Nachhaltiger Umbau eines 100 Jahre alten Bruchsteinhauses
Mit wenig Geld und viel Eigenleistung hat ein Architektenehepaar ein Bauernhaus zum Familiendomizil umgebaut
Josefine Andrae
29. November 2020
Houzz-Contributor mit einer Vorliebe für schöne Deko, Mitbringseln aus fernen Ländern, Bücher, Blumen und Pflanzen aller Art.
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Als sich Henrike Elsner und Lucas Fernández-Trapa, Inhaber von heltwerk, auf die Suche nach einem gemeinsamen Haus machten, wussten sie ganz genau, was sie sie wollten: „Eine Bauruine, die wir nach unseren Wünschen umgestalten können.“
In der Gegend, aus der Henrike Elsner kommt, wurde das Architekten-Ehepaar fündig: Ein etwa 100 Jahre altes Bruchsteinhaus nebst Scheune, das auf einem 900 Quadratmeter großen Grundstück steht. Beim Kaufpreis von 80.000 Euro blieb genug finanzieller Spielraum für die Renovierung.
In der Gegend, aus der Henrike Elsner kommt, wurde das Architekten-Ehepaar fündig: Ein etwa 100 Jahre altes Bruchsteinhaus nebst Scheune, das auf einem 900 Quadratmeter großen Grundstück steht. Beim Kaufpreis von 80.000 Euro blieb genug finanzieller Spielraum für die Renovierung.
Auf einen Blick
Hier wohnt: ein deutsch-spanisches Architektenehepaar (die Experten selbst) mit seinen drei kleinen Kindern
Auf: 102 Quadratmetern
In: Caan
Kosten: 260.000 Euro (davon 80.000 Euro für Haus und Grundstück)
Experten: heltwerk
Hier wohnt: ein deutsch-spanisches Architektenehepaar (die Experten selbst) mit seinen drei kleinen Kindern
Auf: 102 Quadratmetern
In: Caan
Kosten: 260.000 Euro (davon 80.000 Euro für Haus und Grundstück)
Experten: heltwerk
Ausgangssituation
Der Grundbucheintrag stammt aus dem Jahr 1918. Das Haus dürfte aber schon früher gestanden haben, vermuten die Experten. In den Fünfzigerjahren ist ein Betonanbau dazugekommen für ein Bad und die Küche. Der war allerdings schlecht gebaut und mittlerweile marode. „Da war klar, dass wir den abreißen müssen“, so Henrike Elsner.
Der Grundbucheintrag stammt aus dem Jahr 1918. Das Haus dürfte aber schon früher gestanden haben, vermuten die Experten. In den Fünfzigerjahren ist ein Betonanbau dazugekommen für ein Bad und die Küche. Der war allerdings schlecht gebaut und mittlerweile marode. „Da war klar, dass wir den abreißen müssen“, so Henrike Elsner.
Die Bausubstanz des Haupthauses war in Ordnung, erzählt Lucas Fernández-Trapa: „In einer Hälfte des Hauses wurde in den vergangenen zehn Jahren ein kleines Büro betrieben, der Rest stand leer. Das Gebäude war zwar in die Jahre gekommen, aber gut in Schuss. Die Böden waren allerdings fast alle kaputt und konnten nicht gerettet werden.“
Ein klarer Vorteil des alten Hauses laut dem Experten: „Die Wände sind 50 Zentimeter stark und aus Bruchstein. Obwohl sie nicht besonders gut dämmen, kann man die Speichermasse gut nutzen. Im Winter bleibt das Haus warm und im Sommer kühl. Solche Bruchsteinwände haben makellos Jahrzehnte überstanden und sollten auch noch für die kommenden Jahrzehnte als Baukulturerbe erhalten werden.“
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Idee
Das Architektenehepaar wünschte sich ein Haus, das den Charme eines Altbaus mit sich bringt, gleichzeitig aber gewissen modernen Standards entspricht. Wichtig war, Licht und Offenheit in das alte Gebäude mit seinen kleinen Fenstern zu bringen.
„Wir wollten die Qualität des Bestandes erhalten, sicherstellen, dass man den Bruchstein wahrnimmt, und die Holzelemente, womöglich, aufarbeiten“, so Elsner. „Trotzdem sollte das Haus modern, hell und großzügig wirken.“
Der alte, marode Betonanbau sollte durch einen neuen Holzbau ersetzt werden, der Hause und Scheune verbindet. In ihm befindet sich heute die Küche sowie ein Wohn- und Essbereich – das Herzstück des Hauses mit direktem Zugang zum Garten.
Das Architektenehepaar wünschte sich ein Haus, das den Charme eines Altbaus mit sich bringt, gleichzeitig aber gewissen modernen Standards entspricht. Wichtig war, Licht und Offenheit in das alte Gebäude mit seinen kleinen Fenstern zu bringen.
