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Buchtipp: Into the very, very Wild!
„Hide and Seek“ aus dem Gestalten-Verlag befriedigt unsere Sehnsucht nach Wildnis und schönster Architektur schon beim Durchblättern
Eva Zimmermann
20. September 2014
Journalistin mit Architektur-Diplom und Vorliebe für weniger – und manchmal auch mehr.
Journalistin mit Architektur-Diplom und Vorliebe für weniger – und manchmal auch... Mehr
Ja, die Hütte. Wer hätte nicht schon einmal von ihr geträumt. Wir leben in einer urbanen Gesellschaft. Alten Leuten rät man heute, in die Städte zu ziehen, denn dort können sie fußläufig alles erreichen (vom Arzt bis zum Supermarkt), was sonst mit langen Anfahrten verbunden wäre. Berlin, als größte deutsche Stadt, wächst und wächst und wächst. Um 42.000 hat sich die Einwohnerzahl im Jahr 2013 vermehrt, Tendenz steigend.
Warum also macht der Gestalten-Verlag dieses Buch? Aus demselben Grund, aus dem der Berliner von einem Häuschen in der Uckermark träumt, nur fürs Wochenende natürlich, denn die Kultur will man nicht missen, während man auf Leute und Häuser getrost einmal verzichten könnte.
Das haben sich die Bauherren der in „Hide and Seek“ auf 256 Seiten versammelten Projekte wahrscheinlich auch gedacht. Und ihren urbanen Lebensstil, mit Betonung auf Stil, gleich ins Exil mitgenommen. Denn während so ein Gartenhaus früher hauptsächlich vor Regen schützen sollte und die Gerätschaften fürs Gärtnern (oder Bergsteigen) akkommodierte, sind die hier versammelten Gebäude zwar auf Nötiges beschränkt – aber geschmacklich bleibt kein Wunsch offen.
Das haben sich die Bauherren der in „Hide and Seek“ auf 256 Seiten versammelten Projekte wahrscheinlich auch gedacht. Und ihren urbanen Lebensstil, mit Betonung auf Stil, gleich ins Exil mitgenommen. Denn während so ein Gartenhaus früher hauptsächlich vor Regen schützen sollte und die Gerätschaften fürs Gärtnern (oder Bergsteigen) akkommodierte, sind die hier versammelten Gebäude zwar auf Nötiges beschränkt – aber geschmacklich bleibt kein Wunsch offen.
Wir werden entlang der Wasserkante ins Thema eingeführt. „Where Land meets Water“ ist das erste Kapitel, in dem Projekte in direkter Wassernähe vorgestellt werden. Eine besondere Mischung aus Landschafts- und Architekturfotografie macht das Buch schon beim ersten Blättern appetitlich. Die Projekte scheinen die einzigen Spuren von Zivilisation in einer sonst unberührten Natur zu sein, und genau deshalb möchte man nichts lieber, als sofort einziehen und seinen ersten Roman dort schreiben!
Den Zielturm Rotsee in Luzern entwarfen Andreas Fuhrimann Gabriele Hächler Architekten. Auf ihm nehmen die Veranstalter der jährlichen Ruderregatta Platz. Wie früher Kirchtürme die Lage einer Ortschaft von weither erkennen ließen, ist dieser Turm vor allem bei geschlossenen Fensterläden eine helle Landmarke, die über dem See zu schweben scheint.
Den Zielturm Rotsee in Luzern entwarfen Andreas Fuhrimann Gabriele Hächler Architekten. Auf ihm nehmen die Veranstalter der jährlichen Ruderregatta Platz. Wie früher Kirchtürme die Lage einer Ortschaft von weither erkennen ließen, ist dieser Turm vor allem bei geschlossenen Fensterläden eine helle Landmarke, die über dem See zu schweben scheint.
Von der Horizontalen geht es weiter in die Vertikale. „Sky High“ beginnt mit einem Projekt, das auf den ersten Blick so unwahrscheinlich wirkt, dass man es für ein Rendering halten möchte. Oder eine Szene aus dem Herrn der Ringe. Eine winzige Hütte inmitten eines Felsmassivs, dahinter die Bergkette der Julischen Alpen.
Bis zu neun Gäste können im Bivacco Luca Vuerich übernachten. Luca Vuerich war Bergsteiger, und nach seinem Tod setzte seine Familie ihm ein Denkmal in Form dieser einfachen Dachbinderkonstruktion in 2531 Metern Höhe. Architekt Giovanni Pesamosca entwickelte das Projekt so, dass es an einem einzigen Tag aufgebaut werden konnte.
