Vorher-Nachher: Berliner Low-Budget-Renovierung mit roter Küche
Von oll zu toll: 37 qm wurden durch Farbe und feines Design zum Kreuzberger Hotspot eines ausgewanderten Unternehmers
Lange Flure, der Geruch alter Materialien, ein Fahrstuhl mit flackerndem Licht: Mitten im quirligen Kreuzberg, nahe der Markthalle 9 mit all ihren kulinarischen Köstlichkeiten, steht ein grauer Sechzigerjahrebau. Der Gentrifizierung zum Trotz gibt es hier immer noch günstigen Wohnraum, viele Mieter mit wenig Geld – und eben den Unternehmer und Mieter dieses charmanten Low-Budget-Projektes: „Der Bauherr hat hier seine alte Studentenwohnung gehalten“, erzählt Rhea Gleba. „Heute lebt er mit seiner Familie auf Sansibar und nutzt die Wohnung, wenn er zu Besuch in Deutschland ist.“ Gleba und Störmer modernisierten die 37 Quadratmeter, die seit der Erbauung vor gut fünfzig Jahren nicht mehr angefasst worden war. Das barg so einige Herausforderungen in sich.
VORHER: Seit der Erbauung in den Sechzigern hatte niemand die Substanz angefasst. Früher als Pflegeheim genutzt, werden die Einheiten seit langem schon privat vermietet. „Die Wohnung war voll mit studentischem Sperrmüll. Auf dem Boden lag uralter Teppichboden, darunter wiederum PVC. Und wie wir entdeckten, gab es wohl mal einen Wasserschaden. Wir fanden mit Gips ausgegossene Stellen, die komplett durchfeuchtet und verschimmelt waren“, erzählt Störmer. Der Bauherr wünschte sich eine lässige und gleichzeitig stilvolle Umgestaltung im Berlin Style, wie er sagte. „Eben auf eine gewisse Weise ‚rotzig‘ und doch designt,“ so Gleba.
NACHHER: Das Highlight der Umgestaltung ist die rot-rote Küche. „Die Recherche hat total Spaß gemacht. Ewig haben wir über den Toaster diskutiert. Die passenden Accessoires zu finden, war einfach toll, zum Beispiel das schöne auberginefarbene Tablett von Mojoo“, sagt Gleba.
Die Gestalterinnen hatten das Glück, all ihre Lieblingshandwerker für das Projekt verpflichten zu können, unter anderem auch Sven Ulber von van Risk. Obwohl es gegen seine Berufsehre als Schreiner ging, ließen er und sein Team sich auf einiges Gebastel ein, um Geräte und Technik dezent zu verstecken. „Der Bodenablauf, die Standwaschmaschine, der Einbaukühlschrank mussten umgebaut werden“, so Störmer. „Anfangs wollten wir noch mit Ikea-Korpussen arbeiten, am Ende war dann doch alles Millimeterarbeit nach Maß.“
Die Gestalterinnen hatten das Glück, all ihre Lieblingshandwerker für das Projekt verpflichten zu können, unter anderem auch Sven Ulber von van Risk. Obwohl es gegen seine Berufsehre als Schreiner ging, ließen er und sein Team sich auf einiges Gebastel ein, um Geräte und Technik dezent zu verstecken. „Der Bodenablauf, die Standwaschmaschine, der Einbaukühlschrank mussten umgebaut werden“, so Störmer. „Anfangs wollten wir noch mit Ikea-Korpussen arbeiten, am Ende war dann doch alles Millimeterarbeit nach Maß.“
Über der Arbeitsplatte ist die Wand mit Latexfarbe gestrichen. Bewusst kam Tape Art an die Wände, im Sinne des gewünschten Looks verkörpert sie die hohe Kunst der geschmackvollen Improvisation. Was auf den Wohnungsfotos knallrot erscheint, ist im echten Leben etwas gedeckter: „Marsala war der Grundton, mit der wir hier gearbeitet haben. Er leuchtet und ist trotzdem wohnlich.“
Arbeitsplatte und Fronten: Schichtstoffplatte Burgund, Egger; Farbe: Pure-Linie Nummer 02.005.02, Schöner Wohnen; Leuchte: vintage; Regal: Materialrest mit Winkeln von Ikea; Foto: Kate Moss
Arbeitsplatte und Fronten: Schichtstoffplatte Burgund, Egger; Farbe: Pure-Linie Nummer 02.005.02, Schöner Wohnen; Leuchte: vintage; Regal: Materialrest mit Winkeln von Ikea; Foto: Kate Moss
VORHER: Kein Konzept, nirgends: Gerümpel und angebrochene Instant-Tomatensuppe – so sah es vor der Renovierung in der Küche aus. Die Zusammenarbeit zwischen Bauherr und Planerinnen verlief reibungslos und machte schnelle Veränderungen zum Guten möglich: „Er hat uns total vertraut. Die gesamte Kommunikation lief per Mail. Wir haben uns nur zweimal getroffen: Am Anfang und bei der Wohnungsübergabe am Schluss“, sagt Rhea Gleba.
