt es sich im Haus außerdem gleich viel heimeliger an“, sagt Barclay.
Auf der Terrasse auf der anderen Seite gibt es zudem eine ausfahrbare Markise als Sonnenschutz.
Das Haus ist mit schwarz gebeizter Kiefer verkleidet. „Zur Dämmung haben wir SIPs (super-insulated panels) verwendet“, erklärt Barclay. „Das sind sogenannte Sandwichplatten, mit einer Dämmschicht zwischen zwei Sperrholzplatten. So sind Wärmebrücken nahezu ausgeschlossen. Das Gebäude ist im Grunde eine perfekt isolierte, luftdichte Hülle.“
Das Haus ist mit schwarz gebeizter Kiefer verkleidet. „Zur Dämmung haben wir SIPs (super-insulated panels) verwendet“, erklärt Barclay. „Das sind sogenannte Sandwichplatten, mit einer Dämmschicht zwischen zwei Sperrholzplatten. So sind Wärmebrücken nahezu ausgeschlossen. Das Gebäude ist im Grunde eine perfekt isolierte, luftdichte Hülle.“
Das Haus steht auf einem Fundament aus rotem Backstein – eine Reverenz an die traditionelle Scheunenarchitektur der Region. Von fast jedem Raum aus gelangt man ins Freie. Insgesamt gibt es zehn Außen- beziehungsweise Terrassentüren.
„Die Stahlrahmenfenster sind eine moderne Version der berühmten Crittall-Fenster aus den Dreißigerjahren“, so Barkley. „Die Bauherrin hat sie sich explizit gewünscht. Sie hat früher oft in einem Ferienhaus Urlaub gemacht, das genau diese Art von Fenstern hatte, und jetzt wollte sie sie gern in ihrem eigenen Haus haben. Wir haben uns für Fenster der Klasse W40 entschieden (Anm. d. Red: hochwertiges Mehrscheiben-Isolierglas). Zusammen mit der Dämmung in den Wänden verhindert es Feuchtigkeitsbildung.“ Dank schlanker Rahmen behindert nichts die Sicht nach draußen.
„Die Stahlrahmenfenster sind eine moderne Version der berühmten Crittall-Fenster aus den Dreißigerjahren“, so Barkley. „Die Bauherrin hat sie sich explizit gewünscht. Sie hat früher oft in einem Ferienhaus Urlaub gemacht, das genau diese Art von Fenstern hatte, und jetzt wollte sie sie gern in ihrem eigenen Haus haben. Wir haben uns für Fenster der Klasse W40 entschieden (Anm. d. Red: hochwertiges Mehrscheiben-Isolierglas). Zusammen mit der Dämmung in den Wänden verhindert es Feuchtigkeitsbildung.“ Dank schlanker Rahmen behindert nichts die Sicht nach draußen.
Durch diesen Flur gelangt man in den Gästebereich, in dem sich zwei Schlafzimmer (ausgestattet jeweils mit einem Doppelbett und En-Suite-Bad) sowie ein kleines Kinderzimmer mit Doppelstockbett und Dusche befinden. Außerdem gibt es hier ein zweites Wohnzimmer, das zugleich als Musikzimmer genutzt wird.
Der Dachüberstand fungiert als Sonnenschutz und sorgt im Sommer dafür, dass es im Inneren des Hauses nicht zu warm wird. Im Winter lässt er noch genug Licht der niedrig stehenden Sonne in das Gebäude, um es zu wärmen. „Details wie diese sind Bestandteil unserer ökologischen Bauweise“, erklärt Barkley.
Der Dachüberstand fungiert als Sonnenschutz und sorgt im Sommer dafür, dass es im Inneren des Hauses nicht zu warm wird. Im Winter lässt er noch genug Licht der niedrig stehenden Sonne in das Gebäude, um es zu wärmen. „Details wie diese sind Bestandteil unserer ökologischen Bauweise“, erklärt Barkley.
Die Eigentümerin hat eine große Leidenschaft für klassische Musik und lädt oft Gleichgesinnte zum gemeinsamen Musizieren ein –ins Musikzimmer mit Flügel. „Das zweite Wohnzimmer ist super praktisch: Wenn Kinder zu Besuch sind, haben sie ihren eigenen Bereich nur für sich, wo sie die Erwachsenen nicht stören“, so Barkley. „Auch hier führt eine Schiebetür nach draußen. So können sie jederzeit rausgehen und reinkommen, ohne dass im Haus eine große Unruhe entsteht. Der Gästetrakt ist fast wie eine eigenständige Wohnung.“
Stehleuchte: Tolomeo Mega Terra, Artemide; die übrigen Möbel hat die Eigentümerin aus ihrem vorherigen Zuhause mitgebracht
Stehleuchte: Tolomeo Mega Terra, Artemide; die übrigen Möbel hat die Eigentümerin aus ihrem vorherigen Zuhause mitgebracht
Im Musikzimmer steht der zweite Holzofen. Zusätzlich wird das Haus mittels einer Erdreichwärmepumpe beheizt, die mit Strom aus der hauseigenen Solaranlage auf dem Dach betrieben wird. „Die Solarpaneele sind dank der Dachbrüstung von unten quasi unsichtbar und erzeugen sogar überschüssigen Strom“, erklärt der Architekt.
