Architektur
Pritzker Preis: Zwei Irinnen gewinnen Architektur-Nobelpreis 2020
Frauenpower! Die Architektinnen Yvonne Farrell und Shelley McNamara wurden für ihre rationalen Gebäude ausgezeichnet
Freundinnen, Geschäftspartnerinnen und nun auch Preisträgerinnen der prestigeträchtigen Auszeichnung in der Architektur: Yvonne Farrell und Shelley McNamara aus Dublin gewinnen den Pritzker Preis 2020, der „Nobelpreis der Architektur“ genannt wird. Farrell und McNamara schaffen zutiefst rationale Strukturen „ohne große oder frivole Gesten“, verkündete die achtköpfige Jury bei der Bekanntgabe am 3. März. „Sie formen Gebäude, die eine monumentale, institutionelle Präsenz ausstrahlen, aber die dennoch so zoniert sind, dass intime Räume entstehen“, heißt es in der Jury-Begründung weiter.
Farrell und McNamara sind erst die vierte und fünfte Frau, die den Preis gewinnen. Das ist das erste Mal, dass sich zwei Frauen den Preis seit seiner Einführung im Jahre 1979 teilen. Die anderen Frauen, die den Preis erhielten, sind die verstorbene Zaha Hadid 2004, Kazuyo Sejima im Jahr 2010 (mit Ryue Nishizawa) und Carme Pigem im Jahr 2017 (mit Rafael Aranda und Ramon Vilalta). „Pionierinnen auf einem Gebiet, das traditionell ein männlich dominierter Beruf war und ist, sind sie auch für andere ein Leuchtfeuer, da sie ihren beispielhaften Berufsweg unbeirrt bestreiten“, so die Jury.
Farrell und McNamara sind erst die vierte und fünfte Frau, die den Preis gewinnen. Das ist das erste Mal, dass sich zwei Frauen den Preis seit seiner Einführung im Jahre 1979 teilen. Die anderen Frauen, die den Preis erhielten, sind die verstorbene Zaha Hadid 2004, Kazuyo Sejima im Jahr 2010 (mit Ryue Nishizawa) und Carme Pigem im Jahr 2017 (mit Rafael Aranda und Ramon Vilalta). „Pionierinnen auf einem Gebiet, das traditionell ein männlich dominierter Beruf war und ist, sind sie auch für andere ein Leuchtfeuer, da sie ihren beispielhaften Berufsweg unbeirrt bestreiten“, so die Jury.
Universita Luigi Bocconi (2008) in Mailand. Foto: Federico Brunetti
Über zwei Jahrzehnte war die Arbeit der Architektinnen über die Grenzen ihres Heimatlandes Irland hinweg unbekannt, wo Berge und Klippen viele ihrer Entwürfe beeinflussten. Erst 2008, 20 Jahre nach Gründung ihres Büros, realisierten Farrell und McNamara ihr erstes Projekt im Ausland: die Mailänder Universita Luigi Bocconi.
Die mit Stein verkleidete Fassade der Universita Luigi Bocconi in Mailand nimmt einen ganzen Block ein. Das Gebäude beherbergt Konferenzsäle, Hörsäle, Büros, Besprechungsräume, eine Bibliothek und ein Café für 1.000 Fakultätsmitglieder und Studenten.
Über zwei Jahrzehnte war die Arbeit der Architektinnen über die Grenzen ihres Heimatlandes Irland hinweg unbekannt, wo Berge und Klippen viele ihrer Entwürfe beeinflussten. Erst 2008, 20 Jahre nach Gründung ihres Büros, realisierten Farrell und McNamara ihr erstes Projekt im Ausland: die Mailänder Universita Luigi Bocconi.
Die mit Stein verkleidete Fassade der Universita Luigi Bocconi in Mailand nimmt einen ganzen Block ein. Das Gebäude beherbergt Konferenzsäle, Hörsäle, Büros, Besprechungsräume, eine Bibliothek und ein Café für 1.000 Fakultätsmitglieder und Studenten.
