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Zurück auf Null! Was ist ein Rückbau – und wann lohnt er sich?
Den Bestand erhalten, koste es, was es wolle? Manchmal ist ein Abriss notwendig und sinnvoll
Eva Bodenmüller
13. Juli 2020
Houzz Deutschland Contributor. Freie Autorin mit Faible für Architektur und Technik, Garten und Kulinarik
Houzz Deutschland Contributor. Freie Autorin mit Faible für Architektur und Technik,... Mehr
Wer ein Haus besitzt oder kauft, hat den konkreten Wohnraum vor Augen. Was aber, wenn das Gesehene nicht dem Gewünschten entspricht? Wenn der Bestand den Anforderungen nicht genügt? Manchmal hilft dann nur Rückbau – ganz oder teilweise. Wann ist das sinnvoll und was ist dabei zu beachten? Die Architekten Steffen Wurster und Ricardo Ferreira erläutern das Wichtigste.
Das Bestandsgebäude in Stuttgarter Hanglage wurde bis auf den Sockel abgetragen, der als Untergeschoss für das an selber Stelle neu errichtete Haus dient. Das war eine der Auflagen, die lohrmannarchitekt bei der Planung für das neue Heim einer Familie beachten musste.
Rückbau – was ist das eigentlich?
Rückbau ist ein anderer Begriff für Abriss. Also ein Euphemismus, eine Beschönigung? Nicht unbedingt. Denn für einen Rückbau wird nicht immer gleich die Abrissbirne geschwungen, nicht immer rückt das Sprengkommando an. Im Gegenteil, das Bestehende wird meist sorgfältig abgetragen. Häufig sogar nur teilweise, etwa bei einer Entkernung. „Wir reißen nicht komplett ab, wenn es mit der geplanten Nutzung und der bestehenden Ästhetik vereinbar ist“, bestätigt Architekt Steffen Wurster.
Rückbau – was ist das eigentlich?
Rückbau ist ein anderer Begriff für Abriss. Also ein Euphemismus, eine Beschönigung? Nicht unbedingt. Denn für einen Rückbau wird nicht immer gleich die Abrissbirne geschwungen, nicht immer rückt das Sprengkommando an. Im Gegenteil, das Bestehende wird meist sorgfältig abgetragen. Häufig sogar nur teilweise, etwa bei einer Entkernung. „Wir reißen nicht komplett ab, wenn es mit der geplanten Nutzung und der bestehenden Ästhetik vereinbar ist“, bestätigt Architekt Steffen Wurster.
In dieser Jugendstilvilla in Hamburg hat Architekt Gerd Streng durch den Rückbau aller nicht tragenden Wände einen offenen Koch-, Ess- und Wohnbereich geschaffen.
Der Sinn des Rückbaus, eine Frage des Bestands
Beim Rückbau geht Raum verloren, im Extremfall vollständig. Nicht immer ist das bedauerlich. Doch wann ist es wirklich angebracht, zurückzubauen und wann nicht?
„Es kommt in erster Linie auf die Qualität der vorhandenen Substanz an“, erklärt Steffen Wurster. Sinnvoll kann ein Abriss auch sein, wenn die geplante Nutzung nicht in den Bestand passt oder die Raumhöhe zu niedrig ist. „Ein selektiver Rückbau kann die ursprüngliche Kubatur wieder sichtbar machen, wenn etwa störende, qualitativ minderwertige Anbauten und Umbauten entfernt werden“, so Steffen Wurster.
Ein Rückbau lohnt sich vor allem auch dann, wenn durch den ansonsten fälligen Umbau keine Wertsteigerung möglich wäre. „Der Wert der Immobilie sollte bei Rückbau und Umbau gesteigert werden. In den 1950er- und 1960er-Jahren wurde oft sehr gut gebaut. Hier lässt sich durch einen Umbau Gestaltungsklarheit herstellen. In den 1980er-Jahren wurde dagegen oft wertmindernd umgebaut“, erläutert Architekt Ricardo Ferreira.
