Architektur
Architektur: Römisches Kreuzgewölbe für einen neuen Keller
Steinmetzkunst aus Naturstein: Bei Dresden entstanden 3 Keller-Gewölbesäle mit insgesamt 420 qm nach antikem Vorbild
Gewölbe baut heute niemand mehr. Sie sind Relikte vergangener Zeiten, deren Formen und Proportionen wir in Schlössern und Kirchen bewundern. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel: Einem Kindheitstraum folgend, hat ein Bauherr sich von Architekt Gunter Ader bei Dresden einen riesigen Gewölbekeller bauen lassen. „Ein absolutes Liebhaberobjekt“, wie Ader betont, der als gelernter Steinmetz genau wusste, worauf es bei solch einem Projekt ankam.
Im einen Saal gibt es ein Tonnengewölbe mit drei Abschnitten. „Wir haben das Gewölbe aufgrund der Raumlänge durch Gurtbögen gegliedert. Konstruktiv gibt das dem Gewölbe mehr Halt“, so Ader.
Ein römisches Kreuzgewölbe mit geraden Scheitellinien, hier im Bild, und ein gebustes Kreuzgratgewölbe hat Ader in den beiden anderen Sälen errichtet. Bei letzterem schneiden sich die Kreisbögen so, dass sie in einem spitzen Winkel aufeinandertreffen.
Der Bauherr hatte einen Hof mit Ländereien erworben, um dort seinen Kindheitstraum vom Ritterleben zu verwirklichen. Doch die alten Gebäude waren nicht mehr zu retten. „Trotz Denkmalschutz durften wir den Hof abreißen. Die Substanz war einfach zu schlecht“, erinnert sich Ader.
Der Gewölbekeller liegt in einer Betonwanne. „Es handelt sich um eine weiße Wanne, die somit wasserdicht ist. Das Gewölbe ist wie in einen Schuhkarton hineingebaut“, erklärt der Architekt. Historisch nicht korrekt, hat diese Konstruktion doch einige Vorteile. Gemauerte Außenwände sind für Feuchtigkeit anfälliger und müssten wesentlich dicker sein, um die Druckkräfte des Gewölbes aufnehmen zu können. Zudem konnte auf den Betonboden problemlos eine Fußbodenheizung verlegt werden.
Der Gewölbekeller liegt in einer Betonwanne. „Es handelt sich um eine weiße Wanne, die somit wasserdicht ist. Das Gewölbe ist wie in einen Schuhkarton hineingebaut“, erklärt der Architekt. Historisch nicht korrekt, hat diese Konstruktion doch einige Vorteile. Gemauerte Außenwände sind für Feuchtigkeit anfälliger und müssten wesentlich dicker sein, um die Druckkräfte des Gewölbes aufnehmen zu können. Zudem konnte auf den Betonboden problemlos eine Fußbodenheizung verlegt werden.
Die bogenförmige Deckenkonstruktion eines Gewölbes hält durch die Spannung, die mit der Fertigstellung entsteht. Die einzelnen Steine drücken gegeneinander nach außen und stabilisieren sich auf diese Weise gegenseitig. Wichtig ist, dass der Druck des Gewölbes von den Außenmauern, die man als Widerlager bezeichnet, aufgenommen wird und diese nicht einfach seitlich wegbrechen. Bei Tonnengewölben sind es zwei, die parallel zueinander stehen. Bei Kreuzgewölben, die aus zwei sich kreuzenden Tonnengewölben bestehen, sind es vier Widerlager. Zudem können hier Säulen oder Pfeiler als Widerlagerpunkte an den Ecken fungieren.
Starke Wände: Ein Überblick über Beton, Ziegel, Naturstein & Co.
Starke Wände: Ein Überblick über Beton, Ziegel, Naturstein & Co.
Im Bild ist ein gemauerter Schildbogen zu sehen, vor dem ein Teil eines Lehrgerüsts lehnt.
Der Schildbogen
Um die enormen Druckkräfte des Gewölbes aufnehmen zu können, wurden historische Bauten mit massive Steinmauern ausgestattet. Auch aus Kostengründen hat Ader die Gewölbekonstruktion stattdessen in eine stabile Betonwanne gesetzt und diese an den später sichtbaren Stellen mit Naturstein verkleiden lassen. Jene Wandstücke, die oben mit einem Bogen abschließen, nennt man Schildbögen. Hier wurden sie mit Naturstein verblendet, noch bevor man die Lehrgerüste aufstellte, um das Gewölbe darauf zu mauern.
