Wie funktionieren Lichtleitsysteme, was sind ihre Vor- und Nachteile?
Tageslicht ohne Fenster ins Hausinnere zu bringen, klingt nach einem Schildbürgerstreich. Doch Lichtleitsysteme tun genau das – mit Röhren
Tageslicht bringt nicht nur Helligkeit, sondern sorgt auch für Wohlbefinden. Das ist einer der wichtigsten Gründe, Fenster einzubauen. Denn mit künstlichem Licht können wir heute Innenräume ebenso hell, wenn nicht noch heller, ausleuchten. Wenn Fenster nicht möglich sind, können Lichtleitsysteme Tageslicht direkt vom Außenbereich ins Hausinnere leiten. Wie funktionieren diese Systeme? Welche Vorzüge haben sie und wo sind sie sinnvoll? Wir haben mit Alexander Kohlen, kaufmännischer Leiter des Lichtspezialisten und Herstellers Interferenz und dem Architekten Ricardo Ferreira vom Architekturbüro Ferreira Verfürth über Funktionsweise, Grenzen und Vorzüge gesprochen.
Tageslicht für jeden Raum
Der Lichtsammler
Der Lichtsammler ist häufig auf dem Dach angebracht. Die Dachneigung spielt dabei keine Rolle, allenfalls die Himmelsrichtung. Nach Süden zu ist der Lichteinfall meist am Größten. Auch auf Flachdächern ist ein Lichtleitsystem möglich.
Der Lichtsammler kann eine Kuppel aus Acrylglas sein. Das Material hat eine sehr glatte Oberfläche und ist daher quasi selbstreinigend. Die halbkugelige Form garantiert den größtmöglichen Lichteinfall. Und darauf kommt es beim Lichtsammler an: Er nimmt das Licht von außen auf.
Alternativ gibt es Systeme, bei denen der Lichtsammler aus einer Sicherheitsglasscheibe besteht. Dann allerdings muss er leicht erreichbar sein; denn das offenporige Glas muss von Zeit zu Zeit gereinigt werden. Das gibt auch Architekt Ricardo Ferreira zu bedenken: „Wichtig ist natürlich, dass das Aufnahmeglas regelmäßig gesäubert wird. Das schönste Sommersonnenlicht nutzt nichts, wenn es den Weg in das Lichtleitsystem nicht findet.“
Der Lichtsammler ist häufig auf dem Dach angebracht. Die Dachneigung spielt dabei keine Rolle, allenfalls die Himmelsrichtung. Nach Süden zu ist der Lichteinfall meist am Größten. Auch auf Flachdächern ist ein Lichtleitsystem möglich.
Der Lichtsammler kann eine Kuppel aus Acrylglas sein. Das Material hat eine sehr glatte Oberfläche und ist daher quasi selbstreinigend. Die halbkugelige Form garantiert den größtmöglichen Lichteinfall. Und darauf kommt es beim Lichtsammler an: Er nimmt das Licht von außen auf.
Alternativ gibt es Systeme, bei denen der Lichtsammler aus einer Sicherheitsglasscheibe besteht. Dann allerdings muss er leicht erreichbar sein; denn das offenporige Glas muss von Zeit zu Zeit gereinigt werden. Das gibt auch Architekt Ricardo Ferreira zu bedenken: „Wichtig ist natürlich, dass das Aufnahmeglas regelmäßig gesäubert wird. Das schönste Sommersonnenlicht nutzt nichts, wenn es den Weg in das Lichtleitsystem nicht findet.“
Der Lichtleiter
Das im Lichtsammler einfallende Licht wird über einen Lichtleiter transportiert, auch Hohllichtleiter oder optische Röhre genannt.
Eine Variante für den Lichtleiter ist ein Rohr mit einer hochreflektierenden metallischen Innenseite. Das Licht spiegelt sich von oben bis unten durch das Rohr. Auf seinem Weg verliert es an Intensität, abhängig von der Beschichtungsart, der Länge und dem Durchmesser des Rohres.
Das im Lichtsammler einfallende Licht wird über einen Lichtleiter transportiert, auch Hohllichtleiter oder optische Röhre genannt.
Eine Variante für den Lichtleiter ist ein Rohr mit einer hochreflektierenden metallischen Innenseite. Das Licht spiegelt sich von oben bis unten durch das Rohr. Auf seinem Weg verliert es an Intensität, abhängig von der Beschichtungsart, der Länge und dem Durchmesser des Rohres.