„Wir wollten die Qualität des Bestandes erhalten, sicherstellen, dass man den Bruchstein wahrnimmt, und die Holzelemente, womöglich, aufarbeiten“, so Elsner. „Trotzdem sollte das Haus modern, hell und großzügig wirken.“
Der alte, marode Betonanbau sollte durch einen neuen Holzbau ersetzt werden, der Hause und Scheune verbindet. In ihm befindet sich heute die Küche sowie ein Wohn- und Essbereich – das Herzstück des Hauses mit direktem Zugang zum Garten.
Der ursprüngliche Grundriss im Haupthaus wurde beibehalten.
Die alte Scheune wollten die Experten im ersten Bauabschnitt unangetastet lassen. „Die Grundidee war, dass wir uns am Anfang nicht finanziell übernehmen und die Scheune später ausbauen“, erklärt Elsner. „Der Plan ist, den Kindern quasi das Bauernhaus zu überlassen, wenn sie größer sind. Und wir Eltern ziehen dann in die Scheune mit Arbeits- und Schlafzimmer.“ Darin sehen beide einen weiteren Vorteil am Bestand: Man kann etappenweise vorgehen und muss nicht, wie beim Neubau, alles auf einmal angehen.
Die alte Scheune wollten die Experten im ersten Bauabschnitt unangetastet lassen. „Die Grundidee war, dass wir uns am Anfang nicht finanziell übernehmen und die Scheune später ausbauen“, erklärt Elsner. „Der Plan ist, den Kindern quasi das Bauernhaus zu überlassen, wenn sie größer sind. Und wir Eltern ziehen dann in die Scheune mit Arbeits- und Schlafzimmer.“ Darin sehen beide einen weiteren Vorteil am Bestand: Man kann etappenweise vorgehen und muss nicht, wie beim Neubau, alles auf einmal angehen.
Gearbeitet werden sollte vor allem mit ökologischen und nachhaltigen Materialien: „Wir wollten auf Styropor, PVC und andere Stoffe verzichten, die nicht förderlich für ein gesundes Leben sind“, erläutert Fernández-Trapa.
Umsetzung
Um das Haus zu modernisieren, musst es in den Rohbauzustand zurückgesetzt werden. Der Boden, die komplette Elektrik, Fenster sowie Wasserleitungen und das Bad kamen raus. Decken, Türen und die Treppe sind geblieben.
Um das Haus zu modernisieren, musst es in den Rohbauzustand zurückgesetzt werden. Der Boden, die komplette Elektrik, Fenster sowie Wasserleitungen und das Bad kamen raus. Decken, Türen und die Treppe sind geblieben.
Allerdings waren die Decken teilweise so gerissen, dass sie mit Gipskarton verkleidet werden mussten. „Dabei konnte man gut sehen, wie gewölbt und unregelmäßig die Decken sind“, erinnert sich Elsner. Ähnlich krumm und schief sahen auch die Wände teilweise aus.
Das alte Haus
Die Treppe im Eingangsbereich konnte aufgearbeitet werden, indem sie Schicht um Schicht von altem Lack befreit wurde. Diese Arbeit hat das Ehepaar aus Kostengründen selbst übernommen. Bei den neu verlegten Fliesen, die im Flur sowie im Bad verlegt wurden, haben sie sich für durchgängig gefärbte Zementfliesen entschieden, die mit den Jahren eine schöne Patina bekommen.
Die Treppe im Eingangsbereich konnte aufgearbeitet werden, indem sie Schicht um Schicht von altem Lack befreit wurde. Diese Arbeit hat das Ehepaar aus Kostengründen selbst übernommen. Bei den neu verlegten Fliesen, die im Flur sowie im Bad verlegt wurden, haben sie sich für durchgängig gefärbte Zementfliesen entschieden, die mit den Jahren eine schöne Patina bekommen.
Die Fliesen sind ein regionales Produkt von der Firma Via, die sich auf Zementfliesen spezialisiert hat und nach alten Herstellungsweisen anfertigt.
Wie in allen anderen Räumen mussten auch im neuen Arbeitszimmer mehrere Lagen Tapete entfernt werden. Fernández-Trapa: „Zum Teil haben wir darunter kaum noch erkennbare Wandmalerei gefunden.“
Nachdem die Tapeten entfernt waren, wurden die Wände neu verputzt. „Wir haben keinen herkömmlichen Gipsputz, sondern einen atmungsaktiven und feuchtigkeitsregulierenden reinen Kalkputz verwendet“, so Henrike Elsner – getreu dem Vorsatz des Ehepaars, so nachhaltig wie möglich zu bauen.
Nachdem die Tapeten entfernt waren, wurden die Wände neu verputzt. „Wir haben keinen herkömmlichen Gipsputz, sondern einen atmungsaktiven und feuchtigkeitsregulierenden reinen Kalkputz verwendet“, so Henrike Elsner – getreu dem Vorsatz des Ehepaars, so nachhaltig wie möglich zu bauen.
Die alten Fenster wurden durch neue Rahmen in Weiß ersetzt, die mehr Licht hereinlassen. Wichtig war der Baufamilie der runde Bogen, der der ursprünglichen Gestaltung entsprach.
