Houzzbesuch: Alte Scheune, neues Glück
Auf der Magdeburger Börde entstand in den Dreißigern eine Backsteinscheune. Jetzt verwandelten Rösler Architekten sie in ein Wochenendhaus
Dass auf dem Land, genauer gesagt auf der Magdeburger Börde in Sachsen-Anhalt, nicht zwangsläufig spießige Einfamilienhäuser mit Gartenzwergen im Vorgarten stehen müssen, beweist „Haus Stein“ von Rösler Architekten aus Berlin. Jan Rösler baute hier ein ehemaliges Stall- und Scheunengebäude zum Wochenendhaus einer vierköpfigen Familie um und bewies dabei Respekt vor der alten Substanz, in die er nur sanft eingriff. Er erhielt die raue Scheunenfassade und gestaltete die Innenräume mit nachhaltigen Materialien puristisch um. Seine Strategie der Nachhaltigkeit ging voll auf – unter anderem wurde das Projekt mit dem „Hans-Schaefers-Preis“ vom Bund Deutscher Architekten (Berlin) prämiert und bei den „Häusern des Jahres” ausgezeichnet.
Auf einen Blick
Hier urlaubt: eine vierköpfige Familie
In: Druxberge, einem kleinen Dorf auf der Magdeburger Börde, Sachsen-Anhalt
Auf: 240 Quadratmetern (2 Schlafzimmer, 2 Bäder)
Experte: Jan Rösler Architekten, Berlin, Mitverfasser: Sven Rickhoff
Auf einen Blick
Hier urlaubt: eine vierköpfige Familie
In: Druxberge, einem kleinen Dorf auf der Magdeburger Börde, Sachsen-Anhalt
Auf: 240 Quadratmetern (2 Schlafzimmer, 2 Bäder)
Experte: Jan Rösler Architekten, Berlin, Mitverfasser: Sven Rickhoff
Im Kontrast zum rauen äußeren Erscheinungsbild erwartet einen im Inneren des 1930 erbauten Gebäudes ein heller Wohnraum, der die ursprüngliche Funktion des Gebäudes noch erahnen lässt. „Die gesamte Nutzfläche beträgt etwa 240 Quadratmeter auf drei Ebenen. Einige Räume sind doppelgeschossig, andere befinden sich auf dem Spitzboden“, so Jan Rösler über die Organisation des Hauses.
Durch den offenen Dachstuhl entsteht ein großzügiges Raumgefühl, eine beinahe hallenartige Atmosphäre, während konstruktive Details klare Linien im Innenraum erkennen lassen.
Durch den offenen Dachstuhl entsteht ein großzügiges Raumgefühl, eine beinahe hallenartige Atmosphäre, während konstruktive Details klare Linien im Innenraum erkennen lassen.
„Beim Umgang mit historischen und alten Gebäuden nehme ich mir grundsätzlich ein oder zwei wesentliche Charakterzüge der Immobilie heraus und versuche diese im Rahmen des Umbaus herauszuarbeiten und zu erhalten“, so Rösler.
Zum bewussten Umgang mit der alten Bausubstanz gehörte für Rösler die Erhaltung der preußischen Kappendecke im Erdgeschoss, einer Deckenkonstruktion aus sich wiederholenden flachen Rundtonnengewölben. „Sie gliedert nun die Bereiche auf strukturelle und konstruktive Art“, so der Architekt. Im Zuge einer Entkernung fügte Rösler die verspielt gestalteten Stahlstützen in Kombination mit einem tragenden H-Profil bewusst im Kontrast zur bäuerlichen Architektur ein.
Zum bewussten Umgang mit der alten Bausubstanz gehörte für Rösler die Erhaltung der preußischen Kappendecke im Erdgeschoss, einer Deckenkonstruktion aus sich wiederholenden flachen Rundtonnengewölben. „Sie gliedert nun die Bereiche auf strukturelle und konstruktive Art“, so der Architekt. Im Zuge einer Entkernung fügte Rösler die verspielt gestalteten Stahlstützen in Kombination mit einem tragenden H-Profil bewusst im Kontrast zur bäuerlichen Architektur ein.
Das Scheunentor, durch das früher der Traktor ratterte, ist, genau wie die Tür daneben, zum großen Panoramafenster geworden. Durch Holzrahmen eingefasst, hat man nun Ausblick auf die benachbarten Bauernhäuser und Schuppen. Der „Barcelona Chair“ von Ludwig Mies van der Rohe entstand, man möchte es kaum glauben, zur selben Zeit wie die alte Scheune – wahrscheinlich passen die beiden deshalb so gut zusammen.
Der schlicht und nahtlos in die Wand eingelassene Kamin ist neu dazugekommen.
Der schlicht und nahtlos in die Wand eingelassene Kamin ist neu dazugekommen.
