Architektur
Innenausbau
Architektur erneuern: Wie eine Umnutzung Wohnraum schafft
Fabriken zu Wohnlofts, Kuhställe zu Eigenheimen – durch Nutzungsänderung entsteht kreativer Wohnraum mit Charme
Jeder Neubau wird zu einem bestimmten Zweck errichtet. Wohngebäude, Fabriken, landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude haben klar definierte Anforderungen. Das heißt aber nicht, dass die Gebäude immer so genutzt werden müssen. Auch in Fabriken oder Büros, in Ställen oder auf Dachböden kann gewohnt werden. Allerdings sind dafür einige Voraussetzungen zu erfüllen. Wir haben zwei Experten gefragt, was bei einer Nutzungsänderung zu beachten ist.
Diese alte Maschinenhalle war bereits 1926 in Wohnraum umgenutzt worden. Eine erneute Verwandlung erfuhr das Gebäude durch Architektur Anders. Heute wird es als Wohnraum und Büro genutzt, der Industriecharme ist wieder sichtbar. Die Geschichte zum Projekt können Sie hier lesen
Vorschriften beachten
Vor der Nutzungsänderung steht allerdings die Bürokratie. „Technisch ist eine Umnutzung meistens möglich, baurechtlich aber nicht überall erlaubt“, so Ewen. Es kann beispielsweise sein, dass ein Bebauungsplan dem im Wege steht. In den meisten Fällen muss der Bauherr einen Antrag auf Genehmigung einer Nutzungsänderung stellen. Im diesem Antrag, den es beispielsweise in der Bauaufsichtsbehörde der jeweiligen Stadt oder Gemeinde gibt, muss er deutlich machen, wie er sich die neue Nutzung vorstellt. Auch Brand-, Schall- und Wärmeschutz müssen den Anforderungen für Wohnraum gerecht werden. Über die Details informiert die Behörde, die den Antrag ausgibt. Leichter geht es natürlich über Architekten oder Planungsbüros, die sich mit solchen Aufgaben auskennen. Ist es einfach, eine Genehmigung für eine Nutzungsänderung zu bekommen? „Politisch wird es meist gern gesehen, wenn neuer Wohnraum entsteht“, beruhigt Ewen.
Vorschriften beachten
Vor der Nutzungsänderung steht allerdings die Bürokratie. „Technisch ist eine Umnutzung meistens möglich, baurechtlich aber nicht überall erlaubt“, so Ewen. Es kann beispielsweise sein, dass ein Bebauungsplan dem im Wege steht. In den meisten Fällen muss der Bauherr einen Antrag auf Genehmigung einer Nutzungsänderung stellen. Im diesem Antrag, den es beispielsweise in der Bauaufsichtsbehörde der jeweiligen Stadt oder Gemeinde gibt, muss er deutlich machen, wie er sich die neue Nutzung vorstellt. Auch Brand-, Schall- und Wärmeschutz müssen den Anforderungen für Wohnraum gerecht werden. Über die Details informiert die Behörde, die den Antrag ausgibt. Leichter geht es natürlich über Architekten oder Planungsbüros, die sich mit solchen Aufgaben auskennen. Ist es einfach, eine Genehmigung für eine Nutzungsänderung zu bekommen? „Politisch wird es meist gern gesehen, wenn neuer Wohnraum entsteht“, beruhigt Ewen.
Wenn aus einer Arztpraxis Wohnraum werden soll, sind schon etwas Fantasie und viele Veränderungen erforderlich. Beim Projekt auf dem Foto ist aus vielen kleinen Räumen ein großer, heller entstanden. Mehr über das Projekt erfahren Sie hier
In einer alten Bauernhoftenne mit ehemaligem Stall haben Quest Architekten neuen Wohnraum für eine Familie geschaffen – und eine Praxis passt auch noch hinein. Das ganze Projekt gibt es hier zu sehen
In welchem Zustand ist das Gebäude?
