Architektur
Was ist eigentlich … anthroposophische, organische Architektur?
Gerundete Ecken, aus der Natur entlehnte Formen, nachhaltige Materialien – nirgends steht der Mensch mehr im Mittelpunkt als bei diesem Stil
Einen Raum mit rechten Winkeln oder eine roboterhaft gleichmäßige Reihung von Räumen werden Sie in anthroposophisch angehauchten Gebäuden wohl kaum finden. Stattdessen bestimmen die obligatorischen „runden Ecken“, organische Formen und Lehm das Bild. Doch warum?
Rudolf Steiner, der die Anthroposophie begründete, prägte auch architektonisch ihre Gestalt. Er selbst entwarf das „Goetheanum“ in Dornach in der Schweiz, das zwischen 1925 und 1928 errichtet wurde. Die Bauform sieht den Menschen im Mittelpunkt, der mit Haus und Natur im harmonischen Einklang leben soll. Das Gebäude fügt sich stets durch Formgebung und Farbe in die umgebende Landschaft ein und orientiert sich an den organischen Formen der Natur.
Man muss nicht mit Steiners Weltanschauung übereinstimmen, um sich mit seiner Idee von Architektur auseinanderzusetzen oder Anregungen daraus zu gewinnen. Steiner war und ist umstritten, so oder so aber ein einflussreicher Reformer und wichtiger Ideengeber der organischen Architektur. Nicht nur Steiner war seinerzeit auf der Suche nach neuen, den Bedürfnissen des Menschen entsprechenden Formen. Neben ihm setzten sich Architekten wie Frank Lloyd Wright, Antonio Gaudí und später Frank Gehry mit der Frage auseinander, wie das Leben sich in der Architektur freier abbilden und umsetzen ließe. „Form folgt Funktion – das ist oft missverstanden worden. Form und Funktion sollten Eins sein, verbunden in einer spirituellen Einheit“, so Frank Lloyd Wright, der Steiner als eine seiner Inspirationsquellen bezeichnete.
Rudolf Steiner, der die Anthroposophie begründete, prägte auch architektonisch ihre Gestalt. Er selbst entwarf das „Goetheanum“ in Dornach in der Schweiz, das zwischen 1925 und 1928 errichtet wurde. Die Bauform sieht den Menschen im Mittelpunkt, der mit Haus und Natur im harmonischen Einklang leben soll. Das Gebäude fügt sich stets durch Formgebung und Farbe in die umgebende Landschaft ein und orientiert sich an den organischen Formen der Natur.
Man muss nicht mit Steiners Weltanschauung übereinstimmen, um sich mit seiner Idee von Architektur auseinanderzusetzen oder Anregungen daraus zu gewinnen. Steiner war und ist umstritten, so oder so aber ein einflussreicher Reformer und wichtiger Ideengeber der organischen Architektur. Nicht nur Steiner war seinerzeit auf der Suche nach neuen, den Bedürfnissen des Menschen entsprechenden Formen. Neben ihm setzten sich Architekten wie Frank Lloyd Wright, Antonio Gaudí und später Frank Gehry mit der Frage auseinander, wie das Leben sich in der Architektur freier abbilden und umsetzen ließe. „Form folgt Funktion – das ist oft missverstanden worden. Form und Funktion sollten Eins sein, verbunden in einer spirituellen Einheit“, so Frank Lloyd Wright, der Steiner als eine seiner Inspirationsquellen bezeichnete.
Das Goetheanum wird durch verschiedene Bauten in der Umgebung ergänzt, wie zum Beispiel durch dieses skulpturale Heizhaus. Es versorgt das Hauptgebäude mit Wärme. Auffällig ist hier der Schornstein, der wie Astwerk in die Lüfte ragt. Nach Steiners Ansicht teilt sich der Rauch in einen physischen und einen ätherischen Teil auf. Der Schlot repräsentiert den physischen, die seitlichen Verästelungen den ätherischen.
Wohnen nach anthroposophischen Leitlinien
Anthroposophen betrachten das Haus als die dritte Hülle des Menschen – nach Haut und Kleidung. Runde Formen schaffen Geborgenheit und Sicherheit, ähnlich wie im Mutterlaib. Eine geradlinige Formführung soll hingegen Konzentration und Arbeitkraft fördern. So sind in Waldorfschulen die Klassenräume der jüngeren Kinder oft rund und die der älteren Schüler trapezförmig – die Aufmerksamkeit werde so nach vorne gelenkt.
Anthroposophen betrachten das Haus als die dritte Hülle des Menschen – nach Haut und Kleidung. Runde Formen schaffen Geborgenheit und Sicherheit, ähnlich wie im Mutterlaib. Eine geradlinige Formführung soll hingegen Konzentration und Arbeitkraft fördern. So sind in Waldorfschulen die Klassenräume der jüngeren Kinder oft rund und die der älteren Schüler trapezförmig – die Aufmerksamkeit werde so nach vorne gelenkt.
