Altbausanierung, Teil 4: Historische Farbkonzepte wiederentdecken
Architektur und Farbe sind ein jahrtausendealtes Dreamteam – begeben Sie sich auf Schatzsuche, mit einem restauratorischen Farbgutachten
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Eva Zimmermann
30. März 2015
Journalistin mit Architektur-Diplom und Vorliebe für weniger – und manchmal auch mehr.
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Historische Farbkonzepte aufzuspüren, braucht fast die Akribie eines Archäologen. Nach Jahrzehnten und manchmal sogar Jahrhunderten der Nutzung ist es kein Wunder, wenn Farbschicht über Farbschicht Rätsel darüber aufgibt, wie die Räume in der Erbauungszeit ausgesehen haben. Aber die Feinstarbeit im Zuge der Altbausanierung lohnt sich, denn was dabei zum Vorschein kommt, ist nicht selten überraschend und oft ausgesprochen schön!
Farbe in Innenräumen scheint manchmal ein brandneuer Trend zu sein, dabei sind die Anstriche heutiger Interiors vergleichsweise zurückhaltend. Dunkelbraun im Treppenhaus? Knallblau im Wohnzimmer? So setzte man Farbe vom späten 19. bis zum frühen 20. Jahrhundert gerne ein. Fassaden in Pastelltönen waren typisch für den Historismus. Weiß oder Schwarz sind dagegen das etwas müde Statement unserer Tage – dem wir mit einem Blick in die Vergangenheit trotzen können. Drei Expertinnen für Altbausanierungen, Tina Kammer von Interior Park, Silke Schwager von MSHS Architekten und Innenarchitektin Eva Lorey berichten von ihren Erfahrungen mit historischen Farbkonzepten.
Farbe in Innenräumen scheint manchmal ein brandneuer Trend zu sein, dabei sind die Anstriche heutiger Interiors vergleichsweise zurückhaltend. Dunkelbraun im Treppenhaus? Knallblau im Wohnzimmer? So setzte man Farbe vom späten 19. bis zum frühen 20. Jahrhundert gerne ein. Fassaden in Pastelltönen waren typisch für den Historismus. Weiß oder Schwarz sind dagegen das etwas müde Statement unserer Tage – dem wir mit einem Blick in die Vergangenheit trotzen können. Drei Expertinnen für Altbausanierungen, Tina Kammer von Interior Park, Silke Schwager von MSHS Architekten und Innenarchitektin Eva Lorey berichten von ihren Erfahrungen mit historischen Farbkonzepten.
Historische Farbkonzepte
„In der Gründerzeit war es für Architekten sehr üblich, ganze Farbkonzepte zu erstellen, mit denen die Räume dann gestaltet wurden. Das heißt, die Farben, die man damals verwendete, landeten nicht zufällig auf den Wänden“, sagt Tina Kammer von Interior Park. „Kürzlich renovierten wir ein Treppenhaus, das zuletzt vanillegelb gestrichen war. Das Farbgutachten des Restaurators offenbarte aber den ursprünglichen Farbton: Dunkelbraun! So etwas ist man heute gar nicht mehr gewöhnt.“ Damals war man oft mutiger, wenn es um den Einsatz kräftiger Farbtöne ging, wie die Untersuchung durch einen Restaurator häufig zeigt.
„Oft sind in historischen Gebäuden mehrere Farbschichten übereinander zu finden. Die Schicht, die Sie sehen, ist so gut wie nie die ursprüngliche“, sagt Silke Schwager von MSHS Architekten. Für ein Farbgutachten werden alle Farbschichten genau kartiert und dokumentiert. Jede Farbprobe wird chemisch auf ihr Alter geprüft. „Dann wird ein Konservierungs- und Restaurierungskonzept entwickelt. Die Konservierung beschränkt sich auf den Erhalt der Substanz. In der Restaurierung werden neue Materialien hinzugefügt, um den historischen Zusammenhang wieder herzustellen. Um einen ursprünglich farbigen Raum wieder als solchen erlebbar zu machen, kann es auch sinnvoll sein, Verlorengegangenes zu rekonstruieren“, sagt Schwager.
Die Rekonstruktion sollte dann möglichst als solche erkennbar sein, empfiehlt die Architektin.
Bei der Renovierung eines Jugendstilhauses von 1899 in Unna orientierten sich MSHS Architekten besonders bei dieser historischen Treppe am alten Farbkonzept, das sie neu interpretierten.
