Houzzbesuch
Vorher-Nachher: Die Form gewahrt
Ein Haus aus den 1930er-Jahren behält seine Kubatur und wird doch ganz modern
Eine junge Berliner Familie suchte nach einem Baugrundstück in Zehlendorf und fand ein Haus aus den 1930er-Jahren. Obwohl es lange leer stand und ziemlich heruntergekommen war, kaufte sie es. Dass es zu einem modernen Zuhause mit offenen Wohnbereichen, viel Licht und Großzügigkeit wurde, liegt am Team von Naice Architects. Das hat zugehört, beobachtet und notiert, welche Wünsche die Familie an ihr künftiges Heim hatte und diese entsprechend umgesetzt.
VORHER: Eigentlich hatte die Familie nach einem freien Baugrundstück gesucht, fand dann aber dieses Haus. Mit seinen kleinteiligen Räumen und fast ohne Bezug zum Garten entsprach es jedoch nicht den Vorstellungen der Baufamilie von ihrem neuen Zuhause. Aber die Lage stimmte. „Der Bauherr kommt aus Zehlendorf und wollte auch nicht weg von hier“, erzählt Architekt Wilko Hoffmann, der gemeinsam mit Simon Kassner federführend hinter Naice Architects steht.
Expertensuche: Finden Sie hier Architekturbüros für Umbau und Modernisierung
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Spielerisch erforschen. Welche Wünsche die Baufamilie hat, darüber kann sie sich bei Naice Architects spielerisch klar werden. „Wir haben ein Spiel entwickelt, bei dem die Baufamilien mit verschiedenen Elementen ihr neues Zuhause gestalten können. Da sind Oberflächen im Haus gefragt, es können aber auch Bäume im Garten positioniert werden. Gemeinsam mit der Baufamilie entdecken wir damit die eigentlichen Wünsche und werden uns über Entscheidungsstrukturen klar“, beschreibt Hoffmann.
Grundriss EG: Im Erdgeschoss entstand aus drei kleinen Zimmern ein großzügiger offener Wohn-, Koch- und Essbereich. Die ehemalige Küche hingegen wurde zum Flur geöffnet und beherbergt heute eine komfortable Garderobe. Der gesamte Eingangs- und Treppenbereich lässt sich mit Schiebetüren vom eigentlichen Wohnraum des Erdgeschosses abtrennen.
Grundriss EG: Im Erdgeschoss entstand aus drei kleinen Zimmern ein großzügiger offener Wohn-, Koch- und Essbereich. Die ehemalige Küche hingegen wurde zum Flur geöffnet und beherbergt heute eine komfortable Garderobe. Der gesamte Eingangs- und Treppenbereich lässt sich mit Schiebetüren vom eigentlichen Wohnraum des Erdgeschosses abtrennen.
Wände raus, Unterzüge rein. Um einen großen Raum im Erdgeschoss zu bekommen, wurden etliche Wände entfernt. Statisch musste diese Veränderung durch Unterzüge abgefangen werden. „Wir haben die Unterzüge in die Ebene der Holzbalkendecke eingezogen. So lässt sich heute die ehemalige Raumstruktur nicht mehr ablesen. Nichts stört den Loftcharakter, den sich die Familie gewünscht hat“, erklärt der Architekt. Unterstützt wird die Großzügigkeit durch den Fußboden aus geschliffenem Estrich.
Etwas bleibt, vieles geht. Bei jeder Sanierung stellt sich die Frage: Was bleibt, was geht? Hier sind es die Fußböden, die erhalten wurden. Zum einen der helle Terrazzo in der Garderobe, zum andern die Dielen. Die sind allerdings nicht überall an Ort und Stelle verblieben. Die Dielen aus den Räumen des Erdgeschosses wurden für das Treppenhaus und für Ausbesserungen im Dachgeschoss verwendet. Der Spitzboden hingegen hat gänzlich neue Dielen erhalten. Geblieben ist auch das Ziegelmauerwerk, das neu verputzt und gestrichen wurde.
Hinzugekommen sind der neue Sichtestrich im Erdgeschoss und zahlreiche Einbauten. Auch sie tragen dazu bei, dass der Wohnraum großzügiger wirkt. Ebenfalls neu sind die Gauben über dem Treppenhaus und einige Dachflächenfenster. So kommt wesentlich mehr Licht ins Haus.
Mehr Licht und Luft. Nach der Entkernung und Neuorganisation der Räume wohnt es sich nun auch weiter oben großzügiger und luftiger. Dachflächenfenster und Gauben bringen ausreichend Tageslicht in den Dachraum.
Grundriss Dachgeschoss. Im oberen Stockwerk schläft die Familie. Hier ist auch das gemeinsame Bad und ein Arbeitszimmer untergebracht. Die Fläche zwischen den Treppen wird ebenfalls zum Wohnen und Spielen genutzt.
Grundriss Spitzboden. Unterm Dach ist ein Gästebereich mit eigenem Bad und Schlafzimmer entstanden. Auf der Galerie steht zudem der Schreibtisch der Bauherrin.
Technische Erneuerung. Erneuert wurden sämtliche Installationen und Fenster. Das Dach und der Keller wurden gedämmt, die Außenwände hingegen nicht. Dennoch reichte diese partielle Dämmung aus, um die energetischen Anforderungen zu erfüllen, wie Hoffmann betont. „Uns war es wichtig, den Charakter des Hauses zu erhalten. Der geht bei der Außendämmung oft verloren“, so der Architekt.
VORHER: Der Bezug zum Garten war zuvor sehr eingeschränkt. Auch das sollte sich mit der Sanierung ändern …
Das Außen zählt. Zur behutsamen Sanierung zählt auch, dass sich das Haus äußerlich kaum verändert hat. Die neue Dacheindeckung besteht wieder aus Biberschwanzziegeln, Dachüberstände gibt es auch heute keine. Und die für Berlin untypischen Klappläden, die dieses Haus teilweise hatte, wurden durch unsichtbar eingebaute Rollläden ersetzt. Nur für mehr Tageslicht und einen größeren Bezug nach draußen wurde doch ein wenig in die Kubatur eingegriffen. Zum einen mit den schon erwähnten Dachgauben, zum anderen mit bodentiefen Fenstern, die das Erdgeschoss direkt zum Garten öffnen.
Hier wohnt: eine Familie mit einem Kind
Auf: 250 Quadratmetern
In: Berlin-Zehlendorf
Bauweise: Ziegelbau
Baukosten: 400.000 Euro
Projektjahr: 2019
Expertise von: Naice Architects
Fotos: Ludger Paffrath
Eines von Vielen – und auch wieder nicht. In der Nachbarschaft ähnlicher spitzgiebeliger Häuser, die ebenfalls in den 1930er-Jahren erbaut worden waren, stach dieses Haus heraus. Denn während die meisten der Häuser den Generationenwechsel bereits hinter sich haben, stand diesem die Transformation noch bevor. Eine junge Familie kaufte das unrenovierte und ziemlich heruntergekommen Gebäude, um es zu einem modernen Familienheim zu machen.