6 große Mythen über skandinavisches Design auf dem Prüfstand
Gibt es in Skandinavien wirklich nur weiße Wände, Bio-Materialien und den „Hygge-Look“?
Cajsa Carlson
11. Februar 2017
Skandinavisches Design ist nach wie vor der Renner! Blogger und Design-Experten lieben es, Menschen in aller Welt kaufen es und auch in Dänemark, Schweden und Norwegen selbst ist das Interesse an Interior Design unverändert hoch. Die allgemeine Faszination für „hygge“ – jenen dänischen Trendbegriff, der letztes Jahr in aller Munde war – hat erneut bewiesen, dass der nordische Lifestyle mehr denn je boomt. Was aber macht skandinavisches Design wirklich aus? Anlässlich der Stockholm Furniture & Light Fair, der größten Messe für Möbel und Beleuchtung Skandinaviens, hat die schwedische Houzz-Redaktion einige der hartnäckigsten Klischees mal genauer unter die Lupe genommen. Wir stellen fest: ganz so einfach ist es eben doch nicht mit dem Scandi-Style.
1. Mythos: Alles ist weiß – immer und überall
Es stimmt: Die Skandinavier lieben eine schlichte weiße Einrichtung. Aber warum ist das so? Vielleicht deshalb, weil Weiß immer gut aussieht und eine einfache Lösung ist. Oder, weil es hier im Herbst und Winter so wenig Tageslicht gibt, dass dunkel gestrichene Wände fünf Monate lang für schlechte Stimmung sorgen würden.
Es stimmt: Die Skandinavier lieben eine schlichte weiße Einrichtung. Aber warum ist das so? Vielleicht deshalb, weil Weiß immer gut aussieht und eine einfache Lösung ist. Oder, weil es hier im Herbst und Winter so wenig Tageslicht gibt, dass dunkel gestrichene Wände fünf Monate lang für schlechte Stimmung sorgen würden.
Falsch! Die Vorliebe der Skandinavier für die Farbe Weiß heißt nicht, dass sie nicht auch Farben lieben! Die Pastelltöne auf diesem Foto zum Beispiel erinnern an Softeis und machen sofort Lust auf einen neuen Anstrich. Immer mehr Menschen in Skandinavien wissen auch die Wirkung von kräftigen Farben an der Wand zu schätzen. Die neuen Lieblinge heißen: Dunkelblau, Hellrosa oder Dunkelgrün – von wegen immer Weiß!
Mehr über die neuen Farbtrends in Skandinavien
Mehr über die neuen Farbtrends in Skandinavien
2. Mythos: Hauptsache minimalistisch
Eine schlichte Einrichtung erfreut sich in Skandinavien bis heute großer Beliebtheit, und das wird wahrscheinlich auch immer so bleiben. Die Dänen, Schweden, Finnen, Isländer und Norweger fühlen sich von der Einfachheit im Allgemeinen und einer schnörkellosen Einrichtung im Speziellen regelrecht angezogen. Sie lieben es, verschiedene Grautöne, Schwarz und Weiß sowie unterschiedliche Muster miteinander zu kombinieren – wie hier auf dem Foto. Das passt toll zu einem Fußboden aus Holz – einem weiteren Must-Have im skandinavischen Design. Hippe Grünpflanzen bringen Leben in die monochrome Einrichtung.
Eine schlichte Einrichtung erfreut sich in Skandinavien bis heute großer Beliebtheit, und das wird wahrscheinlich auch immer so bleiben. Die Dänen, Schweden, Finnen, Isländer und Norweger fühlen sich von der Einfachheit im Allgemeinen und einer schnörkellosen Einrichtung im Speziellen regelrecht angezogen. Sie lieben es, verschiedene Grautöne, Schwarz und Weiß sowie unterschiedliche Muster miteinander zu kombinieren – wie hier auf dem Foto. Das passt toll zu einem Fußboden aus Holz – einem weiteren Must-Have im skandinavischen Design. Hippe Grünpflanzen bringen Leben in die monochrome Einrichtung.
