Umbau in London: Ein typisches Townhouse gerät ins Schweben
Vorne bleiben Erker und Treppen zum Eingang erhalten, hinten aber überrascht eine spektakuläre Erweiterung
Es ist kein leichtes Unterfangen, in angesagten Großstädten wie Berlin, Hamburg oder London ein bezahlbares Haus zu finden. Zumal, wenn es einigen Ansprüchen genügen soll. Was also tun, wenn die Immobilie nicht optimal zu den eigenen Vorstellungen passt? Umbauen! Und zwar mit einem Experten. Für den Umbau ihres neu erworbenen viktorianischen Townhouses in London suchte eine deutsch-britische Familie ebensolche Experten und wurde fündig bei Finkernagel Ross, einem in London und Hamburg ansässigen Architekturbüro.
VORHER: Ein Stück pures London
Das typische Londoner Reihenhaus mit seinem Erker zur Straße, dem offenen Kamin im Wohnzimmer und dem kleinen Garten nach hinten konnte kaum verbergen, aus welcher Zeit es stammte. Was von außen schön aussah, genügte im Innern nicht unbedingt modernen Wohnansprüchen. Zumindest nicht denen seiner neuen Besitzer.
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Das typische Londoner Reihenhaus mit seinem Erker zur Straße, dem offenen Kamin im Wohnzimmer und dem kleinen Garten nach hinten konnte kaum verbergen, aus welcher Zeit es stammte. Was von außen schön aussah, genügte im Innern nicht unbedingt modernen Wohnansprüchen. Zumindest nicht denen seiner neuen Besitzer.
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Aus Tradition wird Moderne
Im Gespräch mit den Architekten war schnell klar, dass die Familie viel Stauraum braucht. „Die Familie bringt von ihren zahlreichen Reisen viele Kostbarkeiten mit. Kunstgegenstände wie afrikanische Skulpturen, Porzellan und viele Bücher sollten mit in das Haus einziehen“, erklärt Architekt Jonathan Bilgeshausen, der das Hamburger Büro von Finkernagel Ross leitet. Regale und Ausstellungsflächen waren daher einer der Ausgangspunkte für die Planung. Ein anderer war die Verbindung der Geschosse und eine bessere Nutzbarkeit des Anbaus.
Im Gespräch mit den Architekten war schnell klar, dass die Familie viel Stauraum braucht. „Die Familie bringt von ihren zahlreichen Reisen viele Kostbarkeiten mit. Kunstgegenstände wie afrikanische Skulpturen, Porzellan und viele Bücher sollten mit in das Haus einziehen“, erklärt Architekt Jonathan Bilgeshausen, der das Hamburger Büro von Finkernagel Ross leitet. Regale und Ausstellungsflächen waren daher einer der Ausgangspunkte für die Planung. Ein anderer war die Verbindung der Geschosse und eine bessere Nutzbarkeit des Anbaus.
„Die Bauherren waren sehr offen für zeitgenössische Architektur und entscheidungsfreudig. Das lag vielleicht auch an der Bauherrin, die hier pragmatisch vorgegangen ist“, erinnert sich Bilgeshausen an die Zusammenarbeit, bei der sein Büro viel freie Hand hatte. Aktuelle Baufortschritte wurden per Foto übermittelt oder bei gelegentlichen Baustellenbesuchen vor Ort gezeigt.
Im Schnitt: Das komplette Haus wurde nachträglich unterkellert. Ein Regal zieht sich über alle drei Geschosse entlang der Rückwand des Haupthauses. Der alte Anbau hängt am Haupthaus und scheint zu schweben. Er wurde durch einen neuen Glasanbau ergänzt.
VORHER: Diese Ansicht zeigt den ursprünglichen Zustand des alten Anbaus. Er hat sich im Zuge des Umbaus stark verändert. Doch vor der Planung stand die Bestandsaufnahme.
Umsetzung mit viel Vertrauen in die Statik
Ein Regal wächst über drei Geschosse an der Rückwand des Hauses empor. Durch ein Oberlicht fällt Tageslicht bis ganz nach unten, denn auf dem Boden vor dem Regal erstreckt sich im ersten und zweiten Obergeschoss ein fünfzig Zentimeter breiter Sicherheitsglasstreifen. „Um den Glasfußboden einzufügen, haben wir die Zwischendecken um diese fünfzig Zentimeter zurückgebaut“, beschreibt Bilgeshausen den Bau. Von einem Tischler in Holz geplant, wurde das Regal letztlich in Stahl gefertigt, dünn ausgebildet und in Weiß pulverbeschichtet.