Beim Entwurf eines anthroposophischen Gebäudes stehen der Wohnraum und dessen Nutzung im Vordergrund. Das Gebäude wird quasi von innen nach außen konzipiert, mit nur einem Ziel: ein optimales Wohngefühl für seine Nutzer zu erzeugen. So gibt es hier auch keine strengen stilistischen Richtlinien.
Im Wohnraum wird auf überflüssige Wände verzichtet. Türen und abgeschlossene Räume stören nach Steiners Auffassung den Energiefluss. Im Zentrum der Wohnung thront meist ein Kamin.
Im Wohnraum wird auf überflüssige Wände verzichtet. Türen und abgeschlossene Räume stören nach Steiners Auffassung den Energiefluss. Im Zentrum der Wohnung thront meist ein Kamin.
1. Stil-Element: Natürliche Baustoffe
Lehm, Stein und Holz sind in der anthroposophischen Architektur beliebte Materialien.
Lehm
Lehm als Verwitterungsprodukt der Erde ist einer der ältesten Baustoffe überhaupt. Er besteht nur aus Ton, Sand und Schluff. Mit Lehm lässt sich wunderbar plastisch arbeiten, und jegliche organische Formführung ist denkbar. Auch unter ökologischen Gesichtspunkten hat Lehm hervorragende Eigenschaften: Er ist frei von künstlichen Schadstoffen und vollständig abbaubar. Außerdem verleiht er dem Raum ein gesundes Wohnklima, was ganz im Sinne der Anthroposophen ist. Denn nur unter solchen Bedingungen kann sich der Mensch wohlfühlen und entfalten.
Mehr: Aus Lehm ganze Häuser bauen >>>
Lehm, Stein und Holz sind in der anthroposophischen Architektur beliebte Materialien.
Lehm
Lehm als Verwitterungsprodukt der Erde ist einer der ältesten Baustoffe überhaupt. Er besteht nur aus Ton, Sand und Schluff. Mit Lehm lässt sich wunderbar plastisch arbeiten, und jegliche organische Formführung ist denkbar. Auch unter ökologischen Gesichtspunkten hat Lehm hervorragende Eigenschaften: Er ist frei von künstlichen Schadstoffen und vollständig abbaubar. Außerdem verleiht er dem Raum ein gesundes Wohnklima, was ganz im Sinne der Anthroposophen ist. Denn nur unter solchen Bedingungen kann sich der Mensch wohlfühlen und entfalten.
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Beton
Für das neue Goetheanum – hier ein architektonisches Detail – verwendete Steiner Beton. Flüssiger Beton entsprach für ihn dem Lebensfluss. Das Material erlaubt vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten – organische sowie abstrakte Formen können realisiert werden. Auch wenn Beton ein industrieller Baustoff ist, machen seine bautechnisch hervorragenden Eigenschaften das wieder wett: Langlebigkeit, Stabilität, Formbarkeit und erschwingliche Preise.
Für das neue Goetheanum – hier ein architektonisches Detail – verwendete Steiner Beton. Flüssiger Beton entsprach für ihn dem Lebensfluss. Das Material erlaubt vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten – organische sowie abstrakte Formen können realisiert werden. Auch wenn Beton ein industrieller Baustoff ist, machen seine bautechnisch hervorragenden Eigenschaften das wieder wett: Langlebigkeit, Stabilität, Formbarkeit und erschwingliche Preise.
Vollholzmöbel
So wie die organische Architektur von den Formen der Natur inspiriert ist, werden vorzugsweise Materialien aus der Natur in ihrer reinen, unverfälschten Form verwendet – künstliche Lacke, gepresste Spanplatten und Plastik kommen nicht vor. Geölte Vollholzmöbel, bei denen man die ursprüngliche Form des Baumes noch erkennt, dominieren die Einrichtung. Auch organisch geformte Skulpturen, wie man sie auf dem Bild sieht, sind ein beliebtes Einrichtungselement. Die Spirale symbolisiert Entwicklung und Lebendigkeit.
So wie die organische Architektur von den Formen der Natur inspiriert ist, werden vorzugsweise Materialien aus der Natur in ihrer reinen, unverfälschten Form verwendet – künstliche Lacke, gepresste Spanplatten und Plastik kommen nicht vor. Geölte Vollholzmöbel, bei denen man die ursprüngliche Form des Baumes noch erkennt, dominieren die Einrichtung. Auch organisch geformte Skulpturen, wie man sie auf dem Bild sieht, sind ein beliebtes Einrichtungselement. Die Spirale symbolisiert Entwicklung und Lebendigkeit.
2. Stil-Element: Runde Formen & Spiralen
Runde Räume erfordern dementsprechend organisch geformte Möbel. Ob runde Betten, nierenförmige Badewannen oder gebogene Schränke – hauptsache, die Harmonie stimmt und alles fügt sich zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen.
Runde Räume erfordern dementsprechend organisch geformte Möbel. Ob runde Betten, nierenförmige Badewannen oder gebogene Schränke – hauptsache, die Harmonie stimmt und alles fügt sich zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen.