Aber: Skandinavisches Design hat viel mehr zu bieten. Zum Beispiel kräftige Farben und wilde Muster, die eher an die Arts-and-Crafts-Bewegung erinnern als an minimalistisches Design aus dem Norden. Der traditionelle schwedische Möbelhersteller Svenskt Tenn (im Bild) etwa hat mit den warmen, lebendigen Mustern von Designer Josef Frank (1885-1967) von sich Reden gemacht. In vielen skandinavischen Haushalten fügen diese farbenfrohen Designs der ansonsten eher schlichten Einrichtung eine gemütliche Note hinzu.
3. Mythos: Alle Skandinavier lieben Holz und andere natürliche Materialien
Mindestens drei skandinavische Länder sind größtenteils mit Wald bedeckt, und natürlich hat sich diese Tatsache auf das Möbeldesign ausgewirkt. Vom Esstisch bis zum Bücherregal – alles ist aus Holz. Und obwohl es heute viele andere Materialien gibt, bleiben die Skandinavier natürlichen Materialien treu.
Mindestens drei skandinavische Länder sind größtenteils mit Wald bedeckt, und natürlich hat sich diese Tatsache auf das Möbeldesign ausgewirkt. Vom Esstisch bis zum Bücherregal – alles ist aus Holz. Und obwohl es heute viele andere Materialien gibt, bleiben die Skandinavier natürlichen Materialien treu.
Trotzdem … arbeiten viele Kreative auch mit neueren Materialien, wie zum Beispiel die dänische Designerin Anne Rimmer. In ihrer Interior-Design-Firma Dims entwirft sie unter anderem Regale aus Acrylglas. Und in ihrer hellen und farbenfrohen Wohnung wimmelt es nur so vor Puppen, Flamingos und wilden Mustern.
Rimmers bunte Wohnung entdecken
Rimmers bunte Wohnung entdecken
4. Mythos: Jeder Skandinavier hat Designklassiker zu Hause
Die Skandinavier sind sehr, sehr stolz auf ihre Designer, von denen viele international bekannt sind: Poul Henningsen, Arne Jacobsen, Verner Panton, Josef Frank, Lisa Larson, Carl Malmsten, Alvar Aalto, um nur einige zu nennen. Wenn Sie also bei einem Skandinavier zu Hause eine Leuchte oder einen Stuhl sehen, der Ihnen bekannt vorkommt, handelt es sich höchst wahrscheinlich um ein Original. Im Norden setzt man eben auf gutes Design und innovative Ideen und legt viel Wert darauf, die kreativen Köpfe dahinter zu unterstützen, anstatt billige Kopien zu kaufen.
Hängeleuchte: PH Artichoke, Louis Poulsen
Die Skandinavier sind sehr, sehr stolz auf ihre Designer, von denen viele international bekannt sind: Poul Henningsen, Arne Jacobsen, Verner Panton, Josef Frank, Lisa Larson, Carl Malmsten, Alvar Aalto, um nur einige zu nennen. Wenn Sie also bei einem Skandinavier zu Hause eine Leuchte oder einen Stuhl sehen, der Ihnen bekannt vorkommt, handelt es sich höchst wahrscheinlich um ein Original. Im Norden setzt man eben auf gutes Design und innovative Ideen und legt viel Wert darauf, die kreativen Köpfe dahinter zu unterstützen, anstatt billige Kopien zu kaufen.
Hängeleuchte: PH Artichoke, Louis Poulsen
Aber: Nicht alle Designerstücke, die Sie in skandinavischen Haushalten sehen, kosten so viel wie die berühmte Leuchte PH Artichoke von Louis Poulsen. Man ist nämlich auch stolz darauf, schnell zu erkennen, welches Stück das Zeug zum nächsten Designklassiker hat. Und auch der bekannteste skandinavische Möbelhersteller Ikea – ob man ihn nun mag oder nicht – arbeitet nach der Business-Philosophie „Design für alle“. Junge, aufstrebende Designer lassen sich gern von Designikonen inspirieren, aber der Charme skandinavischen Designs liegt vor allem darin, dass sich seine Macher immer wieder neu erfinden.