Die Bestandsanalyse ist bei einer Nutzungsänderung relativ aufwendig. Schließlich ist der künftige Wohnraum nicht als solcher geplant worden. Daher muss der Bestand von Grund auf geprüft werden. „Alles muss genau aufgemessen werden. Wichtig ist zudem eine Schadstoffuntersuchung“, so Stiepelmann. Gerade bei industriell genutzten Immobilien kann die Schadstoffbelastung sehr hoch sein, und unter Umständen lohnt sich eine Umnutzung finanziell gar nicht.
In welchem Zustand ist das Gebäude?
Die Bestandsanalyse ist bei einer Nutzungsänderung relativ aufwendig. Schließlich ist der künftige Wohnraum nicht als solcher geplant worden. Daher muss der Bestand von Grund auf geprüft werden. „Alles muss genau aufgemessen werden. Wichtig ist zudem eine Schadstoffuntersuchung“, so Stiepelmann. Gerade bei industriell genutzten Immobilien kann die Schadstoffbelastung sehr hoch sein, und unter Umständen lohnt sich eine Umnutzung finanziell gar nicht.
Eine Tankstelle mitten in Berlin-Schöneberg verwandelte das Architektur-Büro Flachsbarth Schulz in ein Wohnhaus mit Kunstgalerie
Aufwendige Planung
Bestandsanalyse und rechtliche Voraussetzungen zeigen, dass die Aufgabe nicht ganz einfach ist. „Eine Umnutzung ist sehr komplex. Wir arbeiten bei diesen Projekten immer mit Fachplanern aus den Bereichen Statik, Bauphysik und Haustechnik zusammen“, erzählt Ewen. Wohnungen haben gegenüber Industriebauten andere Anforderung an die Haustechnik, den Wärmeschutz und insbesondere die Lichtverhältnisse. „Bei der Umnutzung von Bestandsgebäuden werden häufig die Funktionsbereiche und deren Erschließung neu geordnet“, so Ewen. So kann es vorkommen, dass vom Bestand bei einer Nutzungsänderung nur die Hülle bleibt.
Aufwendige Planung
Bestandsanalyse und rechtliche Voraussetzungen zeigen, dass die Aufgabe nicht ganz einfach ist. „Eine Umnutzung ist sehr komplex. Wir arbeiten bei diesen Projekten immer mit Fachplanern aus den Bereichen Statik, Bauphysik und Haustechnik zusammen“, erzählt Ewen. Wohnungen haben gegenüber Industriebauten andere Anforderung an die Haustechnik, den Wärmeschutz und insbesondere die Lichtverhältnisse. „Bei der Umnutzung von Bestandsgebäuden werden häufig die Funktionsbereiche und deren Erschließung neu geordnet“, so Ewen. So kann es vorkommen, dass vom Bestand bei einer Nutzungsänderung nur die Hülle bleibt.
Leer stehende Fabrikhallen als Wohnlofts zu nutzen war schon in den 1970er-Jahren eine Möglichkeit, Wohnraum zu schaffen. Der Raum auf dem Bild liegt in einer ehemaligen Schokoladenfabrik in Berlin und wurde vom Architektur- und Designbüro IFUB überarbeitet
Die Umsetzung
„Nur auf die vorhandenen Ver- und Entsorgungsleitungen zu setzen, schränkt die Planung sehr ein“, gibt Stiepelmann zu bedenken. In einer ehemaligen Bank hat er eine Büroetage komplett entkernt, sodass letztlich nur die Stützen und Außenwände des Stahlbetonbaus übrig geblieben waren. Die neue Aufteilung des Raums in die verschiedenen Funktionsbereiche orientierte sich grob an den vorhandenen Versorgungsschächten. Sämtliche Gas-, Wasser- und Abwasserleitungen wurden neu verlegt.
