Houzzbesuch: Marke Eigenbau auf hohem Niveau
Für Ihre Wohnung stöbert Innenarchitektin Julia Kosina in Designershops und auf Flohmärkten – und was es nicht gibt, baut sie einfach selbst
Es ist ein verregneter Novembertag, an dem ich morgens vor dem Altbau im Berliner Stadtteil Friedrichshain stehe, in dem Innenarchitektin Julia Kosina wohnt. Ein Klingeln später, ein paar Treppenstufen höher werde ich in einer warmen Küche mit Tee und Keksen begrüßt. Man sagt, es sei der erste Eindruck, der zählt – und der stimmt hier einfach.
„Nach turbulenten Jahren in London, wo man sich aufgrund der horrenden Mieten höchstens ein WG-Zimmer leisten kann, habe ich mir nichts mehr gewünscht als ein gemütliches Heim nur für mich“, sagt Kosina, die diese Wohnung 2013 kaufte und renovierte. Sie fand darin ein Zuhause, das ihre Persönlichkeit zum Vorschein bringt, ihren Stil transportiert – und viele Geschichten erzählt.
Auf einen Blick
Hier wohnt: Innenarchitektin Julia Kosina
Im: Berliner Stadtteil Friedrichshain
Auf: 80 Quadratmetern (1 Schlafzimmer, 1 Bad)
Fotos: Luca Girardini
„Nach turbulenten Jahren in London, wo man sich aufgrund der horrenden Mieten höchstens ein WG-Zimmer leisten kann, habe ich mir nichts mehr gewünscht als ein gemütliches Heim nur für mich“, sagt Kosina, die diese Wohnung 2013 kaufte und renovierte. Sie fand darin ein Zuhause, das ihre Persönlichkeit zum Vorschein bringt, ihren Stil transportiert – und viele Geschichten erzählt.
Auf einen Blick
Hier wohnt: Innenarchitektin Julia Kosina
Im: Berliner Stadtteil Friedrichshain
Auf: 80 Quadratmetern (1 Schlafzimmer, 1 Bad)
Fotos: Luca Girardini
Wie es immer ist, dauerte die Renovierung länger als geplant. Die Raufasertapete musste runter, Türen und Fenster wurden abgezogen, Leitungen kamen zum Vorschein und verschwanden wieder, auch das kleine Badezimmer wurde generalüberholt. „Die Renovierung war eine mittlere Katastrophe – gerade, wenn man nicht gerade ein geduldiger Mensch ist, so wie ich. Aber ich wusste ja, dass ich hier eine ganze Weile bleiben wollte und sah mit humorvoller Milde über das wilde Durcheinander hinweg“, erzählt Kosina.
Die Renovierung brachte nicht nur Unordnung, sondern förderte auch Schmuckstücke zu Tage – wie die golden schimmernde Putzfläche unter der alten Raufasertapete. „Anstatt das gesamte Wohnzimmer neu zu streichen, ließ ich mehrere Stellen der Wand ungestrichen und rahmte den golden schimmernden Putz durch die matt-graue Wandfarbe wie ein Gemälde ein“. Kupferfarbene Elemente wie die Pendelleuchte „Bazar“ von Bolia, die Beine des Couchtisches von Ikea, die sie kupferfarben ansprühte, und die Kerzen darauf komplementieren das Schimmern der Putzfläche.
Couch & Vasen: Bolia; Beistelltisch: Erbstück; Bilderahmen: Flohmarkt; gefärbter Kuhfell-Teppich: Ebay
Die Renovierung brachte nicht nur Unordnung, sondern förderte auch Schmuckstücke zu Tage – wie die golden schimmernde Putzfläche unter der alten Raufasertapete. „Anstatt das gesamte Wohnzimmer neu zu streichen, ließ ich mehrere Stellen der Wand ungestrichen und rahmte den golden schimmernden Putz durch die matt-graue Wandfarbe wie ein Gemälde ein“. Kupferfarbene Elemente wie die Pendelleuchte „Bazar“ von Bolia, die Beine des Couchtisches von Ikea, die sie kupferfarben ansprühte, und die Kerzen darauf komplementieren das Schimmern der Putzfläche.