Hängeleuchte: Maskros, Ikea
Hängeleuchte: Maskros, Ikea
5. Mythos: Skandinavier sind extrem naturverbunden
Wenn man Skandinavien lediglich aus Büchern und Fernsehserien kennt, könnte man meinen, dass dort alle in malerischen Dörfern oder an windgepeitschten Küsten wohnen. In roten Holzhäusern. Es stimmt schon: Im Norden gibt es jede Menge Wald und Einsamkeit, und die Einwohner sind eng mit der Natur verbunden. Sie kann unwirtlich und gnadenlos und gleichzeitig atemberaubend schön sein. Auf jeden Fall spielt die Natur in der skandinavischen Kultur eine besondere Rolle.
Wenn man Skandinavien lediglich aus Büchern und Fernsehserien kennt, könnte man meinen, dass dort alle in malerischen Dörfern oder an windgepeitschten Küsten wohnen. In roten Holzhäusern. Es stimmt schon: Im Norden gibt es jede Menge Wald und Einsamkeit, und die Einwohner sind eng mit der Natur verbunden. Sie kann unwirtlich und gnadenlos und gleichzeitig atemberaubend schön sein. Auf jeden Fall spielt die Natur in der skandinavischen Kultur eine besondere Rolle.
Bestimmt wussten Sie noch nicht, dass 94,2 Prozent der Isländer, 87,5 Prozent der Dänen, 85,8 Prozent der Schweden, 84,2 Prozent der Finnen und 80,5 Prozent der Norweger in Städten oder Ballungsgebieten leben. (So die Zahlen der Vereinten Nationen. Die Werte beziehen sich auf Gebiete, die die Länder selbst als urbane Räume bezeichnen, deshalb finden sich darunter auch Städte, die es vielleicht nicht gerade mit Manhattan aufnehmen können.) Unsere Liebe zur Architektur ist jedoch ortsunabhängig, wie dieses, von Elding Oscarson Architects entworfene Haus im südschwedischen Landskrona beweist.
Durch Bilder von Wohnungen in Schweden und Dänemark stöbern
Durch Bilder von Wohnungen in Schweden und Dänemark stöbern
6. Mythos: Hygge kann man kaufen
Seit der dänische Begriff „hygge“, der so viel wie „warm und gemütlich“ bedeutet, 2016 um die ganze Welt ging, gibt es jede Menge Ratgeber, wie man sein Leben hygge machen kann. Schade nur, dass viele Unternehmen sich dabei auf Kleidung und Accessoires wie Schaffell-Hausschuhe, Tee oder Kaminfeuer beschränken und hygge zu einer Art Slogan machen, mit dem sie lediglich Kunden anlocken wollen.
Seit der dänische Begriff „hygge“, der so viel wie „warm und gemütlich“ bedeutet, 2016 um die ganze Welt ging, gibt es jede Menge Ratgeber, wie man sein Leben hygge machen kann. Schade nur, dass viele Unternehmen sich dabei auf Kleidung und Accessoires wie Schaffell-Hausschuhe, Tee oder Kaminfeuer beschränken und hygge zu einer Art Slogan machen, mit dem sie lediglich Kunden anlocken wollen.
Quatsch! Schon 2015 erklärten wir in einem unserer Magazintexte: „Hygge steht dafür, Zeit mit geliebten Menschen zu verbringen, in einem hellen und freundlichen Zuhause, das gefüllt ist mit geliebten Gegenständen, die uns jeden Tag aufs Neue glücklich machen. ‘Hygge’ kann man nicht kaufen! Man kann auch nicht einfach jemanden dafür bezahlen, dass er unser Zuhause ‘hyggelig’ macht. Hygge steht für eine Zufriedenheit, die man nur in einem echten Zuhause findet.“
Also ignorieren Sie den Online-Shop und hören Sie auf, Dinge für Ihr Zuhause zu kaufen, die Sie in Wahrheit gar nicht brauchen. Versuchen Sie stattdessen, das Schöne in den Dingen zu sehen, die Sie bereits haben. Vielleicht ist dieses Skandinavien-Klischee das eine, das wir nicht zerschlagen wollen …
