Von den Großen lernen: Das Haus Schminke in Löbau
Ein Houzzbesuch in die Vergangenheit und bei einer Ikone der Klassischen Moderne
Eva Bodenmüller
3. Oktober 2019
Houzz Deutschland Contributor. Freie Autorin mit Faible für Architektur und Technik, Garten und Kulinarik
Houzz Deutschland Contributor. Freie Autorin mit Faible für Architektur und Technik,... Mehr
Der Ruf von Hans Scharoun, der später so prominente Bauwerke wie die Staatsbibliothek oder die Philharmonie in Berlin baute, drang schon in den 1930er-Jahren bis nach Löbau in der Oberlausitz. Fritz und Charlotte Schminke hatten sich in ganz Deutschland moderne Architekturprojekte angesehen und waren dadurch auf Hans Scharoun aufmerksam geworden. Das Fabrikantenehepaar beauftragte ihn, ein Haus für die sechsköpfige Familie zu bauen. Modern und doch familiengerecht sollte es sein. Zu der Zeit war das Bauhaus in aller Munde. Doch Scharoun selbst kam nicht aus Weimar oder Dessau, sondern unterrichtete an der Akademie in Breslau. Den dort propagierten Ansatz, Architektur stark an den Bedürfnissen der Bewohner auszurichten, perfektionierte er im Haus Schminke geradezu. Seine modernen Elemente prägen bis heute unsere Vorstellungen von zeitgemäßem Wohnen. Im Vergleich zeigt sich, was geblieben ist und was wir heute besser machen können.
Auf einen Blick
Hier wohnte: das Ehepaar Fritz und Charlotte Schminke mit seinen vier Kindern
In: Löbau, Oberlausitz
Auf: 480 Quadratmetern inklusive Keller
Besonderheit: ein modernes, familiengerechtes Haus, in dem Übernachtungsgäste auch heute noch willkommen sind – mehr dazu direkt bei der Stiftung Haus Schminke
Experte: Hans Scharoun; heute kümmert sich die Stiftung Haus Schminke um Haus und Garten – und die Besucher
Fotos: Stiftung Haus Schminke/Ralf Ganter, Stiftung Haus Schminke/Julia Bojaryn
Hier wohnte: das Ehepaar Fritz und Charlotte Schminke mit seinen vier Kindern
In: Löbau, Oberlausitz
Auf: 480 Quadratmetern inklusive Keller
Besonderheit: ein modernes, familiengerechtes Haus, in dem Übernachtungsgäste auch heute noch willkommen sind – mehr dazu direkt bei der Stiftung Haus Schminke
Experte: Hans Scharoun; heute kümmert sich die Stiftung Haus Schminke um Haus und Garten – und die Besucher
Fotos: Stiftung Haus Schminke/Ralf Ganter, Stiftung Haus Schminke/Julia Bojaryn
Eine Fabrikantenvilla, die eher ein Landhaus ist
Die Baugrube war bereits ausgehoben, als Scharoun den Auftrag für die Planung des Hauses bekam. Ursprünglich vom Vater des Bauherrn als repräsentative Fabrikantenvilla gedacht, sollte das direkt neben der Fabrik platzierte Haus zeigen, dass die Geschäfte gut liefen. Die Lage des Hauses auf dem Gelände hingegen war zweitrangig. Eine Herausforderung für Scharoun, den nach Norden freien Blick mit seinen Vorstellungen lichtdurchfluteter Wohnräume zu vereinbaren. Julia Bojaryn von der Stiftung Haus Schminke weist darauf hin: „Es war wohl viel Gedankenschmalz notwendig, trotz der Lage so viel natürliches Licht und Luft in die Räume zu bekommen.“
Was wir daraus lernen: Grundstück und Haus bilden eine Einheit. Ein Haus sollte immer für das spezifische Grundstück geplant werden und die Gegebenheiten vor Ort sollten einbezogen werden. Das reduziert mitunter auch Planungskosten.
Lesen Sie auch: Was definiert eigentlich den Bauhausstil?