Der Sinn des Rückbaus, eine Frage des Bestands
Beim Rückbau geht Raum verloren, im Extremfall vollständig. Nicht immer ist das bedauerlich. Doch wann ist es wirklich angebracht, zurückzubauen und wann nicht?
„Es kommt in erster Linie auf die Qualität der vorhandenen Substanz an“, erklärt Steffen Wurster. Sinnvoll kann ein Abriss auch sein, wenn die geplante Nutzung nicht in den Bestand passt oder die Raumhöhe zu niedrig ist. „Ein selektiver Rückbau kann die ursprüngliche Kubatur wieder sichtbar machen, wenn etwa störende, qualitativ minderwertige Anbauten und Umbauten entfernt werden“, so Steffen Wurster.
Ein Rückbau lohnt sich vor allem auch dann, wenn durch den ansonsten fälligen Umbau keine Wertsteigerung möglich wäre. „Der Wert der Immobilie sollte bei Rückbau und Umbau gesteigert werden. In den 1950er- und 1960er-Jahren wurde oft sehr gut gebaut. Hier lässt sich durch einen Umbau Gestaltungsklarheit herstellen. In den 1980er-Jahren wurde dagegen oft wertmindernd umgebaut“, erläutert Architekt Ricardo Ferreira.
Durch Rückbauten hat Steffen Wurster den ursprünglich rechteckigen Grundriss wiederhergestellt, den das Dorfhaus im Laufe seiner mehr als hundertjährigen Geschichte verloren hatte.
Was gegen einen Rückbau spricht
„Die meisten Bauherren denken eher in Erweiterung als in Rückbau“, konstatiert Steffen Wurster. Mit einem Abriss geht schließlich potenzieller Wohnraum verloren – umso mehr, wenn sich die Bauvorschriften geändert haben und ein Neubau nicht in gleicher Weise errichtet werden darf.
„Der Bestandsschutz kann Grund genug sein, besser umzubauen als abzureißen“, gibt Ricardo Ferreira zu bedenken. Denn unter Umständen steht das Bestandsgebäude mit weniger Abstand zum Nachbarn auf dem Grundstück, als es nach aktuellen Vorschriften erlaubt ist. Dann darf das Haus weiterhin genutzt werden, aber eben nicht ohne Weiteres durch einen Neubau an selber Stelle ersetzt werden. Selbstverständlich gibt es bei besonders erhaltenswerten Gebäude auch noch den Denkmalschutz zu beachten. Doch selbst ohne diese rechtlichen Einschränkungen sollte gute Architektur eher erhalten werden.
Ebenso sprechen Natursteinmauerwerk oder Gewölbe, die heute allein wegen der Kosten kaum mehr gebaut werden, gegen einen Abriss. Und auch die Nachhaltigkeit spielt bei der Entscheidung für oder gegen einen Abriss eine Rolle, wie Steffen Wurster betont: „Beim Bau wurde Energie in das Haus gesteckt, der Abriss würde wieder Energieaufwand bedeuten. Das ist Bauherren so oft nicht bewusst, da muss der Architekt das CO2-Äquivalent nennen.“ Finden Sie hier einen Architekten für Ihr Bauvorhaben
Was gegen einen Rückbau spricht
„Die meisten Bauherren denken eher in Erweiterung als in Rückbau“, konstatiert Steffen Wurster. Mit einem Abriss geht schließlich potenzieller Wohnraum verloren – umso mehr, wenn sich die Bauvorschriften geändert haben und ein Neubau nicht in gleicher Weise errichtet werden darf.
„Der Bestandsschutz kann Grund genug sein, besser umzubauen als abzureißen“, gibt Ricardo Ferreira zu bedenken. Denn unter Umständen steht das Bestandsgebäude mit weniger Abstand zum Nachbarn auf dem Grundstück, als es nach aktuellen Vorschriften erlaubt ist. Dann darf das Haus weiterhin genutzt werden, aber eben nicht ohne Weiteres durch einen Neubau an selber Stelle ersetzt werden. Selbstverständlich gibt es bei besonders erhaltenswerten Gebäude auch noch den Denkmalschutz zu beachten. Doch selbst ohne diese rechtlichen Einschränkungen sollte gute Architektur eher erhalten werden.