Universita Luigi Bocconi. Foto: Federico Brunetti
Eine weitere Konstante in der Arbeit von Farrell und McNamara ist „das Verständnis dafür, wie man komplexe Gebäudeteile so gestaltet, dass tief innen liegende Räume und größere Außenbereiche zusammenspielen, sodass natürliches Licht bis tief in das Gebäudeinnere dringen und es beleuchten kann“, stellt die Jury heraus. „Das Licht strömt meistens durch Oberlichter und Fenster im Obergeschoss in die Innenräume, was den Menschen dort zu leichterer Orientierung verhilft und die stets notwendige Verbindung zum Außenraum herstellt.“
Eine weitere Konstante in der Arbeit von Farrell und McNamara ist „das Verständnis dafür, wie man komplexe Gebäudeteile so gestaltet, dass tief innen liegende Räume und größere Außenbereiche zusammenspielen, sodass natürliches Licht bis tief in das Gebäudeinnere dringen und es beleuchten kann“, stellt die Jury heraus. „Das Licht strömt meistens durch Oberlichter und Fenster im Obergeschoss in die Innenräume, was den Menschen dort zu leichterer Orientierung verhilft und die stets notwendige Verbindung zum Außenraum herstellt.“
Im Foto: Universitätscampus UTEC Lima (2015) in Peru. Foto: Iwan Baan
Die Projekte von Farrell-McNamara umfassen zahlreiche Bildungseinrichtungen, Wohnhäuser sowie kulturelle und zivile Einrichtungen, die alle ein „tiefes Verständnis haben, den Geist des Ortes einzufangen“, meint die Jury des Pritzker Preises. „Ihre Arbeiten verbessern und werten die lokale Gemeinschaft auf. Ihre Gebäude sind gute Nachbarn, die versuchen, einen Beitrag über die Grenze des Gebäudes hinaus zu leisten und eine Stadt besser funktionieren zu lassen.“
Der Universitätscampus UTEC Lima, der 2015 in Lima, Peru, gebaut wurde, ist ein abgestuftes, kaskadenförmiges Gebäude, das an einem herausfordernden Standort neben einem Highway liegt. Die Architektinnen ließen sich von Machu Picchu inspirieren, der mehrstufigen Ruine einer Inka-Zitadelle hoch in den Anden Perus.
Die Projekte von Farrell-McNamara umfassen zahlreiche Bildungseinrichtungen, Wohnhäuser sowie kulturelle und zivile Einrichtungen, die alle ein „tiefes Verständnis haben, den Geist des Ortes einzufangen“, meint die Jury des Pritzker Preises. „Ihre Arbeiten verbessern und werten die lokale Gemeinschaft auf. Ihre Gebäude sind gute Nachbarn, die versuchen, einen Beitrag über die Grenze des Gebäudes hinaus zu leisten und eine Stadt besser funktionieren zu lassen.“
Der Universitätscampus UTEC Lima, der 2015 in Lima, Peru, gebaut wurde, ist ein abgestuftes, kaskadenförmiges Gebäude, das an einem herausfordernden Standort neben einem Highway liegt. Die Architektinnen ließen sich von Machu Picchu inspirieren, der mehrstufigen Ruine einer Inka-Zitadelle hoch in den Anden Perus.
Universitätscampus UTEC Lima. Foto: Iwan Baan
Der Universitätscampus UTEC Lima befindet sich in der oberen Mitte des Bildes. Die Architektinnen verstanden es erfolgreich, mit dem herausfordernden Gelände umzugehen: auf der einen Seite ein stark befahrener Highway, auf der anderen der niedrigere Stadtrand.
„Die Nordseite des Gebäudes ist wie eine hohe Klippe, während der Süden mit kaskadenartigen Gärten und offenen Räumen versehen ist, die sich in das städtische Gesicht dieses Viertels integrieren sollen“, schreiben die Architektinnen über das Projekt.
Der Universitätscampus UTEC Lima befindet sich in der oberen Mitte des Bildes. Die Architektinnen verstanden es erfolgreich, mit dem herausfordernden Gelände umzugehen: auf der einen Seite ein stark befahrener Highway, auf der anderen der niedrigere Stadtrand.
„Die Nordseite des Gebäudes ist wie eine hohe Klippe, während der Süden mit kaskadenartigen Gärten und offenen Räumen versehen ist, die sich in das städtische Gesicht dieses Viertels integrieren sollen“, schreiben die Architektinnen über das Projekt.
Loreto Community School (2006). Foto: Ros Kavanagh
Die Loreto Community School in der kleinen irischen Stadt Milford bietet mehr als 700 Schülern Platz mit vier Gebäudeteilen: einem Ess- und Versammlungsbereich, der von einem Technologietrakt, dem Klassenzimmerblock und einer Sporthalle umschlossen wird. Das wellenförmige Zinkdach steht in Dialog zur hügeligen Landschaft drumherum.
Die Loreto Community School in der kleinen irischen Stadt Milford bietet mehr als 700 Schülern Platz mit vier Gebäudeteilen: einem Ess- und Versammlungsbereich, der von einem Technologietrakt, dem Klassenzimmerblock und einer Sporthalle umschlossen wird. Das wellenförmige Zinkdach steht in Dialog zur hügeligen Landschaft drumherum.
Université Toulouse 1 Capitole (2019) in Toulouse, Frankreich. Foto: Dennis Gilbert
Das kürzlich errichtete Gebäude der Wirtschaftsfakultät der Universität in Toulouse, Frankreich, befindet sich am Canal de Garonne. Das neue Gebäude ist „eine Komposition aus neu interpretierten Elementen in Toulouse: die Strebepfeiler, Mauern, Rampen, die kühlen, geheimnisvollen Innenräume, die Kreuzgänge und die Innenhöfe“, so die Architektinnen.
