Houzzbesuch
Manufakturbesuch: Eine kleine Vergolderei in Hamburg
Hier ist fast alles Gold, was glänzt: Vergoldermeisterin Anna Hübner veredelt Bilderrahmen, Stühle – und sogar Golfbälle
Schon vor über 5000 Jahren wurde im alten Ägypten eine Technik des Vergoldens entwickelt, die im Grunde noch heute unverändert angewendet wird. Es gibt keine Maschinen, welche die Arbeit erleichtern oder gar übernehmen könnten, so dass dieses Kunsthandwerk, welches Tradition hat seit die Menschheit das Gold als einen Wert schätzt, auch heute noch sehr ursprünglich ausgeführt wird. Eine, die damit alten sowie neuen Objekten, Rahmen oder Lieblingstücken zu neuem Glanz verhilft, ist Vergoldermeisterin Anna Hübner aus Hamburg – der das Handwerk beinahe in die Wiege gelegt scheint. Denn schon als Kind veredelte sie gerne Gebrauchsgegenstände – zum Beispiel Papier-Locher – mit farbigen Lacken und Glitzerpulver.
Vergolder – das ist die Berufsbezeichnung eines Handwerks, das sich mit der Veredelung und Gestaltung von Oberflächen beschäftigt. Beispielsweise durch das Aufbringen von hauchdünnem Blattgold und anderer Blattmetalle auf metallische und nichtmetallische Objekte. Des Weiteren werden auch Farben, Lacküberzüge und Pigmente zur Oberflächengestaltung verwendet. So hat nicht alles, was Anna Hübner in ihrer Vergolderei anbietet, nur mit Gold zu tun.
Dass es nicht immer nur die typischen Bilder- oder Spiegelrahmen sein müssen, die man vergolden lassen kann, zeigt sich eindrucksvoll in Hübners Atelier im Eppendorfer Weg im Hamburger Stadtteil Hoheluft-West, in dem man neben vergoldeten Hasen und anderen Skulpturen auch Alltagsgegenstände, Stühle oder Musikinstrumente findet, die ihr ursprüngliches Äußeres gegen ein goldenes eingetauscht haben – und definitiv zu vielen weiteren Ideen inspirieren.
„Bei Gebrauchsgegenständen wie Stühlen ist es zu empfehlen diese nur als dekorative Objekte zu nutzen, wobei es auch möglich ist, die vergoldete Oberfläche durch eine Lackierung zu schützen und unempfindlicher für den Gebrauch zu machen“, sagt Hübner. „Da die Beschichtung mit stoßresistenten Lacken sich aber unschön auf die Erscheinung der feinen metallischen Oberfläche auswirkt, versehe ich sie lieber mit einem zarten, aber etwas empfindlicheren Schellacküberzug“.
Das Aufgabenfeld des Vergolders ist deutlich breiter als oftmals angenommen und verbindet viele schöne Techniken aus Kunst und Handwerk. Dazu gehört nicht nur das Veredeln und Gestalten von Oberflächen mit Edelmetallen, wie Gold und Silber, oder den sogenannten Schlagmetallen, wie Blattmessing, -kupfer oder -aluminium, sondern ebenso die Aufarbeitung und Restaurierung historischer Rahmen und Kunstobjekte.
„Das Restaurieren alter Rahmen ist eine meiner liebsten Arbeiten als Vergolderin. Ich ergänze fehlende Ornamente, festige lose Teile, entferne Verschmutzungen und frische die Vergoldung auf, oder erneuere diese, so dass alles wieder in den ursprünglichen Einklang gebracht wird und der historische Wert erhalten bleibt“.
So kann Hübner auch schon halb aufgegebenen Stücken zu neuer Schönheit verhelfen.
So kann Hübner auch schon halb aufgegebenen Stücken zu neuer Schönheit verhelfen.
Bei einem Besuch in Hübners Atelier ist die Leidenschaft für die alten Rahmen nicht zu übersehen. Die Wände sind mit zahlreichen Exemplaren aus verschiedenen Jahrzehnten und Epochen bestückt. Vergoldet oder künstlerisch mit Farben gestaltet, warten die meist handgeschnitzten Einzelstücke auf Hübners fachgerechte Behandlung oder bereits auf ihren Käufer.
„Nachdem ich die Stücke aufgearbeitet habe, liegen sie mir oft so sehr am Herzen, dass es mir nicht selten schwer fällt sie wieder abzugeben“, sagt Hübner. So fand der ein oder andere Rahmen auch schon in ihrem eigenen Zuhause seinen festen Platz.