Ebenso sprechen Natursteinmauerwerk oder Gewölbe, die heute allein wegen der Kosten kaum mehr gebaut werden, gegen einen Abriss. Und auch die Nachhaltigkeit spielt bei der Entscheidung für oder gegen einen Abriss eine Rolle, wie Steffen Wurster betont: „Beim Bau wurde Energie in das Haus gesteckt, der Abriss würde wieder Energieaufwand bedeuten. Das ist Bauherren so oft nicht bewusst, da muss der Architekt das CO2-Äquivalent nennen.“ Finden Sie hier einen Architekten für Ihr Bauvorhaben
Einen vorsichtigen Rückbau hat dieses Gebäude auf einem Grundstück am Starnberger See erfahren. Aus baurechtlichen Gründen mussten seine Maße erhalten bleiben. Daher haben SpandriWiedemann Architekten die schlechte Substanz des Bestands schrittweise zurückgebaut, letztlich konnten sie nur wenige Außenwände erhalten.
Aufwand und Planung
Im Grunde setzt der Rückbau schon beim Neubau an, wie Steffen Wurster aufzeigt: „Was geschieht mit einem Haus, wenn es mal nicht mehr bewohnt ist? Diese Frage sollten sich die Bauherren immer stellen und den späteren Rückbau von Anfang an berücksichtigen.“
Vor allem in Bezug auf die Materialwahl spielt das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle. Holz oder Stroh können komplett der Wiederverwertung zugeführt werden. Sei es als Kompost, sei es als Heizmaterial. Selbst Beton ist nicht gänzlich unbrauchbar, kann er doch vor Ort als Tragschicht für ein neues Gebäude herhalten. Material, das schädliche Stoffe enthält, müssen hingegen Profis beseitigen. Das gilt selbstverständlich auch bei einem Teilrückbau. Nicht nur aus diesem Grund, sondern um einen besseren Überblick zu bekommen, rät Ferreira dazu, erst zu entkernen und dann zu planen. „Häufig entsteht eine Kettenreaktion. Wird das eine gemacht, folgt das andere“, so der Architekt.
Aufwand und Planung
Im Grunde setzt der Rückbau schon beim Neubau an, wie Steffen Wurster aufzeigt: „Was geschieht mit einem Haus, wenn es mal nicht mehr bewohnt ist? Diese Frage sollten sich die Bauherren immer stellen und den späteren Rückbau von Anfang an berücksichtigen.“
Vor allem in Bezug auf die Materialwahl spielt das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle. Holz oder Stroh können komplett der Wiederverwertung zugeführt werden. Sei es als Kompost, sei es als Heizmaterial. Selbst Beton ist nicht gänzlich unbrauchbar, kann er doch vor Ort als Tragschicht für ein neues Gebäude herhalten. Material, das schädliche Stoffe enthält, müssen hingegen Profis beseitigen. Das gilt selbstverständlich auch bei einem Teilrückbau. Nicht nur aus diesem Grund, sondern um einen besseren Überblick zu bekommen, rät Ferreira dazu, erst zu entkernen und dann zu planen. „Häufig entsteht eine Kettenreaktion. Wird das eine gemacht, folgt das andere“, so der Architekt.
Vom Einfamilien- zum Zweifamilienhaus und wieder zurück verwandelte sich ein Haus aus den 1960er-Jahren durch umfangreiche Rückbaumaßnahmen. Unter anderem gewannen Ferreira Verfürth Architekten durch die Entfernung der Treppenummantelung viel Licht.
