Kunststück: Wohnhaus auf alte Garage gebaut
Eine fünfköpfige Familie baute sich ihr Traumzuhause und eine Kunstgalerie gleich mit
Sara Norrman
10. Januar 2021
Richard Feigin und Louise Hamilton lebten mit ihren zwei Kindern in einer Dreizimmerwohnung mitten in Stockholm. Als das dritte Kind unterwegs war, zog es sie raus aus der Stadt. Eines Tages fuhren sie an einem Grundstück vorbei, das etwas erhöht lag und einen wunderschönen Ausblick auf eine große Bucht hatte. Sie verliebten sie auf Anhieb in das Gefühl von Höhe und Weite. Auf dem Grundstück stand allerdings schon eine Garage. Die Challenge: Kann man ein Haus auf eine Garage bauen und ganz nebenbei aus der Garage auch noch eine Kunstgalerie machen?
Fotos: Nadja Endler
Auf einen Blick
Hier wohnen: Richard Feigin, Louise Hamilton und ihre drei Töchter; außerdem diverse Kunstwerke in ihrer hauseigenen Galerie Studio Rei
In: Lidingö, Stockholm, Schweden
Auf: 280 Quadratmetern plus 240 Quadratmeter Doppelgarage, die heute eine Galerie ist.
Baujahr: 2017
Architekten: Elding Oscarson
Auf einen Blick
Hier wohnen: Richard Feigin, Louise Hamilton und ihre drei Töchter; außerdem diverse Kunstwerke in ihrer hauseigenen Galerie Studio Rei
In: Lidingö, Stockholm, Schweden
Auf: 280 Quadratmetern plus 240 Quadratmeter Doppelgarage, die heute eine Galerie ist.
Baujahr: 2017
Architekten: Elding Oscarson
„Wir hatten von Hausbau überhaupt keine Ahnung“, erinnert sich Feigin. „Wie lange dauert so was? Wie viel kostet es? Quadratmeterpreise und Baugenehmigung? Das waren für uns Fremdwörter. Wir wussten nicht einmal, ob das ganze 18 Monate oder sieben Jahre dauern würde.“
Zunächst schauten sich das Paar nach einem Modulhaus um. Aber weil daran zu viele Änderungen nötig gewesen wären, um es an das Grundstück und ihre Bedürfnisse anzupassen, habe sie diese Idee schnell wieder verworfen.
Zunächst schauten sich das Paar nach einem Modulhaus um. Aber weil daran zu viele Änderungen nötig gewesen wären, um es an das Grundstück und ihre Bedürfnisse anzupassen, habe sie diese Idee schnell wieder verworfen.
Das Grundstück gehörte früher den Nachbarn, die dort ihre Garage errichtet hatten – zu sehen unten links im Bild. Zur Architektin Elding Oscarson kamen sie, nachdem sie ihr Haus in Skåne gesehen hatten und sie daraufhin für ihr eigenes Projekt engagierten.
„Natürlich haben wir uns auch selbst an Ideen und Zeichnungen versucht, aber ich war sehr froh, das Projekt an sie zu übergeben. Schließlich sind sie die Künstler“, erzählt Feigin. Die Umsetzung dauerte insgesamt 18 Monate.
„Natürlich haben wir uns auch selbst an Ideen und Zeichnungen versucht, aber ich war sehr froh, das Projekt an sie zu übergeben. Schließlich sind sie die Künstler“, erzählt Feigin. Die Umsetzung dauerte insgesamt 18 Monate.
Die hauseigene Kunstgalerie war von Anfang an der Traum von Louise Hamilton. Sie hatte bereits in Stockholm eine die NAU Galerie betrieben. Als sie die 150 Quadratmeter große Garage mit ihren leeren Wänden und enormer Bodenfläche sah, kam ihr die Idee für ihre Hausgalerie: Studio Rei.
