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Deko-Ideen
Das große Staunen: Die Rückkehr der Wunderkammern
Unter Glasglocken, auf Regalen und im Zerrspiegel: So verwandeln Sie Ihr Heim in eine Welt voller Kuriositäten, Artefakte und Seltsamkeiten
Auf meinem Schrank haust ein Wolpertinger. Dieses bayerische Fabelwesen hat den Kopf eines Kaninchens, Flügel, manchmal Entenfüße und immer ein Geweih. Mein Wolpertinger muss noch sehr jung sein, denn statt eines Geweihs wächst aus seinem Kopf nur ein einzelnes Horn. Aber ich mag ihn trotzdem!
Natürlich gibt es in freier Wildbahn keine Wolpertinger. Sie sind im 19. Jahrhundert der Fantasie von Tierpräparatoren entsprungen, die mit ihren Geschöpfen leichtgläubigen Touristen Geld abnahmen. Meinen habe ich auf einem Flohmarkt ergattert, und jedes Mal, wenn ein Besucher ihn sieht, gibt es ungläubiges Staunen: In einer von Minimalismus und dezenten skandinavischen Möbeln dominierten Welt eine wunderbare Abwechslung.
Sie erinnert an die Kuriositätenkabinette vergangener Jahrhunderte – eine willkommene Inspiration für alle, die einen Hang zu sensationellen Souvenirs haben. Wer sich an den Kunst- und Wunderkammern der Spätrenaissance und des Barock – den Vorläufern der heutigen Museen – orientiert, kann seine Wohnung mit diesen Tipps in eine Welt des kindlichen Staunens verwandeln.
Natürlich gibt es in freier Wildbahn keine Wolpertinger. Sie sind im 19. Jahrhundert der Fantasie von Tierpräparatoren entsprungen, die mit ihren Geschöpfen leichtgläubigen Touristen Geld abnahmen. Meinen habe ich auf einem Flohmarkt ergattert, und jedes Mal, wenn ein Besucher ihn sieht, gibt es ungläubiges Staunen: In einer von Minimalismus und dezenten skandinavischen Möbeln dominierten Welt eine wunderbare Abwechslung.
Sie erinnert an die Kuriositätenkabinette vergangener Jahrhunderte – eine willkommene Inspiration für alle, die einen Hang zu sensationellen Souvenirs haben. Wer sich an den Kunst- und Wunderkammern der Spätrenaissance und des Barock – den Vorläufern der heutigen Museen – orientiert, kann seine Wohnung mit diesen Tipps in eine Welt des kindlichen Staunens verwandeln.
Aber zurück zur wunderbaren Wunderkammer: Sammeln können Sie natürlich alles, was Sie interessiert. Wenn Sie Ihre Wunderkammer allerdings den historischen Vorbildern nachempfinden wollen, sollten Sie mindestens ein Objekt aus jeder dieser vier wichtigsten Wunderkammer-Sphären Ihr Eigen nennen: Naturalia, Artificialia, Scientifica und Exotica.
Artificialia
Die Fürsten liebten damals Skulpturen und teure Objekte aller Art. Nautilus-Pokale, geschliffenes Kristallglas und Elfenbeinschnitzereien waren es immer wert, in eine Sammlung aufgenommen zu werden. Man könnte auch sagen: herausragendes Kunsthandwerk war und ist sammelwürdig.
Präsentieren Sie solche Objekte unter einer schützenden Glasglocke, um ihnen eine Aura des Unbekannten und Mystischen zu geben. Mit der passenden Geschichte – ob erfunden oder wahr – wird so für Kinder und Junggebliebene im Zweifel auch aus weniger wertvollem Plunder ein uraltes Artefakt zum Bestaunen.
Mehr: Lieblingsstücke unter der Haube – über Cloches & Glasglocken >>>
Artificialia
Die Fürsten liebten damals Skulpturen und teure Objekte aller Art. Nautilus-Pokale, geschliffenes Kristallglas und Elfenbeinschnitzereien waren es immer wert, in eine Sammlung aufgenommen zu werden. Man könnte auch sagen: herausragendes Kunsthandwerk war und ist sammelwürdig.
