Manufakturbesuch: Wo die Herrnhuter Sterne geboren werden
Dieser geometrisch komplexe Stern steht für Tradition, Brauchtum – Weihnachten! Zu Besuch in der sächsischen „Sternelei“
Nicola Enderle
19. Dezember 2022
Houzz Deutschland, Redakteurin.
Wie man sich schön einrichtet? Ich finde mit viel Persönlichkeit und eigenem Stil, der kann auch gerne schräg sein. Meinem eigenen bin ich auf der Spur – in unserem Houzz-Magazin helfen wir Ihnen Ihren zu finden, zeigen spannende Projekte und blicken durch Schlüssellöcher. Haben Sie ein schönes Zuhause? Erzählen Sie mir davon!
Houzz Deutschland, Redakteurin.
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Seit Mitte des 19. Jahrhunderts erhellt der Herrnhuter Stern die Adventszeit in Sachsen – und mittlerweile die der ganzen Welt. Einst inspiriert von der Weihnachtsgeschichte entstanden, wird er nach wie vor in einem kleinen Städtchen in der Oberlausitz hergestellt, das dem Stern seinen Namen gibt. In der traditionsreichen Manufaktur, der „Sternelei“, falzen und kleben die Mitarbeiterinnen jeden Tag kleine und große Zacken aus Papier und Kunststoff. Wer einen der schlichten Sterne mit nach Hause nimmt, trägt das besinnliche Leuchten in die Familien, so wie es einst im Sinn der Manufaktur-Gründer war. Eine schöne Tradition, die es wert ist, gepflegt zu werden.
„Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er ankam und über dem Ort stillstand, wo das Kind war.“ (Matthäus 2, 9).
Inspiriert von der Weihnachtsgeschichte und dem Stern von Bethlehem werden im ostsächsischen Städtchen Herrnhut nun schon seit 1897 Sterne in Manufaktur hergestellt – in liebevoller Handarbeit und verbunden mit viel Tradition. „In unserer Manufaktur wollen wir Bewährtes und Brauchtum mit Modernem verbinden und dabei das Kunsthandwerk in den Mittelpunkt rücken“, so Jacqueline Schröpel, die im Unternehmen für Marketing und Vertrieb zuständig ist.
Inspiriert von der Weihnachtsgeschichte und dem Stern von Bethlehem werden im ostsächsischen Städtchen Herrnhut nun schon seit 1897 Sterne in Manufaktur hergestellt – in liebevoller Handarbeit und verbunden mit viel Tradition. „In unserer Manufaktur wollen wir Bewährtes und Brauchtum mit Modernem verbinden und dabei das Kunsthandwerk in den Mittelpunkt rücken“, so Jacqueline Schröpel, die im Unternehmen für Marketing und Vertrieb zuständig ist.
Nach der Gründung der Herrnhuter Brüdergemeinde 1732, einer evangelischen Freikirche, wurden von Herrnhut aus Missionare in die Welt gesandt, um die christliche Botschaft zu verbreiten. Ihre Kinder schickten die Missionare oft im Einschulungsalter in die Heimat und in Internate zurück. Das Zuhause der Jungen und Mädchen konnten die Schulheime natürlich nicht ersetzen. Vor allem zur Adventszeit vermissten die Kinder ihre Eltern – und so fingen sie an, Sterne als Symbol für die Weihnachtsgeschichte zu basteln. Es entstand ein Brauch, den die Schüler und Schülerinnen in ihre Familien trugen.
Der Geschäftsmann Pieter Hendrik Verbeek erfand dann Ende des 19. Jahrhunderts den ersten stabilen, zusammensetzbaren Stern. Das Besondere daran war ein zentraler Blechkörper mit Schienen, auf den die Papierzacken mit Metallrähmchen aufgeschoben werden konnten. Eine daraus abgeleitete Weiterentwicklung, der sogenannte körperlose Stern, wird seit 1925 in der „Sternelei“ hergestellt.
Fun Fact: In Sachsen ist der Herrnhuter Stern sogar Thema im Schulunterricht. Und das nicht etwa im Fach Geschichte: Er kommt im Lehrbuch „Elemente der Mathematik“ vor, wenn es um die Erklärung platonischer Körper geht. Er hilft den Schülern, ein besseres geometrisches Verständnis zu erlangen. So wie damals in den Herrnhuter Schulheimen.