Die Baugrube war bereits ausgehoben, als Scharoun den Auftrag für die Planung des Hauses bekam. Ursprünglich vom Vater des Bauherrn als repräsentative Fabrikantenvilla gedacht, sollte das direkt neben der Fabrik platzierte Haus zeigen, dass die Geschäfte gut liefen. Die Lage des Hauses auf dem Gelände hingegen war zweitrangig. Eine Herausforderung für Scharoun, den nach Norden freien Blick mit seinen Vorstellungen lichtdurchfluteter Wohnräume zu vereinbaren. Julia Bojaryn von der Stiftung Haus Schminke weist darauf hin: „Es war wohl viel Gedankenschmalz notwendig, trotz der Lage so viel natürliches Licht und Luft in die Räume zu bekommen.“
Was wir daraus lernen: Grundstück und Haus bilden eine Einheit. Ein Haus sollte immer für das spezifische Grundstück geplant werden und die Gegebenheiten vor Ort sollten einbezogen werden. Das reduziert mitunter auch Planungskosten.
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Der Entwurf
„Das Haus ist ein Vorbild für einen sinnvollen Entwurfsprozess“, schwärmt Bojaryn. „Er stellt die Nutzer in den Mittelpunkt und konzentriert sich darauf, wie diese wohnen und leben. Das erkennen sogar weniger architekturaffine Besucher unseres Hauses.“ Scharouns Ansatz zeigt sich in vielen Details. So hat etwa die Küche einen kleinen Vorplatz im Freien, wo die Haushälterin im Schatten der Bäume das Essen vorbereiten und gleichzeitig ein Auge auf die spielenden Kinder haben konnte. „Schminkes waren modern, die Architektur des Hauses passte zur Familie“, beschreibt Bojaryn.
Was wir daraus lernen: Der Grundriss richtet sich nach den Bewohnern. Auch heute sollte der Nutzer im Zentrum eines Entwurfes stehen. Architekten helfen den Bewohnern, wenn sie deren Lebensstil und Wohngewohnheiten in die Planung einbeziehen. Finden Sie hier einen Architekten im Houzz-Netzwerk.
Mehr zum Thema: 8 Fehler bei der Grundrissplanung
„Das Haus ist ein Vorbild für einen sinnvollen Entwurfsprozess“, schwärmt Bojaryn. „Er stellt die Nutzer in den Mittelpunkt und konzentriert sich darauf, wie diese wohnen und leben. Das erkennen sogar weniger architekturaffine Besucher unseres Hauses.“ Scharouns Ansatz zeigt sich in vielen Details. So hat etwa die Küche einen kleinen Vorplatz im Freien, wo die Haushälterin im Schatten der Bäume das Essen vorbereiten und gleichzeitig ein Auge auf die spielenden Kinder haben konnte. „Schminkes waren modern, die Architektur des Hauses passte zur Familie“, beschreibt Bojaryn.
Was wir daraus lernen: Der Grundriss richtet sich nach den Bewohnern. Auch heute sollte der Nutzer im Zentrum eines Entwurfes stehen. Architekten helfen den Bewohnern, wenn sie deren Lebensstil und Wohngewohnheiten in die Planung einbeziehen. Finden Sie hier einen Architekten im Houzz-Netzwerk.
Mehr zum Thema: 8 Fehler bei der Grundrissplanung
Ein Schiff oder doch eine Orangerie?
Von Balkonen und Terrassen umgeben, wirkt der Flachdachbau vor allem von der Gartenseite aus wie ein Schiff. „Scharoun ist in Bremerhaven aufgewachsen. Die Nähe zu Schiffen lässt sich da nicht von der Hand weisen“, meint Bojaryn. Auf der Südseite gleicht die Verglasung des Wintergartens neben dem Eingang einer kleinen Orangerie. Doch gleich ob Dampfer oder Gewächshaus, nirgendwo gibt es eine Sackgasse. Zimmer und Flure, Treppen, Balkone und Terrassen gehen fließend ineinander über und lassen innen und außen verschwimmen. Nach Norden, zur Bauzeit noch freie Landschaft, kragt der Balkon im Obergeschoss so spitz aus, dass er Sonnenstrahlen einfängt, wenn das Haus längst Schatten wirft.
