Houzzbesuch: Vollholz unterm Metalldach
Viel Holz und bunte Farbtupfer kennzeichnen das neue Zuhause einer Familie
Drei Kinder und ihre Eltern wohnen in einem Neubau in Wiesbaden. Die Kinder zuerst zu nennen, hat durchaus seine Berechtigung. Denn erstens kündigte sich das dritte Kind erst in der Planungsphase an, weswegen ein weiteres Kinderzimmer geschaffen werden musste. Und zweitens sollte das Haus vor allem langlebig sein und mehrere Generationen überdauern. Ein Holzhaus wünschte sich die Familie, nachdem sich kein Architekt für die Sanierung des neu erworbenen Bestandsgebäudes hatte finden lassen. Auch Architekt Jens-Paul Neugebauer reagierte erst auf die Anfrage zum Neubau. Das Projekt reizte ihn auch deshalb, weil er bis dahin noch keinen Massivholzbau entworfen hatte.
Ein Holzhaus mit wenig Technik. „Mit Holzhausbau, zumal Massivholz, kannte ich mich nicht aus und habe mich erst eingearbeitet, mich bei der Holzbaufirma im Schwarzwald schlau gemacht“, verrät der Architekt. Die Wünsche der Baufamilie gingen aber über die reine Materialwahl hinaus. Das Haus sollte auch wartungsarm sein, möglichst wenig Technik enthalten und möglichst wenig Arbeit machen.
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Abgerundetes Satteldach. Die Gebäudeform entwickelte sich entlang der Gestaltungsvorgaben. So sollte das Haus ein Satteldach bekommen und auch für die Gauben gab es genaue Vorschriften. Doch Neugebauer folgte nicht einfach den Anforderungen.
„Ich möchte mit jedem Projekt gute Architektur schaffen und vor allem Diskussionen über die von mir gebauten Häuser anregen. Die Häuser dürfen durchaus polarisieren, solange sie zum Nachdenken anregen“, erklärt der Architekt seinen Ansatz. Das Satteldach formte er im First rund und die Gauben zog er lang. Beides konnte er beim Bauamt durchsetzen. „Die Gaube ist nur entstanden, weil die eigentlich vorgesehene Glasscheibe im Dach einfach zu teuer war“, verrät Neugebauer.
„Ich möchte mit jedem Projekt gute Architektur schaffen und vor allem Diskussionen über die von mir gebauten Häuser anregen. Die Häuser dürfen durchaus polarisieren, solange sie zum Nachdenken anregen“, erklärt der Architekt seinen Ansatz. Das Satteldach formte er im First rund und die Gauben zog er lang. Beides konnte er beim Bauamt durchsetzen. „Die Gaube ist nur entstanden, weil die eigentlich vorgesehene Glasscheibe im Dach einfach zu teuer war“, verrät Neugebauer.
Genaue Planung im Vorfeld. Über die Rundung des Firsts wölbt sich das Stehfalzblech der Dacheindeckung. Dachrinnen und Fallrohre verlaufen verdeckt entlang der Traufen und hinter der hinterlüfteten Fassade aus vorvergrauten Lärchenlatten. „Im Holzbau muss genau geplant werden. Der Platz für die Technik, für jede Steckdose und jeden Schalter muss vorab definiert werden. Nachträgliches Schlitzeklopfen ist nicht möglich“, so der Architekt.
Farbakzente im hellen Innenraum. Innen ist das helle Fichtenholz an den Wänden sichtbar. „In Holzhäusern stellt der Körperschall häufig ein Problem dar. Wir haben daher die Decken mit Akustikpaneelen abgehängt“, erläutert Neugebauer. In dieser hellen Umgebung verbreiten farbige Akzente Fröhlichkeit. Das Rosa des Flurschranks wird in einer Nische der Küche wieder aufgegriffen, im Obergeschoss sind Schranktüren grün lackiert und im Bad braun. Dazu setzen einzelne Möbel wie das Sofa, die Garderobenhaken oder die Stühle an der Kücheninsel Farbtupfer. „Das Haus ist statisch, aber drinnen darf es lebendig sein“, beschreibt der Architekt sein Faible für Farben.
Langlebige Materialien. „Die verwendeten Materialien sollen rückbaubar und recyclebar sein“, erklärt der Architekt. Innen sind die Wandoberflächen nur feingeschliffen und lasiert. So konnte das Holz sichtbar belassen werden. Selbst der Spritzschutz in der Küche ist aus Glas, um das Holz nicht zu verdecken.