Foto: Velux
Bei abgewinkelten Rohren verringert sich die Lichtausbeute zusätzlich. Je nach Bauart sind im privaten Wohnungsbau 6 bis 9 Meter Rohrlänge möglich. Dann kommt auch an trüben Tagen mit bedecktem Himmel noch ausreichend Licht an. Für eine ausreichende Beleuchtung von Arbeitsplätzen reicht das Licht dann an manchen Tagen aber nicht unbedingt aus.
Eine andere Variante ist ein flexibler Lenkschlauch aus einer metallisierten Kunststofffolie. Eine eingearbeitete Stahlspirale gibt hier Stabilität. Der Vorteil: Lenkschläuche sind flexibler beim Einbau. Allerdings ist ihr Reflexionsgrad geringer, das Licht verliert hier rund 22 Prozent seiner Intensität. Daraus ergibt sich auch, dass Lichtschläuche eher kurz sein sollten, damit im Innenraum ausreichend Licht ankommt.
Systemunabhängig gibt Ferreira zu bedenken: „Ähnlich wie ein Schornstein für eine Gasheizung oder einen offenen Kamin sollte auch bei einem Lichtleitsystem ein möglichst gerader Verlauf herstellbar sein. Jeder Winkel bringt Einbußen in der Lichtstärke und Lichtausbeute mit sich.“
Bei abgewinkelten Rohren verringert sich die Lichtausbeute zusätzlich. Je nach Bauart sind im privaten Wohnungsbau 6 bis 9 Meter Rohrlänge möglich. Dann kommt auch an trüben Tagen mit bedecktem Himmel noch ausreichend Licht an. Für eine ausreichende Beleuchtung von Arbeitsplätzen reicht das Licht dann an manchen Tagen aber nicht unbedingt aus.
Eine andere Variante ist ein flexibler Lenkschlauch aus einer metallisierten Kunststofffolie. Eine eingearbeitete Stahlspirale gibt hier Stabilität. Der Vorteil: Lenkschläuche sind flexibler beim Einbau. Allerdings ist ihr Reflexionsgrad geringer, das Licht verliert hier rund 22 Prozent seiner Intensität. Daraus ergibt sich auch, dass Lichtschläuche eher kurz sein sollten, damit im Innenraum ausreichend Licht ankommt.
Systemunabhängig gibt Ferreira zu bedenken: „Ähnlich wie ein Schornstein für eine Gasheizung oder einen offenen Kamin sollte auch bei einem Lichtleitsystem ein möglichst gerader Verlauf herstellbar sein. Jeder Winkel bringt Einbußen in der Lichtstärke und Lichtausbeute mit sich.“
Der Lichtverteiler
Das über den Lichtsammler eingefangene und den Lichtleiter transportierte Licht tritt über den Lichtverteiler in die Wohnräume ein. Eine Streulinse verteilt das Licht im Raum. Wie bei jeder Lichtquelle ist auch hier wichtig, dass das Licht blendfrei in den Raum fällt. Die Form der Linse bestimmt die Ausleuchtung des Raums. Eine große Linse verhindert Schatten im Raum. „Um einen Schlaglichteffekt zu vermeiden, sollten immer mindestens zwei Lichtverteiler angebracht werden“, rät Architekt Ferreira. Zu viele sollten es allerdings nicht sein, meint er, da der Raum sonst quasi überbelichtet wird. „Eine höhere Anzahl ist nur notwendig, wenn das Verhältnis Raumhöhe zu Raumgröße für den Abstrahlwinkel ungünstig ist.“
Das über den Lichtsammler eingefangene und den Lichtleiter transportierte Licht tritt über den Lichtverteiler in die Wohnräume ein. Eine Streulinse verteilt das Licht im Raum. Wie bei jeder Lichtquelle ist auch hier wichtig, dass das Licht blendfrei in den Raum fällt. Die Form der Linse bestimmt die Ausleuchtung des Raums. Eine große Linse verhindert Schatten im Raum. „Um einen Schlaglichteffekt zu vermeiden, sollten immer mindestens zwei Lichtverteiler angebracht werden“, rät Architekt Ferreira. Zu viele sollten es allerdings nicht sein, meint er, da der Raum sonst quasi überbelichtet wird. „Eine höhere Anzahl ist nur notwendig, wenn das Verhältnis Raumhöhe zu Raumgröße für den Abstrahlwinkel ungünstig ist.“
Lichtverteiler sind meist flächenbündig an der Decke angebracht, vergleichbar einer Deckenleuchte.
