Metropole vs. Dorf: Wie sich Leben und Wohnen verändern werden
Die Verstädterung Deutschlands und der Welt ist in vollem Gange – und wird unsere Wohnungen für immer verändern
Schon heute leben weltweit mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Laut einer im Dezember 2016 zuletzt aktualisierten Weltbankstudie ist die Landbevölkerung in den vergangenen Jahren stetig geschrumpft. Bereits 2007 erreichten wir global die 50/50-Marke. In Zukunft wird die Verstädterung weiter voranschreiten. In Deutschland liegt der Anteil der Landbevölkerung schon heute bei knapp 25 Prozent; für 2050 prognostiziert eine Studie der United Nations hierzulande gar ein Verhältnis von 84 Prozent Stadt- zu 16 Prozent Landbewohnern. Das verändert unseren Lebensraum und prägt unseren Alltag bis ins Wohnzimmer hinein. Doch kein Trend ohne Gegentrend. Auch das Dorfleben wird wieder interessanter, gerade für Städter, die keine Lust mehr haben, sich neben 250 anderen in einem U-Bahnwaggon die Beine in den Bauch zu stehen. Wie werden diese Entwicklungen unseren Lebens- und Wohnraum prägen und verändern?
Essplatz in Chelsea, New York, von Drew McGukin.
Weniger Platz, mehr Teilen
Machen Sie sich darauf gefasst: In Großstädten wird Platz bald zum Luxus werden. Für Pariser ist es nichts Ungewöhnliches, zu zweit auf 40 Quadratmetern zu wohnen. Städte wie Berlin, das in den vergangenen zwei Jahren jeweils Zuzüge von etwa 50.000 Personen zu verzeichnen hatte, können sich auf ähnliche Verknappungen einstellen. In Zukunft wird es also immer mehr darum gehen, kleine Wohnungen durch eine kluge Aufteilung und platzsparende Einbaumöbel optimal zu nutzen.
Micro-Apartment in Los Angeles von Vertebrae Architecture.
Machen Sie sich darauf gefasst: In Großstädten wird Platz bald zum Luxus werden. Für Pariser ist es nichts Ungewöhnliches, zu zweit auf 40 Quadratmetern zu wohnen. Städte wie Berlin, das in den vergangenen zwei Jahren jeweils Zuzüge von etwa 50.000 Personen zu verzeichnen hatte, können sich auf ähnliche Verknappungen einstellen. In Zukunft wird es also immer mehr darum gehen, kleine Wohnungen durch eine kluge Aufteilung und platzsparende Einbaumöbel optimal zu nutzen.
Micro-Apartment in Los Angeles von Vertebrae Architecture.
Das Wellnessbad
Sanitärelemente und Einbauten in Bädern werden sich immer mehr zurücknehmen. Die populäre bodengleiche Dusche, durch einen gläsernen Spritzschutz vom Rest des Raumes getrennt, ist das beste Beispiel dafür: Sie nimmt dem Raum nichts von seiner Größe und erzeugt gleichzeitig ein Gefühl von Luxus und Komfort.
Bad in einem Ausstellungscontainer von Dra Dog Werkstätten Berlin.
Sanitärelemente und Einbauten in Bädern werden sich immer mehr zurücknehmen. Die populäre bodengleiche Dusche, durch einen gläsernen Spritzschutz vom Rest des Raumes getrennt, ist das beste Beispiel dafür: Sie nimmt dem Raum nichts von seiner Größe und erzeugt gleichzeitig ein Gefühl von Luxus und Komfort.
Bad in einem Ausstellungscontainer von Dra Dog Werkstätten Berlin.
Gemeinschaftsräume
In diese Entwicklung greift nahtlos die Digitalisierung unseres Lebens hinein. Berufstätigkeit ist für viele nicht mehr ortsgebunden und kann, gerade im Sektor der Wissensarbeit, per Laptop überall dort ausgeübt werden, wo es Internet gibt. Weil wir Menschen uns, bei aller Unabhängigkeit, aber weiterhin nach Begegnung und Kontakt sehnen, entstehen neue Gemeinschaftsräume. Orte, die früher Teil der Wohnung und des Privaten waren, verlagern sich in den öffentlichen oder teilöffentlichen Stadtraum und werden dort kollektiv genutzt. Das sind urbane Gärten und Dachterrassen ebenso wie Co-Working-Arbeitsplätze.
Dachterrasse in Boston von Offshoots.
In diese Entwicklung greift nahtlos die Digitalisierung unseres Lebens hinein. Berufstätigkeit ist für viele nicht mehr ortsgebunden und kann, gerade im Sektor der Wissensarbeit, per Laptop überall dort ausgeübt werden, wo es Internet gibt. Weil wir Menschen uns, bei aller Unabhängigkeit, aber weiterhin nach Begegnung und Kontakt sehnen, entstehen neue Gemeinschaftsräume. Orte, die früher Teil der Wohnung und des Privaten waren, verlagern sich in den öffentlichen oder teilöffentlichen Stadtraum und werden dort kollektiv genutzt. Das sind urbane Gärten und Dachterrassen ebenso wie Co-Working-Arbeitsplätze.