Was wir daraus lernen: Mit Balkonen und Fenstern Sonnenlicht einfangen. Selbst bei Hochhäusern in Großstädten lässt sich mit einer durchdachten Ausrichtung der Balkone und großen Fensterflächen viel Licht in die Räume bringen. „Das wirkt auch in Plattenbauten“, meint die studierte Bauingenieurin und Denkmalpflegerin Bojaryn.
Von Balkonen und Terrassen umgeben, wirkt der Flachdachbau vor allem von der Gartenseite aus wie ein Schiff. „Scharoun ist in Bremerhaven aufgewachsen. Die Nähe zu Schiffen lässt sich da nicht von der Hand weisen“, meint Bojaryn. Auf der Südseite gleicht die Verglasung des Wintergartens neben dem Eingang einer kleinen Orangerie. Doch gleich ob Dampfer oder Gewächshaus, nirgendwo gibt es eine Sackgasse. Zimmer und Flure, Treppen, Balkone und Terrassen gehen fließend ineinander über und lassen innen und außen verschwimmen. Nach Norden, zur Bauzeit noch freie Landschaft, kragt der Balkon im Obergeschoss so spitz aus, dass er Sonnenstrahlen einfängt, wenn das Haus längst Schatten wirft.
Was wir daraus lernen: Mit Balkonen und Fenstern Sonnenlicht einfangen. Selbst bei Hochhäusern in Großstädten lässt sich mit einer durchdachten Ausrichtung der Balkone und großen Fensterflächen viel Licht in die Räume bringen. „Das wirkt auch in Plattenbauten“, meint die studierte Bauingenieurin und Denkmalpflegerin Bojaryn.
Oben schlafen, unten wohnen
Die Grundstruktur des Hauses besteht in einer Zweiteilung: Oben wird geschlafen, unten gewohnt. Ein langer Flur erschließt die vier Kinderschlafzimmer und das Elternschlafzimmer mit En-Suite-Bad. Stauraum bieten Einbauschränke im Flur und in den Zimmern. Das Gästezimmer liegt auf der anderen Seite der Treppe, ebenfalls mit Bad und einer Kammer für Koffer oder Kleidung. „Die Kinderzimmer sind aus heutiger Sicht vielleicht etwas klein. Sie sind eher als Kinderschlafzimmer zu sehen. Der Spielbereich der Kinder lag im Erdgeschoss“, erklärt Bojaryn.
Die Grundstruktur des Hauses besteht in einer Zweiteilung: Oben wird geschlafen, unten gewohnt. Ein langer Flur erschließt die vier Kinderschlafzimmer und das Elternschlafzimmer mit En-Suite-Bad. Stauraum bieten Einbauschränke im Flur und in den Zimmern. Das Gästezimmer liegt auf der anderen Seite der Treppe, ebenfalls mit Bad und einer Kammer für Koffer oder Kleidung. „Die Kinderzimmer sind aus heutiger Sicht vielleicht etwas klein. Sie sind eher als Kinderschlafzimmer zu sehen. Der Spielbereich der Kinder lag im Erdgeschoss“, erklärt Bojaryn.
Das Familienleben fand in den fließend ineinander übergehenden Räumen im Erdgeschoss statt. Hier hatten die Kinder einen Schrank für ihr Spielzeug, der gleichzeitig von der anderen Seite als Garderobe am Eingang genutzt wurde. Abgehängte Decke, bunte Schranktüren und ein besonderes Detail bei den Fenstern veranschaulichen, wie sehr der Architekt auf die Bewohner eingegangen ist. „Die Fenster in der Spielecke haben genau die richtige Höhe, dass Kinder durch sie hindurch krabbeln und so ins Freie gelangen können. Das war bei den Kindern der Schminkes sehr beliebt und ist es auch heute noch bei unseren kleinen Besuchern“, erzählt Bojaryn, die im Haus immer wieder Schülergruppen für moderne Architektur begeistert. „Kinder sagen oft, sie würden hier sofort einziehen.“
Was wir daraus lernen: Rückzugsmöglichkeiten bei offenem Wohnen schaffen. In offenen Grundrissen bewusst Rückzugsräume schaffen, um mehr Geborgenheit zu erzielen. Dies gelingt etwa durch abgehängte Decken in der Spielecke der Kinder.
