Houzzbesuch: Neuer Anbau macht ein Siedlungshaus der Dreißiger wohnlich
Zwei Häuser: eines neu, eines alt, 110 und 75 Quadratmeter. Erst zusammen werden sie zum komfortablen Wohnraum für eine fünfköpfige Familie
Siedlungshäuser der Dreißigerjahre haben oft einen sehr komprimierten Grundriss, dafür aber meist ein Stück Garten. So ist es auch in der Ganghofersiedlung in Regensburg. Warum sich eine fünfköpfige Familie für den Kauf eines rund 75 Quadratmeter messenden Siedlungshauses entschied? Wohnraum in Zentrumsnähe ist knapp, eigene Gärten sowieso. Zudem hat die Stadt Regensburg die unter Ensemble- und Bestandsschutz stehende Siedlung als Sanierungsgebiet ausgewiesen und im Zuge dessen eingeschossige Anbauten zur Wohnraumerweiterung zugelassen – in diesem Fall konnte die Wohnfläche daher mehr als verdoppelt werden.
Für den Umbau des Bestandshauses und den angrenzenden Neubau beauftragten die Bauherren das Team von Fabi Architekten, die mit Projekten dieser Art einige Erfahrung haben. In der Ganghofersiedlung ist es bereits das zweite Haus, das sie erweitert und saniert haben.
Für den Umbau des Bestandshauses und den angrenzenden Neubau beauftragten die Bauherren das Team von Fabi Architekten, die mit Projekten dieser Art einige Erfahrung haben. In der Ganghofersiedlung ist es bereits das zweite Haus, das sie erweitert und saniert haben.
Die Verbindung von Alt und Neu ist das Spannende bei diesem Projekt. Es sollte eine klare Trennung der beiden Gebäude geben – mit dieser verspiegelten Fuge zwischen den beiden Teilen haben die Architekten eine sichtbare und doch dezente Verbindung geschaffen. Zur Straße hin spiegeln sich die umliegenden Häuser darin, im Garten das Grün der Pflanzen. „Der Spiegel reflektiert die Umgebung und ist selbst nicht als Bauteil sichtbar. So haben wir eine perfekte Trennung zwischen Alt- und Neubau erreicht“, erklärt Architekt Stephan Fabi.
Der Grundriss zeigt, wie der Neubau als langer Riegel an das Bestandsgebäude anschließt.
Der Eingangsbereich befindet sich im Bestandshaus. Der grün-braune Ölandstein (ein auf der schwedischen Insel Öland gebrochener Kalkstein, auch bekannt als Marmor der Ostsee) ist neu verlegt. Er grenzt an das farblos geölte Einbaumöbel aus Eiche, das sich in verschiedenen Höhenstaffelungen durch den gesamten Neubau zieht. „Wir haben uns bei dem Anbau für Holz entschieden. Es bietet einen herrlichen Kontrast zum verputzten Bestand“, so Fabi. Die Zimmerarbeiten führte Holzbau Haller aus. Für den Innenausbau wurde die Schreinerei Bierl engagiert. Beides sind lokale Handwerksbetriebe aus dem Bayerischen Wald.
Das Einbaumöbel beginnt im Durchgang zwischen Eingangsbereich und Küche. Von hier führen ein paar Stufen in den Neubau. Durch den kleinen Höhenunterschied betonen die Architekten die Trennung der beiden Gebäudeteile. In die breite Umrahmung der Treppen haben die Architekten geschickt Stauraum eingeplant: in den Seitenteilen sind Schubladen untergebracht. Von oben fällt durch ein großes Oberlicht Tageslicht in den Durchgang.
Erster Raum des Neubaus mit seinen insgesamt rund 110 Quadratmetern Wohnfläche ist die Küche. Durch ein quadratisches Fenster geht der Blick auf die Straße vor dem Haus. Durch einen Rahmen aus weiß lackierten Einbauschränken entsteht hier eine Sitznische mit Frühstücksplatz. Ihr gegenüber befindet sich ein Tresen, der Küche und Esszimmer voneinander trennt.
Das Einbaumöbel zieht sich halbhoch durchs Esszimmer, um am Ende als deckenhoher Riegel eine Trennung zum Wohnzimmer zu schaffen.
„Hinter der halbhohen Trennwand liegt die Treppe, die in das Untergeschoss führt. Hier befinden sich noch ein Arbeitszimmer, das auch als Gästezimmer dient, ein Gästebad sowie ein Abstellraum“, verrät Fabi.
