Es sind Zwillinge! Ein Haustyp, eine Architektin, zwei Anbauten
Wie sich auch unter strengen Vorgaben bei der Sanierung und Erweiterung individuelle Lösungen realisieren lassen
Eva Bodenmüller
15. Januar 2020
Houzz Deutschland Contributor. Freie Autorin mit Faible für Architektur und Technik, Garten und Kulinarik
Houzz Deutschland Contributor. Freie Autorin mit Faible für Architektur und Technik,... Mehr
Wer sich für ein Typenhaus entscheidet, etwa ein Reihenhaus, Townhouse oder Siedlungshaus, weiß, wie die Nachbarn wohnen. Noch mehr, wenn Denkmal- und Ensembleschutz Modernisierungen und Erweiterungen stark reglementieren. 136 gleiche Häuschen. Kann sich hier Individualität durchsetzen? Ja, wie die Ganghofersiedlung in Regensburg mit ihren in den Jahren 1936 und 1937 entstandenen Siedlungshäusern zeigt. Die Stadt hatte im Rahmen der notwendigen Sanierungsarbeiten auch eine Erweiterung des Wohnraums erlaubt, allerdings streng reglementiert. Dass selbst unter diesen Bedingungen individueller Wohnraum entstehen kann, zeigten Fabi Architekten, die gleich zwei dieser Häuser erweitern und neu gestalten durften.
Die zwei Häuser auf einen Blick
Im Haus mit den roten Läden wohnt (Haus A): eine Familie mit zwei Kindern
Auf: 198 Quadratmetern
In: Regensburg
Umbaujahr: 2012
Im Haus mit den grünen Läden wohnt (Haus B): eine Familie mit drei Kindern
Auf: 185 Quadratmetern
In: Regensburg
Umbaujahr: 2015
Anmerkung: Über dieses Haus gibt es bereits eine ausführliche Projektreportage auf Houzz
Experte bei beiden Projekten: Fabi Architekten
Fotograf: Herbert Stolz
Im Haus mit den roten Läden wohnt (Haus A): eine Familie mit zwei Kindern
Auf: 198 Quadratmetern
In: Regensburg
Umbaujahr: 2012
Im Haus mit den grünen Läden wohnt (Haus B): eine Familie mit drei Kindern
Auf: 185 Quadratmetern
In: Regensburg
Umbaujahr: 2015
Anmerkung: Über dieses Haus gibt es bereits eine ausführliche Projektreportage auf Houzz
Experte bei beiden Projekten: Fabi Architekten
Fotograf: Herbert Stolz
Ein Architekturbüro, zwei Bauherrenfamilien
Zwei Bauherrenfamilien entschieden sich unabhängig voneinander, Sanierung und Anbau mit Fabi Architekten zu realisieren. „Die Bauherren kannten sich nicht“, erzählt die Architektin Nina Fabi. „Aber das ist auch nicht wesentlich. Wir haben die Häuser und Anbauten nach den individuellen Bedürfnissen der Bauherren gestaltet. Bei der Planung stehen die Menschen im Vordergrund“, erläutert die Architektin. Und so gleichen sich vielleicht die Fassaden und die Kubatur der Häuser mit den Anbauten – hierfür gab es strenge Vorgaben – doch die Innenräume unterscheiden sich deutlich.
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Zwei Bauherrenfamilien entschieden sich unabhängig voneinander, Sanierung und Anbau mit Fabi Architekten zu realisieren. „Die Bauherren kannten sich nicht“, erzählt die Architektin Nina Fabi. „Aber das ist auch nicht wesentlich. Wir haben die Häuser und Anbauten nach den individuellen Bedürfnissen der Bauherren gestaltet. Bei der Planung stehen die Menschen im Vordergrund“, erläutert die Architektin. Und so gleichen sich vielleicht die Fassaden und die Kubatur der Häuser mit den Anbauten – hierfür gab es strenge Vorgaben – doch die Innenräume unterscheiden sich deutlich.