Die Umsetzung
„Nur auf die vorhandenen Ver- und Entsorgungsleitungen zu setzen, schränkt die Planung sehr ein“, gibt Stiepelmann zu bedenken. In einer ehemaligen Bank hat er eine Büroetage komplett entkernt, sodass letztlich nur die Stützen und Außenwände des Stahlbetonbaus übrig geblieben waren. Die neue Aufteilung des Raums in die verschiedenen Funktionsbereiche orientierte sich grob an den vorhandenen Versorgungsschächten. Sämtliche Gas-, Wasser- und Abwasserleitungen wurden neu verlegt.
Eine sichere Bank: In einer ehemaligen Büroetage einer Bank wohnt jetzt auf 200 Quadratmeter eine Familie in der Essener Innenstadt. Mehr zum Projekt hier
„Für die neue Raumaufteilung ist es oft notwendig, auch ein wenig in die Statik einzugreifen“, erklärt Stiepelmann. Nicht zu sehr allerdings. „Die Tragstruktur sollte erhalten bleiben“, meint Ewen. Der Architekt rät dazu, die Grundstruktur des Bestands zu wahren. Soll die Fassade erhalten bleiben, kann die Wärmedämmung auch innen liegen. „Bestehendes neu zu interpretieren, ist die Herausforderung“, sagt Stiepelmann. „Die tatsächliche Verwandlung ist oft noch größer, als sie auf den 3-D-Plänen aussieht.“
„Für die neue Raumaufteilung ist es oft notwendig, auch ein wenig in die Statik einzugreifen“, erklärt Stiepelmann. Nicht zu sehr allerdings. „Die Tragstruktur sollte erhalten bleiben“, meint Ewen. Der Architekt rät dazu, die Grundstruktur des Bestands zu wahren. Soll die Fassade erhalten bleiben, kann die Wärmedämmung auch innen liegen. „Bestehendes neu zu interpretieren, ist die Herausforderung“, sagt Stiepelmann. „Die tatsächliche Verwandlung ist oft noch größer, als sie auf den 3-D-Plänen aussieht.“
Backsteinwände und Sprossenfenster machen den Charme von Fabrikgebäuden aus, die als Wohnraum umgenutzt werden. In Leipzig hat das Architekturbüro Quartier Vier eine ehemalige Metallfabrik behutsam umgebaut. Mehr zum Projekt hier
Die Kosten
Eine Nutzungsänderung kann ins Geld gehen: Die Bestandsanalyse, die eventuell erforderliche Entkernung, die Verlegung neuer Leitungen und insgesamt der Neuaufbau der Räume sind zum Teil mit erheblichen Kosten verbunden. Lohnt sich der Aufwand? „Mit viel Geld ist grundsätzlich alles machbar“, meint Stiepelmann. Aus wirtschaftlicher Sicht ist eine Umnutzung aber nicht immer sinnvoll. „Entscheidend ist die Lage. Zudem ist eine Umwandlung in Wohnraum immer mit einer Wertsteigerung verbunden.“ Damit spricht er die grundsätzlich niedrigeren Kosten für landwirtschaftliche Nutzgebäude und Gewerbeimmobilien an. Allerdings sind die Ansprüche an diese Immobilien meist geringer, weshalb eine Nutzungsänderung oft großen Bauaufwand erfordert.
Die Kosten
Eine Nutzungsänderung kann ins Geld gehen: Die Bestandsanalyse, die eventuell erforderliche Entkernung, die Verlegung neuer Leitungen und insgesamt der Neuaufbau der Räume sind zum Teil mit erheblichen Kosten verbunden. Lohnt sich der Aufwand? „Mit viel Geld ist grundsätzlich alles machbar“, meint Stiepelmann. Aus wirtschaftlicher Sicht ist eine Umnutzung aber nicht immer sinnvoll. „Entscheidend ist die Lage. Zudem ist eine Umwandlung in Wohnraum immer mit einer Wertsteigerung verbunden.“ Damit spricht er die grundsätzlich niedrigeren Kosten für landwirtschaftliche Nutzgebäude und Gewerbeimmobilien an. Allerdings sind die Ansprüche an diese Immobilien meist geringer, weshalb eine Nutzungsänderung oft großen Bauaufwand erfordert.