Was wir daraus lernen: Rückzugsmöglichkeiten bei offenem Wohnen schaffen. In offenen Grundrissen bewusst Rückzugsräume schaffen, um mehr Geborgenheit zu erzielen. Dies gelingt etwa durch abgehängte Decken in der Spielecke der Kinder.
Wie kleine Bullaugen sehen die bunten Glasscheiben in den Terrassentüren aus. Scharoun hat sie eigens für die Kinder entworfen und exakt auf deren Augenhöhe eingebaut, damit die Kinder die Welt in bunten Farben sehen können – und selbstverständlich dürfen auch Erwachsene durchsehen. Die Bullaugen gibt es in Orange, Blau und Rot.
Durchdachte Innenraumgestaltung
Schiebetüren, Vorhänge, Beleuchtung – offener Wohnraum lässt sich mit unterschiedlichen Mitteln zonieren. Scharoun hat hier zahlreiche verwendet. Vorhänge gab es zwischen der Spielecke der Kinder und dem Essplatz gegenüber. Beide Bereiche lassen sich noch heute durch deckenhohe Schiebetüren vom Wohnzimmer abtrennen. Und ebenda zeugen Deckenblenden davon, wie der Raum unterteilt war: Entlang des Fensters ein langes Sofa, in der Mitte ein offener Kamin und hinten der Flügel. „Raumaufteilung und Funktionalität sind noch immer sehr modern. Wohn- und Esszimmer gehen ineinander über, lassen sich aber auch voneinander abtrennen“, beschreibt Bojaryn. Offenes Wohnen war für die Schminkes eine Selbstverständlichkeit.
Was wir daraus lernen: Zonierung ohne Wände. Durch Vorhänge und Schiebetüren entstehen Raumsituationen mit mehr oder weniger Privatheit. Beleuchtung schafft zusätzlich getrennte Bereiche.
Schiebetüren, Vorhänge, Beleuchtung – offener Wohnraum lässt sich mit unterschiedlichen Mitteln zonieren. Scharoun hat hier zahlreiche verwendet. Vorhänge gab es zwischen der Spielecke der Kinder und dem Essplatz gegenüber. Beide Bereiche lassen sich noch heute durch deckenhohe Schiebetüren vom Wohnzimmer abtrennen. Und ebenda zeugen Deckenblenden davon, wie der Raum unterteilt war: Entlang des Fensters ein langes Sofa, in der Mitte ein offener Kamin und hinten der Flügel. „Raumaufteilung und Funktionalität sind noch immer sehr modern. Wohn- und Esszimmer gehen ineinander über, lassen sich aber auch voneinander abtrennen“, beschreibt Bojaryn. Offenes Wohnen war für die Schminkes eine Selbstverständlichkeit.
Was wir daraus lernen: Zonierung ohne Wände. Durch Vorhänge und Schiebetüren entstehen Raumsituationen mit mehr oder weniger Privatheit. Beleuchtung schafft zusätzlich getrennte Bereiche.
Details vereinfachen den Alltag
Viele kleine Details verstecken sich in dem Haus. Griffe etwa, mit denen sich die Schiebetür zwischen Küche und Essplatz einfach mit dem Ellenbogen bedienen lässt.
Viele kleine Details verstecken sich in dem Haus. Griffe etwa, mit denen sich die Schiebetür zwischen Küche und Essplatz einfach mit dem Ellenbogen bedienen lässt.
Oder die Schütten der Frankfurter Küche, die so geformt sind, dass sie zum Ausschütten von Mehl oder Zucker dienen. Auch die Schräge der Küchenschränke ist keine ästhetische Spielerei. Vielmehr hat der Architekt die Küchenzeile unter der Treppe eingepasst, die ins Obergeschoss führt.