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Gleiche Ausgangslage
Grundsätzlich gleichen sich die Siedlungshäuser, sind sie doch als Typenhäuser angelegt. Kubatur und Fassadeneinteilung, ja sogar die Grundrisse stimmen überein. Dennoch gleichen sie sich vor allem in Äußerlichkeiten. „Die Substanz der Häuser war sehr verschieden. Kellerwände und Fußbodenschüttungen waren aus dem Material, das genau zur Bauzeit vorhanden war“, erklärt Nina Fabi. Und auch die Grundstücke haben ihre Eigenheiten, da hier nicht in einer ebenen Fläche gebaut worden war, sondern in Hanglage.
Strenge Auflagen für Sanierung und Erweiterung
Die meisten Häuser der Siedlung waren ununterbrochen bewohnt. Zuletzt vor allem von älteren Paaren oder Alleinstehenden. „Es gab einen Generationswechsel. Da wurden viele Häuser verkauft, es zogen wieder Familien ein“, erzählt Nina Fabi. Die etwa achtzig Quadratmeter große Wohnfläche, die sich ursprünglich teilweise zwei Familien teilten, durfte durch einen Anbau um bis zu hundertzehn Quadratmeter vergrößert werden.
Grundsätzlich gleichen sich die Siedlungshäuser, sind sie doch als Typenhäuser angelegt. Kubatur und Fassadeneinteilung, ja sogar die Grundrisse stimmen überein. Dennoch gleichen sie sich vor allem in Äußerlichkeiten. „Die Substanz der Häuser war sehr verschieden. Kellerwände und Fußbodenschüttungen waren aus dem Material, das genau zur Bauzeit vorhanden war“, erklärt Nina Fabi. Und auch die Grundstücke haben ihre Eigenheiten, da hier nicht in einer ebenen Fläche gebaut worden war, sondern in Hanglage.
Strenge Auflagen für Sanierung und Erweiterung
Die meisten Häuser der Siedlung waren ununterbrochen bewohnt. Zuletzt vor allem von älteren Paaren oder Alleinstehenden. „Es gab einen Generationswechsel. Da wurden viele Häuser verkauft, es zogen wieder Familien ein“, erzählt Nina Fabi. Die etwa achtzig Quadratmeter große Wohnfläche, die sich ursprünglich teilweise zwei Familien teilten, durfte durch einen Anbau um bis zu hundertzehn Quadratmeter vergrößert werden.
Im Bild: Beispielhaft zeigt der Grundriss von Haus B, wie Neubau an Bestand im gesamten Gebiet der Ganghofersiedlung angrenzen darf
Der strenge Bebauungsplan, der für die Anbauten im Bestandsschutzgebiet erstellt wurde, schrieb vieles vor. Auch, wie der Neubau an den Bestand angrenzen sollte, der bezüglich Kubatur, Fenstern und Läden erhalten bleiben musste. Eine neue Dämmung und die Erneuerung von Elektro- und Wasserleitungen sowie der Heizung waren aber erlaubt. Optisch sollten die verputzten Siedlungshäuser nach den Arbeiten in neuem Glanz erstrahlen. „Etwa achtzig bis neunzig Prozent dessen, was wir machen konnten, war vorgegeben“, erinnert sich Nina Fabi, die strenge Bebauungspläne grundsätzlich befürwortet. Der Anbau durfte nur als eingeschossiger Flachdachbau ausgeführt werden und nicht länger als vierzehn Meter sein. Durch die Hanglange ergaben sich zusätzliche Möglichkeiten.