NACHHER: Auf einen Herd verzichtete der Auftraggeber ganz. Ihm reicht eine Kitchenette mit mobilem Keramik-Kochfeld. „Er sagt, wenn er aufsteht, dann macht er sich hier höchstens einen Kaffee, und zum Essen geht er sowieso lieber runter ins Eck-Café, das er sein Wohnzimmer nennt.“ Die Arbeitsplatte ist trotzdem verhältnismäßig tief, um Waschmaschine und Kühlschrank darunter einbauen zu können.
Das Wohn- und Schlafzimmer mit Essbereich haben Gleba und Störmer konsequent einfarbig streichen lassen, mit demselben Grau für Boden, Wände, Decken, Türdrücker, Türrahmen, Einbauschrank im Flur, die Loggia draußen – ja sogar den Esstisch! „Weil der Bauherr die Ästhetik des Improvisierten mag, sahen wir für uns die Herausforderung darin, technisch sauber zu arbeiten und dabei trotzdem eine gewisse Lässigkeit zu erzeugen. Dem Maler haben wir gesagt, er müsse beim Spachteln der Wände nicht zu fein arbeiten – das hat er super umgesetzt“, sagt Störmer.
Malerarbeiten: RS Raumgestaltung Berlin
Farbe: weiches Grau aus dem NCS-Farbsystem; Stühle: Ebay; Tisch neu, vom Maler lackiert; Leuchte: House Doctor
Malerarbeiten: RS Raumgestaltung Berlin
Farbe: weiches Grau aus dem NCS-Farbsystem; Stühle: Ebay; Tisch neu, vom Maler lackiert; Leuchte: House Doctor
Vom Schnitt her gefiel die Wohnung den Architektinnen sofort, mit über Eck gebautem Fenster und einer Loggia (nicht im Bild), auf der man besonders im Sommer sehr schön sitzen und dem Treiben auf der Straße zuschauen kann.
Durch den einheitlichen Farbton wirkt der Raum heute größer. Ergänzt wird das Grau durch Möbel und Accessoires in Schwarz und Blau. Das Wandregal im String-Look haben Gleba und Störmer selbst blau lackiert.
Sessel: OK Design; kleines Sideboard: Ikea; Wandregal: vintage über Ebay
Durch den einheitlichen Farbton wirkt der Raum heute größer. Ergänzt wird das Grau durch Möbel und Accessoires in Schwarz und Blau. Das Wandregal im String-Look haben Gleba und Störmer selbst blau lackiert.
Sessel: OK Design; kleines Sideboard: Ikea; Wandregal: vintage über Ebay
„Das Kaufen der Möbel war wirklich Gezaubere“, sagt Gleba. „Wir haben hier was gefunden, da ein Schnäppchen geschossen.“ Das Boxspringbett „Mjölvik“ in Dunkelblau von Ikea wünschte sich der Auftraggeber, es war die teuerste Anschaffung.
Fotos: Pinterest; Leuchte: vintage, Ebay; Holzhocker: vintage
Im Bad machte sich der Sanierungsbedarf sogar in der Nase bemerkbar: „Die Duschtasse war unten undicht, da roch es aus dem Abfluss. Alle Rohre waren offen, komplett ohne Abkofferungen“, sagt Störmer. Sie vergleicht das Apartment mit einem Straßenhund, den man aus dem Urlaub mitbringt und entlausen und aufpeppeln muss. „Wir haben nur eine Kiste mit Privatsachen für den Bauherrn aufbewahrt, alles andere kam weg.“
Als die Handwerker begannen, im Bad den Fliesenspiegel abzuschlagen, entstand sofort ein riesiges Loch. Es musste eine Lösung her, bei der die Wände möglichst unangetastet blieben. „Also haben wir auf Houzz Artikel von anderen Experten gelesen. Stephanie Schubert von Frag die Raumgestalter hatte Erfahrung mit solchen Sanierungen. Sie war sehr nett und hat uns verraten, wie wir mit Sanierputz die Fliesen überdecken können“, sagt Gleba.
