Houzzbesuch: Hamburger Stadthaus wird zum lebendigen Familienort
Frischer Lack und alte Substanz, Stilsicherheit und behutsame Erneuerung haben dieser Villa zu neuem Leben verholfen
Liebe auf den ersten Blick war es nicht, als sich Interior Designerin Anja Lehne und ihr Mann eine ziemlich heruntergekommene Stadtvilla in Hamburg-Harvestehude anschauten. Aber es war ein Objekt, das noch umbaufähig war, wie Lehne es ausdrückt. Das Haus war über hundert Jahre im Besitz einer Familie gewesen, die darin gewohnt und gelebt, aber nur wenig für die Erhaltung der Villa getan hatte. Es war an- und umgebaut worden, nicht immer zum Besten für das Haus. Schließlich wurde das Dach undicht, die Sohle musste erneuert werden. Kurz: Für die neuen Besitzer stand erst einmal eine Menge Arbeit an.
Die Wandfarbe war ein lang gehegter Wunsch der Interior Designerin: „Ich wollte unbedingt rosafarbene Wände. Es hätte gerne noch ein etwas kräftigerer Ton sein dürfen.“ Doch auch mit dem etwas sanfteren Rosé ist sie glücklich. Das Sofa hingegen war eine spontane Gemeinschaftsentscheidung der ganzen Familie. „Als wir den Termin für den Kauf des Hauses hatten, mussten wir noch ein wenig auf den Besitzer warten. Wir haben uns die Zeit damit vertrieben, in einen kleinen Laden in der Straße zu gehen. Hier stand dieses Sofa. Wir hatten alle darauf Platz. Da war klar, dass das unser neues Sofa wird“, erzählt Lehne.
Über dem Sofa hängen Cover des Magazins New Yorker. Lehne hat eine ganze Kiste davon auf einem Flohmarkt gefunden und zehn von ihnen in Rahmen gesteckt. Aber nicht für immer. Die Cover wechselt Lehne je nach Jahreszeit. Die akkurate Hängung der Bilder hat System. „Ich achte sehr auf Symmetrie in der Innenraumgestaltung. Das hat eine beruhigende Wirkung auf Raum und Bewohner. Bei uns ist ohnehin die ganze Familie ständig in Bewegung“, verrät die Interior Designerin.
Auch im angrenzenden Kaminzimmer findet sich die Symmetrie wieder. Die beiden Bücherschränke rahmen den offenen Kamin ein. Die zwei grau bezogenen Sofas stehen sich gegenüber. Hier ist der eigentliche Lieblingsplatz der Hausherrin. Der Blick kann über die Terrasse in eine parkähnliche Anlage der verschiedenen Hinterhofgärten schweifen. „Als wir das Haus gekauft haben, war ein Wintergarten dort angebaut, wo jetzt die Terrasse ist. Wir haben ihn zurückgebaut, den Unterbau aber gelassen und so die Terrasse gewonnen“, erzählt Lehne. Der Parkettboden des ehemaligen Wintergartens wurde für andere Räume wiederverwendet.
Im Bild: Die Einrichtung hat sich beim Wohnen verändert. Kuhfell und zweites Sofa kamen erst später hinzu. Lounge-Chair hier: Verzelloni
Überhaupt hat Lehne sehr darauf geachtet, nicht einfach alles neu zu machen. Behutsam hat sie den Bestand renoviert, Fußleisten wurden ausgebessert, die alten Holztüren aufgearbeitet. „Wir haben das Haus kernsaniert, von der Sohle bis zum Dach – da regnete es rein. Alle Leitungen sind neu. Aber wir wollten keinen Neubau aus dem Altbau machen. Daher sind wir sehr behutsam vorgegangen und konnten so den Charme des Hauses erhalten.“
Überhaupt hat Lehne sehr darauf geachtet, nicht einfach alles neu zu machen. Behutsam hat sie den Bestand renoviert, Fußleisten wurden ausgebessert, die alten Holztüren aufgearbeitet. „Wir haben das Haus kernsaniert, von der Sohle bis zum Dach – da regnete es rein. Alle Leitungen sind neu. Aber wir wollten keinen Neubau aus dem Altbau machen. Daher sind wir sehr behutsam vorgegangen und konnten so den Charme des Hauses erhalten.“
Die Türen etwa zwischen Kaminzimmer und Flur und von dort in die Küche sind neu. Durch die Scheiben der Stahlrahmentüren fällt Tageslicht in den Flur. Bewusst hat Lehne hier Industriefenstertüren eingesetzt und nicht etwa auf Holztüren mit Fenstern gesetzt. Die alten Türen wurden beispielsweise für die Laibung des neu entstandenen Durchbruchs zwischen Esszimmer und Küche verwendet.