Den Wohnbereich im Erdgeschoss strukturiert neben der preußischen Kappendecke die Kochinsel, die den offenen Bereich in zwei Zonen teilt. Dort taut das Feuer die kalten Füße auf, während hier die heiße Suppe von innen wärmt.
Den stilsicheren Umgang mit Materialien beweist Rösler auch hier. Dasselbe Holz wie für die Fronten des Küchenblocks fand bei den Einbauschränken, Fensterrahmen und Türen Verwendung. Es bildet einen farblichen Gegenpol zu den hellen Natursteinplatten am Boden.
Den stilsicheren Umgang mit Materialien beweist Rösler auch hier. Dasselbe Holz wie für die Fronten des Küchenblocks fand bei den Einbauschränken, Fensterrahmen und Türen Verwendung. Es bildet einen farblichen Gegenpol zu den hellen Natursteinplatten am Boden.
Sofern es möglich war, verwendete Rösler ökologisch nachhaltige Baumaterialien wie Lehmputze, Flach- und Holzweichfaserdämmung, Holz und Recyclingmaterialien. „Es geht hier vor allem um den sorgsamen Umgang mit Ressourcen. Ich bin der Meinung, dass wir Architekten eine Verantwortung über die zur Verwendung kommenden Materialien haben“, so Rösler. Da viele Lösungen ihn nicht überzeugen konnten, wählte er schließlich nachwachsende Rohstoffe, lokale Materialien und Wiederverwertbares – wie etwa die Klinker und Dachziegel der Scheune, die durch das Einreißen der Wände übrig waren.
Vom Wohnbereich im Erdgeschoss führt eine schmale Treppe in das Obergeschoss. Bewusst verzichtete der Architekt hier auf einen Handlauf, da die umschließenden Wände genügend Sicherheit beim Treppen-Aufstieg gewährleisten. Oben angelangt, übernehmen das freigelegte Fachwerk sowie die schwarze Metall-Brüstung, neben ästhetischen Aspekten, auch die Funktion der Absturzsicherung.
Während sich im Erdgeschoss die Familie zum Kochen und Essen trifft, bieten sich im Obergeschoss offene Bereiche für weitere Rückzugsorte an. Dort, wo einst Heu und Getreide gelagert wurde, lädt nun ein heller Raum die vierköpfige Familie zum gemütlichen Beisammensein ein. „Ich wollte mit dieser Aufteilung eine klare Gliederung von täglichem Nutzen und privater Intimität herstellen“, sagt Rösler.
Um den Stil der preußischen Kappendecke auch im Obergeschoss zu zitieren, entschied sich Rösler dazu die schlichten Trägerbalken aus Eiche offen zur Schau zu stellen.
Um den Stil der preußischen Kappendecke auch im Obergeschoss zu zitieren, entschied sich Rösler dazu die schlichten Trägerbalken aus Eiche offen zur Schau zu stellen.
Eine eingezogene Holzwand, die mit Lehm verputzt wurde, trennt im Obergeschoss das Wohnzimmer von einem der Schlafbereiche des Hauses. Der Lehm passt mit seiner rot-bräunlichen Färbung nicht nur zu den historischen Deckenbalken, sondern gewährleistet außerdem eine konstante – und für Allergiker – geeignete Luftfeuchtigkeit der Innenräume.
Lehm erweist sich aber auch im Bad als ideales Gestaltungselement. Er senkt durch Feuchtigkeitsaufnahme die Schimmelgefahr, hilft Schadstoffe zu absorbieren und sorgt dafür, dass selbst bei heißen Dusch- und Badegängen die Spiegel nicht beschlagen.
Weiterlesen: Töpfern war gestern – aus Lehm ganze Häuser bauen >>>
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Das Herzstück des neuen Badezimmers bildet die quaderförmige Wanne, die dem puristischen Design des gesamten Hauses entspricht. Reduktion dominiert vor Fülle. Überall.
Eine bewusst gewählte Gestaltungs-Schlichtheit ist es, die das „Haus Stein“ zu so etwas Besonderem macht.
Und werden am Sonntag, die Lichter gelöscht, die Läden verschlossen, wird der Heimweg nach Berlin angetreten, dann ist das Haus von außen vor allem wieder eines: eine alte Scheune aus den dreißiger Jahren, die ihr modernes Interior als Kostbarkeit in sich trägt – selbst ein kleiner Gartenzwerg könnte dieser Wirkung nichts anhaben.
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Wenn die hölzernen Scheunenläden und Tore nach dem Wochenend-Ausflug der Berliner Familie wieder geschlossen werden, verändert sich das Gebäude: „Es scheint dann in seinen vorherigen Zustand zurückzukehren – ein Aspekt, den ich sehr mag“, so Rösler, für den das Projekt übrigens alles andere als reine Schreibtisch-Arbeit war. „Im Grunde habe ich Vieles hier selbst umgebaut und bin dem Haus damit auf besondere Weise nahe gekommen.“ Eine Herzensangelegenheit.