Vorteile eines Lichtleitsystems
Natürliche Lichtverhältnisse
„Neben dem ‚kostenlosen‘ Licht bringen Lichtleitsysteme vor allem die Lichtveränderung in den Raum“, so Ferreira. „Das Licht scheint nicht statisch wie bei einer künstlichen Lichtquelle, es variiert je nach Wetterlage und Jahreszeit.“
Marie Aigner von Aigner Architecture hat sich diese variierenden Lichtverhältnisse zunutze gemacht: Beim Umbau einer ehemaligen Autowerkstatt in München in ein Loft hat sie Licht, das durch lange schmale Schlitze von oben in fensterlose Räume fällt, mit einem Lichtleitsystem kombiniert. Vor allem in den Bädern hat sie so mit verschiedenen natürlichen Lichtquellen die Räume inszeniert.
Natürliche Lichtverhältnisse
„Neben dem ‚kostenlosen‘ Licht bringen Lichtleitsysteme vor allem die Lichtveränderung in den Raum“, so Ferreira. „Das Licht scheint nicht statisch wie bei einer künstlichen Lichtquelle, es variiert je nach Wetterlage und Jahreszeit.“
Marie Aigner von Aigner Architecture hat sich diese variierenden Lichtverhältnisse zunutze gemacht: Beim Umbau einer ehemaligen Autowerkstatt in München in ein Loft hat sie Licht, das durch lange schmale Schlitze von oben in fensterlose Räume fällt, mit einem Lichtleitsystem kombiniert. Vor allem in den Bädern hat sie so mit verschiedenen natürlichen Lichtquellen die Räume inszeniert.
Im Bild: Vivid Shade (Solatube), Lichtverteiler im Stil einer klassischen Deckenleuchte
Geringe Hitzeentwicklung
Die Systeme lassen weniger Hitze in das Gebäudeinnere als gängige Dachflächenfenster. Kein Wunder also, dass sie im heißen Australien erfunden und dort 1986 zum Patent angemeldet wurden. „Die Hitzeentwicklung ist trotz der hohen Tageslichtausbeute gering“, so Kohlen. „Das gilt allerdings nur, wenn die Rohre nicht mit Silber beschichtet sind. Denn dieses Material leitet auch Infrarotstrahlen weiter, die – einfach gesagt – auch die Hitze transportieren.“
Geringe Hitzeentwicklung
Die Systeme lassen weniger Hitze in das Gebäudeinnere als gängige Dachflächenfenster. Kein Wunder also, dass sie im heißen Australien erfunden und dort 1986 zum Patent angemeldet wurden. „Die Hitzeentwicklung ist trotz der hohen Tageslichtausbeute gering“, so Kohlen. „Das gilt allerdings nur, wenn die Rohre nicht mit Silber beschichtet sind. Denn dieses Material leitet auch Infrarotstrahlen weiter, die – einfach gesagt – auch die Hitze transportieren.“
Keine UV-Strahlung
Lichtleitsysteme mit Acrylkuppeln leiten keine UV-Strahlung in die Innenräume weiter. Dadurch sind sie als natürliche Beleuchtung von Vorteil, wenn etwa Farben geschützt werden sollen. Zum Beispiel in Ankleidezimmern. Der Raum ist mit natürlichem Licht ausgeleuchtet, dennoch sind die Kleider vor dem Ausbleichen geschützt. Aber auch für Kunstwerke, die nicht mit hochwertigem UV-Schutzglas gerahmt sind, können mit Lichtleitsystemen beleuchtete Räume eine sinnvolle Alternative sein.
Lichtleitsysteme mit Acrylkuppeln leiten keine UV-Strahlung in die Innenräume weiter. Dadurch sind sie als natürliche Beleuchtung von Vorteil, wenn etwa Farben geschützt werden sollen. Zum Beispiel in Ankleidezimmern. Der Raum ist mit natürlichem Licht ausgeleuchtet, dennoch sind die Kleider vor dem Ausbleichen geschützt. Aber auch für Kunstwerke, die nicht mit hochwertigem UV-Schutzglas gerahmt sind, können mit Lichtleitsystemen beleuchtete Räume eine sinnvolle Alternative sein.
Wann ist ein Lichtleitsystem sinnvoll?
Aus dem Aufbau wird sichtbar: Für Lichtleitsysteme sind teilweise erhebliche Umbauten notwendig – zumindest, wenn sie nicht Räume direkt unter dem Dach beleuchten sollen. Da stellt sich auch die Frage, wie sinnvoll der Einbau eines solchen Systems tatsächlich ist. „Im Grunde lohnt sich der Einbau in Privatwohnungen über mehrere Etagen nur, wenn das gesamte Gebäude etwa bei einer Renovierung umgebaut wird“, gibt Alexander Kohlen von Interferenz (u.a. Vertrieb Solatube) zu bedenken. Durch einen Dachraum oder über eine Etage hingegen ist der nachträgliche Einbau relativ unaufwendig und meist in zwei bis drei Stunden erledigt.
