Kommentare
Houzzbesuch: Ein Dachgeschoss dehnt sich aus
Wie aus einem neuen, aber verbauten Dachgeschoss ein großzügiger Wohnraum mit Blickbeziehungen wird
Eva Bodenmüller
19. September 2021
Houzz Deutschland Contributor. Freie Autorin mit Faible für Architektur und Technik, Garten und Kulinarik
Houzz Deutschland Contributor. Freie Autorin mit Faible für Architektur und Technik,... Mehr
Was die Lage in Berlins Mitte betraf, war die Familie von der Dachgeschosswohnung sofort begeistert. Nicht ganz so zufriedenstellend waren der Grundriss und die Qualität des erst kürzlich fertiggestellten Dachausbaus. Dennoch rieten die Architekten Petr Barth und Taras Breker zum Kauf. Sie hatten gemeinsam mit der Familie das neue Domizil gesucht und erkannten das Potenzial sofort. Wenngleich bis zum Einzug noch erhebliche Veränderungen vorgenommen werden mussten.
Hier wohnt: eine Familie mit zwei Kindern
Auf: 186 Quadratmetern plus einer Dachterrasse
In: Berlin-Mitte
Experten: Barth und Breker Architekten
Fotos: Ringo Paulusch
Die Lage: Über den Dächern von Berlin. Die Dachgeschosse von zwei nebeneinanderliegenden Seitenflügeln wurden zusammengelegt und zu einer Wohnung ausgebaut. Ein Höhenversprung, der aus den unterschiedlichen Höhen beider Häuser resultiert, durchzieht die Wohnung auf ihrer gesamten Länge. Nach Norden sind die Räume daher etwas niedriger als die nach Süden ausgerichteten.
Auf: 186 Quadratmetern plus einer Dachterrasse
In: Berlin-Mitte
Experten: Barth und Breker Architekten
Fotos: Ringo Paulusch
Die Lage: Über den Dächern von Berlin. Die Dachgeschosse von zwei nebeneinanderliegenden Seitenflügeln wurden zusammengelegt und zu einer Wohnung ausgebaut. Ein Höhenversprung, der aus den unterschiedlichen Höhen beider Häuser resultiert, durchzieht die Wohnung auf ihrer gesamten Länge. Nach Norden sind die Räume daher etwas niedriger als die nach Süden ausgerichteten.
Die Ausgangslage: Ganz schön verbaut. Beim Kauf der Wohnung war der Ausbau noch nicht einmal fertiggestellt. Aber für Architekten und Baufamilie war von Anfang an klar, dass noch mal komplett umgebaut werden musste. Die drei Schlafräume lagen nach Süden, die Wohnräume in der niedrigeren Hälfte im nördlichen Wohnungsteil. Zudem war die Fläche in zahlreiche kleine Räume unterteilt.
Finden Sie hier Bauprofis für die Optimierung Ihrer Wohnräume
Finden Sie hier Bauprofis für die Optimierung Ihrer Wohnräume
Die Idee: Einmal alles durchgedreht und aufgeklappt. „Wir haben als Erstes bei der Baubehörde angefragt, ob die Decke in einer Wohnungshälfte erhöht werden könnte“, so Taras Breker, einer der beiden Köpfe hinter Barth und Breker Architekten.
Mit einer kreativen Interpretation der Vorgaben gelang es, die Behörde zu überzeugen und das Dach über den nach Norden gelegenen, durch den Höhenversprung ohnehin niedrigeren Räumen anzuheben. Hier befinden sich heute die Schlafräume und das Bad. In der südlichen Wohnungshälfte reihen sich Küche, Ess- und Wohnbereich wandlos aneinander.
Fließend sind die Übergänge auch zwischen den beiden Wohnungshälften. Eine große Öffnung in der mittig stehenden Wand lässt sich mit dem verschiebbaren Wohnzimmerschrank schließen. Dadurch erhalten die Kinderzimmer mehr Ruhe. Auf der Küchenseite steht eine neue Tür mit altem Inlay fast immer offen, wie Petr Barth verrät. Doch auch sie kann den im neuen Grundriss entstandenen Rundlauf bei Bedarf unterbrechen, um so die Schlafräume abzutrennen.
Die Umsetzung: Erst mal alles raus und dann neu aufbauen. Obwohl das Dach kaum fertiggestellt war, entdeckten die Architekten doch gleich zu Beginn einen Bauschaden. An der falsch eingebauten Dampfbremse hatte sich Schimmel gebildet.
„Wir mussten die komplette Dämmung entfernen. Die neue Zwischensparrendämmung wurde zur Hauptdämmung, wodurch wir insgesamt an Raumhöhe gewonnen haben“, erklärt Breker. Die weiß lasierte Holzlattung der Decke ist auf OSB-Platten aufgeschraubt, die im Koch- und Essbereich grün und im Wohnbereich rot gestrichen sind. Das warmweiße Licht der in den Lattenzwischenräumen montierten LED-Bänder reflektiert die Farbe.
„Wir mussten die komplette Dämmung entfernen. Die neue Zwischensparrendämmung wurde zur Hauptdämmung, wodurch wir insgesamt an Raumhöhe gewonnen haben“, erklärt Breker. Die weiß lasierte Holzlattung der Decke ist auf OSB-Platten aufgeschraubt, die im Koch- und Essbereich grün und im Wohnbereich rot gestrichen sind. Das warmweiße Licht der in den Lattenzwischenräumen montierten LED-Bänder reflektiert die Farbe.