Das Esszimmer liegt zur Straße hin. Der Blick wird hier allerdings auf das großformatige Porträt hinter dem Esstisch gelenkt. „Wir haben dieses Bild in einer kleinen Galerie in Wien gesehen und uns sofort verliebt. Wir hatten gerade dieses Haus gekauft und spontan entschieden, dass das Bild darin einen Platz finden wird“, sagt Lehne lachend. Den Esstisch beschreibt sie selbst als „schlossig“, konnte aber ebenfalls nicht widerstehen, als sie ihn in einem Möbelhaus entdeckt hatte. Entdeckungen sind ohnehin eine ihrer markanten Eigenschaften. Auch den Spiegel links an der Wand hat sie quasi entdeckt. Er hing dort versteckt hinter einem gelben Plastikvorhang. Während der Renovierungsarbeiten wurde er abgenommen und sicher verwahrt, um jetzt wieder den Charme gründerzeitlicher Salons auszustrahlen.
Die Küche liegt gleich nebenan. Lebendig und warm sollte die Einrichtung sein. Mit ihren anthrazitfarbenen Fronten nimmt sie sich dezent zurück. Die helle Arbeitsplatte aus Kernesche strahlt Wärme aus. „Dieses Holz hält sich sehr gut. Es ist lediglich geölt“, verrät Lehne. Ohne Oberschränke das Geschirr und alle Küchenutensilien unterzubringen, war eine Herausforderung. Letztlich hat es aber geklappt. Lediglich die Gläser stehen nun separat in einem Spind.
Dass die Küche ebenfalls im Hochparterre liegt, war nicht immer so. Lehne hat sie aus dem Erdgeschoss nach oben geholt, stärker in den Wohnbereich integriert. Heute grenzt nur noch der alte Dielenboden den Küchenbereich vom sonstigen Wohnraum dieser Etage ab. Dort ist Fischgrat- oder Tafelparkett verlegt. Original sind die Böden aber alle. Nur eben abgeschliffen und grau geölt. „Wohnzimmer und Kaminzimmer sind sehr ruhige Räume, mit Blick ins Grüne. Doch beim Blick aus dem Küchenfenster sehe ich gerne das Leben“, beschreibt Lehne.
Dass die Küche ebenfalls im Hochparterre liegt, war nicht immer so. Lehne hat sie aus dem Erdgeschoss nach oben geholt, stärker in den Wohnbereich integriert. Heute grenzt nur noch der alte Dielenboden den Küchenbereich vom sonstigen Wohnraum dieser Etage ab. Dort ist Fischgrat- oder Tafelparkett verlegt. Original sind die Böden aber alle. Nur eben abgeschliffen und grau geölt. „Wohnzimmer und Kaminzimmer sind sehr ruhige Räume, mit Blick ins Grüne. Doch beim Blick aus dem Küchenfenster sehe ich gerne das Leben“, beschreibt Lehne.
Im Erdgeschoss, wo ehemals die Küche war, ist jetzt die Garage untergebracht. Der Eingang liegt gleich nebenan. Dazwischen befindet sich die Garderobe und eine Gästetoilette.
Ein ebenerdiger Eingang ist ungewöhnlich für Hamburger Stadtvillen, die zwischen 1870 und 1930 gebaut wurden. Üblicherweise gibt es in diesen Häusern eine großzügige Empfangshalle im Hochparterre. Nicht so bei den Häusern in diesem Straßenzug in Hamburg-Harvestehude. Die Interior Designerin, die den Umbau in Eigenregie geplant und betreut hat, ordnete die Räume im Erdgeschoss aber nochmal neu. So hat sie neben Garage, Heizung und Abstellkeller auch noch Platz für eine Sauna, ein Arbeitszimmer sowie ein Gästezimmer mit eigenem Bad geschaffen.
Im Bild: Die Gästetoilette im Erdgeschoss.
Die Decken sind hier etwas niedriger als im übrigen Haus und erinnern auch durch die sichtbaren Ziegel an die ehemalige Nutzung der Räume als Keller. Doch helle Böden machen die Räume gemütlich.
Das Gästebad liegt dem Gästezimmer gleich gegenüber. Auch hier ist die Ziegeldecke frei liegend.
Bei dem Platzbedarf einer fünfköpfigen Familie mit Hund sind die Verkehrsflächen auf ein Minimum reduziert. Verbindendes Element zwischen den einzelnen Etagen ist das Treppenhaus. Es zieht sich wendeltreppengleich durchs Haus – vom Erdgeschoss über das Hochparterre ins erste und zweite Obergeschoss.
Im ersten Obergeschoss ist das Reich der Kinder. Jedes hat hier ein eigenes Zimmer, das Bad teilen sich die drei.
Im Bild: Die Toilette im Kindergeschoss, die vor dem Eingang zum Kinderbad liegt.
