Houzzbesuch: Nightmare on Brunnenstreet – Gothic-Apartment in Berlin
Baldachinbett, Kirchenschrank und Totenköpfe: In der Brunnenstraße hat ein Goth seine Wohnung eingerichtet – schwarzweiß und morbide schön
Eva Zimmermann
8. Juni 2015
Journalistin mit Architektur-Diplom und Vorliebe für weniger – und manchmal auch mehr.
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Weiß wie der Himmel, schwarz wie der Tod. Ist damit das Einrichtungskonzept dieser Gothic-Wohnung in Berlin-Wedding vielleicht schon zusammengefasst? Als Marcus Kauth Ideen für die Einrichtung seines Zuhauses suchte, machte er das wie die Profis. Er legte eine Bildsammlung an und zog Inspiration aus allem, was ihm unter die Finger kam: Zeichnungen, Fotos, Betten aus Barockschlössern. „Am Ende entschied ich mich, den Hintergrund weiß zu halten und durch die Objekte Akzente zu setzen.“ Das Konzept geht ästhetisch voll auf. Sein Geld verdient er mit Webdesign, aber auch seine Leidenschaft für Aktfotografie und Gothic-Mode bringt professionelle Ergebnisse zum Vorschein, genau wie die Wohnungsgestaltung. Vielleicht hat das mit dem Perfektionismus zu tun, den er nicht ablegen kann, und vielleicht auch nicht sollte – bei solchen Ergebnissen.
Auf einen Blick
Hier wohnt: Webdesigner, Freizeit-Fotograf und Gothic-Modemacher Marcus Kauth, 37, in einer Dreier-WG
Auf: 146 Quadratmetern in der Beletage (Vorderhaus, erster Stock)
In: Berlin-Wedding
Fotos: Luca Girardini
Der Tod. In der Gothic-Szene spielt er eine wichtige Rolle. Hier wird er ästhetisch inszeniert, mit blass geschminkten Gesichtern, dunkler Kleidung und, platt gesagt, Totenköpfen. Warum fasziniert einen das? „Ich kam eigentlich aus der Metal-Szene, damals mit 22. Dann bekam ich ein Gothic-Magazin in die Hände. Und, ganz ehrlich: Ich fand die Frauen in dieser düsteren Ästhetik wahnsinnig attraktiv“, sagt Kauth. Aber der Tod? „Ja, damals gab es bei mir eine depressive Phase. Inzwischen würde ich mich aber als gnadenlosen Optimisten bezeichnen. Und ich habe keine Angst vor dem Tod. Du wirst vielleicht lachen, aber ich stelle mir das so vor: Tu Gutes, Marcus, dann kommst du nach deinem Ableben in eine wunderschöne Zaubererwelt, also an einen Ort, der für dich der Schönste ist.“
Hier wohnt: Webdesigner, Freizeit-Fotograf und Gothic-Modemacher Marcus Kauth, 37, in einer Dreier-WG
Auf: 146 Quadratmetern in der Beletage (Vorderhaus, erster Stock)
In: Berlin-Wedding
Fotos: Luca Girardini
Der Tod. In der Gothic-Szene spielt er eine wichtige Rolle. Hier wird er ästhetisch inszeniert, mit blass geschminkten Gesichtern, dunkler Kleidung und, platt gesagt, Totenköpfen. Warum fasziniert einen das? „Ich kam eigentlich aus der Metal-Szene, damals mit 22. Dann bekam ich ein Gothic-Magazin in die Hände. Und, ganz ehrlich: Ich fand die Frauen in dieser düsteren Ästhetik wahnsinnig attraktiv“, sagt Kauth. Aber der Tod? „Ja, damals gab es bei mir eine depressive Phase. Inzwischen würde ich mich aber als gnadenlosen Optimisten bezeichnen. Und ich habe keine Angst vor dem Tod. Du wirst vielleicht lachen, aber ich stelle mir das so vor: Tu Gutes, Marcus, dann kommst du nach deinem Ableben in eine wunderschöne Zaubererwelt, also an einen Ort, der für dich der Schönste ist.“