Also ignorieren Sie den Online-Shop und hören Sie auf, Dinge für Ihr Zuhause zu kaufen, die Sie in Wahrheit gar nicht brauchen. Versuchen Sie stattdessen, das Schöne in den Dingen zu sehen, die Sie bereits haben. Vielleicht ist dieses Skandinavien-Klischee das eine, das wir nicht zerschlagen wollen …
Ähnliche Artikel
Weihnachtsdeko
Kleine Fluchten: 24 festliche Wohnzimmer zu Weihnachten
Von Nicola Enderle
Mit Christbäumen über Kopf, üppiger Weihnachtsdeko oder klassisch geschmückt: Diese Wohnzimmer sind bereit fürs Fest
Zum Artikel
Wohnen auf kleinem Raum
Weniger ist mehr! 17 großartige Mikro-Apartments weltweit
Hilfe, Mini-Wohnung! Kein Problem mit guten Ideen, praktischen Einbauten und maximaler Volumennutzung zeigen sie Größe
Zum Artikel
Architektur
Ein Familien-Zuhause schlängelt sich durch eine Siedlung
Von 田中祥子
Dieses 40 Meter lange Haus in Japan schafft Privatsphäre und ist gleichzeitig ein echtes Erlebnis für seine Bewohner
Zum Artikel
Leben & Alltag
Bringt eine saubere Toilette Glück? Aberglaube weltweit
Von Junko Kawakami
Für alles gibt es eine natürliche Erklärung – oder eine übernatürliche. In unseren Wohnräumen ist jedenfalls noch viel Platz für Aberglauben
Zum Artikel
Küche einrichten
Die 10 beliebtesten Küchen des Jahres 2021
Schauen Sie über den Tellerrand und entdecken tolle Küchen aus Australien, Japan, Russland – und natürlich Deutschland
Zum Artikel
Tiny Houses
Houzzbesuch: Zwei Schiffscontainer werden zur exquisiten Hütte
Von Vanessa Walker
Zu Besuch in einem Schiffscontainer als umweltfreundliche und komfortable Unterkunft für Urlauber und Aussteiger
Zum Artikel
Houzzbesuch
Houzzbesuch: Tiefgründigkeit, Dramatik und Schummerlicht
In dieser Wohnung einer Familie beweisen Houzz-Profis, dass dunkle Farben auf begrenzter Fläche Wunder bewirken
Zum Artikel
Inspiration
Kleine Fluchten: 35 urige Landhäuser im Süden
Von Anneke Thurau
Italien, Frankreich, Spanien, Kroatien – in diese tollen Landhäuser möchte man sofort für eine Auszeit flüchten
Zum Artikel
Houzzbesuch
Houzzbesuch: Perfekt lässiger Boho-Stil von der Natur durchbohrt
Kunst, Architektur und Flohmarkt-Funde mischen sich im kreativen, baumhausähnlichen Zuhause einer Familie in Los Angeles
Zum Artikel
Bad einrichten
Mit allen Wassern gewaschen – 12 außergewöhnliche Bäder
Von Houzz
Ein Badewanne mit Blick aufs Meer – oder doch lieber unter tropischen Pflanzen? In diesen 12 Bädern entspannen sich Körper, Geist und Seele
Zum Artikel
Liebes Houzz-Team,
dieser Artikel war ja so etwas von überfällig. Endlich sagt mal jemand, dass skandinavisches Design eben nicht wie eine Mathegleichung ist: "Man nehme viel Weiß und viel Holz und viele Designklassiker..." So skandinavisch wie bei deutschen Bloggern sieht es in skandinavischen Häusern eher nicht aus, das ist zumindest meine Erfahrung aus Urlauben. Da sind die Schweden und Dänen durchaus vielfältiger und ja, auch mutiger beim Einrichten.
Wie hier im Magazin auch schon mehrfach geschrieben wurde, lassen sich Elemente des skandinavischen Einrichtungsstils auch wunderbar kombinieren, sei es mit sehr strengem japanischem Design oder auch mit Antiquitäten. Es ist durchaus erlaubt, zu experimentieren und zu individualisieren.
Viele Grüße
Susann
Spannend dass Sie was von Original Designer Möbeln schreiben, die die Skandivavier bevorzugen. Aber auf dem dazugehörigen Bild sind Replikate von den bekannten James Eames Stühlen zu sehen. Das pasdt m.E. leider nicht zusammen.
Ansonsten danke für die Aufklärung. Finde es auch wichtig zu erfahren dass es verschiedene Stilrichtungen in Skandinavien gibt.