„Nachdem ich die Stücke aufgearbeitet habe, liegen sie mir oft so sehr am Herzen, dass es mir nicht selten schwer fällt sie wieder abzugeben“, sagt Hübner. So fand der ein oder andere Rahmen auch schon in ihrem eigenen Zuhause seinen festen Platz.
Neben professionellen, konservierenden Einrahmungen von Grafiken, Fotografien oder Gemälden in historische Rahmen, fertigt Hübner auch sogenannte Vergolder-Rahmen nach Maß, so dass zusammen mit dem Kunden alle Gestaltungsdetails der Leisten und Oberflächen sowie das Passepartout und die Art des Glases abgestimmt werden können.
„Diesen französischen Rahmen aus dem frühen 19. Jahrhundert habe ich auf einer Auktion ersteigert, um ihn zu restaurieren, da ältere Beschädigungen nur sehr unprofessionell ausgebessert wurden”, erklärt Hübner.
Die Materialien, welche für die Restaurierung und die Vorbereitung zum Vergolden benötigt werden, sind noch immer die ursprünglichen Naturprodukte und werden überwiegend von Hand nach altem Rezept zubereitet.
So auch die Vergoldermasse aus Kreide, Knochenleim und Zellstoff, mit der beim Kitten kleine Risse aufgefüllt werden. „Bei diesem Arbeitsschritt bietet es sich an mit Zahnarztbesteck zu arbeiten, da ich ebenso festige, Füllungen mache, modelliere und schleife, so dass mein Zahnarzt und ich schon feststellten, dass wir eigentlich die gleichen Tätigkeiten ausüben“, so Hübner lachend.
So auch die Vergoldermasse aus Kreide, Knochenleim und Zellstoff, mit der beim Kitten kleine Risse aufgefüllt werden. „Bei diesem Arbeitsschritt bietet es sich an mit Zahnarztbesteck zu arbeiten, da ich ebenso festige, Füllungen mache, modelliere und schleife, so dass mein Zahnarzt und ich schon feststellten, dass wir eigentlich die gleichen Tätigkeiten ausüben“, so Hübner lachend.
Nachdem beschädigte Bereiche gekittet und fehlende Teile gegebenenfalls nachmodelliert wurden, wird nach der Durchtrocknung und dem Feinschliff eine in Leim gebundene Tonerdeschicht – das sogenannte Poliment – mehrfach als Grundierung aufgetragen. Diese wird später, unmittelbar vor dem Vergolden, mit der „Netze“, einer Mischung aus destilliertem Wasser und Alkohol, bestrichen.
Das typische Vergolderset besteht aus einem mit Leder bespannten Holzbrett, der „Palette” und dem „Anschießer“ - einem sehr flachen, breiten Pinsel aus Eichhörnchen-Schweifhaar. Dieses Set wird benötigt um die hauchdünnen Metallblättchen zu handhaben und auf das Objekt zu übertragen. Das Anfassen der Blätter mit der Hand ist keine gute Idee, da sie an den Fingern kleben bleiben und kaputt gehen würden. Hübner bewegt sie lediglich mit der Palette und gezieltem Pusten. „Damit die empfindlichen Blätter nicht davonfliegen, ist es wichtig bei dieser Arbeit flach zu atmen und nicht zu lachen“ erklärt Hübner (und lacht!).
Das mit der Palette zugeschnittene Blatt wird dann mit dem Anschießer aufgenommen, der zuvor durch das Streichen über Haut oder Haar statisch aufgeladen wurde. Mit stupsenden Bewegungen wird es auf die zuvor benetzte Oberfläche „geschossen“. Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis die Oberfläche gleichmäßig belegt ist. „Das abschließende Polieren ist immer ein guter Moment, da wird das endgültige Ergebnis dann sichtbar“, so Hübner.
Je nach der verwendeten Vergoldetechnik können abschließend einzelne Bereiche mit einem Polier-Achatstein auf Hochglanz poliert werden, so dass diese sich optisch von den matten Bereichen abheben und ein besonderer Effekt erzielt wird.
Je nach der verwendeten Vergoldetechnik können abschließend einzelne Bereiche mit einem Polier-Achatstein auf Hochglanz poliert werden, so dass diese sich optisch von den matten Bereichen abheben und ein besonderer Effekt erzielt wird.