Die Wohnung in der Brunnenstraße war nie inseriert. Bei der Besichtigung einer anderen Wohnung erwähnte der Makler sie. Kauth kam, sah und siegte. Im Flur, von dem links die Küche und rechts das Bad abgeht, steht ein alter Aktenschrank, den er palisanderfarben lasierte, so dass alte Beschriftungen auf den Schubladen immer noch durchscheinen. Aktfotografien von einer seiner vergangenen Ausstellungen hängen an den Wänden. „Helmut Newton ist definitiv ein Vorbild“, sagt Kauth. „Ihm laufen wir in der Schwarzweiß-Fotografie bis heute in kompositorischer Hinsicht hinterher.“
Auf einem niedrigen Regal im Flur findet sich diese Sammlung alter Bibeln. „Einmal im Jahr bin ich für vier Wochen sehr schlimm auf Ebay unterwegs. Mich faszinieren alte Dinge. Wenn ich überlege, wer diese Bücher schon in der Hand gehalten und was sie alles überstanden haben. Zwei Weltkriege.“
In der Küche hat Kauth Ikea-Möbel mit alten Speiseschränken kombiniert. „Ich habe vieles in den Trödelhallen in Rahnsdorf gefunden. Der alte Küchenschrank sah katastrophal aus, als ich ihn kaufte, und toll, nachdem wir ihn saubergemacht hatten. Mich wundert, dass die Händler da oft nicht draufkommen. Aber so bekommt man die Sachen natürlich auch günstiger.“
An einem alten Speckhaken, den man früher zur luftigen Lagerung von Fleischwaren benutzte, hängen heute Töpfe und Siebe. Die Küche hat einen dreieckigen Grundriss mit spitzen Winkel zum Hoffenster hin. „Die Herausforderung bei der Einrichtung der gesamten Wohnung war eigentlich, immer wieder eine Antwort auf die Frage zu finden: Wo stellt man was hin? Die Wohnung ist voller Winkel und Ecken“, sagt Kauth.
„Die Bad-Ausstattung ist wirklich nichts besonderes. Keine Marken, eigentlich mehr oder weniger das Günstigste auf dem Markt. Nur die Armaturen habe ich ausgetauscht – sie sind jetzt von Grohe“, sagt Kauth. Dennoch herrscht das Schwarz-Weiß-Prinzip auch hier und lässt eine gewisse Eleganz entstehen.
Armaturen: Grohe
Armaturen: Grohe
Vom Flur aus erreicht man zunächst das Esszimmer. „Die Stühle waren ein Geschenk meiner Eltern. Sie kauften die Gruppe bei einem Antiquitätenhändler in Holland. Der Tisch ist neu.“
Links auf dem Schrank steht die Replik des Kopfes einer Filmfigur aus Hellboy – Bösewicht Karl Ruprecht Kroenen. Die großformatige Schmetterlingsfotografie ist eine Arbeit von Kauth. Auch den Rahmen baute er selbst. Das schwarze Gewebe rundum stammt von Netzstrumpfhosen.
Kuhfell: Koldby, Ikea
Links auf dem Schrank steht die Replik des Kopfes einer Filmfigur aus Hellboy – Bösewicht Karl Ruprecht Kroenen. Die großformatige Schmetterlingsfotografie ist eine Arbeit von Kauth. Auch den Rahmen baute er selbst. Das schwarze Gewebe rundum stammt von Netzstrumpfhosen.
Kuhfell: Koldby, Ikea
Gleich neben der Tür, durch die man das Esszimmer betritt, steht dieses Klavier. Eine von Kauths Mitbewohnerinnen spielte früher Klavier, und bald kann sie es wieder. Denn seit Neuestem ist dieses Zimmermann-Piano von 1890 Teil der Wohnungsausstattung. Der Klavierstimmer ist schon bestellt.
Darüber hängt das wahrscheinlich kurioseste Objekt der gesamten Wohnung: Es handelt sich um die Original-Verlobungsankündigung, die während des Verlobungsballes von Prinzessin Sissi mit Kaiser Franz Josef neben dem Ballsaal auf einer Tafel stand. Kauth kaufte sie einem Freund seiner Eltern ab, der das Objekt zusammen mit einem Schloss in Gelsenkirchen erworben hatte, allerdings nach einigen Jahren Konkurs anmelden musste.
