Houzzbesuch: Wiener Beletage – alte Grandezza mit modernen Ideen
Der Charme dieser Wohnung von 1900 bezaubert. Zeitgemäß ergänzt wird er durch Elemente aus Spionspiegelglas und Eternit
Auf der Suche nach einer gut erhaltenen Altbauwohnung fand eine junge Familie ein wahres Schmuckstück in einem Haus aus der Zeit um 1900. Der Vorbesitzer hatte fast siebzig Jahre lang hier im fünfzehnten Wiener Gemeindebezirk gewohnt. Die Experten des Destilat Design Studio haben sanft renoviert und neugestaltet und so die alte Grandezza der Beletage wieder zum Vorschein gebracht. Dabei kamen ganz ungewöhnliche Materialien zum Einsatz – wie Spionspiegelglas und Eternit.
Dahinter liegt ein langer Flur. Ein schwerer Vorhang, der Wand und Stauraum auf der rechten Seite versteckt, dämmt den Schall der Schritte auf dem alten Fischgrätparkett. Der noch aus der Erbauungszeit des Hauses stammende Fußboden ist fast in der ganzen Wohnung verlegt. Da er mitsamt dem Fußbodenaufbau gut erhalten war, haben die Architekten hier kaum etwas verändert. „Das Parkett ist noch original. Wir haben es abgeschliffen, restauriert und danach weiß geölt“, sagt Neuber.
Hinter dem Vorhang versteckt sich auch das Bad. Es war ein Wunsch des Bauherrn, hier auch eine Sauna zu integrieren. Um diesen Wunsch zu erfüllen, haben die Architekten die ehemalige Toilette und das Bad sowie eine Kammer zusammengelegt. Auf eine Tür zum Flur haben sie verzichtet, der Vorhang reicht den Bewohnern aus.
Hinter der Spiegelwand, vor der das Waschbecken steht, liegt die Sauna. Der Spiegel verhindert Einblicke, nicht aber Ausblicke. Denn die Architekten haben auf einen Trick zurückgegriffen und einen Einwegspiegel, auch Spionspiegel genannt, eingesetzt. Das Glas dieser Spiegel ist nur einseitig beschichtet und fungiert so auf der Rückseite als Fenster. „Wir verwenden gerne Spionspiegel. Damit lässt sich in kleinen Bädern die Sauna schön verstecken. Tatsächlich war ein Kubus aus Spionspiegel der Beginn von Destilat“, erzählt Neuber.
Auch die Wandgestaltung ist außergewöhnlich. Hier wurde Fliesenkleber verspachtelt und versiegelt – ohne Fliesen. „Der Fliesenkleber sieht mit seinem gebrochenen Weiß schön aus und die Oberfläche hat eine angenehme Haptik“, so Neuber. Auch der Fußboden in der Dusche ist aus diesem Material. Durch eine Fußbodenheizung, die nur hier im Wellnessbereich verlegt wurde, ist der Boden immer angenehm temperiert.
Vom Bad führt eine Flügeltür direkt ins Schlafzimmer der Eltern.
Auch das Schlafzimmer wurde bei der Renovierung vergrößert. Dafür haben die Architekten Wände eingerissen, die ehemals ein kleines Kabinett abgrenzten und dort den alten Zementfliesenfußboden freigelegt. Die blauweißen Fliesen sind nun ein schöner Farbtupfer im ansonsten schlicht gehaltenen Raum.
Eine zweite Flügeltür führt vom Schlaf- direkt ins Wohnzimmer.
Eine zweite Flügeltür führt vom Schlaf- direkt ins Wohnzimmer.
Der vergleichsweise kleine Raum ist gemütlich mit einem Sofa eingerichtet. „Wir schlagen immer vor, den kleineren Raum als Wohnzimmer zu nutzen. Gäste sitzen ohnehin meist im Essbereich“, sagt Neuber. An der Decke hängt eine Leuchte von Destilat, ein Prototyp des Modells Shades of 3D.
Alle Fotografien an den Wänden: Monika Nguyen
Der offene Küchen- und Essbereich ist tatsächlich der größte Raum der Wohnung. Hier gibt es eine kleine Sitzecke mit gemütlichen Kissen auf dem Boden.
Der Esstisch namens 4 To The Floor ist eine Kreation von Destilat. Er besteht aus Vollholz und ist mit Linoleum belegt. Darüber hängt eine Leuchte, die die Bauherrin gestaltet hat. Ähnliche mit Tüll verkleidete Modelle hat sie auch für das Schlaf- und das Kinderzimmer entworfen. Der Leuchter in der Mitte des Deckenstuckornaments hingegen ist ein Vintage-Fundstück.
Der Esstisch namens 4 To The Floor ist eine Kreation von Destilat. Er besteht aus Vollholz und ist mit Linoleum belegt. Darüber hängt eine Leuchte, die die Bauherrin gestaltet hat. Ähnliche mit Tüll verkleidete Modelle hat sie auch für das Schlaf- und das Kinderzimmer entworfen. Der Leuchter in der Mitte des Deckenstuckornaments hingegen ist ein Vintage-Fundstück.
Die wie mittelalterliche Helme aussehenden Faserzementleuchten „Mold” über der Kücheninsel stammen von Eternit, sie entstanden im Rahmen einer Kooperation mit der renommierten Schweizer Designhochschule Ecal.