Ein wichtiger Vertreter der organischen Architektur ist Frank Lloyd Wright, der Gebäude in Form, Material und Farbe an die natürliche Umgebung anpasste. Auch Rudolf Steiner zählte zu seinen Inspriationsquellen.
Diese skulpturale Lampe baute er ursprünglich für sein Haus Taliesin. Heute wird sie vielfach reproduziert. Sie besteht aus geometrischen Quadern, die um eine zentrale Säule laufen. Er verwendete dafür geöltes Kirschholz. Sanftes Licht sorgt für ein harmonisches Ambiente ohne zu blenden. Heute trägt die Leuchte den Namen Taliesin Table Lamp.
Diese skulpturale Lampe baute er ursprünglich für sein Haus Taliesin. Heute wird sie vielfach reproduziert. Sie besteht aus geometrischen Quadern, die um eine zentrale Säule laufen. Er verwendete dafür geöltes Kirschholz. Sanftes Licht sorgt für ein harmonisches Ambiente ohne zu blenden. Heute trägt die Leuchte den Namen Taliesin Table Lamp.
Das ¸Radius House“ wurde 1960 von Wright-Schüler Daniel Liebermann gebaut – mit organischen Formen und natürlichen Materialien schmiegt es sich förmlich in die Umgebung.
Mehr Bilder vom Radius House >>>
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3. Stil-Element: Höhlencharakter
„Hügel und Haus sollten miteinander Leben, jedes freut sich für das andere“, sagte Frank Lloyd Wright. Das Haus soll also, nach Wright, regelrecht aus der Umgebung herauswachsen. So weisen Gebäude der organischen Architektur häufig einen Höhlencharakter auf, wie dieses Haus von Simon Dale. Aber nicht nur die organische Architektur des 20. Jahrhunderts prägte seine Form, sondern auch Vorbilder aus dem Kino – Hobbingen lässt grüßen.
„Hügel und Haus sollten miteinander Leben, jedes freut sich für das andere“, sagte Frank Lloyd Wright. Das Haus soll also, nach Wright, regelrecht aus der Umgebung herauswachsen. So weisen Gebäude der organischen Architektur häufig einen Höhlencharakter auf, wie dieses Haus von Simon Dale. Aber nicht nur die organische Architektur des 20. Jahrhunderts prägte seine Form, sondern auch Vorbilder aus dem Kino – Hobbingen lässt grüßen.
Haus und Natur stehen im Einklang miteinander, so wie Mensch und Natur. Auch ein Baum wird nicht gefällt, wenn er im Weg steht, sondern quasi liebevoll vom Haus umarmt.
4. Stil-Element: Heilsame Farben
Die Farben der Innenräume orientieren sich an der therapeutischen Farbenlehre, die davon ausgeht, dass jede Farbe anders auf unser Gemüt wirkt. So ist das Schlafzimmer meist blau gehalten, während Orange und Gelb im Wohnbereich Verwendung finden. Blau wirkt beruhigend, und Gelborange fördert die Geselligkeit.
Die Farben der Innenräume orientieren sich an der therapeutischen Farbenlehre, die davon ausgeht, dass jede Farbe anders auf unser Gemüt wirkt. So ist das Schlafzimmer meist blau gehalten, während Orange und Gelb im Wohnbereich Verwendung finden. Blau wirkt beruhigend, und Gelborange fördert die Geselligkeit.
Es werden ausschließlich Pflanzenfarben auf ökologischer Basis verwendet, wie sanfte Kasein- oder Kalkfarben. Synthetisch hergestellte Farben und Lacke werden hingegen gemieden. Die Farbgebung ist harmonisch und sanft, niemals schreiend. So, wie es in der Natur keine vollkommen gleichmäßige Färbung gibt, sind die Wandfarben auch häufig in verschiedenen Farbnuancen und Farbübergängen gestrichen – oder die Einrichtung ganz in Naturtönen gehalten.
Mehr: Natürlich, umweltbewusst und antibakteriell – die Kalkfarbe >>>
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In diesem eindrucksvollen Bauwerk befindet sich der Sitz der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft; außerdem dient es als Schauplatz für Theater, Tanz und Musikaufführungen – eine Brutstätte für Kultur und Bewegung. Das Goetheanum ist das zweite seiner Art, nachdem sein Vorgänger kurz nach der Fertigstellung 1922 abbrannte. Während der erste Bau aus einem Holzgerüst mit Kuppeldach bestand, erhielt das jetzige Gebäude eine wesentlich expressionistischere Form. Rudolf Steiner bediente sich des Baustoffs Beton, den er für seine Feuerfestigkeit und Plastizität sehr schätzte.
Der Anthroposoph, der die Fertigstellung selbst nicht mehr miterlebte, verzichtete beim Entwurf konsequent auf rechte Winkel – da die Natur ja auch keinen rechten Winkel kenne. Trapezförmige Räume, die spitz zulaufen, runde Säle und abgeschrägte Fenster dominieren das Bild.