Vorher-Nachher: Ein Haus aus den Fünfzigern wird modern
Um dieses alte Einfamilienhaus in Essen aufzufrischen, bedurfte es starker Materialien – und Kompromissbereitschaft
Man muss nicht immer neu bauen, wenn man modern wohnen will – befand ein junges Paar, das für sich und die drei Kinder ein größeres Zuhause suchte. Fündig wurde die Familie im südlichen Essener Stadtteil Bredeney bei einem Bau aus den Fünfzigerjahren. Dessen historischer Charme sollte erhalten bleiben, bei gleichzeitig zeitgemäßer Erneuerung. Mit dem Team von Falke Architekten aus Köln wurde zwölf Monate lang umgebaut, bis schließlich Türen aus Schwarzstahl, Bäder in Feinsteinzeug, stimmungsvolle Beleuchtung und ein Küchenaltar aus Beton fertig waren. Zwischendurch musste allerdings das ganze Wohnviertel evakuiert werden …
VORHER: Bevor sich das Team um Architekt Martin Falke das Haus vorknöpfte, sah es noch etwas anders aus. „Als dieses Haus in Bredeney, einem vornehmen Stadtteil von Essen, zum Verkauf stand, wussten die Eigentümer gleich: Das ist unser neues Familienzuhause“, erzählt Falke. Ihn kontaktierten die Bauherren direkt nach dem Kauf, da sie zwar den Charme des Hauses mochten, es aber auf einen modernen Standard heben wollten. „Von Innen wurde es am Ende bis auf die Erdgeschossdecke entkernt. Wir hatten zwar vorgeschlagen, alles abzureißen und neu zu bauen, aber der Eigentümer wollte den Bestand erhalten. Umbau heißt Bereitschaft zu Kompromissen. Und diese Bereitschaft hatten beide Seiten.“
VORHER: Vor dem Umbau sah man auch dem Eingangsbereich sein Alter an. Waschbetonplatten und ein piefiges Überdach waren wenig zeitgemäß.
NACHHER: Nun bildet eine dreiseitig begehbare Treppe aus Basaltlava den Zugang zum Haus. „Lavastein ist ein Material, das in den Sechzigern häufig eingesetzt wurde. Mit der modernen Treppe haben wir versucht, das alte Material neu zu interpretieren“, so Falke.
Zudem entfernten Falke und sein Team die kleinen Gitterfenster rechts des Eingangs. Durch die neue Frontverglasung mit pulverbeschichteten Aluminiumrahmen und eine Haustür aus behandelter Eiche wirkt die Fassade ungleich moderner.
Zudem entfernten Falke und sein Team die kleinen Gitterfenster rechts des Eingangs. Durch die neue Frontverglasung mit pulverbeschichteten Aluminiumrahmen und eine Haustür aus behandelter Eiche wirkt die Fassade ungleich moderner.
Während des Umbaus lief natürlich nicht alles aalglatt. „Bei Abbrucharbeiten sollte ein Handwerker eine alte Wasserleitung trennen, um eine neue verlegen zu können. Stattdessen machte er sich an die gelbe Gasleitung. Das haben wir gerade noch rechtzeitig gemerkt – und trotzdem musste das ganze Wohnviertel erstmal wegen einer möglichen Gasexplosion evakuiert werden“, erinnert sich der Architekt.
Der Eingangsbereich liefert mit Sichtbeton am Boden, maßgeschreinertem Stauraum und einer Trennwand aus Schwarzstahl und Glas einen Vorgeschmack auf den Rest der modernen Inneneinrichtung. „Eine spannende und hochwertige Materialität war den Eigentümern wichtig im neuen Heim“, sagt Falke.
Die Tür vom Windfang in den Wohnbereich hat Falke mit Bodentürschließern versehen, weil sie „dezent und mit unsichtbarer Funktionalität genau das Richtige für hohe Glastüren sind.“
In den ersten Stock und den Keller gelangt man über eine mit Eichenbohlen verkleidete Stahlbetontreppe.
In den ersten Stock und den Keller gelangt man über eine mit Eichenbohlen verkleidete Stahlbetontreppe.
Dreh- und Angelpunkt ist die großzügige Wohnküche der Familie. Ausgestattet mit einem 4,50 Meter langen Betonblock von Küchenplaner Walter Wendel, einem Experten für Betonküchen. „Im Laufe des Umbaus haben wir uns immer wieder einen Scherz draus gemacht und die Küche den ‘Altar des Hauses’ genannt“, erzählt Falke lachend. In der Tat hat sie etwas Sakrales, mit all den indirekten Leuchten drumherum, die den massiven Block wie Kerzen erhellen. „Spannende Lichtgestaltung spielt bei unseren Projekten immer eine große Rolle. Gutes Licht hebt tolle Dinge hervor oder stellt weniger Schönes zurück.“
Der Tresen mit Eckbank, der auf einem Betonsockel steht, ist ebenfalls ein Entwurf von Walter Wendel. Ein Sichtbetonstreifen am Boden soll beide Bereiche auch optisch miteinander verbinden.
