Houzzbesuch
Vorher-Nachher: Wiese bleibt Wiese
Statisch ertüchtigt, mit wenig Verdichtung und viel Versickerungsfläche erfüllt ein saniertes Haus moderne Anforderungen
Ein Gelände von 13.000 Quadratmetern mit einem Bestandsgebäude, das irgendwann um 1900 gebaut wurde, sollte das neue Zuhause einer Familie werden. Der schlechte Zustand des Hauses und seine von der Straße entfernte Lage hätte beinahe zum Abriss geführt. Dafür wäre aber ein längerer Weg durch die Ämter notwendig gewesen und so hatte das Team von Diekmann Innenarchitektur die Chance, aus dem Altbau ein modernes Wohnhaus zu zaubern. Das passt sich nicht nur der hier wohnenden Familie an, sondern auch den Anforderungen, die der Klimawandel an Häuser stellt.
Ein Bestandsgebäude mitten im wogenden Grün. Das Haus steht im Außenbereich von Bielefeld, auf einem 13.000 Quadratmeter großen Grundstück. Eigentlich wollte die Baufamilie den vorhandenen Bestand abreißen und den Neubau näher an die Straße rücken. Doch bei ersten Gesprächen mit der Bauaufsichtsbehörde war schnell klar, dass das ein langwieriger Prozess werden würde. Also riet Architekt Uwe Diekmann dazu, mit dem Bestand zu arbeiten. „Es ist nachhaltiger, einem Haus durch eine Sanierung eine zeitgemäße neue Nutzung zu geben. Ganz abgesehen davon, dass es aus ökologischen Gründen besser ist, ein bestehendes Gebäude zu erhalten“, erklärt er.
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VORHER: Der Zustand des Bestands war nicht besonders gut. Bei der Sanierung musste auch der Wintergarten weichen.
Moderne auf den ersten Blick. Außen erhielt die Gaube ein Flachdach und die Dachüberstände wurden reduziert. „Ohne Dachüberstände wirkt das Haus moderner“, so der Architekt.
VORHER: Die Innenaufteilung entsprach nicht den Vorstellungen der Baufamilie. Der ehemalige Eingang zur Erdgeschosswohnung lag im Westen, im Bereich der Küche. Zur Dachgeschosswohnung führte ein separater Eingang, der im Osten lag.
Grundriss EG: Einmal gedreht. „Wir wollten die Kubatur weitgehend erhalten und gleichzeitig Verkehrsflächen so weit wie möglich reduzieren“, beschreibt Diekmann den neuen Grundriss, den er mit Bad und Eingang im Norden und Schlafzimmer nach Osten sinnvoller sortiert hat.
Im Süden ist ein großer Wohn- und Essbereich entstanden. Dieser ist direkt mit der Küche verbunden. Hierfür wurde eine Wand entfernt. Wenige Stufen führen zur tiefer liegenden Küche hinunter. Die ist am gleichen Platz wie im ursprünglichen Grundriss verblieben und wird durch eine Terrasse ins Freie erweitert.
Sichtachsen verbinden die Räume. Die Baufamilie wünschte sich einen modernen Wohnraum, mit einem offenen Wohnkonzept. Dem kam Diekmann nach, indem er für Sichtachsen sorgte. „Wo Türen ohnehin meist offen stehen, haben wir raumhohe Schiebetüren eingebaut. Nur zu den Schlafräumen, in Bad und Toilette gibt es Drehtüren“, erklärt der Architekt.
Nach den Wünschen des Bauherrn von einem Schlosser gefertigte Schiebeläden aus Metall verschatten die großen Fensterflächen und bieten Sichtschutz. Dennoch fällt Licht in den Innenraum und zeichnet ein lebendiges Schattenspiel auf alle Flächen.
Nach den Wünschen des Bauherrn von einem Schlosser gefertigte Schiebeläden aus Metall verschatten die großen Fensterflächen und bieten Sichtschutz. Dennoch fällt Licht in den Innenraum und zeichnet ein lebendiges Schattenspiel auf alle Flächen.
Erhalten und erneuern. Vom Bestand wurde trotz der radikalen Veränderung viel erhalten. Die Holzbalkendecke etwa wurde nur im Eingang entfernt, um über einen Luftraum mehr Großzügigkeit in der Verbindung beider Geschosse zu erzeugen. Im Wohn- und Essbereich, wo Wände entfernt wurden, musste ebenfalls ein Teil der alten Zwischendecke weichen. Hier wurden I-Träger so in die vorhandene Struktur eingefügt, dass der neue Unterzug nicht sichtbar ist.