Neben dem reinen Blattgold mit 24 Karat, gibt es viele Abstufungen ins rötliche oder grünliche, die durch das Verschmelzen des Goldes (das sogenannte „Legieren"), mit Anteilen von Kupfer oder Silber beispielsweise, entstehen. So kann aus etwa 26 verschiedenen Edelblattmetall-Legierungen gewählt werden. „Es ist auch üblich, verschiedene Töne für ein Objekt zu nutzen. Besonders bei den Verzierungen der alten Rahmen lassen sich dadurch ganz toll bestimmte Elemente hervorheben“, so Hübner.
Durch das Vergolden bleibt die Struktur des jeweiligen Objekts stets erhalten und wird sogar noch betont, was man schön an den Straußen- und Gänse-Eiern beobachten kann, die es Hübner ebenso angetan haben, wie die alten Rahmen. „Mich haben schon immer die Formen und Oberflächenstrukturen von verschiedensten Objekten fasziniert – genau wie meinen Vater, der Bildhauer, Lampendesigner und Grafiker war und dem es besonders die runden Formen angetan haben“, erzählt Hübner.
Die Keramikanhänger, die derzeit auch das Schaufenster der „Vergolderei” schmücken, sind Hübners eigene Kreation. Die selbstgegossenen Stücke hat sie mit einer kleinen Drahtöse versehen, so dass sie sich später wunderbar als Weihnachtsbaumschmuck oder Wanddekoration verwenden lassen.
Für das Vergolden der Anhänger nutzt Hübner eine etwas schnellere Technik, bei der sie die Stücke mit der sogenannten Anlegemilch bestreicht, an der die hauchdünnen Metallblättchen beim Auftragen mit dem Pinsel haften bleiben.
Nach dem Trocknen und dem Auspolieren des Blattmetalls werden die Anhänger noch mit einem eingefärbten Schellack überzogen und mit Farbpigmenten patiniert, so dass man ihnen ihr junges Alter gar nicht ansieht.
Ganz und gar nicht jung sind auch die Vergolderformen, die Hübner zum Teil von ihrem Vergoldermeister vermacht bekam, teils auf Antikmärkten kaufte. Mit ihnen lassen sich Verzierungen herstellen, die beispielsweise als Ornamentik auf die Rahmenleisten aufgesetzt werden können. „Heute sind es aber eher die schlichten Leisten, welche die meisten Kunden ansprechen“, erzählt Hübner.
Bei den Gegenständen, die sie zum Vergolden ins Atelier bringen, beweisen Hübners Kunden dafür besonders viel Ideenreichtum. So vergoldete Hübner schon medizinische Instrumente aus dem Operationssaal, Golfbälle, Babyschuhe, Spielzeuge oder Muscheln – zum Beispiel als Deko für das eigene Zuhause oder als Geschenke zu besonderen Anlässen, wie einer bestandenen Medizinerprüfung.
Neben den privaten Aufträgen arbeitet Hübner auch mit Firmenkunden zusammen, für die sie schon Wetterhähne von Kirchtürmen und größere Objekte vergoldete.
Doch auch wenn die Möglichkeiten fast unendlich erscheinen – Schmuck ist ein Bereich, für den Hübner nicht zuständig ist, sondern nur der Goldschmied.
Neben den privaten Aufträgen arbeitet Hübner auch mit Firmenkunden zusammen, für die sie schon Wetterhähne von Kirchtürmen und größere Objekte vergoldete.
Doch auch wenn die Möglichkeiten fast unendlich erscheinen – Schmuck ist ein Bereich, für den Hübner nicht zuständig ist, sondern nur der Goldschmied.
„Besonders wichtig ist es, die Objekte und das Vorhaben stets ausführlich mit dem Kunden zu besprechen und auch individuell Absprache zu halten“, so Hübner.„Die vielen schönen und interessanten Begegnungen mit den Kunden sind mir sehr wichtig, ebenso die Vielfalt der anfallenden Tätigkeiten, die die Arbeit als Vergolderin mit sich bringt und so besonders machen“.
Alle Fotos aus der Vergolderei
Alle Fotos aus der Vergolderei
Hier arbeitet: Vergoldermeisterin Anna Hübner (48)
In: Hoheluft-West, Hamburg
Fotos: Maike Wagner Fotografie
Bis aus dem Glitzerpulver-Fan eine gestandene Vergoldermeisterin wurde, dauerte es seine Zeit. Zunächst besuchte Anna Hübner eine Fachoberschule für Grafikdesign, wo das kreative Gestalten sowie Formen- und Farbenlehre im Vordergrund standen. Das Interesse an der Restaurierung führte sie dann zum Beruf des Vergolders, der alle Tätigkeiten, die sie interessierten, vereint. Nach einem Berufspraktikum absolvierte sie eine Lehre und später die Meisterschule.