Landlust: Verwaiste Stallungen wurden von Architekt Markus Ewen zum Familienheim aus- und umgebaut
„Die Kosten steigen auch mit dem Einsatz von Spezialisten wie Fachplanern und Bauphysikern. Das Geld ist aber gut investiert“, so Ewen. Schließlich bringt eine fachmännische Bestandsanalyse auch Kostensicherheit. „Wenn die Bauherren hören, was alles auf sie zukommt, müssen sie häufig erst mal schlucken“, erzählt Stiepelmann. Immerhin finden gravierende Veränderungen an der Immobilie statt. Auch Ewen betont, dass die Umwandlung in Wohnraum eine kostenintensive Maßnahme sei. „Die Rohbausubstanz ist sicher wertvoll. Der Nutzer muss den Charme des Alten zu schätzen wissen“, sagt der Architekt.
„Die Kosten steigen auch mit dem Einsatz von Spezialisten wie Fachplanern und Bauphysikern. Das Geld ist aber gut investiert“, so Ewen. Schließlich bringt eine fachmännische Bestandsanalyse auch Kostensicherheit. „Wenn die Bauherren hören, was alles auf sie zukommt, müssen sie häufig erst mal schlucken“, erzählt Stiepelmann. Immerhin finden gravierende Veränderungen an der Immobilie statt. Auch Ewen betont, dass die Umwandlung in Wohnraum eine kostenintensive Maßnahme sei. „Die Rohbausubstanz ist sicher wertvoll. Der Nutzer muss den Charme des Alten zu schätzen wissen“, sagt der Architekt.
Auch ein stillgelegter Bahnhof lässt sich in ein gemütliches Zuhause verwandeln. Lesen Sie hier, wie die Bewohner in diesem ehemaligen Bahnhof in Brandenburg angekommen sind
Checkliste: Was Sie sich bei einer Nutzungsänderung fragen müssen
Checkliste: Was Sie sich bei einer Nutzungsänderung fragen müssen
- Ist es rechtlich möglich, die Immobilie als Wohnraum zu nutzen?
- Wo kann ich einen Antrag auf Nutzungsänderung stellen?
- Welche Voraussetzungen für eine Nutzungsänderung sind bereits erfüllt?
- Wie gut ist der Bestand?
- Wie stark soll der Bestand nach der Umnutzung noch erkennbar sein?
- Sind alle nötigen Ver- und Entsorgungsanschlüsse vorhanden?
- Welche Kosten kommen auf mich zu?
Statt Bierseligkeit: Helligkeit bis ins Hinterzimmer: Wie Studio Swen Burgheim eine Kiezneipe in modernen Wohnraum verwandelt hat, lesen Sie hier
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Ob in der Innenstadt oder auf dem Land: Die Lage eines Gebäudes ist für dessen Wert und Nutzung entscheidend. „Meist kommt es in Mischgebieten zu einer Nutzungsänderung. In reinen Gewerbegebieten ist das eher selten“, weiß Torsten Stiepelmann vom Planungsbüro One!Contact. Gerade in Ballungsgebieten, wo innerstädtischer Wohnraum knapp ist, werden durch Nutzungsänderung aus Büro- oder Ladenflächen attraktive Wohnungen. Auf dem Land sind es eher vor allem landwirtschaftlich genutzte Gebäude, die wegen ihres besonderen Charmes zu Wohnraum umgenutzt werden. Die Idee in beiden Fällen ist, Leerstand zu vermeiden. „Jedes Gebäude hat es verdient, dass sich jemand mit den Möglichkeiten seiner Umnutzung intensiv auseinandersetzt“, meint Architekt Markus Ewen.