„Weil die Baufamilie zu einem bestimmten Tag einziehen wollte, es war Weihnachten oder Silvester, wurde die Zeit am Ende knapp und ich musste selbst mit Hand anlegen“, erinnert sich Barth, der immer wieder auch sein handwerkliches Können einbringt. Überhaupt lassen die beiden Architekten ihre Projekte wie eine Collage entstehen, geben neben der Planung ungewöhnlichen, aus dem Moment heraus entstehenden Ideen Raum.
Das Material: Altes und Rohes gemischt. „Der Vorbesitzer hatte vor dem Verkauf noch schnell relativ billige Eichendreischichtdielen neu verlegt. In der oberen Wohnungshälfte haben wir sie belassen und lediglich angeschliffen und neu eingefärbt. Unten aber haben wir alles rausgerissen“, beschreibt Breker. Mit Epoxidharz auf Wasserbasis gestrichen, zeigt der Estrich die Spuren dieser Aktion, wirkt angenehm unfertig mit seinen mal mehr, mal weniger offenen Poren.
Gebrauchte Materialien und Wiederverwendetes finden sich hier allerorten. Auf dem Fußboden der Teppich, in der Tür das alte Türblatt, in der Küche ein alter Mahagonischrank. Den zu finden, gleicht allerdings einem Puzzle.
Denn er wurde in seine Einzelteile zerlegt und diese an verschiedenen Stellen des langen Möbels eingebaut, das sich von der Küche bis ins Wohnzimmer zieht. Wandlungsfähigkeit zeigt dabei nicht nur der alte Schrank, sondern auch das neue Möbel. Es wird vom Küchenblock zum Regal und zur Sitzfläche.
Aus Mahagoni ist auch der Handlauf, der die Treppe auf die Dachterrasse begleitet. Er war einmal eine Schiffsreling. Spätestens hier wird klar, was Breker immer wieder betont: „Low-Budget-Material einzusetzen, Dinge wiederzuverwenden, ist nicht günstig.“ Oft steckt viel Handarbeit in der Aufbereitung und Umarbeitung von Materialien oder Möbeln. Wer also Materialien wiederverwenden will, sollte immer ein wenig mehr Budget einplanen und offen für überraschende Ergebnisse sein.
Für die Familie war beides kein Problem, wie Barth erzählt: „Wir hatten viele Freiheiten bei diesem Umbau.“ Offen und frei sind denn auch die treffenden Adjektive zur Beschreibung des Wohngefühls – und das nicht nur wegen des Blicks von der Dachterrasse über die Dächer Berlins.
Ähnliche Artikel
Mit Experten arbeiten
Diese Zeitfresser beeinflussen Umbaudauer und -kosten
Von Eva Bodenmüller
Wo ist die Zeit geblieben? Erfahren Sie, was die Zeit für Umbau/Bau/Renovierung beeinflusst – und verkürzen kann
Zum Artikel
Mit Experten arbeiten
Diese Fragen sollten Sie sich vor dem Bauen stellen
Von Eva Bodenmüller
Über Fragen lässt sich viel erfahren – sowohl über die eigenen Bedürfnisse als auch den passenden Profi
Zum Artikel
Sanierung
Gebrauchte Architektur: Arbeitest du noch oder wohnst du schon?
Von Eva Bodenmüller
4 gute Gründe, warum leer stehende Büros einfach zu Wohnraum umgenutzt werden können – mit allem Komfort
Zum Artikel
Innenausbau
Wie sinnvoll sind … abgehängte Decken?
Von Eva Bodenmüller
Lieber mehr Raum nach oben oder weniger? Was für und was gegen abgehängte Decken spricht.
Zum Artikel
Nachhaltig bauen
Warum Umbau eine gesellschaftliche Notwendigkeit ist
Von Eva Bodenmüller
„Wenn unser Baubestand klimaneutral werden soll, wird sich einiges verändern müssen.“ Was, sagt Architekt Tim Rieniets
Zum Artikel
Vorher-Nachher
Gebrauchte Architektur: 4 Hürden Ladenlokale in Wohnraum umzubauen
Von Eva Bodenmüller
Wohnen wie im Einrichtungshaus? Nicht ganz. Aber Kneipen und Co. können zu ganz besonderem Wohnraum werden
Zum Artikel
Hausbau
9 Dinge über Sitzfenster, die man vor dem Einbau wissen sollte
Von Frauke Gans
Drinnen entspannen und das Draußen genießen: Sitzfenster machen’s möglich. Der Einbau will gut überlegt und geplant sein
Zum Artikel
Raumgestaltung
Wand eingezogen, Raum gewonnen: 5 Beispiele für mehr Privatsphäre
Von Thomas Helbing
Gründe gibt es reichlich, sich räumlich zu verändern. Adäquaten Wohnraum oft nicht. Die Lösung: Räume teilen!
Zum Artikel
Dachgeschoss einrichten
Gebrauchte Architektur: 7 Schritte zum bewohnten Dachgeschoss
Von Eva Bodenmüller
Trockenboden oder Speicher in Wohnraum verwandeln? Das will gut geplant sein.
Zum Artikel
Houzzbesuch
Ein modernes Märchenbauernhaus mit altem Charme
Von Jadranka Kursar
Ein Traum wird Realität: ein moderner Bauernhof mit der pittoresken Burg Marquartstein im Blick
Zum Artikel