In Zusammenarbeit mit dem Hersteller von Fassadenplatten ist auch die von den Architekten entworfene Einbauküche entstanden. „Wir haben die Leuchten bei der Präsentation unserer Küche ‘Camouflage’ verwendet. Die Kombination passt perfekt in diese Wohnung“, erzählt Neuber. Die Küchenfronten bestehen aus Eternitplatten. „Das Material fühlt sich gut an“, schwärmt Neuber. In der höheren Zeile an der Wand sind Backofen, Kühlschrank und Stauraum untergebracht. Die Kücheninsel hält zum Wohnraum hin Fächer mit vierzig Zentimetern Tiefe und auf der rückwärtigen Seite solche mit sechzig Zentimetern Tiefe bereit.
In Zusammenarbeit mit dem Hersteller von Fassadenplatten ist auch die von den Architekten entworfene Einbauküche entstanden. „Wir haben die Leuchten bei der Präsentation unserer Küche ‘Camouflage’ verwendet. Die Kombination passt perfekt in diese Wohnung“, erzählt Neuber. Die Küchenfronten bestehen aus Eternitplatten. „Das Material fühlt sich gut an“, schwärmt Neuber. In der höheren Zeile an der Wand sind Backofen, Kühlschrank und Stauraum untergebracht. Die Kücheninsel hält zum Wohnraum hin Fächer mit vierzig Zentimetern Tiefe und auf der rückwärtigen Seite solche mit sechzig Zentimetern Tiefe bereit.
Für das ungewöhnliche Kochfeld in Weiß und auch den weißen Backofen wurden die Architekten bei Gorenje fündig. Die Geräte der Linie „Ora-Ito” haben nahezu denselben gebrochenen Weißton wie die Küche. In die Arbeitsfläche aus Corian ist auch das Spülbecken fugenlos eingelassen. Auf einen Dunstabzug haben die Architekten bewusst verzichtet. „Es kommt immer auf das Kochverhalten und die Raumgröße an“, meint Neuber dazu.
Durch eine Flügeltür geht es neben der Kochinsel hinaus in den Flur.
Rechts hinter der Flügeltür zweigt ein schmaler Gang ab, der ins Kinderzimmer führt.
Rechts hinter der Flügeltür zweigt ein schmaler Gang ab, der ins Kinderzimmer führt.
Wo früher gekocht wurde, spielen heute die beiden Kinder des Bauherrenpaares. Der helle Raum hat Fenster zu einem großen Lichthof hin. Von seiner ursprünglichen Nutzung als Küche ist nicht mehr viel zu sehen, nur der bunte Zementfliesenboden weist noch darauf hin. „Wir haben die Zementfliesen gelassen und den Boden nur dort restauriert, wo es notwendig war“, sagt Neuber. Auf den weichen Teppichen darauf haben die Kinder beim Spielen ihren Spaß, und am Rand ist das schöne bunte Muster zu sehen.
Das Kinderbett hat seinen Platz der vorherigen Raumaufteilung zu verdanken. An dieser Stelle befand sich früher ein kleines Bad. Indem die Wände etwas zurückgebaut wurden, entstand die Bettnische.
Stauraum für Kleider und Spielsachen versteckt sich in Schrankeinbauten hinter deckenhohen, leichten Vorhängen. „Wir verwenden gerne einen Schrankkorpus und hängen dann Vorhänge davor. Das haben wir im Kinderzimmer, aber auch im Elternschlafzimmer so gemacht“, sagt der Architekt.
IM ÜBERBLICK
Der lange Flur mündet in den offenen Wohnbereich mit Kochzeile, Essplatz und Kuschelecke. Von dort geht es in das kleine, gemütliche Wohnzimmer und von hier aus wiederum in das Elternschlafzimmer, wo eine Flügeltür Schlafzimmer und Wellnessbereich trennt. Gleich neben der Eingangstür liegt die Toilette. Vor dem Wohnbereich befindet sich der Zugang zum Kinderzimmer.
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Der lange Flur mündet in den offenen Wohnbereich mit Kochzeile, Essplatz und Kuschelecke. Von dort geht es in das kleine, gemütliche Wohnzimmer und von hier aus wiederum in das Elternschlafzimmer, wo eine Flügeltür Schlafzimmer und Wellnessbereich trennt. Gleich neben der Eingangstür liegt die Toilette. Vor dem Wohnbereich befindet sich der Zugang zum Kinderzimmer.
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Hier wohnt: Eine Familie mit zwei Kindern
Auf: 130 Quadratmetern
In: der Beletage eines Hauses von 1900 im 15. Gemeindebezirk, Wien, Österreich
Experten: Destilat Design Studio
Fotos: Monika Nguyen
Die Wohnung liegt in der Beletage eines Hauses, das um 1900 erbaut wurde. Mit seinen hohen Decken war der erste Stock einst die herrschaftliche Etage. Darüber befanden sich die Wohnungen der Angestellten und Dienerschaft. „In Wien sind die Wohnungen meist mit einem Wow-Erlebnis verbunden“, erzählt Thomas Neuber, Architekt und einer der drei Partner bei Destilat. So ist es auch hier. Bereits die Eingangstür beeindruckt mit einem filigranen Metallgitter in Blumenornamentik, das die Milchglasscheiben schützt.