Der strenge Bebauungsplan, der für die Anbauten im Bestandsschutzgebiet erstellt wurde, schrieb vieles vor. Auch, wie der Neubau an den Bestand angrenzen sollte, der bezüglich Kubatur, Fenstern und Läden erhalten bleiben musste. Eine neue Dämmung und die Erneuerung von Elektro- und Wasserleitungen sowie der Heizung waren aber erlaubt. Optisch sollten die verputzten Siedlungshäuser nach den Arbeiten in neuem Glanz erstrahlen. „Etwa achtzig bis neunzig Prozent dessen, was wir machen konnten, war vorgegeben“, erinnert sich Nina Fabi, die strenge Bebauungspläne grundsätzlich befürwortet. Der Anbau durfte nur als eingeschossiger Flachdachbau ausgeführt werden und nicht länger als vierzehn Meter sein. Durch die Hanglange ergaben sich zusätzliche Möglichkeiten.
Im Bild: Die beiden Anbauten unterscheiden sich von der Kubatur kaum, dafür äußerlich. Der Anbau von Haus A (links) ist geprägt von einer dunklen Holzschalung und großen Fenstern. Bei Haus B ist das Fenster umfasst von einer Verkleidung aus Eichenholzbrettern in verschiedenen Brettstärken für einen dekorativen Effekt
Unterschiedliche Anbindung
Die Vorschriften ließen nicht allzu große Unterschiede bei der Anbindung von Bestand und Anbau zu. Dennoch fanden die Architekten auch hier zwei verschiedene Wege. Bei Haus B spiegelt sich in der Verbindungsfuge zwischen Anbau und Bestand die ganze Straße.
Die Vorschriften ließen nicht allzu große Unterschiede bei der Anbindung von Bestand und Anbau zu. Dennoch fanden die Architekten auch hier zwei verschiedene Wege. Bei Haus B spiegelt sich in der Verbindungsfuge zwischen Anbau und Bestand die ganze Straße.
Und bei Haus (A) trennt eine Glasfuge die beiden Bauteile. So wird die Außenfassade des Bestands zur Innenwand im Anbau (Foto unten).
Individuelles Innenleben
Die Innenräume waren weniger reglementiert, sofern sich ein Umbau nicht auf die Außenhülle auswirkte. Bei den von Fabi Architekten betreuten Häusern finden sich trotz dieser Freiheit Gemeinsamkeiten: Im Bestand sind bei beiden die Individualräume wie Schlaf-, Kinder- und Arbeitszimmer und die Bäder untergebracht, im Anbau dagegen findet in Küche, Ess- und Wohnzimmer das gemeinsame Leben statt. Doch die Ausführung unterscheidet sich stark.
So wünschte sich die Familie von Haus A eine klare Trennung des kleinteiligen Bestands vom offenen Wohnraum des Anbaus. Um diese Trennung zu unterstreichen, wurde hier sogar der Fensterladen erhalten, obwohl die Wand im Innenraum liegt.
Die Innenräume waren weniger reglementiert, sofern sich ein Umbau nicht auf die Außenhülle auswirkte. Bei den von Fabi Architekten betreuten Häusern finden sich trotz dieser Freiheit Gemeinsamkeiten: Im Bestand sind bei beiden die Individualräume wie Schlaf-, Kinder- und Arbeitszimmer und die Bäder untergebracht, im Anbau dagegen findet in Küche, Ess- und Wohnzimmer das gemeinsame Leben statt. Doch die Ausführung unterscheidet sich stark.
So wünschte sich die Familie von Haus A eine klare Trennung des kleinteiligen Bestands vom offenen Wohnraum des Anbaus. Um diese Trennung zu unterstreichen, wurde hier sogar der Fensterladen erhalten, obwohl die Wand im Innenraum liegt.
Das relativ steile Gelände ermöglichte es hier, das Untergeschoss zu einem Vollgeschoss auszubauen, ohne dadurch die an der Straßenseite vorgegebene Eingeschossigkeit zu brechen. Die auf diese Weise gewonnene Zweigeschossigkeit des Anbaus unterstreicht ein offener Luftraum, der beide Ebenen miteinander verbindet.
