Terrassengestaltung
Balkon-Poesie: Eine immergrüne Oase mit beweglichem Boden
Ein Kunstliebhaber lässt seinen Balkon neu gestalten – und entspannt jetzt auf einem „aufbrechenden Erdboden“, umringt von Immergrün
„Verwahrlost und marode war der Balkon vorher. Um ihm neues Leben einzuhauchen, haben wir ihn komplett erneuert“, erzählt der Pariser Landschaftsarchitekt Bertrand de La Vieuville. Die Lage auf der Nordseite, die daraus resultierende hohe Feuchtigkeit und die relativ geringe Fläche machten das Projekt zu einer ziemlichen Herausforderung. In Zusammenarbeit mit einem Tischler und dem Team von Les Mains de Jardin, einem Büro für Gartengestaltung, hat Vieuville dem Balkon in nur einem Monat – während der Kunde im Urlaub war – ein komplett neues Gesicht gegeben. Das Ergebnis könnte origineller nicht sein.
Der Kunde wünschte sich einen Balkon hauptsächlich zum Entspannen. Praktische Aspekte waren ihm daher nicht so wichtig. Und so schuf Vieuville einen Ort, an dem viel Holz und üppiges Grün zu einer Einheit der besonderen Art verschmelzen.
Die Idee: Der Balkon sollte dem „aufbrechenden Erdboden“ gleichen. Eine Reverenz an den Pariser Springbrunnen „L’Embâcle“ („Eisstau“) des kanadischen Künstlers Charles Daudelin, bei dem sich Bronzeplatten gegeneinander aufzuschieben scheinen wie kollidierende Eisschollen – und ein Mittel, die Kraft und Energie der Erde ganz für sich sprechen zu lassen. Denn die, findet Vieuville, komme vor allem in der Landschaftsgestaltung im städtischen Bereich oft zu kurz. Und so schuf er eine Art Holzpodest aus vielen Einzelelementen, in die er mehrere Öffnungsklappen einbauen ließ. Die Pflanzen, die darin wachsen, scheinen aus dem Boden regelrecht hervorzubrechen. „Das Projekt hat etwas sehr Poetisches“, erklärt Vieuville.
Hier sieht man eine Ecke mit besagten Klappen. Gelbe und anisgrüne Blumentöpfe finden sich überall auf dem Balkon.
„Das schmiedeeiserne Geländer gehört zum Bestand, nur die Verkleidung der Blumenkästen entlang der Brüstung haben wir neu schreinern lassen“, erklärt er.
„Das schmiedeeiserne Geländer gehört zum Bestand, nur die Verkleidung der Blumenkästen entlang der Brüstung haben wir neu schreinern lassen“, erklärt er.
„Für den Balkonboden habe ich Akazienholz gewählt. Es stammt aus der Region, ist sehr robust und wächst schnell nach. Obwohl ich kein Ökotyp im engeren Sinne bin, fand ich es vernünftig, eine heimische Holzart zu verwenden.“ Vieuville ließ Holz der Qualitätsklasse 4 verarbeiten, da es besonders resistent gegen Witterungseinflüsse ist.
Ein Großteil der Pflanzen ist immergrün, darunter japanische Rosmarinheide und mexikanische Orange. Auch sommergrüne Arten wie Fiederspieren und Johanniskraut, dessen gelbe Blüten die Farbe der Blumentöpfe wiederaufnehmen, wurden gepflanzt. „Der Eigentümer wollte auf keinen Fall den klassischen, zurechtgestutzten Buchsbaum auf seinem Balkon haben. Um eine natürliche Atmosphäre zu schaffen, habe ich viele unterschiedliche Stauden verwendet, wobei ich darauf geachtet habe, dass sie es feucht und schattig mögen“, erklärt der Landschaftsarchitekt.
„Dieser kleine Weg führt in eine noch dunklere Ecke, in der ich unter zwei japanischen Ahornbäumen eine Art Unterholz-Atmosphäre geschaffen habe“, sagt Vieuville. Die Bäume wählte der Landschaftsarchitekt vor allem wegen ihren feinen Blätter und ihrer sowohl im Herbst als auch im Winter schönen Färbung.
An einer der Wände werden das Holzmotiv und die Bepflanzung fortgeführt. Vieuvilles Idee war es, „auf künstlerische Weise den Wald darzustellen und der Terrasse wahre Tiefe zu verleihen.“ Ein wahrlich traumhaftes Projekt zwischen Romantik und Kunst-Installation, das ein wenig an die Arte Povera der Sechziger- und Siebzigerjahre erinnert.
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Hier entspannt: ein Kunstliebhaber (wie man an der Gestaltung des Balkons erkennen kann)
Im: 8. Arrondissement von Paris, Frankreich.
Auf: 22 Quadratmetern
Landschaftsarchitekt: Atelier DLV, Bertrand de La Vieuville