Dachterrasse in Boston von Offshoots.
Einrichtung, die Sehnsucht spiegelt
Während die Urbanisierung voranschreitet, wird im Stadtmenschen die Sehnsucht nach dem einfachen Landleben stärker und findet ihren Ausdruck im Interiordesign. Die Vorliebe für Einrichtungen im Landhausstil und naturbelassene Materialien ist bereits jetzt ausgeprägt und wird tendenziell zunehmen. Auflagenstarke Lifestyle-Magazine wie die Landlust, die weiß Gott nicht nur von Landeiern gelesen wird, sind Indikatoren dieses Trends.
Küche in Dublin von Neptune by Global Village.
Während die Urbanisierung voranschreitet, wird im Stadtmenschen die Sehnsucht nach dem einfachen Landleben stärker und findet ihren Ausdruck im Interiordesign. Die Vorliebe für Einrichtungen im Landhausstil und naturbelassene Materialien ist bereits jetzt ausgeprägt und wird tendenziell zunehmen. Auflagenstarke Lifestyle-Magazine wie die Landlust, die weiß Gott nicht nur von Landeiern gelesen wird, sind Indikatoren dieses Trends.
Küche in Dublin von Neptune by Global Village.
Ebenso wächst das Bedürfnis nach Ruhe, Erholung, Gemütlichkeit. Der „Hygge"-Trend setzt sich in Zukunft fort und wird stärker. Einrichten auf Skandinavisch, in hellen Tönen, mit natürlichen Materialien und möglichst wenig oder möglichst unsichtbarer Technologie ist das, was Großstädter heute und auch in Zukunft wollen.
Wohnzimmer von Mint House Interiors
Wohnzimmer von Mint House Interiors
Frankfurter Tor in Berlin, mit Blick nach Süden, Richtung Spree.
Deutschland, wo das Licht ausgeht
Die europäischen Länder stellen im weltweiten Vergleich noch recht viel Geld für ländliche Regionen zur Verfügung. Trotzdem ist schon lange nicht mehr gewährleistet, was bis 1994 im Grundgesetz verankert stand: „die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse“. Diese Formulierung wurde 1994 durch die der „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ ersetzt. Aber auch von denen kann im Vergleich zwischen Stadt und Land kaum die Rede sein. Der demografische Wandel schreitet voran, nicht nur junge Menschen wollen in die Stadt, auch Senioren, die sich kurze Wege zum nächsten Facharzt, zur Post oder zum Kino wünschen, packen die Koffer und ziehen in die Metropolen
Dreiseithof in Päwesin, Brandenburg, umgebaut von Bromsky Architekten.
Die europäischen Länder stellen im weltweiten Vergleich noch recht viel Geld für ländliche Regionen zur Verfügung. Trotzdem ist schon lange nicht mehr gewährleistet, was bis 1994 im Grundgesetz verankert stand: „die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse“. Diese Formulierung wurde 1994 durch die der „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ ersetzt. Aber auch von denen kann im Vergleich zwischen Stadt und Land kaum die Rede sein. Der demografische Wandel schreitet voran, nicht nur junge Menschen wollen in die Stadt, auch Senioren, die sich kurze Wege zum nächsten Facharzt, zur Post oder zum Kino wünschen, packen die Koffer und ziehen in die Metropolen
Dreiseithof in Päwesin, Brandenburg, umgebaut von Bromsky Architekten.
Country Comeback
In den Städten wiederum sehnen sich viele nach einem ländlichen Leben. Das Dorf, eingebettet in eine malerische Landschaft, wird zum Wunschtraum. Nicht nur der bereits erwähnte städtische Landhausstil oder der „Hygge"-Trend, sondern auch echtes Landleben entsteht daraus.
Das Dorf kann nämlich mehr als nur schön aussehen, und das wird es in Zukunft auch zeigen. Auf dem Land entstehen neue Betätigungsfelder und Lebensentwürfe. Die Stichworte dazu lauten: Regionale Lebensmittel, regenerative Energien und überhaupt Regeneration.
Voraussetzung hierfür ist jedoch Breitbandinternet. Selbst Menschen mit alternativen Lebensentwürfen, die es aufs Land und nicht nur in die Peripherie der Städte zieht, wollen heute digital angebunden sein. Digitale Nomaden werden weiterhin lieber auf Mallorca den Winter verbringen als im Vogelsbergkreis, aber auch der Biobauer oder die Mitglieder der Landkommune werden nicht auf schnellen Datentransfer verzichten wollen – oder können. Es sei denn, sie haben Angst vor Technik und Strahlung im Allgemeinen und kampieren vorzugsweise inmitten diverser Funklöcher des Bayrischen Waldes.
