Statt abreißen: Wie Profis Scheunen und Schuppen bewohnbar machen
Wenn aus landwirtschaftlichen Gebäuden Wohnraum wird, hat das mehr mit Bauphysik und Statik zu tun als mit Romantik
Großzügig wohnen, wo früher Heu lagerte oder die Tiere schliefen – dass das geht, zeigen etliche Beispiele auch bei Houzz. Doch häufig stehen Scheunen und Ställe lange leer, bevor sie als Wohnraum wiederentdeckt werden. Darunter leidet meist die Bausubstanz. Bis der Küchentresen den Futtertrog ersetzt, das Bett auch ohne Heu zum Schlafen einlädt, sind etliche Vorarbeiten notwendig.
Dachtragwerk statisch ertüchtigen. Dem Dach als alles überspannenden Schutz gilt besondere Aufmerksamkeit. Das Dachtragwerk, meist aus Holz, könnte morsch oder von Schädlingen befallen sein. Auch muss geprüft werden, ob es statisch ausreicht, um die zusätzliche Last einer Dämmung oder Fotovoltaikanlage zu tragen.
Beim Umbau einer alten Tenne zu Wohnraum war dem Team von Quest Architekten schnell klar, dass der Holzdachstuhl statisch ertüchtigt werden musste. Die Zahl der vorhandenen Sparren wurde quasi verdoppelt, eine Stahlkonstruktion verstärkt und stabilisiert das Gebälk zusätzlich.
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Feuchtigkeit beseitigen. Bestehende Fassaden, vor allem aus Mauerwerk, und Böden müssen häufig gereinigt werden, bevor weitergearbeitet werden kann. Eine bauphysikalische Untersuchung kann dann klären, wie gut die Substanz ist, ob es gerade bei ehemaligen Ställen Schadstoffbelastungen gibt oder Feuchteschäden.
Bei der Verwandlung eines Stallkomplexes bei Köln hat Architekt Markus Ewen eine Horizontalsperre in das erhaltenswerte Mauerwerk einziehen lassen. So wird verhindert, dass Feuchtigkeit aufsteigt und zu Schäden führt.
Dämmung anbringen. Für Getreide und Gerätschaften reichten dünnere Wände und ungedämmte Dächer als Wetterschutz. Wenn aus ehemaligen Scheunen Wohnraum werden soll, muss gedämmt werden. Wie das geschieht, hängt von der vorhandenen Fassade ab.
Auf einem ehemaligen Dreiseithof in Päwesin hat Jan Liebscher vom Büro bromsky Architekten innen eine Vorsatzschale aus Leichtziegeln errichten lassen.
Auf einem ehemaligen Dreiseithof in Päwesin hat Jan Liebscher vom Büro bromsky Architekten innen eine Vorsatzschale aus Leichtziegeln errichten lassen.
Im Zwischenraum zum ursprünglichen Mauerwerk hin befindet sich eine Kerndämmung. Vor allem in den überaus tiefen Fensterlaibungen deutet sich dieser Aufbau an.
Geruch bekämpfen. Scheunen und mehr noch Ställe haben einen ganz eigenen Geruch. Nicht immer ist der angenehm. Bevor Menschen einziehen, muss der Geruch raus – und auch eine Schadstoffprüfung ist ratsam. Ganz im Norden Schleswig-Holsteins haben Mißfeldt Kraß Architekten dafür stark geruchsbelastete Bauteile entfernt, um den ehemaligen Schweinestall zum Wohnraum umnutzen zu können.
Erhalten blieb die Hülle, die jetzt gedämmt und beheizt ist, und einen wunderbaren Ausblick auf die umgebenden Wiesen freigibt.
Licht rein. Viel Licht brauchten Schuppen und Ställe nicht. Und was hereinfiel, kam durch kleine Fenster oder geöffnete Scheunentore. Die eignen sich perfekt, um bei der Transformation in Wohnraum großflächige Verglasungen einzusetzen. Zusammen mit den kleineren Fensterflächen kommt dann ausreichend Licht in den Wohnraum. Der Vorteil dabei: Von außen ändert sich die Ansicht der alten Bausubstanz kaum.
Das war auch Architekt Jan Rösler wichtig, der einer alten Scheune auf der Magdeburger Börde zu einem neuen Leben als Ferien- und Wochenenddomizil verhalf. Festverglasungen und Fenster in den vormaligen Scheunentoren und Öffnungen für Heu und Getreide lassen viel Licht in den dennoch geschützten Innenraum.
Wohnen Sie in einer umgebauten Scheune? Berichten Sie gerne in den Kommentaren von Ihren Erfahrungen beim Umbau und das anschließende Leben darin.
Wohnen Sie in einer umgebauten Scheune? Berichten Sie gerne in den Kommentaren von Ihren Erfahrungen beim Umbau und das anschließende Leben darin.