Ein Regal wächst über drei Geschosse an der Rückwand des Hauses empor. Durch ein Oberlicht fällt Tageslicht bis ganz nach unten, denn auf dem Boden vor dem Regal erstreckt sich im ersten und zweiten Obergeschoss ein fünfzig Zentimeter breiter Sicherheitsglasstreifen. „Um den Glasfußboden einzufügen, haben wir die Zwischendecken um diese fünfzig Zentimeter zurückgebaut“, beschreibt Bilgeshausen den Bau. Von einem Tischler in Holz geplant, wurde das Regal letztlich in Stahl gefertigt, dünn ausgebildet und in Weiß pulverbeschichtet.
VORHER: Auch beim Umbau des Anbaus zeigte sich, wie wichtig in diesem Projekt die Zusammenarbeit mit dem Statikbüro war. Zumal der Anbau seiner Bodenhaftung entzogen wurde.
„Die Statiker hatten Spaß an den gestellten Aufgaben. Es war eine wirklich gute Zusammenarbeit“, erinnert sich der Architekt, der bereits beim Bauantrag einige Ausdauer beweisen musste. Zu ausgefallen schien sein Vorhaben. Der Anbau wächst aus dem Hauptgebäude heraus, ist nur über diesen mit dem Boden verbunden. „Wir haben die Stützen und Wände unter dem Anbau entfernt. Das Tragwerk ist so ausgebildet, dass der Anbau schwebt“, erläutert Bilgeshausen. Um diesen Eindruck zu verstärken und die Dramatik zu erhöhen, hat er einen hängenden Kamin genau dort installieren lassen, wo der Betrachter eine Stütze erwarten würde.
Unter dem schwebenden Anbau befindet sich die Küche auf einem Sockel, der sie optisch vom Essbereich gegenüber abgrenzt. Der liegt im neuen Anbau unter einer Haube aus Glas. Sie holt die Fassade in den Innenraum und verbindet die Geschosse auf der rückwärtigen Hausseite.
Afrikanischer Einfluss
Neben diversen Kunstgegenständen fällt auch in den Bädern ein afrikanischer Einfluss ins Auge. Die verwendeten Enkaustikfliesen aus durchgefärbtem Ton gleichen afrikanischen Batikstoffen, sind aber dezenter gemustert.
Neben diversen Kunstgegenständen fällt auch in den Bädern ein afrikanischer Einfluss ins Auge. Die verwendeten Enkaustikfliesen aus durchgefärbtem Ton gleichen afrikanischen Batikstoffen, sind aber dezenter gemustert.
Doch auch das alte London hat seinen Platz im Haus. Denn trotz Umbau und Erweiterung sollte der Charme des Hauses erhalten bleiben, etwa in Form der Treppe, der zum Teil stillgelegten Kamine oder der immer noch gleichen Erschließung. Auch das alte Ziegelmauerwerk wurde saniert und kommt vor allem unter der Glashaube des erweiterten Anbaus zur Geltung.
Damit aber auch alle Bücher ihren Platz fanden – längst nicht alle passen in die neue Regalwand ‒ und auch sonst genügend Stauraum vorhanden ist, wurde das Haus nachträglich unterkellert. Keine einfache Aufgabe, zumal neben der Berechnung der Statik, auch die Nachbarn miteinbezogen werden mussten. Allerdings war dies hier die einzige Möglichkeit, den Wohnraum zu erweitern. „Angesichts der Quadratmeterpreise in London rechnet sich auch eine nachträgliche Unterkellerung“, weiß der Architekt.
Nach hinten etwas Grünes
Auch wenn sich das Haus mit einem neuen Anbau ein wenig weiter in den Garten schiebt, bleibt doch genügend Platz für eine Terrasse, einen kleinen Abstellschuppen und ein gepflegtes Stück Rasen.
Auch wenn sich das Haus mit einem neuen Anbau ein wenig weiter in den Garten schiebt, bleibt doch genügend Platz für eine Terrasse, einen kleinen Abstellschuppen und ein gepflegtes Stück Rasen.
Hier wohnt: eine deutsch-britische Familie mit zwei Kindern
In: Highgate, London
Auf: 180 Quadratmetern Wohnfläche
Besonderheit: ein Regal über drei Geschosse an der Rückwand des Hauses, ein schwebender Anbau, nachträglich unterkellert
Experten: Finkernagel Ross GmbH
Fotos: Natalie Priem