Alte Kruzifixe tauchen immer wieder in der Wohnung auf. „Ich bin katholischer Christ. Das ist das eine. Außerdem fasziniert es mich, welche Kraft Religion hat, im Guten wie im Schlechten. Und ich finde, dass Kreuze eine besondere Ästhetik haben und geometrisch sehr interessant sind“, sagt Kauth. Der Schrank, auf dem diese Sammlung steht, ist in der Mitte des 19. Jahrhunderts für eine Kircheneinrichtung entstanden. Er befindet sich in Kauths großem Schlafzimmer, das er auch zum wohnen nutzt. Die Schnitzereien zeigen biblische Szenen. Adam und Eva im Paradies…
…paradiesisch ist auch die Füllung des mit Samt ausgekleideten Stückes: „Ich habe darin meine Cocktailbar untergebracht“, sagt Kauth.
In beleuchteten Kästen stehen Modelle der Living Dead Dolls – entworfen von Ed Long, Damien Glonek und Michael Markowitz und produziert von Mezco Toyz. Die Vorhänge sind im selben Stil gestaltet wie der Baldachin des ausladenden Bettes auf der gegenüberliegenden Seite.
Living Dead Dolls: Mezco Toys
Living Dead Dolls: Mezco Toys
Das Bild eines barocken Bettes inspirierte Kauth zu diesem Eigenbau, der, samt Baldachin, vollständig aus seiner Hand stammt. „Meine Mutter hat vier Wochen lang für die Wohnung genäht“, erzählt er. Der Baldachin ist an einer alten Tischplatte aufgehängt. Der Bettkasten besteht aus dunkel gestrichener Kiefer.
Selbst die Troddeln des Baldachins sind bis ins kleinste Detail gestaltet. Kauth hat nichts dem Zufall überlassen. „Die Fransenborte für den Baldachin fand meine Mutter in einem Schnäppchenmarkt für 1,50 Euro. Sie war damals noch grün, bis wir sie einfärbten. Und die Troddeln habe ich auseinandergenommen und verziert. Die kleinen Zombiköpfe kamen aus den Berlin Dungeons und waren früher Bleistiftköpfe, der große stammt aus einem Shop im Einkaufscenter Alexa, der Ausverkauf machte. Und eines Tages kam meine Mutter vorbei und fragte: Was machst du denn da? Als ich diese kleinen Stoffröschen noch darauf nähte.“
Die Katze in diesem Rahmen, gleich neben dem königlichen Bett, hat einmal gelebt und ist inzwischen mumifiziert. Kauth fand sie bei einem Fotoshooting auf dem Gelände eines alten Sanatoriums bei Chemnitz. Als ich frage, wie er sie befestigt hat, sagt er: „Die hängt einfach an einem Nagel.“ Dann nimmt er sie von der Wand und hält mir die offene Rückseite hin, Brustkorbskelett und alles. Zwei Rahmenreihen darüber ist es zwei Vögeln ähnlich ergangen, auch sie erlitten den Tod an einer trockenen Stelle und wurden mumifiziert. Marcus fand sie und rahmte sie ein.
Hier im Arbeitszimmer und draußen auf seinen Fotolocations tobt sich Kauth kreativ aus. Die Modelle seiner Modelinie näht er alle selbst. Nur bei den Vorhängen und dem Bett-Baldachin half ihm seine Mutter.
Wenn Morbides so schön ist, braucht man davor wirklich keine Berührungsängste zu haben.
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Gefällt mir, hätte ich aber niemals als 'Gothic' bezeichnet. Dann schon eher als Steampunk-angehaucht. Nichtdestotrotz: Sehr schön ; -)
Sieht krass aus, muss man mögen. Ich finde aber, dass die Bewohner eine klare Linie bewahren. Mir wäre es allerdings zu vollgestellt, aber Geschmäcker sind ja verschieden! Was ich an der Wohnung mag - der Mix aus Alt und Neu!