Bis zu neun Gäste können im Bivacco Luca Vuerich übernachten. Luca Vuerich war Bergsteiger, und nach seinem Tod setzte seine Familie ihm ein Denkmal in Form dieser einfachen Dachbinderkonstruktion in 2531 Metern Höhe. Architekt Giovanni Pesamosca entwickelte das Projekt so, dass es an einem einzigen Tag aufgebaut werden konnte.
Die Vielgestaltigkeit des Berghütten-Typus überrascht. In „Hide and Seek“ häufen sich – dem Thema sei’s geschuldet – Projekte aus Österreich und der Schweiz. Da wäre beispielsweise die Mountain Cabin in Vorarlberg, die an Peter Zumthors Bruder-Klaus-Feldkapelle in Wachendorf erinnert. Ein streng ausgeführter Kubus mit Balkon, der in die massive Kubatur eingeschnitten wurde. Ausgedacht haben ihn sich die Architekten von Marte.Marte. Der schwere Betonblock steht am Rand einer Klamm in steiler Hanglage.
Fenster in verschiedenen Größen durchbrechen die massive Außenhülle und erzeugen, erstaunlich, wenn man an die Außenwirkung denkt, im Inneren echte Berghüttenatmosphäre.
Eines der erstaunlichsten Projekte haben Buchner Bründler Architekten in Ticino realsiert. Sie nennen es die Casa D’Estate Linescio. Die vorgefundene Behausung war 200 Jahre alt und blieb als Fassade erhalten. Wie groß muss daher für den Besucher die Überraschung sein, wenn er diesen Innenraum betritt, der zwei Stockwerke zu einem großen Wohnraum zusammenfasst und dabei eine fast sakrale Ästhetik entwickelt.
„Open Range“, das nächste Kapitel, ist den besonders Freiheitsliebenden unter uns gewidmet, die in Städten vergeblich nach der Horizontlinie suchen. Vielleicht die nomadischsten Projekte des Buches, auf Steppengras oder ins Kornfeld gebaut. In Schweden, Kanada und Argentinien.
Hier sehen Sie das Haus am Moor von Bernardo Bader Architekten, von außen ein schlichter Baukörper mit Giebeldach, von innen…
Hier sehen Sie das Haus am Moor von Bernardo Bader Architekten, von außen ein schlichter Baukörper mit Giebeldach, von innen…
…ein großzügiger, mit hellem Holz ausgekleidet Raum, der durch die horizontalen Stapelung der Bretter eine eigene Dynamik entwickelt.
An der Nordküste Californiens steht die Moose Road Residence. Die Zimmer des Hauses sind auf drei berühmte Ausblicke der Gegend ausgerichtet: Einen Felsen in Adlerform, einen Gebirgskamm und ein Tal mit Weingut. Die Planer von Mork-Ulnes Architects achteten beim Bau darauf, dass kein einziger Baum auf dem Grundstück gefällt werden musste.
Das letzte Kapitel befindet sich „In the Neck of the Woods“. Im Wald, da sind die Räuber. Denn man kann sich so gut in ihm verstecken. Hier finden sich die introvertiertesten Projekte des Buches. Diesen „Cocoon“, der zwischen Baumstämmen hängt, bauten AA Design & Make mit Zedernholzbrettern in einem Waldstück Südwestenglands als Monocoque (was soviel heißt wie: einteiliger Hohlkörper).
Unter den anderen fabelhaften Waldbauformen sind dunkle Knusperhäuschen mit spiegelnder Fassade, ein Waldzelt, das als Kugel zwischen den Bäumen aufgespannt ist und futuristische Baumhäuser.
So vieles ist zu entdecken in „Hide and Seek“. Es gibt nur einen einzigen Haken: Eine ganz bestimmte Sehnsucht ist nach der Lektüre noch größer als zuvor.
Unter den anderen fabelhaften Waldbauformen sind dunkle Knusperhäuschen mit spiegelnder Fassade, ein Waldzelt, das als Kugel zwischen den Bäumen aufgespannt ist und futuristische Baumhäuser.
So vieles ist zu entdecken in „Hide and Seek“. Es gibt nur einen einzigen Haken: Eine ganz bestimmte Sehnsucht ist nach der Lektüre noch größer als zuvor.
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