Das kürzlich errichtete Gebäude der Wirtschaftsfakultät der Universität in Toulouse, Frankreich, befindet sich am Canal de Garonne. Das neue Gebäude ist „eine Komposition aus neu interpretierten Elementen in Toulouse: die Strebepfeiler, Mauern, Rampen, die kühlen, geheimnisvollen Innenräume, die Kreuzgänge und die Innenhöfe“, so die Architektinnen.
Urban Institute of Ireland (2002) in Dublin. Foto: Ros Kavanagh
Das Urban Institute of Ireland am University College Dublin liegt am Rande der Universitätseinrichtungen und bringt Ingenieure, Planer, Architekten, Geografen, Ökonomen und Wissenschaftler zusammen. Dort sollen innovative Lösungen zum Thema Nachhaltigkeit entwickelt werden. Terrakottafliesen, rote Ziegel und Granitsockel bilden die Fassadenstruktur.
Das Urban Institute of Ireland am University College Dublin liegt am Rande der Universitätseinrichtungen und bringt Ingenieure, Planer, Architekten, Geografen, Ökonomen und Wissenschaftler zusammen. Dort sollen innovative Lösungen zum Thema Nachhaltigkeit entwickelt werden. Terrakottafliesen, rote Ziegel und Granitsockel bilden die Fassadenstruktur.
Town House, Kingston University (2019) in Kingston upon Thames, Greater London. Foto: Ed Reeves
Das Town House der Kingston University im Großraum London weist offene Innenräume auf, die durchsetzt sind von steinernen Kolonnaden. Überlappungen und miteinander verbundene Gänge bilden den gesamten Innenraum.
Das Town House der Kingston University im Großraum London weist offene Innenräume auf, die durchsetzt sind von steinernen Kolonnaden. Überlappungen und miteinander verbundene Gänge bilden den gesamten Innenraum.
Town House, Kingston University. Foto: Dennis Gilbert
Farrell und McNamara sagten der The New York Times, dass sie sich während ihrer Karriere nie um öffentliche Anerkennung bemüht haben. Sie hätten „eine Reihe an Werten“ dieser vorgezogen, so McNamara gegenüber der New York Times. „Wir haben keine Angst vor Monumentalität und wichtigen Gesten, wenn es nötig ist, aber wir haben auch keine Angst, uns zurückzuziehen und im Hintergrund zu bleiben. Wir denken über einen großartigen Raum nach und gleichzeitig darüber, wie sich ein Mensch in unserem Raum fühlt. Wir sehen unseren architektonischen Auftrag humanistisch. Das steht für uns klar im Vordergrund.“
Farrell und McNamara sagten der The New York Times, dass sie sich während ihrer Karriere nie um öffentliche Anerkennung bemüht haben. Sie hätten „eine Reihe an Werten“ dieser vorgezogen, so McNamara gegenüber der New York Times. „Wir haben keine Angst vor Monumentalität und wichtigen Gesten, wenn es nötig ist, aber wir haben auch keine Angst, uns zurückzuziehen und im Hintergrund zu bleiben. Wir denken über einen großartigen Raum nach und gleichzeitig darüber, wie sich ein Mensch in unserem Raum fühlt. Wir sehen unseren architektonischen Auftrag humanistisch. Das steht für uns klar im Vordergrund.“
Town House, Kingston University. Foto: Ed Reeves
Der Pritzker Preis wurde 1979 von der Familie Pritzker aus Chicago durch ihre Hyatt-Stiftung ins Leben gerufen und wird jährlich an preiswürdige Architekten verliehen. Er ist mit 100.000 US-Dollar dotiert. Der Preis wird im Mai an Farrell und McNamara im Rahmen einer Zeremonie an einem architektonisch bedeutsamen Ort verliehen, der noch nicht bekannt ist.
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Der Pritzker Preis wurde 1979 von der Familie Pritzker aus Chicago durch ihre Hyatt-Stiftung ins Leben gerufen und wird jährlich an preiswürdige Architekten verliehen. Er ist mit 100.000 US-Dollar dotiert. Der Preis wird im Mai an Farrell und McNamara im Rahmen einer Zeremonie an einem architektonisch bedeutsamen Ort verliehen, der noch nicht bekannt ist.
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1978 gründeten Farrell und McNamara mit drei weiteren Architekten das Büro Grafton Architects, benannt nach der Straße, in der sich ihr ursprüngliches Büro befand. Die Ortsbezogenheit ist ein Thema, das sich über ihre vier Jahrzehnte andauernde Arbeit durchzieht.
Im Gegensatz zu Zara Hadid, deren Gebäude den Inbegriff der großen Geste darstellen, beziehen Farrells und McNamaras Entwürfe die städtische Umgebung ein. „Was sie antreibt, ist, konsequent die höchste architektonische Qualität zu garantieren. Ihre Architektur passt sich der Umgebung und dem Ort an. Immer im Blick haben sie Funktionalität und die Bedürfnisse der Menschen, die die Räume bewohnen und nutzen“, teilt die Pritzer-Preis-Jury mit.