Couch & Vasen: Bolia; Beistelltisch: Erbstück; Bilderahmen: Flohmarkt; gefärbter Kuhfell-Teppich: Ebay
Das Markenzeichen der jungen Innenarchitektin ist es, Designklassiker mit viel Vintage zu kombinieren – also Neues mit Historischem zu vermischen. Dafür nimmt sie auch weite Reisen auf sich. „In Brügge zum Beispiel gibt es einen tollen Flohmarkt. Einmal im Jahr, wenn der Markt seine Pforten öffnet, pilgere ich dorthin und komme schwer beladen wieder nach Hause“, lacht Kosina. „Meine Wohnung wächst organisch. Ich mag es nicht, wenn alles mit einem Schlag fertig ist, dann fehlen einfach Leben und Persönlichkeit.“
Kosina ließ alle Türen der Wohnung abschleifen, um dann zu entscheiden, in welcher Farbe sie neu lackiert werden sollten. „Als ich aber die abgeschliffenen Türen sah, entschied ich mich, sie genau so zu behalten. Ich finde, die Oberflächen haben etwas Rustikales, das erstaunlich gut zu Gründerzeittüren passt.“
Schaukelstuhl: Eames Plastic Armchair, Vitra; Leuchtbuchstabe: Ebay; Tripod-Leuchte: Vintage
Kosina ließ alle Türen der Wohnung abschleifen, um dann zu entscheiden, in welcher Farbe sie neu lackiert werden sollten. „Als ich aber die abgeschliffenen Türen sah, entschied ich mich, sie genau so zu behalten. Ich finde, die Oberflächen haben etwas Rustikales, das erstaunlich gut zu Gründerzeittüren passt.“
Schaukelstuhl: Eames Plastic Armchair, Vitra; Leuchtbuchstabe: Ebay; Tripod-Leuchte: Vintage
In der einstigen Ofenecke hat sich Kosina ein kleines Home Office eingerichtet, das sie zum Planen ihrer beruflichen Projekte nutzt. Nach Stationen unter anderem bei Godrich Interiors in London, Novono und Seeger Mueller Architekten in Berlin, hat sie sich selbständig gemacht, eines Ihrer neuesten Projekte ist etwa das „Baxpax Hostel“ in Berlin.
Während der Schreibtisch neu und von Rahaus ist, ersteigerte Kosina den Stuhl online: die vierbeinige „Ameise“ – ein Arne-Jacobsen-Klassiker (Fritz Hansen).
Mehr: Designikonen: Die „Ameise“ von Arne Jacobsen >>>
Während der Schreibtisch neu und von Rahaus ist, ersteigerte Kosina den Stuhl online: die vierbeinige „Ameise“ – ein Arne-Jacobsen-Klassiker (Fritz Hansen).
Mehr: Designikonen: Die „Ameise“ von Arne Jacobsen >>>
Alte Holzleitern, die Kosina mit ein paar Einlegebrettern zu Regalen umfunktionierte, findet man sowohl im Wohnzimmer als auch im Schlafzimmer. „Durch eine Kleinanzeige bekam ich sie von einem alten Malerbetrieb“, erzählt sie. Ihre Architektur-Bücher, Zeitschriften und kleinen Mitbringsel aus diversen Urlauben sind so auf individuelle Weise untergebracht.
Vintage-Accessoires wie die weiß gerahmten Spiegel auf der anthrazitfarbenen Wand sind besonders in der Gruppe extravagant und eindrucksvoll. Neben den Spiegeln befinden sich auch Kosinas Kleiderschränke hier, mit gutem Grund, wie sie erklärt: „Ich habe eine echte Schrank-Phobie“. Kleider, Jacken, Schuhe und Krimskrams verstaut sie daher lieber hier als sich in ihrem Schlafzimmer von Schrankmassen erschrecken zu lassen.
Die verspiegelte Tür zum Badezimmer reflektiert das Tageslicht vom Wohnzimmer in den fensterlosen Eingangsbereich.
Die verspiegelte Tür zum Badezimmer reflektiert das Tageslicht vom Wohnzimmer in den fensterlosen Eingangsbereich.
„Das Badezimmer war vorher weiß gefliest und schwarz verfugt. 20 Jahre sah es wohl so aus“, erzählt Kosina. „Ich ließ alles herausreißen und entschied mich dann für einen schlichten Look, der von Kontrasten lebt.“ Rechteckige schwarze Fliesen bedecken nun sowohl den Boden als auch einen Teil der Wand und sind auf Anschluss miteinander verfugt, während die Wände mit weißen, quadratischen Fliesen versehen wurden.
Den Spiegel hat Kosina selbst hergestellt. Ein runder Spiegel von Ikea, alte Ledergürtel vom Flohmarkt und ein wenig Geduld – und schon war das Unikat fertig. „Mir war das „Adnet“-Modell von Gubi einfach immer zu teuer. Damit habe ich jetzt nicht nur einen Spiegel im ähnlichen Design, sondern auch noch meine DIY-Künste weiter ausgebaut“, lacht Kosina.
