Houzzbesuch: Ein 55qm-Haus in Tokio für eine 4-köpfige Familie
Unbebaubar, dreieckig, überschwemmungsgefährdet? Auf einem 29qm-Mini-Grundstück entstand ein Haus der Extraklasse
Tokio gehört zu den am dichtesten besiedelten Städten der Welt. Baugrund ist folglich extrem teuer und rar. Aber Not macht erfinderisch, und japanische Architekten zeigen immer wieder, wie sich auch auf schwierigen Flächen gute Projekte realisieren lassen. Dieses Wohnghaus auf einem schmalen, dreieckigen Grundstück im Tokioter Stadtteil Horinouchi ist ein gutes Beispiel dafür.
Das dreieckige Grundstück liegt zwischen dem Zenpukuji-Fluss und einer kleinen Straße. Nicht nur seine geringe Größe und ungewöhnliche Form waren Herausforderungen bei der Planung. Nach japanischem Baurecht muss jedes Wohngebäude entweder direkt oder über eine Auffahrt Zugang zu einer Straße von mindestens vier Metern Breite haben, damit das Gelände im Notfall für Rettungsfahrzeuge erreichbar ist. Weil diese Bedingung hier nicht erfüllt war, musste der Architekt Stadtverwaltung und Nachbarn kontaktieren, um eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten.
Weil das Haus ungewöhnlich schmal sein würde, musste Mizuishi im erdbebengeplagten Tokio besonderes Augenmerk auf die Statik legen. Denn selbst leichte Beben können schmale Häuser umwerfen. Er entschied sich für eine kostenfreundliche Holzkonstruktion, bei der dünne, aber tragende Wände für Stabilität sorgen und gleichzeitig die Räume in unterschiedliche Zonen gliedern.
Flur, Flurstück, Grundstück: Was ist der Unterschied?
Weil das Haus ungewöhnlich schmal sein würde, musste Mizuishi im erdbebengeplagten Tokio besonderes Augenmerk auf die Statik legen. Denn selbst leichte Beben können schmale Häuser umwerfen. Er entschied sich für eine kostenfreundliche Holzkonstruktion, bei der dünne, aber tragende Wände für Stabilität sorgen und gleichzeitig die Räume in unterschiedliche Zonen gliedern.
Flur, Flurstück, Grundstück: Was ist der Unterschied?
Das Haus nutzt den Raum zwischen der kleinen Straße und der Uferpromenade elegant aus. „Der Grundriss passt sich der dreieckigen Fläche des Grundstücks an – aber dort, wo sie spitze Winkel bildet, haben wir Schnitte gemacht. In die so entstandenen Wände setzten wir Fenster ein, so dass man von drei Seiten des Gebäudes den Fluss sehen kann“, berichtet der Architekt.
Im Erdgeschoss sind die Außenwände mit Keramikplatten verkleidet, im Obergeschoss mit senkrecht ausgerichteten, kastanienbraunen Paneelen aus galvanisiertem Stahl. Diese Unterschiede in Textur und Farbe lassen das Haus leicht und abwechslungsreich. Die Giebelwand des auskragenden Gebäudeteiles ist, wie das Ergschoss, weiß verkleidet, um den Bereich hervorzuheben.
Obwohl das Dach recht steil ist, hat der Architekt auf Regelrinnen verzichtet. So gehen Dach und Außenwände fließend ineinander über. „Das war natürlich eine kühne Entscheidung“, gibt Mizuishi zu. „Aber am äußeren Rand des Fundaments haben wir U-förmige Ablaufrillen eingesetzt. Mit der Entwässerung wird es also keine Probleme geben.“
Obwohl das Dach recht steil ist, hat der Architekt auf Regelrinnen verzichtet. So gehen Dach und Außenwände fließend ineinander über. „Das war natürlich eine kühne Entscheidung“, gibt Mizuishi zu. „Aber am äußeren Rand des Fundaments haben wir U-förmige Ablaufrillen eingesetzt. Mit der Entwässerung wird es also keine Probleme geben.“
Weil das Grundstück etwas unterhalb der Uferpromenade liegt und das Erdgeschoss somit von außen teilweise einsehbar ist, hat Mizuishi den Wohnbereich ins Obergeschoss gelegt. Von dort aus genießt die Familie Ausblicke auf den Fluss und den Uferweg. Die Aufnahmen entstanden unmittelbar nach der Fertigstellung des Gebäudes. Mittlerweile haben die Bäume dichtere Kronen ausgebildet und bieten Sichtschutz.
Wegen seiner Lage am Flussufer musste das Gebäude vor Überflutungen geschützt werden. Heute liegt das Erdgeschoss 60 Zentimeter über dem Boden, und ein Unterflur-Lüftungssystem, das Tag und Nacht läuft, verhindert stehende Feuchtigkeit. Den Eingang bildet eine Schiebetür, die sich vor einer Schwelle aus stahlverkleidetem Beton öffnet.
Das Erdgeschoss umfasst neben dem Eingangsbereich ein Schlafzimmer und ein Bad. Der Eingangsbereich ist mit einem zementverputzten Betonfußboden versehen. Eine Treppe führt ins Obergeschoss mit Wohnzimmer, Küche und Esszimmer. Der große Schuhschrank (rechts im Bild) ist an der Wand angebracht und scheint über dem Boden zu schweben. Unter der Treppe findet eine Waschmaschine Platz, außerdem gibt es dort ein Regal mit viel Stauraum.