Der Schildbogen
Um die enormen Druckkräfte des Gewölbes aufnehmen zu können, wurden historische Bauten mit massive Steinmauern ausgestattet. Auch aus Kostengründen hat Ader die Gewölbekonstruktion stattdessen in eine stabile Betonwanne gesetzt und diese an den später sichtbaren Stellen mit Naturstein verkleiden lassen. Jene Wandstücke, die oben mit einem Bogen abschließen, nennt man Schildbögen. Hier wurden sie mit Naturstein verblendet, noch bevor man die Lehrgerüste aufstellte, um das Gewölbe darauf zu mauern.
Das Lehrgerüst
Lehrgerüste sind vom Zimmermann gefertigte bogenförmige Holzgestelle, auf denen das Gewölbe gemauert wird – ähnlich einer Schalung im Betonbau. Sie sind hier teilweise außerhalb des eigentlichen Gebäudes entstanden und später per Kran in der Wanne platziert worden.
Lehrgerüste sind vom Zimmermann gefertigte bogenförmige Holzgestelle, auf denen das Gewölbe gemauert wird – ähnlich einer Schalung im Betonbau. Sie sind hier teilweise außerhalb des eigentlichen Gebäudes entstanden und später per Kran in der Wanne platziert worden.
Im Bild: Das Skelett eines Lehrgerüsts für ein Kreuzgewölbe.
Im Bild: Ein fertiges Lehrgerüst für ein Kreuzgewölbe.
Im Bild: In die Wanne eingesetztes Lehrgerüst für ein Tonnengewölbe.
„Der Ablauf beim Bau von Gewölben ist spannend. Es wird kopfüber gebaut. Erst nach dem Abbau des Gerüstes ist die Unterseite, die eigentliche Decke, sichtbar“, sagt Ader. Als gelernter Steinmetz konnte er auch die Werkplanung übernehmen, normalerweise die Arbeit eines Steintechnikers. „Die gesamte Planung war überschaubar. Mit einer Vorlaufzeit von etwa einem Jahr war die baubegleitende Planung nur noch für Details notwendig“, so Ader. „Insgesamt war es allerdings eine Materialschlacht, sowohl was Manntage als auch den tatsächlichen Materialverbrauch angeht.“ So können beispielsweise die massiven Lehrgerüste nach Fertigstellung des Gewölbes nicht einfach abgebaut, sondern müssen weitgehend zersägt werden, um sie herausnehmen zu können.
„Der Ablauf beim Bau von Gewölben ist spannend. Es wird kopfüber gebaut. Erst nach dem Abbau des Gerüstes ist die Unterseite, die eigentliche Decke, sichtbar“, sagt Ader. Als gelernter Steinmetz konnte er auch die Werkplanung übernehmen, normalerweise die Arbeit eines Steintechnikers. „Die gesamte Planung war überschaubar. Mit einer Vorlaufzeit von etwa einem Jahr war die baubegleitende Planung nur noch für Details notwendig“, so Ader. „Insgesamt war es allerdings eine Materialschlacht, sowohl was Manntage als auch den tatsächlichen Materialverbrauch angeht.“ So können beispielsweise die massiven Lehrgerüste nach Fertigstellung des Gewölbes nicht einfach abgebaut, sondern müssen weitgehend zersägt werden, um sie herausnehmen zu können.
Im Bild: Die Steine werden auf das Lehrgerüst gelegt und vermauert, ein Kreuzgewölbe entsteht.
Das Setzen der Steine
Bevor die Steine an Ort und Stelle vermauert werden konnten, mussten sie von Steinmetzen zurechtgehauen werden. Das Material stammt von alten Brücken, die nach dem Hochwasser 2002 nur noch abgerissen werden konnten. Der Bauherr hat sie aufgekauft. „Wir haben die großen Steine wie Rohlinge behandelt, die erst noch eine Form bekommen sollten. Die Oberflächen sind allesamt neu bearbeitet“, erzählt der Architekt.
Beim Setzen der Steine haben auch Maurer geholfen. „Welcher Stein wohin kommt, entscheidet der Steinmetz anhand seiner Erfahrung und seines geschulten Blicks“, so Ader. Grundsätzlich beginnt der Bau eines Gewölbes immer am tiefsten Punkt. Bei Kreuzgratgewölben werden zuerst die Grate gelegt, also die formgebenden Steine gesetzt. Erst danach werden die Flächen von unten nach oben aufgefüllt.