Das Aufsatzwaschbecken wurde auf einem rustikalen Waschtisch angebracht. „Ich mag hier vor allem die Waldkante rechts am Eck. Während ich mich morgens fertig mache, stelle ich dort immer meinen Kaffeebecher ab“, erzählt Kosina.
Armaturen: Steinberg; Fliesen: via Atala
Das Aufsatzwaschbecken wurde auf einem rustikalen Waschtisch angebracht. „Ich mag hier vor allem die Waldkante rechts am Eck. Während ich mich morgens fertig mache, stelle ich dort immer meinen Kaffeebecher ab“, erzählt Kosina.
Armaturen: Steinberg; Fliesen: via Atala
Einen Lieblingsraum hat Kosina in ihrer Wohnung nicht. Oder? Das Schlafzimmer mag sie schon besonders gerne. Mit dem Fenster zum Hinterhaus ist es dort schön ruhig. „Und was mir wirklich gefällt, ist der mit schicken Accessoires kombinierte Bohemien-Boulevard-Mix“, sagt sie. Typische Gardinen und Jalousien gefallen Kosina nicht. Um aber im Schlafzimmer etwas mehr Privatsphäre zu haben, hängte sie diesen halbtransparenten Stoff auf, der tagsüber locker zur Seite geschoben wird.
Das Sofa fand Kosina bei einer WG-Auflösung, als sie nach Berlin zog. „Plötzlich fiel mir auf, dass ich ja gar nicht genügend Möbel hatte – also musste schnell was her“, erzählt Kosina. Mit dem lilafarbenen Stoff, den sie von einem Kurztrip aus Paris mitbrachte, bezog sie die Couch eigenhändig neu – und gab dem alten Polsterstuhl gleich ebenfalls ein neues Gewand. „Ich gebe zu, es war viel Arbeit, all die kleinen Nägel in das Polster zu hauen. Meine Geduld wurde wieder mal auf die Probe gestellt – aber das Resultat macht mich stolz“, erzählt Kosina.
Die Idee zu dem außergewöhnlichen Spiegel kam ebenfalls von der Innenarchitektin selbst. „Von einem Freund der Familie bekam ich diese alten Eisentüren, die nach dem Ausbau eines Stalls übrig geblieben waren. Sie gefielen mir so gut, dass ich sie verglasen ließ und nun als Spiegel nutze.“ Masken, Erinnerungsstücke an einen Venedig-Urlaub, baumeln dekorativ daran.
Schaffell-Teppich: Kleinanzeigen; Sessel: Mauerpark-Flohmarkt, Berlin; Plexiglas-Tische: Ebay; Vase: Flohmarkt, Marrakesch
Die Idee zu dem außergewöhnlichen Spiegel kam ebenfalls von der Innenarchitektin selbst. „Von einem Freund der Familie bekam ich diese alten Eisentüren, die nach dem Ausbau eines Stalls übrig geblieben waren. Sie gefielen mir so gut, dass ich sie verglasen ließ und nun als Spiegel nutze.“ Masken, Erinnerungsstücke an einen Venedig-Urlaub, baumeln dekorativ daran.
Schaffell-Teppich: Kleinanzeigen; Sessel: Mauerpark-Flohmarkt, Berlin; Plexiglas-Tische: Ebay; Vase: Flohmarkt, Marrakesch
Aus Europaletten baute sich Kosina auch ihr Bett selbst. „Ich fand irgendwie kein Schönes. Und dann kam mir die Idee mit den Holzpaletten, die man ja mit Stoff geschickt verkleiden kann.“ Für das Betthaupt polsterte und bespannte sie eine schlichte Holzplatte. Den Nachttisch und die Leuchte darauf fand sie in einem kleinen Accessoire-Laden in Paris.
Mehr: Aus alt mach neu – Möbel aus Paletten >>>
Mehr: Aus alt mach neu – Möbel aus Paletten >>>
Kuhfell-Teppich: Kleinanzeigen; Schmuckkiste: Flohmarkt, Brügge; Schneiderpuppe: secondhand von ihrer Mutter; Kommode: Ikea
Wenn Kosina nicht im Wohnzimmer arbeitet, dann setzt sie sich, zumindest im Winter, mit Tee und Keksen in ihre geräumige Küche. Gemütlich ist es in dieser Wohnung nämlich überall. „Vorher war es hier aber alles andere als das: der Boden war mit kaputtem und welligem Linoleum ausgelegt und die Küche tat einem mit ihrem schrillen Blauton beinahe schon in den Augen weh“, erinnert sich Kosina. Das Linoleum wich einem Holzboden aus gekalkter Eiche, und die Küchenzeile schmückt jetzt ein anthrazitfarbenes Hochglanz-Modell von Ikea.