Eine bodengleiche Dusche wäre rein technisch möglich gewesen, doch der Aufwand erschien für eine Mietwohnung überproportional groß. „Außerdem sind gerade kleine Bäder mit bodengleicher Dusche dann ständig bis in den letzten Winkel nass“, so Störmer. Den Badumbau übernahm Christian Strehlow von Sanitär Strehlow mit seinem Team.
Metrofliesen: graugeflammt, Atala; Waschtisch, Waschbecken, Armatur: Ikea; Duscharmatur: Hansgrohe
Nächster Halt: 13 schicke Badezimmer mit Metrofliesen
Eine bodengleiche Dusche wäre rein technisch möglich gewesen, doch der Aufwand erschien für eine Mietwohnung überproportional groß. „Außerdem sind gerade kleine Bäder mit bodengleicher Dusche dann ständig bis in den letzten Winkel nass“, so Störmer. Den Badumbau übernahm Christian Strehlow von Sanitär Strehlow mit seinem Team.
Metrofliesen: graugeflammt, Atala; Waschtisch, Waschbecken, Armatur: Ikea; Duscharmatur: Hansgrohe
Nächster Halt: 13 schicke Badezimmer mit Metrofliesen
Der Boden im Bad wurde komplett erneuert, neue Abdichtungen und Lüftungsklappen wurden eingebaut.
Spiegel: House Doctor; Zementfliesen: Hexagon schwarz, Mosafil
Spiegel: House Doctor; Zementfliesen: Hexagon schwarz, Mosafil
Heute riecht es in der ganzen Wohnung gut, auch ohne Duftstäbchen.
Bild: Pinterest
Bild: Pinterest
Am 23. Dezember 2016 war die Übergabe des einen Schlüssels, den Janna Störmer und Rhea Gleba für die Sanierungsarbeiten bekommen hatten. Silvester wohnten der Bauherr und seine Frau zum ersten Mal in der neuen Wohnung – und waren begeistert.
Wandhaken: Dots, Muuto; Spiegel: House Doctor
Wandhaken: Dots, Muuto; Spiegel: House Doctor
Beim Blick auf den Grundriss wird der Aufbau des Mikroapartments noch einmal deutlicher: Ein Miniflur führt ins Bad und in den Wohnraum, von dem wiederum die kleine Küche und die Loggia erreicht werden. Die mutige Farbgestaltung sorgt für Abwechslung und erzeugt ein Gefühl von Weite.
Mehr Projekte auf kleinem Raum
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Hier wohnt: ein Unternehmer Anfang 40, verheiratet, zwei Kinder, dessen Lebensmittelpunkt auf Sansibar liegt. „Wenn er da ist, steigt er mit seiner Frau hier ab.“ Ansonsten vermietet er die Wohnung über Airbnb
Auf: 37 Quadratmetern (Küche 3,5 Quadratmeter, Bad 2,9 Quadratmeter)
In: Berlin-Kreuzberg
Budget: 20.000 Euro Bauleistungen netto (Sanitär, Boden, Malerarbeiten), Tischler, Einrichtung: 5000 Euro netto – das Projekt wurde im Auftrag von Indecorate realisiert
Fotos: Hejm Interieurfotografie
Janna Störmer und Rhea Gleba hatten für das kleine Apartment sofort eine Leitidee: „Ursprünglich wollten wir jeden Raum in einem Farbton gestalten“, sagt Rhea Gleba. „Im Bad war das jedoch nicht schmeichelhaft“, sagt Janna Störmer. „Aber den Ansatz, jeden Raum monochrom von einer Farbe beherrschen zu lassen, haben wir beibehalten.“
Man betritt die Wohnung über einen kleinen Vorflur mit Einbauschrank, von hier aus erreicht man den großen Wohnraum und das kleine Bad.