Holzofen: Cove, Charnwood
Solarenergie: So zapfen Sie das Kraftwerk Sonne an >>>
Holzofen: Cove, Charnwood
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Dieser Flur führt zum Hauptschlafzimmer. „Die Eigentümerin wünschte sich möglichst viel Tageslicht“, so Barkley. Gleichzeitig wollte sie aber auch nicht zu viele Fenster, damit die Fassade nicht zerklüftet wirkt und eine scheunenähnliche Optik entsteht. Die Lösung: Oberlichter!
Die Taschenschiebetür besteht in diesem Fall aus Massivholz, um Privatsphäre zu gewährleisten.
Die Taschenschiebetür besteht in diesem Fall aus Massivholz, um Privatsphäre zu gewährleisten.
Auch im Schlafzimmer verläuft die Zimmerdecke schräg, um den Blick in die Landschaft und auf den Himmel in Szene zu setzen. „Die Sicht erzeugt ein ganz besonderes Raumgefühl“, so Barkley. Die anderen Schlafzimmer sind ähnlich ausgestattet, haben aber keine schräg zulaufende Decke.
Hängeleuchte: Glo-Ball, Flos, John Lewis; Schränke: Howdens
Hängeleuchte: Glo-Ball, Flos, John Lewis; Schränke: Howdens
Durch eine Glasschiebetür gelangt man auf eine kleine Terrasse mit Holzbeplankung. „Vom Bett aus kann man links den Teich sehen und vorne die wunderschöne Eichenallee – ein ganz besonderes Panorama, vor allem im Winter, wenn die Bäume keine Blätter tragen“, sagt Barkley.
Die Badezimmertür besteht aus Ätzglas, damit das durch die Oberlichter in den Flur fallende Tageslicht bis ins Bad gelangt; ohne dass zu viele Einblicke gewährt werden.
Im „Fledermaus-Haus“, das direkt neben dem Haupthaus steht, sind heute die Garage, ein Spielzimmer und ein Lagerraum untergebracht.
„Wir hatten in dem Gebäude extra Nester und Brutplätze für die Fledermäuse eingerichtet, aber die Tierchen wehrten sich mit „Händen und Füßen“ gegen den Umzug. Es war ein sehr aufwändiges Unterfangen“, erinnert sich Barclay. „Leider ohne Erfolg – sie haben unsere Nester nicht angenommen, sondern sich ganz in der Nähe selbst ein anderes Zuhause gesucht. Aber im Sommer kann man sie immer noch gelegentlich am Teich jagen sehen. Die ganze Aktion hat einmal mehr gezeigt: Am Ende macht die Natur doch, was sie will.“
„Wir hatten in dem Gebäude extra Nester und Brutplätze für die Fledermäuse eingerichtet, aber die Tierchen wehrten sich mit „Händen und Füßen“ gegen den Umzug. Es war ein sehr aufwändiges Unterfangen“, erinnert sich Barclay. „Leider ohne Erfolg – sie haben unsere Nester nicht angenommen, sondern sich ganz in der Nähe selbst ein anderes Zuhause gesucht. Aber im Sommer kann man sie immer noch gelegentlich am Teich jagen sehen. Die ganze Aktion hat einmal mehr gezeigt: Am Ende macht die Natur doch, was sie will.“
Das ist der Blick auf das Haus vom Nebengelass aus.
Den Teich gab es schon vorher, aber im Zuge des Hausbaus wurde er vergrößert. Heute dient er als Regenauffangbecken. Die Besitzerin nutzt das Wasser zum Beispiel, um die neu gepflanzten Bäume zu wässern.
„Das Haus hat etwas Abstraktes und ist dabei doch sehr präsent“, so Barkley. „Das Besondere: Wenn man es zum ersten Mal sieht, hat man eine bestimmte Vorstellung, wie es im Inneren sein wird, doch dann stellt man fest, dass es ganz anders ist.“
„Es ist nicht besonders groß, eigentlich sogar ziemlich kompakt, aber dank der beiden L-förmigen Flügel, die man zunächst einmal gar nicht wahrnimmt, wenn man sich dem Haus nähert, bietet es mehr als genug Platz für die Eigentümerin und ihre Gäste“, erzählt der Architekt.
„Es ist nicht besonders groß, eigentlich sogar ziemlich kompakt, aber dank der beiden L-förmigen Flügel, die man zunächst einmal gar nicht wahrnimmt, wenn man sich dem Haus nähert, bietet es mehr als genug Platz für die Eigentümerin und ihre Gäste“, erzählt der Architekt.
Auf einen Blick
Hier wohnt: die Bauherrin, die häufig von ihrer Familie besucht wird
In: Southwold, Suffolk, England, Großbritannien
Auf: 200 Quadratmetern (vier Schlafzimmer und 5 Badezimmer) auf einem 7,5 Hektar großen Grundstück
Baujahr: 2012 (die Bauarbeiten dauerten sieben Monate)
Kosten: insgesamt 400 000 Pfund (knapp 550 000 Euro) beziehungsweise 2000 Pfund pro Quadratmeter (knapp 2750 Euro)
Architekt Charles Barclay von Charles Barclay Architects. Das Architektenteam wurde für das Projekt mit dem RIBA Regional Award ausgezeichnet.
Besonderheit: In der alten Scheune, die vorher auf dem Grundstück stand, lebten früher Langohrfledermäuse. Für die Umsiedlung der Tiere wurde ein Jahr vor Baubeginn ein Nebengelass gebaut, das die Eigentümerin heute liebevoll das „Fledermaus-Haus“ nennt.
Fotos: Paul Craig Photography