Ein quasi historisches Objekt gibt es auch in diesem Raum: „Den Tisch habe ich seit über 15 Jahren. Daran habe ich sogar schon meine Hausaufgaben gemacht“, erzählt Kosina. Drum herum hat sie ihre gesammelten Designerstühle arrangiert und in Nachbarschaft zur freigelegten Ziegelwand ein Bild aus ihrem Marokko-Urlaub aufgegehängt. „Ich ging zwei Wochen lang jeden Tag daran vorbei. Es hing in einem unscheinbaren Laden gleich neben meinem Hotel. Am letzten Tag musste ich es einfach kaufen“, so Kosina.
Plexiglas-Stuhl vorne: Louis Ghost, Kartell; Plexiglas-Stuhl am Tischende: Queen, Pedrali; Holzstuhl: Mademoiselle Lounge Chair, Artek über Ebay; Tischleuchte: Vintage, Schale: Flohmarkt, Marokko
Ein quasi historisches Objekt gibt es auch in diesem Raum: „Den Tisch habe ich seit über 15 Jahren. Daran habe ich sogar schon meine Hausaufgaben gemacht“, erzählt Kosina. Drum herum hat sie ihre gesammelten Designerstühle arrangiert und in Nachbarschaft zur freigelegten Ziegelwand ein Bild aus ihrem Marokko-Urlaub aufgegehängt. „Ich ging zwei Wochen lang jeden Tag daran vorbei. Es hing in einem unscheinbaren Laden gleich neben meinem Hotel. Am letzten Tag musste ich es einfach kaufen“, so Kosina.
Plexiglas-Stuhl vorne: Louis Ghost, Kartell; Plexiglas-Stuhl am Tischende: Queen, Pedrali; Holzstuhl: Mademoiselle Lounge Chair, Artek über Ebay; Tischleuchte: Vintage, Schale: Flohmarkt, Marokko
Der pinkfarbene Plastikstuhl springt sofort ins Auge: Es handelt sich um den „Z-Stuhl“ von Variopur, ein Klassiker aus der ehemaligen DDR, den Kosina auf Ebay fand und in einer Autowerkstatt umlackieren ließ.
Eine weitere alte verspiegelte Stalltür hat hier Platz gefunden. „Neben der Optik gefällt mir, dass der Spiegel den Raum größer macht und das Tageslicht in alle Richtungen lenkt. Ein schönes Detail ist das Messingbesteck von Zara Home, dass hier in weißen Behältern am Spiegel hängt.
Als ich nach ein paar Stunden den letzten Keks verputzt und alle Fragen gestellt habe, muss ich genau von diesem Stuhl aufstehen. Wieder draußen auf den regnerischen Straßen angelangt, möchte ich am liebsten gleich noch mal klingeln und mich von der wohligen Wärme der Wohnung und ihrer Bewohnerin begrüßen lassen…
In unserer Rubrik „Houzzbesuch“ stellen wir spannende Projekte der Houzz-Experten vor aber auch originelle Wohnungen von Privatleuten. Ihr Projekt oder Ihr Zuhause passt perfekt? Dann schreiben Sie uns – und schicken Sie am besten ein paar Fotos mit!
Eine weitere alte verspiegelte Stalltür hat hier Platz gefunden. „Neben der Optik gefällt mir, dass der Spiegel den Raum größer macht und das Tageslicht in alle Richtungen lenkt. Ein schönes Detail ist das Messingbesteck von Zara Home, dass hier in weißen Behältern am Spiegel hängt.
Als ich nach ein paar Stunden den letzten Keks verputzt und alle Fragen gestellt habe, muss ich genau von diesem Stuhl aufstehen. Wieder draußen auf den regnerischen Straßen angelangt, möchte ich am liebsten gleich noch mal klingeln und mich von der wohligen Wärme der Wohnung und ihrer Bewohnerin begrüßen lassen…
In unserer Rubrik „Houzzbesuch“ stellen wir spannende Projekte der Houzz-Experten vor aber auch originelle Wohnungen von Privatleuten. Ihr Projekt oder Ihr Zuhause passt perfekt? Dann schreiben Sie uns – und schicken Sie am besten ein paar Fotos mit!
Nachdem sie mit ihrer Mutter den Berliner Wohnungsmarkt durchforstet hatte, fand sie schließlich diese Zwei-Zimmer-Altbauwohnung mitten im trendigen Friedrichshain. „Als wir zur Tür hereinkamen, wusste ich: Diese Wohnung ist die Richtige. Ich wusste aber auch, dass es noch einiges zu tun gab.“