Präsentieren Sie solche Objekte unter einer schützenden Glasglocke, um ihnen eine Aura des Unbekannten und Mystischen zu geben. Mit der passenden Geschichte – ob erfunden oder wahr – wird so für Kinder und Junggebliebene im Zweifel auch aus weniger wertvollem Plunder ein uraltes Artefakt zum Bestaunen.
Mehr: Lieblingsstücke unter der Haube – über Cloches & Glasglocken >>>
Naturalia
Die allermeisten von Menschen erschaffenen Wunder müssen zwangsläufig verblassen vor den Wundern der Natur. Präparate seltener Tiere, Versteinerungen und Monstrositäten befeuerten früher die Fantasie der Bevölkerung.
Fabeln und Volksmärchen spielten dabei eine große Rolle. Das Horn eines Einhorns, Wurzeln mit magischen Kräften oder eben Wolpertinger waren daher Bauernfänger im wahrsten Sinne des Wortes. Auch wenn wir heute mehr wissen als die Menschen von damals – faszinierend sind solche Dinge immer noch. Tierpräparate sind natürlich nicht jedermanns Sache. Aber auch Kristalle, Ammoniten oder andere Versteinerungen können als Blickfang Wirkung zeigen.
Die allermeisten von Menschen erschaffenen Wunder müssen zwangsläufig verblassen vor den Wundern der Natur. Präparate seltener Tiere, Versteinerungen und Monstrositäten befeuerten früher die Fantasie der Bevölkerung.
Fabeln und Volksmärchen spielten dabei eine große Rolle. Das Horn eines Einhorns, Wurzeln mit magischen Kräften oder eben Wolpertinger waren daher Bauernfänger im wahrsten Sinne des Wortes. Auch wenn wir heute mehr wissen als die Menschen von damals – faszinierend sind solche Dinge immer noch. Tierpräparate sind natürlich nicht jedermanns Sache. Aber auch Kristalle, Ammoniten oder andere Versteinerungen können als Blickfang Wirkung zeigen.
Scientifica
Das geistige Erwachen der Renaissance zog nicht nur Staunen nach sich, sondern auch wissenschaftliches Interesse. Kompasse, Astrolabien, Globen und komplizierte Automaten wurden erfunden, genutzt und ausgestellt. Ebenso wichtig wie die Bewunderung der feinen Mechanismen war die Erfassung und Beschreibung von Naturphänomenen.
Ein antiker Globus oder ein altes Barometer sind oft noch funktionstüchtig. Die alte Handwerkskunst und Mechanik begeistert in der digitalen Welt von heute und hat einen Ehrenplatz in Ihrem Regal oder auf einem Tischchen verdient. Bücher oder alte Landkarten ergänzen das Thema perfekt.
Das geistige Erwachen der Renaissance zog nicht nur Staunen nach sich, sondern auch wissenschaftliches Interesse. Kompasse, Astrolabien, Globen und komplizierte Automaten wurden erfunden, genutzt und ausgestellt. Ebenso wichtig wie die Bewunderung der feinen Mechanismen war die Erfassung und Beschreibung von Naturphänomenen.
Ein antiker Globus oder ein altes Barometer sind oft noch funktionstüchtig. Die alte Handwerkskunst und Mechanik begeistert in der digitalen Welt von heute und hat einen Ehrenplatz in Ihrem Regal oder auf einem Tischchen verdient. Bücher oder alte Landkarten ergänzen das Thema perfekt.
Auch Schautafeln und Lehrmodelle rund um die menschliche und tierische Anatomie und die wissenschaftlich genaue Darstellung von Lebewesen nehmen in der Renaissance ihren Anfang. Warum also nicht eine Zeichnung oder gar das Modell des menschlichen Rumpfes, samt herausnehmbarer Leber, in die Sammlung integrieren?
Mehr: Staunen und Lernen: So schön sind botanische und zoologische Prints
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Exotica
Die Triade aus Artificialia, Scientifica und Naturalia unterschied im Zweifel natürlich nicht allzu streng. Die Grenzen waren durchlässig, eine systematische Erfassung entstand erst später im Museum. Wenn ein Fürst reiselustig oder interessiert an fernen Ländern war, existierte meist eine vierte Gattung: Exotica. Chinesisches Porzellan, persische Webkunst oder afrikanische Masken erstaunten die Massen.