Fun Fact: In Sachsen ist der Herrnhuter Stern sogar Thema im Schulunterricht. Und das nicht etwa im Fach Geschichte: Er kommt im Lehrbuch „Elemente der Mathematik“ vor, wenn es um die Erklärung platonischer Körper geht. Er hilft den Schülern, ein besseres geometrisches Verständnis zu erlangen. So wie damals in den Herrnhuter Schulheimen.
Noch heute wird bei vielen traditionell am ersten Sonntag im Advent der Herrnhuter Stern im Familienkreis aufgebaut. Er läutet damit die besinnliche Adventszeit ein. Dabei kann man Plätzchen essen oder Weihnachtslieder hören oder einfach friedlich zusammen sein. „Mit dieser Symbolik soll er Menschen aus aller Welt vereinen“, so Schröpel. „Bis heute hat diese Tradition in unserer Region Bestand. Und immer öfter leuchtet unser Stern auch in die weite Welt hinaus.“
Betritt man die Werkstätten der Herrnhuter-Sterne-Manufaktur, ist der Raum von frischem Papierduft erfüllt. Man hört leise das Falten, Drehen und Kleben von Papier, sieht die Bögen von einer Hand in die andere gleiten. So wird hier Zacke für Zacke des Sterns in Form gebracht. Vor fünf Jahren zog die Manufaktur in ein neues Gebäude, am gleichen Standort nur wenige Schritte vom alten Fachwerkhaus entfernt. „Die vielen Jahrzehnte Manufakturbetrieb gingen nicht spurlos an den Gebäuden vorbei. Im neuen Haus haben wir nicht nur mehr Platz für unsere Mitarbeiterinnen, sondern auch für die vielen Besucher, die jedes Jahr kommen, um unser Handwerk zu bestaunen und einen Herrnhuter Stern mit nach Hause zu nehmen“, so Schröpel.
Wie genau entsteht nun ein solcher Stern? Unterschieden wird zwischen Sternen aus Papier für drinnen und solchen aus Kunststoff, die auch draußen angebracht werden können.
In der Spitzeldreherei der Papier-Variante wird ein- oder mehrfarbiges Papier per Hand zu einem Kegel gedreht. Zuvor wird es an den Rändern mit Leim bestrichen. Anschließend werden die Kegel zum Trocknen ausgelegt. „Eine Spitzeldreherin dreht etwa 2500 Zacken am Tag“, erzählt Jacqueline Schröpel. „Der ursprüngliche Stern wurde in Weiß und Rot hergestellt: Weiß für die Reinheit und Rot für das Blut Christi“, so Schröpel.
Mittlerweile gibt es Papiersterne in fünf Größen zwischen 13 und 80 Zentimeter Durchmesser und in sieben Farben.
Mittlerweile gibt es Papiersterne in fünf Größen zwischen 13 und 80 Zentimeter Durchmesser und in sieben Farben.
Hier formt gerade Spitzeldreherin Anett Kolewe einen Kegel. Sie ist schon seit 14 Jahren im Unternehmen. Ob sie auch einen Herrnhuter Stern zuhause hat? „Na klar, ganz viele sogar. Kleine Sterne bringen das ganze Jahr über stimmungsvolles Licht in unser Zuhause. Und ganz traditionell wird dann am ersten Advent auch ein großer Stern zusammengebastelt. Es ist ein schöner Brauch.“
Anschließend verleihen die „Rähmchenkleberinnen“ der Zacke die richtige Form, ruhig und konzentriert. Ausgestanzte Papprähmchen erhalten einen dünnen Leimanstrich und werden dann per Hand zu drei- oder viereckigen Formen verleimt.
Insgesamt sind das etwa 3500 Zacken am Tag, die die Rähmchenkleberinnen in die Hand nehmen. Ein Herrnhuter Stern besteht aus insgesamt 25 Zacken, davon 17 viereckigen und 8 dreieckigen.
Jedes Jahr aufs Neue werden die Zacken in den Familien, Kirchen oder Läden zu einem Stern zusammenfügt. Bevor man den Stern ganz zusammensetzt, wird in der Mitte die Leuchtvorrichtung eingesetzt, die separat dazu gekauft werden kann.