Beispielhaft: Wie maßgefertigte Einbaumöbel Wohnraum optimieren können >>>
„Hinter der halbhohen Trennwand liegt die Treppe, die in das Untergeschoss führt. Hier befinden sich noch ein Arbeitszimmer, das auch als Gästezimmer dient, ein Gästebad sowie ein Abstellraum“, verrät Fabi.
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Fast über die ganze Gartenseite ziehen sich bodentiefe Panoramafenster. Sie öffnen den Anbau zum Garten, während die Wand zum Nachbargrundstück fensterlos ist.
Neben dem Einbaumöbel aus Eiche ist der graubraune Spachtelestrich das verbindende Element der drei Wohnbereiche. Er zieht sich durch den gesamten Anbau und schafft eine klare, ruhige Atmosphäre.
Im Wohnzimmer, das am Ende des Neubaus liegt, gibt ein quadratisches Sitzfenster an der Stirnseite den Blick in den Garten frei. In seinen Proportionen gleicht es denen der Frühstücksnische. So sind die beiden gegenüberliegenden Seiten des Neubaus fast spiegelsymmetrisch aufgebaut.
Sehr schön ist hier von außen zu sehen, wie spielerisch die Architekten mit dem rechteckigen Anbau umgegangen sind. Die Verkleidung aus Eichenholzbrettern ist nicht nur funktional, sondern mit den verschiedenen Brettstärken auch dekorativ. Wie eine Art Intarsie umfassen sie das Fenster – was dem Gebäude seinen Namen gab: „Haus Intarsie“.
Die beiden Gebäude werden erst gemeinsam zum vollständigen Wohnraum. Denn während im Neubau links Kochen, Essen und Wohnen untergebracht sind, befinden sich im Altbau rechts die drei Kinderzimmer, das Elternschlafzimmer, zwei Bäder und der Eingangsbereich.
Im Altbau wurde das vorhandene Volumen geschickt genutzt, um die Kinderzimmer mit einer Spielgalerie bis in den Spitzboden zu erweitern.
Im Elternbad kombinierten die Architekten den Ölandstein mit grünen Mosaikfliesen. Die aufgesetzten Waschbecken können – obwohl heute wieder modern – auch als Reminiszenz an die Bauzeit des Hauses gesehen werden, in der Waschschüsseln noch in Gebrauch waren. Die Verbindung zum Neubau schafft der Einbauschrank – auch er ist aus geölter Eiche gefertigt.
Die Toilette bleibt reduziert – ganz in Schwarz-Weiß, am Boden Ölandstein.
„Wir haben den Grundriss im Bestand zu neunzig Prozent so kleinteilig belassen, wie er war“, erläutert Stephan Fabi. Lediglich die Nutzung wurde geändert und an moderne Anforderungen angepasst.
Das schließt auch das Energiekonzept mit ein. Aufgrund der vorhandenen Substanz ließ sich im Dachgeschoss keine Fußbodenheizung verlegen, wie dies im Erdgeschoss des Altbaus und im Anbau geschehen ist. Doch Fabi betont: „Wir haben beim Umbau auch das Bestandsgebäude energietechnisch modernisiert. Beide Gebäudeteile sind in ihrer Energieeffizienz etwa gleichwertig.“ Der große Durchgang zwischen beiden Gebäuden spielt aus energietechnischer Sicht keine negative Rolle. Für ausreichend Wärme im ganzen Haus sorgt eine Gasbrennwerttherme. Zudem wurde eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung installiert.
So hat dieses alte Siedlungshaus durch einen Anbau neue Qualität bekommen – und eine fünfköpfige Familie ein innerstädtisches Häuschen im Grünen.
Mehr Artikel über gelungene Anbauten und Tipps rund um die Wohnraumerweiterung >>>
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Hier wohnt: eine Familie mit drei Kindern
Auf: 185 Quadratmetern, davon 110 Quadratmeter Neubau
In: der Ganghofersiedlung in Regensburg
Experten: Fabi Architekten; Statik Orthuber&Partner
Kosten (300/400): 2.850 €/m²
Fotos: Herbert Stolz
Wie in anderen Großstädten ist auch in Regensburg der Wohnraum knapp. Die Häuser der Ganghofersiedlung mit ihren großen Selbstversorgergärten sind heute ein wahrer Traum für Familien. Die Siedlung entstand zur Zeit des Nationalsozialismus für die Arbeiter der nahe gelegenen Messerschmidtwerke. Im Zuge der Sanierung der teilweise recht heruntergekommenen Häuser hat die Stadt Regensburg eine eingeschossige Erweiterung des Bestands erlaubt.