„Wir wollten die Kunstwelt aufmischen und eine neue Wahrnehmung der Kunst etablieren“, so Hamilton. „Wir kaufen immer mit dem Herzen und haben ein Faible für junge Künstlerinnen und Künstler.“
„Wir wollten die Kunstwelt aufmischen und eine neue Wahrnehmung der Kunst etablieren“, so Hamilton. „Wir kaufen immer mit dem Herzen und haben ein Faible für junge Künstlerinnen und Künstler.“
„Kunst passend zum Interieur anzuschaffen, war noch nie unser Ding“, so Feigin. „Wir wollen, dass die Menschen den Wert von Kunst erkennen. Ein Kunstwerk zu kaufen, kann zufriedenstellender sein, als viel Geld für Möbel oder teure Reisen auszugeben. Denn an einem Kunstwerk kann man sich lange Zeit erfreuen, und wenn man das richtige kauft, ist es auch noch eine gute Wertanlage.“
„Möbel und Kunst müssen auch gar nicht unbedingt zusammenpassen“, sagt Feigin. „Wir finden, dass Kunst neben dem Interieur einen ganz eigenständigen Platz in einem Zuhause einnimmt, und dass die Werke für sich selbst stehen.“
Dabei ist sich das Paar bei der Auswahl der Kunst nicht immer einig. „Manchmal erkennt man die Qualität eines Bildes nicht auf Anhieb, auch wenn der andere es schon sieht. Manche Dinge müssen reifen“, erzählt Feigin.
Architekt Oscarson hat japanische Einflüsse in das Design einfließen lassen, etwa in Form der offen sichtbaren Deckenbalken im Wohnzimmer und in der Küche.
Das Haus hat drei Etagen: Im Untergeschoss befindet sich die öffentlich zugängliche Galerie. Im Erdgeschoss liegen Hauteingang, Küche, Wohnzimmer und eine Terrasse mit Zugang zum Garten. Die imposante Treppe bildet das Zentrum der Etage. Von hier aus geht es hoch ins Obergeschoss, wo sich die Schlafzimmer und Kinderzimmer befinden.
Das Haus hat drei Etagen: Im Untergeschoss befindet sich die öffentlich zugängliche Galerie. Im Erdgeschoss liegen Hauteingang, Küche, Wohnzimmer und eine Terrasse mit Zugang zum Garten. Die imposante Treppe bildet das Zentrum der Etage. Von hier aus geht es hoch ins Obergeschoss, wo sich die Schlafzimmer und Kinderzimmer befinden.
Der Fußboden in Küche und Wohnzimmer ist aus poliertem Beton. Dank der Fußbodenheizung konnte auf Heizkörper verzichtet werden. So bleibt mehr wertvolle Wandfläche frei.
Das Budget für die Küche stand fest. Auf der Suche nach der bestmöglichen Lösung innerhalb ihrer Möglichkeiten landeten sie bei Kvänum. „Was man gemeinhin unter ‚Luxus‘ versteht, ist nicht unser Ding. Klar, mögen wir hochwertige Materialien. Aber nachdem wir lange in der Stadt gewohnt haben, ist es für uns schon Luxus, einen eigenen Hauswirtschaftsraum zu haben.“
Das Budget für die Küche stand fest. Auf der Suche nach der bestmöglichen Lösung innerhalb ihrer Möglichkeiten landeten sie bei Kvänum. „Was man gemeinhin unter ‚Luxus‘ versteht, ist nicht unser Ding. Klar, mögen wir hochwertige Materialien. Aber nachdem wir lange in der Stadt gewohnt haben, ist es für uns schon Luxus, einen eigenen Hauswirtschaftsraum zu haben.“
Die Treppe, die zur Galerie führt, wiegt mehrere Tonnen und ist trotzdem freitragend. Den Raum nutzt das Paar für Vernissagen und Ausstellungen von Studio Rei und als Ort der Entspannung für die gesamte Familie. „Zwischen den Events wird hier auch schon mal gern geskatet“, erzählt Feigin.