Trotz Globalisierung sind uns auch heute noch viele Kulturen fremd und üben große Faszination aus. Eine regionale Sortierung Ihrer Sammlung bietet sich an, aber farbliche oder thematische Gruppen machen ebenfalls etwas her. Ein Hauch Exotik lockert jedes minimalistische Wohnzimmer auf!
Die Triade aus Artificialia, Scientifica und Naturalia unterschied im Zweifel natürlich nicht allzu streng. Die Grenzen waren durchlässig, eine systematische Erfassung entstand erst später im Museum. Wenn ein Fürst reiselustig oder interessiert an fernen Ländern war, existierte meist eine vierte Gattung: Exotica. Chinesisches Porzellan, persische Webkunst oder afrikanische Masken erstaunten die Massen.
Trotz Globalisierung sind uns auch heute noch viele Kulturen fremd und üben große Faszination aus. Eine regionale Sortierung Ihrer Sammlung bietet sich an, aber farbliche oder thematische Gruppen machen ebenfalls etwas her. Ein Hauch Exotik lockert jedes minimalistische Wohnzimmer auf!
Moderne Wunderkammern
Zum Anlegen einer zeitgenössischen Wunderkammer müssen Sie keine Unsummen für Antiquitäten ausgeben. Moderne Versionen sind genauso möglich. Lassen Sie sich inspirieren vom viktorianischen Stil und Steampunk, von volkstümlichen Sagen und fremden Kulturen, von Jules Verne und David Lynch.
Wer immer nur auf zurückhaltenden Minimalismus setzt und die Welt durch die Glasscheibe – oder den Computerbildschirm – betrachtet, wird niemals die Wunder der Welt erleben. Und sie schon gar nicht mit nach Hause nehmen können…
Zum Anlegen einer zeitgenössischen Wunderkammer müssen Sie keine Unsummen für Antiquitäten ausgeben. Moderne Versionen sind genauso möglich. Lassen Sie sich inspirieren vom viktorianischen Stil und Steampunk, von volkstümlichen Sagen und fremden Kulturen, von Jules Verne und David Lynch.
Wer immer nur auf zurückhaltenden Minimalismus setzt und die Welt durch die Glasscheibe – oder den Computerbildschirm – betrachtet, wird niemals die Wunder der Welt erleben. Und sie schon gar nicht mit nach Hause nehmen können…
Wie präsentiert man skurrile Sammlungen am besten?
Von maßgefertigten Schatullen bis hin zu ganzen Wunderkammerschränken mit vielen Schubladen: Die Aufbewahrung und Präsentation der Sammlungen war immer wichtig. Und sollte es auch heute sein. Wenn Sie eine wunderkammerhafte Sammelleidenschaft hegen wollen, sollten Sie also zunächst über die passenden Regale nachdenken. Diese sollten nicht zu massiv sein, damit Sie den Objekten genug Raum geben. Glocken, Kolben oder Dosen aus Glas schützen und konservieren empfindliche Stücke. Von hinten erleuchtetes Milchglas gibt der Sammlung einen professionellen Labor-Look.
Von maßgefertigten Schatullen bis hin zu ganzen Wunderkammerschränken mit vielen Schubladen: Die Aufbewahrung und Präsentation der Sammlungen war immer wichtig. Und sollte es auch heute sein. Wenn Sie eine wunderkammerhafte Sammelleidenschaft hegen wollen, sollten Sie also zunächst über die passenden Regale nachdenken. Diese sollten nicht zu massiv sein, damit Sie den Objekten genug Raum geben. Glocken, Kolben oder Dosen aus Glas schützen und konservieren empfindliche Stücke. Von hinten erleuchtetes Milchglas gibt der Sammlung einen professionellen Labor-Look.