VORHER: Im Erdgeschoss mussten einige Wände weichen, um das gewünschte großzügige Wohnkonzept zu realisieren. „Die Bruchsteinmauern waren eine Herausforderung“, erinnert sich Diekmann. „Das Mauerwerk ist sehr unterschiedlich und daher für die Statik sehr schwer zu berechnen.“ Notwendig war die Neuberechnung, weil die Fensteröffnungen nach Süden hin vergrößert werden sollten.
Offen und stabil. Auch in die Wand, die das Dach des Anbaus trägt, wurde ein Fenster eingesetzt. „Es sollte auch in der Küche ein stärkerer Bezug nach draußen entstehen. Jetzt ist der Blick auch in diese Richtung offen. Manchmal schaut sogar eine Kuh vorbei“, verrät Diekmann.
Der Sockelbereich wurde mit einem Ringbalken verstärkt. Wie das ganze Haus ist auch der Sockel aus Bruchstein errichtet. Wasserdichter Beton versiegelt nun die über die Jahre entstandenen Lücken und schützt den Sockel so vor Wasser, das vom Berg drückt.
Der Sockelbereich wurde mit einem Ringbalken verstärkt. Wie das ganze Haus ist auch der Sockel aus Bruchstein errichtet. Wasserdichter Beton versiegelt nun die über die Jahre entstandenen Lücken und schützt den Sockel so vor Wasser, das vom Berg drückt.
Fugenlose Oberflächen. Großzügigkeit entsteht im Innenraum auch durch einheitliche, möglichst fugenlose Oberflächen. „Wir haben für den Boden Gussasphalt gewählt. Der ist elastisch und kommt daher ohne Fugen aus. Zudem hat er einen nur drei Zentimeter hohen Aufbau“, erklärt der Architekt. Der beschichtete Boden ist nur an manchen Stellen, wie etwa im Essbereich, mit Teppichen belegt.
Auch im Bad wurde auf Fliesen als Spritzschutz verzichtet. Stattdessen sind die Wände mehrfach mit Fassadenfarbe gestrichen, selbst im Duschbereich. Der kommt gänzlich ohne zusätzlichen Spritzschutz aus. „Es gibt nicht mal einen Duschvorhang, wie der Bauherr anfangs geplant hatte. Der ist einfach nicht nötig, das Wasser spritzt nicht so weit. Und der Boden lässt sich einfach abziehen“, beschreibt Diekmann. Ansonsten sind die Wände im Haus weiß verputzt. Die leicht raue Oberfläche verbindet alt und neu, lässt den Unterschied nicht mehr erkennen.
Erdkollektoren für die Wärme. Die Grundstücksgröße macht es möglich, dass über Geothermie mit Erdwärmekollektoren geheizt werden kann. Der Strom für die Wärmepumpe wird über die Fotovoltaikanlage auf dem Dach des Carports produziert (als das Foto aufgenommen wurde, war die Anlage noch nicht montiert). Die Technik ist im Kriechkeller unter dem Haus untergebracht. Zusätzlich zur Fußbodenheizung gibt es einen Kamin. Der steht zwar an derselben Stelle wie früher, wurde aber komplett neu aufgebaut.
Weiterlesen: Heizen mit Erdwärme: Tipps & Möglichkeiten
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Im Außenraum leben. Die schon erwähnten Sichtachsen schaffen einen permanenten Bezug zum Außenraum. Der wurde weitgehend natürlich belassen. Lediglich im Norden gibt es durch die Zuwegung und den Carport eine Versiegelung. Die Terrassen um das Haus hingegen sind über dem Erdreich auf Stelzen errichtet. „Wir wollten so wenig wie möglich verdichten. Der Garten besteht aus einer Wiese, die im Spätsommer und kurz vor dem Winter gemäht wird. Ansonsten bleibt er naturbelassen“, erklärt Diekmann.
Diese riesige Versickerungsfläche ist nicht nur bei Starkregen hilfreich, sie dient auch der Regeneration der Flächenkollektoren. Im Übrigen darf die Natur sich hier ausbreiten, Insekten finden Nahrung und Unterschlupf. Gelegentlich trampeln auch die Kühe des Nachbarn durch die Idylle.
Auf: 150 Quadratmetern, mit zusätzlich 60 Quadratmetern für die Einliegerwohnung
In: Bielefeld
Bauweise: Bruchsteinmauerwerk
Baukosten: 700.000 Euro inklusive der Außengebäude und -anlagen
Expert:innen: Diekmann Innenarchitekten
Fotos: Joachim Grothus