Der Schlussstein ist der oberste. Er hält alles zusammen. „Beim Setzen des Schlusssteins kann der Steinmetz die Spannung spüren, die das Gewölbe aufnimmt“, erklärt Ader. „Je schwerer ein Gewölbe ist, desto besser trägt es.“ Früher wurde auf Gewölbe daher häufig Sand oder Kies geschüttet. Auch die Gewölbe hier erhielten eine Auflast aus Steinresten und Mörtel.
Das Setzen der Steine
Bevor die Steine an Ort und Stelle vermauert werden konnten, mussten sie von Steinmetzen zurechtgehauen werden. Das Material stammt von alten Brücken, die nach dem Hochwasser 2002 nur noch abgerissen werden konnten. Der Bauherr hat sie aufgekauft. „Wir haben die großen Steine wie Rohlinge behandelt, die erst noch eine Form bekommen sollten. Die Oberflächen sind allesamt neu bearbeitet“, erzählt der Architekt.
Beim Setzen der Steine haben auch Maurer geholfen. „Welcher Stein wohin kommt, entscheidet der Steinmetz anhand seiner Erfahrung und seines geschulten Blicks“, so Ader. Grundsätzlich beginnt der Bau eines Gewölbes immer am tiefsten Punkt. Bei Kreuzgratgewölben werden zuerst die Grate gelegt, also die formgebenden Steine gesetzt. Erst danach werden die Flächen von unten nach oben aufgefüllt.
Der Schlussstein ist der oberste. Er hält alles zusammen. „Beim Setzen des Schlusssteins kann der Steinmetz die Spannung spüren, die das Gewölbe aufnimmt“, erklärt Ader. „Je schwerer ein Gewölbe ist, desto besser trägt es.“ Früher wurde auf Gewölbe daher häufig Sand oder Kies geschüttet. Auch die Gewölbe hier erhielten eine Auflast aus Steinresten und Mörtel.
Im Bild: Auch beim Bau eines Tonnengewölbes beginnen Steinmetze und Maurer am tiefsten Punkt. Hier wird von beiden Seiten aus nach oben gearbeitet.
Im Bild: Die Betonsäule (rechts) wurde mit Naturstein verkleidet.
Bei diesem Bau muss das Gewölbe die darüberliegenden Geschosse nicht tragen. Das übernehmen die Säulen. Sie sind im Kern aus Beton und lediglich mit Naturstein verkleidet. Der Naturstein trägt das Gewölbe (also sein eigenes Gewicht), und die Betonsäulen tragen die Unterzüge der Betondecke, auf der das Geschoss darüber errichtet wurde.
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Bei diesem Bau muss das Gewölbe die darüberliegenden Geschosse nicht tragen. Das übernehmen die Säulen. Sie sind im Kern aus Beton und lediglich mit Naturstein verkleidet. Der Naturstein trägt das Gewölbe (also sein eigenes Gewicht), und die Betonsäulen tragen die Unterzüge der Betondecke, auf der das Geschoss darüber errichtet wurde.
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Auch wenn die Würfelkapitelle statisch im Grunde nicht notwendig wären, sind sie doch wichtiger Bestandteil eines Römischen Kreuzgewölbes.
Die Konstruktion mag von den Römern stammen, das Material nicht unbedingt. Der Mörtel ist nicht nach alter Rezeptur gemischt worden und auch die Werkzeuge sind modern. Ebenso sind die Auflagen für Brandschutz und Entlüftung selbstverständlich erfüllt. „Es war schwer, die Baubehörde von unserem Vorhaben zu überzeugen. Ein Gewölbekeller mit mehreren Sälen und einer Grundfläche von 420 Quadratmetern ist eben kein alltägliches Projekt“, so der Architekt. „Aber ich würde es auf jeden Fall wieder machen.“
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Wie gefällt Ihnen dieser waschechte Gewölbekeller nach antikem Vorbild? Kennen Sie andere Beispiele, in denen historisierend gebaut wurde?
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Hier wohnt: ein Mittelalterfan
Kellerfläche: 420 Quadratmeter
In: der Nähe von Dresden
Besonderheit: Neubau eines Gewölbekellers aus wiederverwendetem Naturstein
Experte: Ader Architekten
„Es war schon ein gewagtes Vorhaben“, resümiert Ader. Für den Gewölbekeller bei Dresden hat er alte Konstruktionspläne studiert. Die Grundfläche von 420 Quadratmetern hat er in drei Säle unterteilt, die jeweils einen eigenen Charakter erhalten sollten.