Natürlich hatten die hohen Herren in ihren Schlössern genug Platz für ausufernde Sammlungen. Doch ein kleines Kuriositätenkabinett lässt sich überall unterbringen. Alte Koffer, Apothekerschränke mit ihren unzähligen Schubladen, Sekretäre, kleine Schränke oder verzierte Schatzkisten sind die perfekten Orte für Ihre skurrile Sammelleidenschaft. Und sollte Ihnen das alles vor Gästen unangenehm sein: Deckel zu und die Wunder bleiben im Dunkeln!
Kleiner können Sie es mit einem Arrangement auf dem Kaminsims, Beistelltischchen oder Regal halten. Eine kuriose Dekoinsel mit etwas morbidem Charme passt am Besten in den Herbst, zieht aber garantiert auch ganzjährig staunende Blicke auf sich. Tierschädel, alte Spieluhren oder Kristallpokale schön arrangiert – das macht zwar noch keine Wunderkammer, aber immerhin ein Regal voller kleiner Wunder.
Nur nicht zu ordentlich!
Eines aber ist klar: eine echte Wunderkammer darf keine museale Ordnung haben. Sie ist eine wilde Collage aus vielen Teilbereichen, die heute zwar getrennt werden, damals aber noch zusammengehörten. Wagen Sie daher ein bisschen Unordnung, mischen Sie Stilrichtungen und Epochen, Wertvolles und Krimskrams. Erst wenn Sie selber den Überblick verlieren und zwischen den Ritzen längst vergessene Dinge wiederfinden, ist die Wunderkammer ein wahrer Ort des Staunens.
Und wenn Ihre Schätze es erlauben, sollten Sie diese unbedingt zugänglich machen. Die Devise lautet: Anfassen und ausprobieren. Die Kunst- und Wunderkammer ist der Gegenentwurf zum „bitte nicht berühren“ heutiger Museen.
Houzzbesuch zum Bild: Der deutsche Walt Disney gibt einen Einblick in sein Reich >>>
Haben Sie auch eine wundersame Sammlung? Zeigen Sie uns ein Foto!
Eines aber ist klar: eine echte Wunderkammer darf keine museale Ordnung haben. Sie ist eine wilde Collage aus vielen Teilbereichen, die heute zwar getrennt werden, damals aber noch zusammengehörten. Wagen Sie daher ein bisschen Unordnung, mischen Sie Stilrichtungen und Epochen, Wertvolles und Krimskrams. Erst wenn Sie selber den Überblick verlieren und zwischen den Ritzen längst vergessene Dinge wiederfinden, ist die Wunderkammer ein wahrer Ort des Staunens.
Und wenn Ihre Schätze es erlauben, sollten Sie diese unbedingt zugänglich machen. Die Devise lautet: Anfassen und ausprobieren. Die Kunst- und Wunderkammer ist der Gegenentwurf zum „bitte nicht berühren“ heutiger Museen.
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Haben Sie auch eine wundersame Sammlung? Zeigen Sie uns ein Foto!
Es beginnt in Europa etwa im 14. Jahrhundert mit höfischen Sammlungen voller Artefakten, Raritäten und Kuriosem: den Panoptika. Wissenschaftliche Neugier und eine volkstümliche Faszination für das Wundersame brachten die Fürsten und Herrscher dazu, alchemistische Lehrbücher, Tierpräparate, Gesteine oder orientalisches Porzellan anzuhäufen und auszustellen, in immer elaborierterer Form. Ihre Blüte erlebten die Kunst- und Wunderkammern dann im Barock. Im deutschsprachigen Raum waren beispielsweise die Kunst- und Wunderkammern von Rudolf II. (1552-1612) in Prag oder jene auf Schloss Ambras in Innsbruck überregional bekannt.
Mit dem Beginn der Aufklärung kamen Kunst- und Wunderkammern etwas in Verruf, sie konnten den neuen wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen. Die modernen Museen traten die Nachfolge der Wunderkammern an – unter Verbannung unwissenschaftlicher Kuriositäten, mit sauber getrennten Disziplinen und systematischer Ordnung.
Ein Nachwirken des frühen Panoptikum-Gedankens ist in den fahrenden „Freakshows“ und sogenannten „Abnormitätenschauen“ zu erkennen, die es bis weit ins 20. Jahrhundert in Amerika und Europa hinein gab.