Der Tresen mit Eckbank, der auf einem Betonsockel steht, ist ebenfalls ein Entwurf von Walter Wendel. Ein Sichtbetonstreifen am Boden soll beide Bereiche auch optisch miteinander verbinden.
Damit der Küchenblock etwas weniger massiv wirkt, wurden an einigen Stellen Aussparungen am Boden eingefräst, die zudem indirekt beleuchtet sind. „Das ist zwar nur eine kleine Spielerei, aber sie sind tatsächlich ein schöner Blickfang.“
Die Kochstellen sind bündig in die Betonarbeitsplatte eingelassen. Der meterlange Stauraum ist maßgeschreinert und mit schmalen Griffmulden so dezent wie möglich gestaltet.
Beim Kochen blicken die Bewohner auf das gemütliche Esszimmer mit Durchsichtkamin. Links ums Eck geht es in das offene Wohnzimmer, rechts in ein kleines Home Office und den Terrassenbereich. „Obwohl die Eigentümer eine sehr hochwertige Inneneinrichtung wollten, wirkt das Ergebnis wohnlich und familienfreundlich. Oft können teure oder schicke Materialien ja auch steril wirken“, sagt Falke.
Der Boden sowie die maßgefertigte Tischplatte mit dezenter Waldkante (an der linken Seite) sind aus Eiche.
Der Boden sowie die maßgefertigte Tischplatte mit dezenter Waldkante (an der linken Seite) sind aus Eiche.
Im ersten Stock befinden sich das Schlafzimmer, die drei Kinderzimmer, zwei Bäder und ein Abstellraum. „Auch den Platz unterm Dach haben wir genutzt und im Spitz einen gemütlichen Rückzugsort geschaffen“, so Franke. Eine weiß pulverbeschichtete Stahltreppe führt nach oben. „Manch einer findet sie sicherlich nicht sehr kindgerecht. Aber aus eigener Erfahrung, denn auch wir haben so eine Treppe zuhause, kann ich sagen: Kinder lernen schnell im Alltag und stoßen sich nie den Kopf an den Kanten oder rutschen durch die Öffnungen.“
Das Bad der Eltern ist groß, luxuriös und wohnlich. „Erst wollten die Bauherren ein Schwimmbad im Haus haben. Aber da hätten wir das Haus komplett neu bauen müssen und die alte Form nicht beibehalten können. So viel Platz ist auf 320 Quadratmetern nun auch nicht“, sagt Franke lachend. Na gut: Schwimmbad gestrichen – aber eine Sauna, die musste für Wellnessstunden her. Der Bereich um die Sauna und Dusche herum ist mit Feinsteinzeug aus Italien ausgestattet, im Rest des Bades wurde imprägniertes Eichenparkett verlegt. „Und beim Zähneputzen steht man außerdem auf einem Teppich“, sagt Falke.
Feinsteinzeug: Casa Ceramica; Eichenparkett: Schotten & Hansen
Feinsteinzeug: Casa Ceramica; Eichenparkett: Schotten & Hansen
Der Spritzschutz hinter dem Waschtisch aus Mineralwerkstoff besteht aus reliefartigen Mosaikfliesen. Auch hier heben indirektes Licht unterm Spiegel und eine LED-Lichtleiste die schöne Gestaltung hervor.
„Da der Bauherr viel in der Welt unterwegs ist und den Look von Bädern en suite mag, wollte er das auch für seine eigenen vier Wände“, sagt Falke. „In privaten Bädern plantscht und duscht man häufiger, weshalb Feuchtigkeit im Schlafzimmer ein Problem werden kann. Daher haben wir auch hier eine Trennwand aus Glas und Schwarzstahl zwischen den beiden Bereichen eingebaut. Das Feeling ist das gleiche, nur hat man damit weniger Ärger“, so Falke.
Die freistehende Wanne ist von Agape, Modell „Drop“. Die Armaturen kommen von Cea Design.
Wie finden Sie diesen Umbau? Haben Sie selbst ein spannendes Vorher-Nachher-Beispiel? Zeigen Sie es uns in den Kommentaren!
Wie finden Sie diesen Umbau? Haben Sie selbst ein spannendes Vorher-Nachher-Beispiel? Zeigen Sie es uns in den Kommentaren!
Hier wohnt: eine fünfköpfige Familie
In: Essen-Bredeney, Nordrhein-Westfalen
Auf: 320 Quadratmetern, umgeben von 2000 Quadratmetern Grundstück (das Haus wurde in den Fünfzigern erbaut und in den Sechziger- und Siebzigerjahren umgebaut)
Experte: Falke Architekten
Fotos: Lioba Schneider
Eine strahlend weiß gestrichene Fassade, bodentiefe Fenster: Dieses Haus aus Essen wirkt wie ein Neubau – dabei ist es bald siebzig Jahre alt.