Houzzbesuch: Ein Dachgeschoss dehnt sich aus
Wie aus einem neuen, aber verbauten Dachgeschoss ein großzügiger Wohnraum mit Blickbeziehungen wird
Was die Lage in Berlins Mitte betraf, war die Familie von der Dachgeschosswohnung sofort begeistert. Nicht ganz so zufriedenstellend waren der Grundriss und die Qualität des erst kürzlich fertiggestellten Dachausbaus. Dennoch rieten die Architekten Petr Barth und Taras Breker zum Kauf. Sie hatten gemeinsam mit der Familie das neue Domizil gesucht und erkannten das Potenzial sofort. Wenngleich bis zum Einzug noch erhebliche Veränderungen vorgenommen werden mussten.
Die Ausgangslage: Ganz schön verbaut. Beim Kauf der Wohnung war der Ausbau noch nicht einmal fertiggestellt. Aber für Architekten und Baufamilie war von Anfang an klar, dass noch mal komplett umgebaut werden musste. Die drei Schlafräume lagen nach Süden, die Wohnräume in der niedrigeren Hälfte im nördlichen Wohnungsteil. Zudem war die Fläche in zahlreiche kleine Räume unterteilt.
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Die Idee: Einmal alles durchgedreht und aufgeklappt. „Wir haben als Erstes bei der Baubehörde angefragt, ob die Decke in einer Wohnungshälfte erhöht werden könnte“, so Taras Breker, einer der beiden Köpfe hinter Barth und Breker Architekten.
Mit einer kreativen Interpretation der Vorgaben gelang es, die Behörde zu überzeugen und das Dach über den nach Norden gelegenen, durch den Höhenversprung ohnehin niedrigeren Räumen anzuheben. Hier befinden sich heute die Schlafräume und das Bad. In der südlichen Wohnungshälfte reihen sich Küche, Ess- und Wohnbereich wandlos aneinander.
Fließend sind die Übergänge auch zwischen den beiden Wohnungshälften. Eine große Öffnung in der mittig stehenden Wand lässt sich mit dem verschiebbaren Wohnzimmerschrank schließen. Dadurch erhalten die Kinderzimmer mehr Ruhe. Auf der Küchenseite steht eine neue Tür mit altem Inlay fast immer offen, wie Petr Barth verrät. Doch auch sie kann den im neuen Grundriss entstandenen Rundlauf bei Bedarf unterbrechen, um so die Schlafräume abzutrennen.
Die Umsetzung: Erst mal alles raus und dann neu aufbauen. Obwohl das Dach kaum fertiggestellt war, entdeckten die Architekten doch gleich zu Beginn einen Bauschaden. An der falsch eingebauten Dampfbremse hatte sich Schimmel gebildet.
„Wir mussten die komplette Dämmung entfernen. Die neue Zwischensparrendämmung wurde zur Hauptdämmung, wodurch wir insgesamt an Raumhöhe gewonnen haben“, erklärt Breker. Die weiß lasierte Holzlattung der Decke ist auf OSB-Platten aufgeschraubt, die im Koch- und Essbereich grün und im Wohnbereich rot gestrichen sind. Das warmweiße Licht der in den Lattenzwischenräumen montierten LED-Bänder reflektiert die Farbe.
„Wir mussten die komplette Dämmung entfernen. Die neue Zwischensparrendämmung wurde zur Hauptdämmung, wodurch wir insgesamt an Raumhöhe gewonnen haben“, erklärt Breker. Die weiß lasierte Holzlattung der Decke ist auf OSB-Platten aufgeschraubt, die im Koch- und Essbereich grün und im Wohnbereich rot gestrichen sind. Das warmweiße Licht der in den Lattenzwischenräumen montierten LED-Bänder reflektiert die Farbe.
„Weil die Baufamilie zu einem bestimmten Tag einziehen wollte, es war Weihnachten oder Silvester, wurde die Zeit am Ende knapp und ich musste selbst mit Hand anlegen“, erinnert sich Barth, der immer wieder auch sein handwerkliches Können einbringt. Überhaupt lassen die beiden Architekten ihre Projekte wie eine Collage entstehen, geben neben der Planung ungewöhnlichen, aus dem Moment heraus entstehenden Ideen Raum.
Das Material: Altes und Rohes gemischt. „Der Vorbesitzer hatte vor dem Verkauf noch schnell relativ billige Eichendreischichtdielen neu verlegt. In der oberen Wohnungshälfte haben wir sie belassen und lediglich angeschliffen und neu eingefärbt. Unten aber haben wir alles rausgerissen“, beschreibt Breker. Mit Epoxidharz auf Wasserbasis gestrichen, zeigt der Estrich die Spuren dieser Aktion, wirkt angenehm unfertig mit seinen mal mehr, mal weniger offenen Poren.
Gebrauchte Materialien und Wiederverwendetes finden sich hier allerorten. Auf dem Fußboden der Teppich, in der Tür das alte Türblatt, in der Küche ein alter Mahagonischrank. Den zu finden, gleicht allerdings einem Puzzle.
Denn er wurde in seine Einzelteile zerlegt und diese an verschiedenen Stellen des langen Möbels eingebaut, das sich von der Küche bis ins Wohnzimmer zieht. Wandlungsfähigkeit zeigt dabei nicht nur der alte Schrank, sondern auch das neue Möbel. Es wird vom Küchenblock zum Regal und zur Sitzfläche.
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Aus Mahagoni ist auch der Handlauf, der die Treppe auf die Dachterrasse begleitet. Er war einmal eine Schiffsreling. Spätestens hier wird klar, was Breker immer wieder betont: „Low-Budget-Material einzusetzen, Dinge wiederzuverwenden, ist nicht günstig.“ Oft steckt viel Handarbeit in der Aufbereitung und Umarbeitung von Materialien oder Möbeln. Wer also Materialien wiederverwenden will, sollte immer ein wenig mehr Budget einplanen und offen für überraschende Ergebnisse sein.
Für die Familie war beides kein Problem, wie Barth erzählt: „Wir hatten viele Freiheiten bei diesem Umbau.“ Offen und frei sind denn auch die treffenden Adjektive zur Beschreibung des Wohngefühls – und das nicht nur wegen des Blicks von der Dachterrasse über die Dächer Berlins.
Auf: 186 Quadratmetern plus einer Dachterrasse
In: Berlin-Mitte
Experten: Barth und Breker Architekten
Fotos: Ringo Paulusch
Die Lage: Über den Dächern von Berlin. Die Dachgeschosse von zwei nebeneinanderliegenden Seitenflügeln wurden zusammengelegt und zu einer Wohnung ausgebaut. Ein Höhenversprung, der aus den unterschiedlichen Höhen beider Häuser resultiert, durchzieht die Wohnung auf ihrer gesamten Länge. Nach Norden sind die Räume daher etwas niedriger als die nach Süden ausgerichteten.