Aber schon vorher, beim Betreten des Hauses gehen Besucher wie Bewohner über Gitterroste. Besonders augenfällig sind sie im Wintergarten, wo sie sich geschwungen über die gesamte Öffnung zur Terrasse ausbreiten. Der Blick in die Tiefe trifft auf metallene Rohre. „An den Gittern fällt der grobe Schmutz von den Schuhen. Dadurch muss der Boden nicht ständig gewischt werden. Stattdessen wurde ein- oder zweimal im Jahr unter den Gitterrosten sauber gemacht“, erklärt Bojaryn. Und die Rohre? „Die Rohre sind eine Fußbodenheizung. Die große Glasfläche mit der riesigen Schiebetür weist nach Norden. Im Winter strahlt sie durch die Einscheibenverglasung Kälte ab, was sich unbehaglich anfühlt. Die Fußbodenheizung bildet eine schöne Wärmewalze vor der Glasscheibe aus, sodass das Raumklima angenehm bleibt. Die Einscheibenverglasung ist natürlich heute nicht mehr Stand der Technik. Fritz Schminke schrieb allerdings nach dem ersten Winter im Haus, er habe noch nie in so einer warmen Wohnung gelebt.“
Was wir daraus lernen: Auf die Details achten. Durchdachte Details wie Griffe, mehrfach genutzte Einbauten oder Funktionen erleichtern den Wohnalltag, schaffen Stauraum und sparen Platz.
Was wir daraus lernen: Auf die Details achten. Durchdachte Details wie Griffe, mehrfach genutzte Einbauten oder Funktionen erleichtern den Wohnalltag, schaffen Stauraum und sparen Platz.
Materialwahl mit Blick auf Optik und Geldbeutel
Zeitgeist, der bis in die Gegenwart reicht, belegen die Ventile im Keller. Scharoun hat hier auf den Schiffsbau zurückgegriffen und so ein wenig Industriecharme ins Haus, zumindest in den Keller geholt. Ein moderner und kostengünstiger Ansatz. Bei den Fenstern hingegen, teilweise mit eingeschliffenen Kreisen oder Punkten versehen, ist der Stahlskelettbau ganz Kind seiner Zeit. „Die Einfachverglasung in Stahlrahmenfenstern würde heute so nicht mehr gemacht werden. Das lässt schon die Energieeinsparverordnung nicht zu“, erläutert Bojaryn. Nicht auf die Fachleute gehört hatte Scharoun beim Außenputz. Um eine einheitliche Ansicht zu erreichen, hatte er auf eine Dehnungsfuge verzichtet und die von Experten vorhergesagten Risse im Putz wissend in Kauf genommen.
Was wir daraus lernen: Material auch aus dem Industriebau verwenden. Materialien aus dem Industriebau, wie die hier genannten Ventile, sind auch heute noch eine kostengünstige und begehrte Alternative für die Gestaltung von Innenräumen, aber auch für Fassaden oder Böden. Häufig lässt sich so auch in Neubauten Industriecharme erzeugen.
Zeitgeist, der bis in die Gegenwart reicht, belegen die Ventile im Keller. Scharoun hat hier auf den Schiffsbau zurückgegriffen und so ein wenig Industriecharme ins Haus, zumindest in den Keller geholt. Ein moderner und kostengünstiger Ansatz. Bei den Fenstern hingegen, teilweise mit eingeschliffenen Kreisen oder Punkten versehen, ist der Stahlskelettbau ganz Kind seiner Zeit. „Die Einfachverglasung in Stahlrahmenfenstern würde heute so nicht mehr gemacht werden. Das lässt schon die Energieeinsparverordnung nicht zu“, erläutert Bojaryn. Nicht auf die Fachleute gehört hatte Scharoun beim Außenputz. Um eine einheitliche Ansicht zu erreichen, hatte er auf eine Dehnungsfuge verzichtet und die von Experten vorhergesagten Risse im Putz wissend in Kauf genommen.
Was wir daraus lernen: Material auch aus dem Industriebau verwenden. Materialien aus dem Industriebau, wie die hier genannten Ventile, sind auch heute noch eine kostengünstige und begehrte Alternative für die Gestaltung von Innenräumen, aber auch für Fassaden oder Böden. Häufig lässt sich so auch in Neubauten Industriecharme erzeugen.