Zudem befindet sich hier auch noch eine Waschküche. In der stehen die Waschmaschine und der Trockner, hier wird aber auch gebastelt. „Ich habe hier eine zweite Küche eingebaut. Die Kinder können hier auch mal arbeiten und basteln, ohne immer gleich alles wieder wegräumen zu müssen“, erklärt die dreifache Mutter.
Zudem befindet sich hier auch noch eine Waschküche. In der stehen die Waschmaschine und der Trockner, hier wird aber auch gebastelt. „Ich habe hier eine zweite Küche eingebaut. Die Kinder können hier auch mal arbeiten und basteln, ohne immer gleich alles wieder wegräumen zu müssen“, erklärt die dreifache Mutter.
Die Eltern bewohnen Schlafzimmer und Bad über der Kinderetage. Auch das Schlafzimmer strahlt kühle Eleganz aus. Der Kamin sorgt für romantisches Flair, weniger für Wärme, wie Lehne verrät. Er wird lediglich mit Petroleum für den Flammenschein befeuert. „Im Haus gibt es aber drei alte Kachelöfen die auch heizen“, erzählt Lehne.
Ein Hingucker ist das Ankleidezimmer, das über das Schlafzimmer, aber auch das Bad zugänglich ist. Die gestreiften Tapetentüren verbergen die Kleidung der Hausherren. Sie bergen aber auch ein Geheimnis. Die Interior Designerin hat hier einen eleganten Ikea-Hack umgesetzt. „Wir haben einen ganz gewöhnlichen PAX-Kleiderschrank. Nur eben unserem Stil angepasst. Die obere Hälfte ist angesetzt, dann haben wir das Ganze tapeziert“, so Lehne. Sie genießt hier gelegentlich Kaffee, der direkt aus der hier aufgestellten Kaffeemaschine kommt. Auch ein Kühlschrank ist im Ankleidezimmer untergebracht.
Das in frischem Türkis gehaltene Bad grenzt sich vom rot-grauen Ankleidezimmer deutlich ab. Der Fußboden wurde neu verlegt, ist aber wie auch in den übrigen Räumen der beiden oberen Geschosse weiß gelaugtes Eichenholz. Ein Oberlicht erhellt den großzügigen Raum, der aus ehemals drei kleinen Zimmern entstanden ist.
So haben jetzt Dusche, frei stehende Badewanne und der maßgefertigte Waschtisch viel Platz. Ein Lichtschacht sorgt für zusätzliches Tageslicht.
So haben jetzt Dusche, frei stehende Badewanne und der maßgefertigte Waschtisch viel Platz. Ein Lichtschacht sorgt für zusätzliches Tageslicht.
„Die Ziegelwand des Lichtschachtes war nicht verputzt. Uns hat das gut gefallen und so haben wir es gelassen“, erklärt Lehne. Der Lichtschacht reicht bis in das darunterliegende Geschoss wo er als Oberlicht das Kinderbad erhellt.
„Die handgemachten italienischen Fliesen waren ziemlich teuer, aber das musste einfach sein“, betont Lehne. Schließlich werden Fliesen nicht wie Tapeten oder Anstriche regelmäßig erneuert.
Auf dem Spülkasten der durch eine halbhohe Wand abgetrennten Toilette steht ein Segelboot. Es ist schon lange in Familienbesitz und hat hier einen schönen Platz gefunden.
Die Verbindungen zwischen Kinder- und Elternetage sind vielfältig und nicht allein auf den Lichtschacht und das Treppenhaus begrenzt. Die Kinder haben auch auf der vorwiegend von den Eltern genutzten Etage eine Spielecke. Sie ist im Arbeitszimmer von Lehne integriert. Einmal mehr wird hier deutlich, wie wirklich jede Fläche des Hauses von allen seinen quirligen Bewohnern genutzt wird.
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Hier wohnt: die Interior Designerin Anja Lehne mit ihrem Mann, ihren drei Kindern und einem Hund
Auf: 420 Quadratmetern inklusive Garage
In: Hamburg-Harvestehude
Fotos: Nina Struve
Bei vergleichbaren Hamburger Stadthäusern liegt die Eingangshalle im Hochparterre. Nicht so im Haus von Anja Lehne. „Das war schon immer so. Der Eingang liegt bei uns im Erdgeschoss, in der Belle Etage haben wir dadurch ein Zimmer mehr“, freut sich Lehne. Die Interior Designerin wohnt hier mit ihrem Mann und ihren drei Kindern – und dem Familienhund. Von den recht üppig bemessenen rund 380 Quadratmetern Wohnfläche wird jeder Quadratmeter genutzt, wie sie betont. „Das Wohnzimmer ist noch der am wenigsten genutzte Raum“, räumt sie ein.