Bei der anderen Familie hingegen sind Bestand und Anbau durch einen großen Durchbruch miteinander verbunden. In der breiten Fuge, die direkt neben dem Eingang liegt, versteckt sich jede Menge Stauraum. Wenige Stufen führen in die Küche und das anschließende Esszimmer.
Auch das Wohnzimmer ist im Anbau untergebracht, sichtgeschützt hinter einem eingestellten Möbel. „Die Bauherren wünschten sich hier eine sichtbare Zonierung und Trennung zwischen Kochen und Essen einerseits und Wohnen andererseits“, beschreibt Nina Fabi die Kundenwünsche.
Das weniger geneigte Grundstück ließ hier nur ein in die Erde eingegrabenes Untergeschoss zu. Das Fenster des Gästezimmers blickt so direkt auf die Grasnarbe. Der helle Anbau spielt mit den Ausblicken, lässt durch je ein Fenster an den Schmalseiten Blickbezüge zur Umgebung zu.
Alles andere als Schema F
„Wir haben den Anspruch, immer wieder einen neuen Ansatz zu finden. Jedes Haus soll seine Bewohner reflektieren“, erklärt Nina Fabi. Dass dies auch dann gelingt, wenn die Vorgaben strikt sind, die Ausgangslage sehr ähnlich ist, beweisen diese beiden Anbauten in Regensburg. Ihnen ist die Freude der Architekten am Zusammenspiel von Alt und Neu anzumerken. So bemerkt denn auch Nina Fabi: „Bei einer reinen Sanierung ist später kaum eine Veränderung sichtbar, der Bestand steht einfach wieder schön da. Neu neben Alt zu setzen, entwickelt dagegen eine gewisse Spannung.“
Mehr zum Thema:
Serie Architektur erneuern: Wie ein Anbau ein Haus verändert
Wohnen wie im Altbau: In einem neuen Dachgeschoss
Mehr tolle Anbau-Projekte finden Sie hier
Für welchen der beiden Anbauten pocht Ihr Herz mehr? Kommentieren Sie!
„Wir haben den Anspruch, immer wieder einen neuen Ansatz zu finden. Jedes Haus soll seine Bewohner reflektieren“, erklärt Nina Fabi. Dass dies auch dann gelingt, wenn die Vorgaben strikt sind, die Ausgangslage sehr ähnlich ist, beweisen diese beiden Anbauten in Regensburg. Ihnen ist die Freude der Architekten am Zusammenspiel von Alt und Neu anzumerken. So bemerkt denn auch Nina Fabi: „Bei einer reinen Sanierung ist später kaum eine Veränderung sichtbar, der Bestand steht einfach wieder schön da. Neu neben Alt zu setzen, entwickelt dagegen eine gewisse Spannung.“
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Ja, hier wurden die Grundstücke trotz strikter Bindungen des Bebauungsplanes optimal ausgenutzt. Das Problem besteht bei vielen, älteren Siedlungen, die nach damaligen Gesichtspunkten modern waren. Ohne Erhaltungs- Bebauungsplan oder Eintragung in die Denkmalliste (Ensembleschutz) reißt man die Häuser meistens ab und baut neu, worauf sich das Siedlungsbild stark negativ verändert.
Anscheinend wurde hier im B-Plan Grenzbebauung festgesetzt, obwohl der Gebäudebestand freistehend ist - oder/und die Nachbarn haben eine gegenseitige Baulast aufgrund der unterschrittenen Grenzabstände im Grundbuch eingetragen und die Bauaufsicht hat dem Vorgehen zugestimmt.
Insofern ist das Beispiel ein Sonderfall, der nicht überall umsetzbar sein dürfte, weil man normal nicht eine Grenzgarage auf 14 m verlängern, erhöhen, ein Souterrain vorsehen und als Wohnhaus nutzen darf. Viele Nachbarn sind über Baulasten nicht begeistert und lassen sie sich bezahlen, weil es ja eine erhebliche Nutzungseinschränkung des Grundstücks ist - sofern das nicht, wie hier, auf Gegenseitigkeit beruht.