Der Fußboden im Schlafzimmer besteht aus massiver japanischer Kirsche. „Das Holz ist von guter Qualität und nicht zu teuer. Trotz des begrenzten Budgets wollte ich so viel hochwertiges Material wie möglich verwenden“, sagt Mizuishi. Die antike Kommode mit den vielen kleinen Schubladen gehört zu den Lieblingsstücken der Familie und befand sich schon lange vor dem Einzug in ihrem Besitz.
Das Schlafzimmer, in dem die Eltern und die beiden Kinder übernachten, lässt sich mit einem Vorhang vom Rest des Raums abtrennen. Hinter den Betten befindet sich ein Kleiderschrank, der ebenfalls hinter einem Vorhang verschwindet. Beide Vorhänge sind mit Schienen an der Decke angebracht. Diese Form der räumlichen Gliederung verursacht wenig Kosten, und das weiche, durchscheinende Material lässt den Raum weit und offen erscheinen, auch wenn die Vorhänge zugezogen sind.
Um das Bad geräumiger erscheinen zu lassen, sind die Wände in verschiedenen Weißtönen gestrichen. Waschgelegenheit und WC sind durch eine Glasscheibe voneinander getrennt.
Im Obergeschoss gibt es ein separates Zimmer, das zurzeit als Abstellraum genutzt wird. Die tragende Wand, die es vom restlichen Raum abtrennt, wirkt mit ihrer halboffenen Bauweise angenehm durchlässig.
Alle Familienmitglieder hören gerne Musik. Hifi-Geräte und CD-Sammlung finden Platz in niedrigen Regalen auf der Straßenseite des offenen Wohnbereichs mit Küche und Essecke (links im Bild). Davor befindet sich ein Arbeitsplatz für die Eigentümerin, die von zu Hause aus arbeitet. Auf der Flussuferseite übernimmt eine lange Bank die Rolle des Wohnzimmersofas. Unter der Sitzfläche bieten Rollcontainer Stauraum. Abends sorgt ein Vorhang für Privatsphäre.
Weil über dem Wohnzimmer noch eine kleine Loftetage liegt, sind die Zimmerdecken nicht besonders hoch. Doch dank der großen Fenster zu beiden Seiten fühlt man sich nicht im Geringsten eingezwängt.
Weil über dem Wohnzimmer noch eine kleine Loftetage liegt, sind die Zimmerdecken nicht besonders hoch. Doch dank der großen Fenster zu beiden Seiten fühlt man sich nicht im Geringsten eingezwängt.
Auf der Flussuferseite gibt es eine lange Fensterbank, die auf einer Höhe mit der inneren Sitzbank liegt – dort, wo auch das großzügige Schiebefenster beginnt. Wenn es geöffnet ist, wirkt der Raum optisch tiefer, und die beiden Oberflächen verbinden sich zu einer Terrasse. Auch hier ist zu sehen, wie raffiniert der Architekt den verfügbaren Raum ausgenutzt hat.
Projekte zum Wohnen auf kleinem Raum
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Im spitzen Winkel der dreieckigen Fläche liegen Küche und Esszimmer. Auch wenn die Küche relativ klein ist, fühlt sie sich geräumig an – nicht zuletzt wegen der hohen Dachschrägen, die auch für ein gutes Raumklima sorgen. Hängeleuchten unterstreichen die Deckenhöhe. Die Beleuchtung im Haus stammt vom Nakajima Tatsuoki Lighting Design Laboratory.
Über dem Wohnzimmer liegt ein etwa 9,70 Quadratmeter großes Loft, in dem die Kinder spielen und Spaß haben können und dabei dank der offenen Bauweise noch im Blickfeld der Eltern sind. An jeder Seite des Lofts befinden sich zwei tragende Teilwände.
Zwei Dachfenster versorgen das Loft mit viel Tageslicht und frischer Luft. Das Fenster auf der Südseite war ursprünglich nicht vorgesehen und wurde erst eingefügt, als die Bauarbeiten schon begonnen hatten.
Durch ein nach Süden ausgerichtetes Dachfenster dieser Größe kann sich der Raum schon mal etwas aufheizen, aber den großzügigen Ausblick in den Himmel empfinden die Eigentümer als Bereicherung. Dazu kommt im Wohnzimmer der Blick auf den Fluss, der sich hier sogar auf beiden Seiten ergibt, wodurch eine ungewöhnlich starke Verbindung zwischen Haus und Umgebung entsteht.
Der Blick vom Loft auf die Küche.
„Wenn ich mit einem Entwurf beginne, habe ich das feste Ziel, etwas von bleibendem Wert zu schaffen“, sagt Mizuishi. Das ist ihm mit diesem Wohnhaus in Horinouchi gelungen. Dem eigenartig geformten Grundstück, das vorher unverkäuflich erschien, hat er genau die Eigenschaften entlockt, die dort ein angenehmes Familienleben möglich machen.
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Hier lebt: Ein Paar mit zwei jungen Töchtern
In: einem zweigeschossigen Holzhaus in Tokio, Japan
Auf: etwa 55 Quadratmetern Wohnfläche, auf einem etwa 29 Quadratmeter großen Grundstück
Architekt: Kota Mizuishi von Mizuishi Architect Atelier
Fotos: Hiroshi Tanigawa
Die Bauherrenfamilie – ein Möbeldesigner, seine Frau (die aus dem Homeoffice arbeitet) und ihre beiden kleinen Kinder – lebte zur Miete in der Nachbarschaft und träumte schon lange vom Eigenheim. Gemeinsam mit Architekt Kota Mizuishi machte man sich auf die Suche nach einem freien Bauplatz und würde schließlich in einem dreieckigen, schmalen Stück Land am Flussufer fündig, das aufgrund seiner Form und Größe zu einem Preis angeboten wurde, der – sehr zur Freude der Eigentümer – deutlich unter dem ortsüblichen Standard lag.