Rechtliches
Ein Rückbau ist in einigen Bundesländern genehmigungsfrei. „Bei der Veränderung tragender Bauteile ist ein Bauantrag notwendig“, erklärt Ricardo Ferreira. Ansonsten muss vor allem auf die Nachbarbebauung geachtet werden, um Schäden zu vermeiden. „Am besten vorab ein Gutachten einholen, dass bei den Nachbarn alles in Ordnung war und später auch ist. Eventuell muss der Grund unterfangen werden“, rät Steffen Wurster.
Die Kosten
Die Kosten für den Rückbau setzen sich aus verschiedenen Posten zusammen: erstens dem Gebäude selbst. Ist es in Familienbesitz oder wurde es mitsamt dem Grundstück oder wegen des Grundstücks gekauft? Zweitens dann der eigentliche Abriss. Hier sind es die Arbeitsstunden, die zu Buche schlagen und die Abrissmasse. „Abrissunternehmer arbeiten meist nicht pauschal. Eine Trennung des anfallenden Abrissmaterials ist aufwendig“, so Ricardo Ferreira. Dennoch lohnt sich die Trennung, wie der Architekt aufzeigt. So kommt ein Container mit Baumischabfall im Schnitt dreimal so teuer wie ein Container für reinen Bauschutt. Und gelegentlich lassen sich Teile ja wiederverwerten.
Serie Architektur erneuern – mehr zum Thema: Aufstocken | Anbauen | Umnutzung | Fassadenfarbe
Rechtliches
Ein Rückbau ist in einigen Bundesländern genehmigungsfrei. „Bei der Veränderung tragender Bauteile ist ein Bauantrag notwendig“, erklärt Ricardo Ferreira. Ansonsten muss vor allem auf die Nachbarbebauung geachtet werden, um Schäden zu vermeiden. „Am besten vorab ein Gutachten einholen, dass bei den Nachbarn alles in Ordnung war und später auch ist. Eventuell muss der Grund unterfangen werden“, rät Steffen Wurster.
Die Kosten
Die Kosten für den Rückbau setzen sich aus verschiedenen Posten zusammen: erstens dem Gebäude selbst. Ist es in Familienbesitz oder wurde es mitsamt dem Grundstück oder wegen des Grundstücks gekauft? Zweitens dann der eigentliche Abriss. Hier sind es die Arbeitsstunden, die zu Buche schlagen und die Abrissmasse. „Abrissunternehmer arbeiten meist nicht pauschal. Eine Trennung des anfallenden Abrissmaterials ist aufwendig“, so Ricardo Ferreira. Dennoch lohnt sich die Trennung, wie der Architekt aufzeigt. So kommt ein Container mit Baumischabfall im Schnitt dreimal so teuer wie ein Container für reinen Bauschutt. Und gelegentlich lassen sich Teile ja wiederverwerten.
Serie Architektur erneuern – mehr zum Thema: Aufstocken | Anbauen | Umnutzung | Fassadenfarbe
Im Keller dieses Anbaus war und ist der Öltank untergebracht. Beim Umbau des Hauses haben Rundzwei Architekten den oberen Teil zurückgebaut, um den Platz für eine Terrasse zu nutzen.
Das sollten Sie sich vor einem Rückbau fragen:
Haben Sie Erfahrungen mit dem Rückbau eines Wohnhauses oder von Räumen?
Das sollten Sie sich vor einem Rückbau fragen:
- Wie gut ist die Substanz meines Bestands erhalten?
- Wie darf ich bei einem kompletten Abriss das Grundstück neu bebauen? Gibt es eventuell einen Bestandsschutz?
- Gibt es rechtliche Einschränkungen, die gegen einen Abriss sprechen, etwa Denkmalschutz?
- Erfährt der Bestand durch einen teilweisen Rückbau eine Wertsteigerung oder sollte komplett abgerissen werden?
- Welches Material muss getrennt werden? Sind eventuell Schadstoffe darunter? Welche Materialien können wiederverwertet werden?
- Welche Kosten fallen für die Entsorgung des Rückbaumaterials an?
Haben Sie Erfahrungen mit dem Rückbau eines Wohnhauses oder von Räumen?
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