Die für den Rohbau notwendige Treppe ließ Neugebauer so anfertigen, dass sie auch im fertigen Haus genutzt werden konnte. Die Stufen der Stahltreppe mit der filigranen Brüstung sind vor dem Einzug mit Holz belegt worden.
Im Bad sind Feinsteinzeugfliesen von Mirage verlegt. „Jahrelang war ich auf der Suche nach diesen Fliesen, die ich aus meinem Lieblingsskihotel kenne. Als ich mit der Bauherrin unterwegs war, habe ich sie entdeckt. Die mussten dann unbedingt in dieses Haus“, erzählt Neugebauer. Der Waschtisch ist ebenso wie die Kücheninsel aus Corian.
Außen dominiert ebenfalls Holz. Dach, Fensterläden und Rahmen sind aus unterschiedlichen Metallen, die aber alle gleich eingefärbt sind. „Das Metalldach hat eine Lebensdauer von rund fünfundsiebzig Jahren. Es hält damit fast so lange wie ein Schieferdach“, erklärt der Architekt die Materialwahl.
Außen dominiert ebenfalls Holz. Dach, Fensterläden und Rahmen sind aus unterschiedlichen Metallen, die aber alle gleich eingefärbt sind. „Das Metalldach hat eine Lebensdauer von rund fünfundsiebzig Jahren. Es hält damit fast so lange wie ein Schieferdach“, erklärt der Architekt die Materialwahl.
Wenig Technik, gute Raumluft. Der Wunsch nach wenig Technik wurde ebenfalls erfüllt. Mit einer Luftwärmepumpe wird über den Fußboden geheizt und gekühlt. Die Energie für den Betrieb der Wärmepumpe kommt von der Fotovoltaikanlage. Außen liegende Verschattungen und das vor den großen Wohnzimmerfenstern tief heruntergezogene Dach halten zu große Sonneneinstrahlung im Sommer aus den Innenräumen fern. Eine zusätzliche Wohnraumlüftung gibt es nicht.
Ein Naturkeller unter der Garage dient als Lagerraum für Gemüse und Kartoffeln. Ein dreifach ausgelegter Hasenzaun schützt davor, dass Mäuse über den Boden eindringen können.
Ein Naturkeller unter der Garage dient als Lagerraum für Gemüse und Kartoffeln. Ein dreifach ausgelegter Hasenzaun schützt davor, dass Mäuse über den Boden eindringen können.
Das Umfeld mitgestaltet. „Ich schaue mir immer die Gegend an und wähle Blickachsen aus. Meistens muss etwas Hässliches aus dem Blickfeld verdeckt werden. Hier sollte aber der Blick aus dem großen Fenster im Wohnzimmer auf eine alte Magnolie gelenkt werden. Beim Abriss des Bestands wurde der Baum aber fälschlicherweise gefällt. Das war ein schwarzer Tag“, erinnert sich der Architekt.
Er hat für Ersatz gesorgt. Die Gartengestaltung gehört für ihn selbstverständlich zu einem Projekt dazu. So verwundert es auch nicht, dass die Fenster mehr wie die Rahmen eines Gemäldes denn wie Fenster wirken.
Er hat für Ersatz gesorgt. Die Gartengestaltung gehört für ihn selbstverständlich zu einem Projekt dazu. So verwundert es auch nicht, dass die Fenster mehr wie die Rahmen eines Gemäldes denn wie Fenster wirken.
Hier wohnen: drei Kinder und ihre Eltern, ein Medizinerpaar
In: Wiesbaden
Auf: 450 Quadratmetern, inkl. Einliegerwohnung im Kellergeschoss
Besonderheit: Vollholzhaus ohne viel Technik
Projektjahr: 2020
Kosten: 3.000 Euro pro Quadratmeter
Expert:innen: Neugebauer Architekten
Fotos: Sandra Hauer
Vor dem Neubau steht ein Abriss. Die Familie hatte ein bebautes Grundstück gekauft, wollte das Bestandsgebäude darauf sanieren lassen. „Auf die erste Anfrage, die nach der Sanierung des Bestands, habe ich nicht gleich reagiert. Der Umbau interessierte mich nicht“, erzählt Architekt Jens-Paul Neugebauer. Den Neubau hingegen fand er spannend, auch wenn er sich dafür erst einmal in die Thematik des Holzbaus einarbeiten musste.