Die Dielen im Schlafzimmer konnten aufgearbeitet werden, bei den restlichen Holzböden haben sich die Experten für Kiefernholz entschieden. „Die Dielen sind drei Zentimeter stark“, so Fernández-Trapa. „Man kann sie mehrmals abschleifen und sie sind immer noch gut.“
Henrike Elsner ergänzt: „Wir mögen Holzböden, auch wenn wir wissen, dass sie Macken kriegen können. Aber das Haus steht schon seit mehr als 100 Jahren und hat einige Macken. Die verleihen ihm eine gewisse Würde.“
Der Anbau
Bei der Gestaltung des Anbaus war den Experten der direkte Zugang zum Garten besonders wichtig. „Der Garten kann dadurch leicht zum Wohnbereich hinzugezogen werden“, so Elsner.
Bei der Gestaltung des Anbaus war den Experten der direkte Zugang zum Garten besonders wichtig. „Der Garten kann dadurch leicht zum Wohnbereich hinzugezogen werden“, so Elsner.
Öffnet man die Schiebeelemente, ist der Blick in den Garten perfekt. Werden sie geschlossen, ist der Anbau als durchgehender Holzkörper wahrnehmbar.
Er wurde bewusst eingeschossig gehalten, weil sonst der Innenhof verschattet worden wäre. „Uns war ein respektvoller Umgang mit dem alten Haus wichtig“, erklärt Fernández-Trapa, „und das ist relativ klein, sodass es schnell übertrumpft worden wäre, hätten wir den Anbau zu groß gebaut.“
Er wurde bewusst eingeschossig gehalten, weil sonst der Innenhof verschattet worden wäre. „Uns war ein respektvoller Umgang mit dem alten Haus wichtig“, erklärt Fernández-Trapa, „und das ist relativ klein, sodass es schnell übertrumpft worden wäre, hätten wir den Anbau zu groß gebaut.“
Mit seinem luftig-großen Wohn- und Essbereich bildet der Anbau einen schönen Kontrast zu den relativ kleinen Räumen des alten Hauses, finden die Architekten.
Außerdem war den Architekten wichtig, dass sowohl der Anbau als auch das Haus selbst und die Scheune, die sie später noch ausbauen wollen, umgenutzt werden können. Wenn die Kinder größer sind, können die Eltern in die Scheune ziehen; wenn sie irgendwann ausziehen, könnte ein Teil des Hauses vermietet werden. „Wir erleben oft bei Baufamilien, dass sich die Lebensumstände ändern, die Kinder ausziehen oder die Großeltern wieder einziehen“, so Henrike Elsner. „Wir legen daher Wert darauf, dass Räume eine gewisse Flexibilität beibehalten.“
Außer der Bodenplatte wurde deswegen nichts betoniert, sondern nur miteinander verschraubt – der gesamte Anbau könnte recht unkompliziert zurückgebaut werden. „Dadurch generieren wir auch keinen Sondermüll“, sagt Fernández-Trapa. „Die Materialien können alle einfach getrennt und wiederverwendet werden.“ Er ist überzeugt: „Als Architekt hat man eine gewisse Verantwortung, nachhaltig zu bauen.“
Gestaltung
Henrike Elsner und Lucas Fernández-Trapa haben viel Eigenleistung und Herzblut in die Gestaltung ihres neuen Zuhauses gesteckt, finden aber beide: „Wenn man das Alte wertschätzt, ist es eine sehr lohnenswerte Arbeit.“
Eine Herausforderung war für die beiden allerdings, als Experte und Baufamilie gleichzeitig tätig zu sein. „Wir können jetzt jeden Bauherrn gut verstehen, der sich nicht so leicht tut mit den ganzen Entscheidungen“, meint Elsner.
Henrike Elsner und Lucas Fernández-Trapa haben viel Eigenleistung und Herzblut in die Gestaltung ihres neuen Zuhauses gesteckt, finden aber beide: „Wenn man das Alte wertschätzt, ist es eine sehr lohnenswerte Arbeit.“
Eine Herausforderung war für die beiden allerdings, als Experte und Baufamilie gleichzeitig tätig zu sein. „Wir können jetzt jeden Bauherrn gut verstehen, der sich nicht so leicht tut mit den ganzen Entscheidungen“, meint Elsner.
Bei der Einrichtung haben die beiden vor allem auf flexible und kostengünstige Lösungen sowie eine Kombination von Altem und Neuem gesetzt. Alte Bauernmöbel wurden aufgearbeitet, die Kinderbetten und Garderoben haben sie aus Dreischichtplatten selbst gebaut.
Grundsätzlich hat sich die Familie auf das Wesentliche beschränkt – allein schon, weil 100 Quadratmeter nicht allzu viel für eine fünfköpfige Familie sind. „Vor 100 Jahren haben hier neun Leute gewohnt. Und auch für uns als Familie mit kleinen Kindern reicht es. Es ist eben sehr gemütlich“, sagt Fernández-Trapa.
Und wenn die Kinder größer sind und mehr Platz brauchen, bleibt für die Eltern ja immer noch die Scheune.
Und wenn die Kinder größer sind und mehr Platz brauchen, bleibt für die Eltern ja immer noch die Scheune.
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