Aus dem Aufbau wird sichtbar: Für Lichtleitsysteme sind teilweise erhebliche Umbauten notwendig – zumindest, wenn sie nicht Räume direkt unter dem Dach beleuchten sollen. Da stellt sich auch die Frage, wie sinnvoll der Einbau eines solchen Systems tatsächlich ist. „Im Grunde lohnt sich der Einbau in Privatwohnungen über mehrere Etagen nur, wenn das gesamte Gebäude etwa bei einer Renovierung umgebaut wird“, gibt Alexander Kohlen von Interferenz (u.a. Vertrieb Solatube) zu bedenken. Durch einen Dachraum oder über eine Etage hingegen ist der nachträgliche Einbau relativ unaufwendig und meist in zwei bis drei Stunden erledigt.
Die Rohre können einen Durchmesser von bis zu 75 Zentimetern haben. Im Privatbereich liegt der gängige Durchmesser zwischen 25 und 35 Zentimetern. Der Platz für die Lichtleitsysteme muss auf ihrem Weg durch das Gebäude vorhanden sein. „Lichtröhren, die sich über mehrere Etagen ziehen, müssen teils erheblichen Auflagen hinsichtlich Brand- und Schallschutz gerecht werden“, so Ferreira. Muss ein separater Schacht für das Rohr gebaut werden, kommen schnell noch bis zu 15 Zentimeter hinzu. Doch mit der richtigen Planung sind dies keine Hindernisse für fensterlose aber dennoch mit Tageslicht gefüllte Räume.
„Ein Lichtleitsystem ist immer dann von Vorteil, wenn es baulich keine Möglichkeit gibt, eine direkte Verbindung nach draußen zu schaffen. Oder aber, wenn die Bewohner diese Verbindung nicht wünschen, etwa wegen des Sichtschutzes“, so Ferreira. „Ein Lichtleitsystem für den Keller zu installieren, ist unter Kosten-Nutzen-Aspekten nicht sinnvoll. Wenn aber im Keller das Büro liegt, dann kann sich so eine Investition durchaus rechnen“, ergänzt Kohlen. Direkt unter dem Dach hält er Dachflächenfenster in unseren Breiten im privaten Wohnungsbau grundsätzlich für die bessere Variante: „Für den Blick nach draußen und die Frischluftzufuhr sind Dachfenster sicher besser.“ Unterm Dach entfalten Lichtleitsysteme ihre Stärke, wenn etwa aufgrund einer Photovoltaikanlage kein Platz für ein Dachflächenfenster ist. Lichtleitsysteme können mit einem Durchmesser ab 25 Zentimetern das Dachgeschoss gut ausleuchten – aber eben ohne Aussicht und Lüftungsmöglichkeit.
Helligkeit für dunkle Ecken: 6 Wege, Tageslicht im Haus zu verteilen
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„Lichtleitsysteme im privaten Wohnungsbau sind eher eine emotionale Angelegenheit, als dass sie Energiekosten erheblich reduzieren“, so Kohlen. Ein gutes Beispiel dafür ist etwa die Flurbeleuchtung. „In vielen Familien gibt es Differenzen darüber, ob das Licht im Flur an bleiben oder immer wieder ausgeschaltet werden soll. Diese Diskussion fällt weg, wenn es über ein Lichtleitsystem zumindest tagsüber immer hell ist.“ Und zudem, verrät der Experte, freuen sich die Kunden auch nach Jahren noch über das Tageslicht im fensterlosen Flur. Es bestehe eine geradezu emotionale Bindung zu der Lichtquelle.
Mehr Experten-Tipps und Ideen im Ratgeber Licht
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Wer sich für Lichtleitsysteme interessiert, stößt schnell auf eine große Namensvielfalt. In Deutschland sind etwa Solatube, der Markenname des australischen Erfinders, aber auch Sonnenröhre oder Rohrdachfenster gebräuchlich. Velux vertreibt sein System unter dem Namen Tageslicht-Spot. Der Hersteller Talis hat sich den Namen Lichtkamin markenrechtlich schützen lassen.
Das Prinzip all dieser Lichtleitsysteme ist grundsätzlich ähnlich, die Unterschiede liegen vor allem im eingesetzten Material. Im Wesentlichen bestehen Lichtleitsysteme aus drei Elementen: Dem Lichtsammler, dem Lichtleiter und dem Lichtverteiler.