Kunstwerke von Julia Peirone (v. l.): „Sophie“ (2011), „Klara“ (2010) und „Susanna“ (2011)
Kunstwerke von Julia Peirone (v. l.): „Sophie“ (2011), „Klara“ (2010) und „Susanna“ (2011)
Vom Flur aus gelangt man in den vorderen Teil der alten Garage. Die Garagentüren lassen sich bei Events ganz öffnen. Hinter den Türen im Flur verbergen sich ein Abstell- und ein Hauswirtschaftsraum.
Kunstwerk: Julia Peirone „Lotta“ (2014)
Kunstwerk: Julia Peirone „Lotta“ (2014)
„Viele Menschen hängen ihre Bilder zu hoch auf“, so Feigin. „Eine Regel lautet, dass die Oberkante des Bildes auf 1,74 Meter hängen sollte. Aber am besten man richtet sich nach der eigenen Augenhöhe, wenn man davorsteht.“
Die Räume im Obergeschoss sind der Familie vorbehalten. „Wenn man kleine Kinder hat, geht man nicht mehr so viel aus und auch das Reisen wird schwieriger. Darum haben wir uns hier eine Art Heim-Urlaubsparadies geschaffen, mit einer Leseecke, einem wunderschönen Badezimmer urlaubsverdächtiger Aussicht.“
Der Lesesessel mit Blick über die Baumwipfel ist ein weiteres Stück Alltagsluxus. Alle Sichtachsen im Haus wurden sorgfältig entlang der Natur und den Bäumen geplant. Für eine gemütlichere Note ist die Decke im Obergeschoss mit Sperrholz verkleidet.
Der Fußboden im Hauptbadezimmer ist mit Verde-Alpi-Marmor aus Norditalien versehen. Norditalien ist auch der Ort, wo die beiden ihr nächstes Bauprojekt verwirklichen wollen. „Wenn man einmal ein Haus gebaut hat, wird man ganz euphorisch. Für uns fühlt sich nichts naheliegender an, als nun unser Traumhaus in Italien zu bauen“, erzählt Feigin.
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Bevor nun hier in Deutschland auf den meistens kleinen Grundstücken Begehrlichkeiten geweckt werden:
Leider kann man nicht einfach eine bauaufsichtlich zugelassene "Kraftwagenanlage" in ein Wohnhaus umnutzen, weil auf Wohngrundstücken die Pflicht zur Anlage von Kfz.- Stellplätzen besteht (Stellplatzsatzung der Kommune). Auch die Zweckentfremdung von Garagen als Abstell.- und Arbeitsräume ist unzulässig - ausschließlich Garagen sind nämlich in Grenzbebauung und oft auch außerhalb der lt. B-Plan überbaubaren Fläche zulässig. Andere Baulichkeiten eben nicht. Kann dazu führen, daß der Abriß verlangt wird... und eine Ablösung des Stellplatzes, was ca. 15000.- kostet, wenn die Bauaufsicht es überhaupt zuläßt.
Also: Insbesondere bei Nutzungsänderung von Grenzgaragen geht ohne Zustimmung des Nachbarn, Einblick in ggf. vorh. B-Plan und Bauberatung im Amt garnichts.
Danke für diesen Kommentar - wer Kaufinteressen hat: Am besten zuerst zur Gemeinde-/Stadtverwaltung gehen und dort nach den Bedingungen erkundigen (Bebauungsplan und Flächennutzungsplan), das kann vor Enttäuschungen bewahren!
Es gibt auch dummerweise B-Pläne in denen die Grundstücke nur für KFZ-Abstellflächen ausgewiesen sind und ringsrum nur Wohnbebauung ist. Hatten selber schonmal sowas in Betracht gezogen, aber Aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen das Projekt verworfen.
Ich finde dieses Projekt echt schön, hell und großzügige Räume. Stilsichere Einrichtung und schöne Treppen.