Bauernhof in den Niederlanden.
In den Städten wiederum sehnen sich viele nach einem ländlichen Leben. Das Dorf, eingebettet in eine malerische Landschaft, wird zum Wunschtraum. Nicht nur der bereits erwähnte städtische Landhausstil oder der „Hygge"-Trend, sondern auch echtes Landleben entsteht daraus.
Das Dorf kann nämlich mehr als nur schön aussehen, und das wird es in Zukunft auch zeigen. Auf dem Land entstehen neue Betätigungsfelder und Lebensentwürfe. Die Stichworte dazu lauten: Regionale Lebensmittel, regenerative Energien und überhaupt Regeneration.
Voraussetzung hierfür ist jedoch Breitbandinternet. Selbst Menschen mit alternativen Lebensentwürfen, die es aufs Land und nicht nur in die Peripherie der Städte zieht, wollen heute digital angebunden sein. Digitale Nomaden werden weiterhin lieber auf Mallorca den Winter verbringen als im Vogelsbergkreis, aber auch der Biobauer oder die Mitglieder der Landkommune werden nicht auf schnellen Datentransfer verzichten wollen – oder können. Es sei denn, sie haben Angst vor Technik und Strahlung im Allgemeinen und kampieren vorzugsweise inmitten diverser Funklöcher des Bayrischen Waldes.
Bauernhof in den Niederlanden.
Chance: Regionale Produkte
Aufgeklärte Städter wollen keine Kartoffeln aus Portugal oder Steckrüben aus Weißrussland essen, die tausende Kilometer zurücklegen müssen, bevor sie auf dem Küchentisch landen. Schaut man auf die Wochen- oder gar auf die immer beliebteren Erzeugermärkte, wird klar: Hier tun sich neue Betätigungsfelder im ländlichen Raum auf und alte bleiben, in veränderter Form, erhalten.
Aufgeklärte Städter wollen keine Kartoffeln aus Portugal oder Steckrüben aus Weißrussland essen, die tausende Kilometer zurücklegen müssen, bevor sie auf dem Küchentisch landen. Schaut man auf die Wochen- oder gar auf die immer beliebteren Erzeugermärkte, wird klar: Hier tun sich neue Betätigungsfelder im ländlichen Raum auf und alte bleiben, in veränderter Form, erhalten.
Chance: Regenerative Energien
Durch den Umstieg auf regenerative Energien werden zukünftig ganz neue Landschaftsbilder entstehen, die dezentrale, kleinere Siedlungen begünstigen. Anders als im Zeitalter fossiler Brennstoffe, mit Städte-Agglomerationen und Kraftwerken an deren Peripherie, wird das Dorf, langfristig gedacht, möglicherweise zur autarken Stadtalternative.
Windkraftanlage bei Ansbach in Bayern.
Durch den Umstieg auf regenerative Energien werden zukünftig ganz neue Landschaftsbilder entstehen, die dezentrale, kleinere Siedlungen begünstigen. Anders als im Zeitalter fossiler Brennstoffe, mit Städte-Agglomerationen und Kraftwerken an deren Peripherie, wird das Dorf, langfristig gedacht, möglicherweise zur autarken Stadtalternative.
Windkraftanlage bei Ansbach in Bayern.
Neues Bauen mit alten und hochmodernen Materialien
Außerdem wird sich der Einsatz bestimmter Baumaterialien verändern, hin zu mehr Klimaverträglichkeit. Holz und Lehm sind Materialien der Zukunft. Gleichzeitig ist dank innovativer Biotechnologie von neuen Baumaterialien auszugehen. Schon heute entwickeln Einrichtungen wie das renommierte Stuttgarter Institute for Computational Design unter Professor Achim Menges Baustoffe, die sich unterschiedlichen klimatischen Bedingungen anpassen können, in Anlehnung an natürliche Vorbilder wie den Tannenzapfen, der sich bei Feuchte schließt und bei Trockenheit öffnet. Zukunftsmusik, die schön und gar nicht so fern ist.
Holzhaus in Wandlitz bei Berlin von 2D+ Architekten.
Außerdem wird sich der Einsatz bestimmter Baumaterialien verändern, hin zu mehr Klimaverträglichkeit. Holz und Lehm sind Materialien der Zukunft. Gleichzeitig ist dank innovativer Biotechnologie von neuen Baumaterialien auszugehen. Schon heute entwickeln Einrichtungen wie das renommierte Stuttgarter Institute for Computational Design unter Professor Achim Menges Baustoffe, die sich unterschiedlichen klimatischen Bedingungen anpassen können, in Anlehnung an natürliche Vorbilder wie den Tannenzapfen, der sich bei Feuchte schließt und bei Trockenheit öffnet. Zukunftsmusik, die schön und gar nicht so fern ist.
Holzhaus in Wandlitz bei Berlin von 2D+ Architekten.
Hügel bei Genua.