Der kleinste aller Papiersterne wird gestanzt, dann mit dem Messer gefalzt und mit Pinsel und Pinzette angeklebt. „Er ist mit 13 Zentimetern Durchmesser ein richtiges kleines Meisterwerk“, so Schröpel. Es dauert eineinhalb Stunden, bis ein solcher Stern fertig ist. „Unsere Mitarbeiterinnen fertigen ihn mit viel Fingerspitzengefühl an. Jedes Jahr gibt es nur eine limitierte Auflage – denn pro Tag entstehen maximal 13 solcher Sterne. Und man kann ihn auch nur hier in Herrnhut kaufen. Damit möchten wir die Besonderheit des kleinen Sterns hervorheben.“
Seit 1982 werden die Herrnhuter Sterne nicht nur aus Papier, sondern auch aus Kunststoff hergestellt. Durch ihre Wetterfestigkeit und UV-Beständigkeit kann man sie nun auch für den Außenbereich verwenden.
Seit es den Herrnhuter Stern auch aus Kunststoff gibt, ist er wortwörtlich hinaus in die Welt gewandert. „Er schmückt Vorgärten und Straßen, Hauseingänge und Plätze. Etwa den Angels Christmas Market im Londoner Hyde Park, den Weihnachtszauber-Mark am Gendarmenmarkt in Berlin – sogar in Dubai hängt ein Herrnhuter Stern“, so Schröpel.
Seit es den Herrnhuter Stern auch aus Kunststoff gibt, ist er wortwörtlich hinaus in die Welt gewandert. „Er schmückt Vorgärten und Straßen, Hauseingänge und Plätze. Etwa den Angels Christmas Market im Londoner Hyde Park, den Weihnachtszauber-Mark am Gendarmenmarkt in Berlin – sogar in Dubai hängt ein Herrnhuter Stern“, so Schröpel.
Und ein wirklich riesiger Herrnhuter Stern, eine 190 Zentimeter große Sonderanfertigung, schmückt die Laterne über der Kuppel der wiederaufgebauten Frauenkirche in Dresden. Kuppel und Stern passen gut zueinander, beide sind Zeichen der Hoffnung, des Lichts. Der größte Herrnhuter Stern mit einem 250 Zentimeter großen Durchmesser hängt in der Manufaktur selbst. Ein zweiter im Bundeskanzleramt in Berlin.
Das Sortiment der gängigen Kunststoffsterne umfasst vier Größen zwischen 13 und 130 Zentimetern Durchmesser, in acht Farben.
Dazu werden vorproduzierte Plastikzacken auf einen vorgeformten Körper aufgesetzt. Auch sie werden direkt in der Manufaktur hergestellt. „Alles, was machbar ist, fertigen wir selbst und verzichten so gut es geht auf Zulieferartikel“, so Schröpel.
Eine Mitarbeiterin setzt hier gerade den 13 Zentimeter kleinen Kunststoffstern mithilfe einer Drehvorrichtung zusammen, so dass sie an allen Ecken die 25 Zacken gleich gut anbringen kann. Die Herstellung eines solchen Sterns dauert nur ein paar Minuten, daher ist er auch günstiger als Papiersterne derselben Größe.
Eine Mitarbeiterin setzt hier gerade den 13 Zentimeter kleinen Kunststoffstern mithilfe einer Drehvorrichtung zusammen, so dass sie an allen Ecken die 25 Zacken gleich gut anbringen kann. Die Herstellung eines solchen Sterns dauert nur ein paar Minuten, daher ist er auch günstiger als Papiersterne derselben Größe.
Insgesamt werden in der Manufaktur jedes Jahr etwa 600.000 Sterne hergestellt. „Das warme Licht des Sterns, man sieht es schon von fern“, sagt Schröpel, es klingt besinnlich. So ist der Herrnhuter Stern ein Botschafter des Weihnachtsfriedens geworden, der in die ganze Welt leuchtet.
Mehr Fotos aus der Herrnhuter Sterne Manufaktur
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Wir hatten schon immer Herrenhuter Sterne...... aus Tradition.
Sie sind mit den „Billigvarianten“ die es zu kaufen gibt nicht zu vergleichen. Sehr gute Qualität und das wunderbare Licht... ich kann ihn nur empfehlen!
(Sieht im Original viel schöner aus!)