Technik und Energiekonzept – ein modernes Kind seiner Zeit
Sehr modern war das Lichtkonzept, das von den Besuchern heute ein wenig Fantasie erfordert. Denn die ursprünglichen Deckenstrahler sind noch nicht wieder vorhanden. „Die Leuchten warfen ihr Licht im Wohnzimmer gegen die damals mit einer blassgelben Blasentapete bekleidete Decke. Wo die Leuchten hingen, war eine reflektierende Glanztapete angebracht. Zusammen mit der noch vorhandenen Blende grenzten sich die Lichtinseln klarer voneinander ab, als wenn nur die Leuchten gegen die Decke gestrahlt hätten. Die einzelnen Lichtinseln ließen sich auch getrennt voneinander bedienen. Dadurch entstanden zahlreiche Möglichkeiten, den Raumeindruck durch Lichtakzente zu verändern“, erzählt Bojaryn. Blendfreies, indirektes Licht strahlen auch die Deckenleuchten des Wintergartens und des überdachten Balkons im Obergeschoss aus. Innen orange gestrichen, fällt das Licht durch große, runde Öffnungen der weiß gestrichenen Deckenabhängung. Eine runde Terrassenleuchte simuliert mit ihren drei verschiedenen Lichtfarben den Mond.
Sehr modern war das Lichtkonzept, das von den Besuchern heute ein wenig Fantasie erfordert. Denn die ursprünglichen Deckenstrahler sind noch nicht wieder vorhanden. „Die Leuchten warfen ihr Licht im Wohnzimmer gegen die damals mit einer blassgelben Blasentapete bekleidete Decke. Wo die Leuchten hingen, war eine reflektierende Glanztapete angebracht. Zusammen mit der noch vorhandenen Blende grenzten sich die Lichtinseln klarer voneinander ab, als wenn nur die Leuchten gegen die Decke gestrahlt hätten. Die einzelnen Lichtinseln ließen sich auch getrennt voneinander bedienen. Dadurch entstanden zahlreiche Möglichkeiten, den Raumeindruck durch Lichtakzente zu verändern“, erzählt Bojaryn. Blendfreies, indirektes Licht strahlen auch die Deckenleuchten des Wintergartens und des überdachten Balkons im Obergeschoss aus. Innen orange gestrichen, fällt das Licht durch große, runde Öffnungen der weiß gestrichenen Deckenabhängung. Eine runde Terrassenleuchte simuliert mit ihren drei verschiedenen Lichtfarben den Mond.
Was wir daraus lernen: Räume mit Licht gestalten. Eine einfache Lösung für blendfreies Licht ist, das Licht an Decke oder Wand zu werfen, von wo es dann in den Raum abstrahlt. Zusätzliche Stimmungen entstehen, wie im Haus Schminke, wenn jede Leuchte einzeln geschaltet werden kann.
Das Haus spiegelt sich im Teich
Zur Bauzeit am Ortsrand gelegen, war der Garten von Anfang an in die Planung einbezogen. Der Teich war Bade- und Spielplatz der Kinder einerseits, andererseits setzt er die Architektur noch extra in Szene, etwa wenn sich das Haus im Teich spiegelt.
Was wir daraus lernen: Den Garten gleich mitplanen. Der Garten stellt häufig eine Erweiterung des Wohnraums ins Freie dar. Schon deshalb sollte er gleich mitgeplant werden. Zudem lässt sich damit das Haus noch besser inszenieren und das Wohnen macht von Anfang an Freude.
Zur Bauzeit am Ortsrand gelegen, war der Garten von Anfang an in die Planung einbezogen. Der Teich war Bade- und Spielplatz der Kinder einerseits, andererseits setzt er die Architektur noch extra in Szene, etwa wenn sich das Haus im Teich spiegelt.
Was wir daraus lernen: Den Garten gleich mitplanen. Der Garten stellt häufig eine Erweiterung des Wohnraums ins Freie dar. Schon deshalb sollte er gleich mitgeplant werden. Zudem lässt sich damit das Haus noch besser inszenieren und das Wohnen macht von Anfang an Freude.
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Ein Meilenstein moderner Architektur. Leider etwas abseits in Deutschland gelegen, aber ein Abstecher nach Löbau lohnt sich. Liebevoll durch den Verein verwaltet, und, was mich echt begeistert hat: man kann das Objekt für Feiern sogar mieten-Übernachtung in einem der vielen Gästezimmer inbegriffen. So wird Architektur erlebbar.