„In der Gründerzeit war es für Architekten sehr üblich, ganze Farbkonzepte zu erstellen, mit denen die Räume dann gestaltet wurden. Das heißt, die Farben, die man damals verwendete, landeten nicht zufällig auf den Wänden“, sagt Tina Kammer von Interior Park. „Kürzlich renovierten wir ein Treppenhaus, das zuletzt vanillegelb gestrichen war. Das Farbgutachten des Restaurators offenbarte aber den ursprünglichen Farbton: Dunkelbraun! So etwas ist man heute gar nicht mehr gewöhnt.“ Damals war man oft mutiger, wenn es um den Einsatz kräftiger Farbtöne ging, wie die Untersuchung durch einen Restaurator häufig zeigt.
„Oft sind in historischen Gebäuden mehrere Farbschichten übereinander zu finden. Die Schicht, die Sie sehen, ist so gut wie nie die ursprüngliche“, sagt Silke Schwager von MSHS Architekten. Für ein Farbgutachten werden alle Farbschichten genau kartiert und dokumentiert. Jede Farbprobe wird chemisch auf ihr Alter geprüft. „Dann wird ein Konservierungs- und Restaurierungskonzept entwickelt. Die Konservierung beschränkt sich auf den Erhalt der Substanz. In der Restaurierung werden neue Materialien hinzugefügt, um den historischen Zusammenhang wieder herzustellen. Um einen ursprünglich farbigen Raum wieder als solchen erlebbar zu machen, kann es auch sinnvoll sein, Verlorengegangenes zu rekonstruieren“, sagt Schwager.
Die Rekonstruktion sollte dann möglichst als solche erkennbar sein, empfiehlt die Architektin.
Bei der Renovierung eines Jugendstilhauses von 1899 in Unna orientierten sich MSHS Architekten besonders bei dieser historischen Treppe am alten Farbkonzept, das sie neu interpretierten.
Zeigt her eure Farben
Bruno Taut – als wichtiger Vertreter der Moderne und einer der vehementesten Befürworter von Farben in der Architektur – entwickelte für seine Siedlungen Farbskalen, auf die die Bewohner frei zurückgreifen konnten. Die Fußböden waren in Ochsenblut gestrichen. Wie in diesem Wohnzimmer in der Hufeisensiedlung, das, wie das gesamte Haus, denkmalgerecht in den Ursprungszustand einer Taut’schen Wohnung aus dem Jahr 1929 zurückgeführt wurde. Heute kann man im „Tauten Heim“ Ferien machen.
An vielen Wänden der Wohnung finden sich sogenannte Denkmalfenster. Per Skalpell wurden hier die einzelnen Farbschichten abgetragen, einer chemischen Analyse unterzogen und kartiert.
Übrigens sind historische Farben auf mineralischer Basis hergestellt. Um denkmalgerecht und farbecht zu sanieren, sollten solche Farben wieder zum Einsatz kommen. Hersteller wie Keim, die schon damals Farben produzierten, haben dieselben Produkte nach wie vor im Sortiment. Auch die Schweizer Firma der Chemikerin Katrin Trautwein, KT Color, verwendet nur Naturpigmente, deren Leuchtkraft sehr viel größer ist als die von Kunstpigmenten. Zunächst machte sich die Firma mit Le-Corbusier-Farben einen Namen, inzwischen steht KT Color für hohe Qualität, die ihren Preis hat.
Houzzbesuch zum Bild: Trautes Heim, von Taut allein >>>
Bruno Taut – als wichtiger Vertreter der Moderne und einer der vehementesten Befürworter von Farben in der Architektur – entwickelte für seine Siedlungen Farbskalen, auf die die Bewohner frei zurückgreifen konnten. Die Fußböden waren in Ochsenblut gestrichen. Wie in diesem Wohnzimmer in der Hufeisensiedlung, das, wie das gesamte Haus, denkmalgerecht in den Ursprungszustand einer Taut’schen Wohnung aus dem Jahr 1929 zurückgeführt wurde. Heute kann man im „Tauten Heim“ Ferien machen.
An vielen Wänden der Wohnung finden sich sogenannte Denkmalfenster. Per Skalpell wurden hier die einzelnen Farbschichten abgetragen, einer chemischen Analyse unterzogen und kartiert.
Übrigens sind historische Farben auf mineralischer Basis hergestellt. Um denkmalgerecht und farbecht zu sanieren, sollten solche Farben wieder zum Einsatz kommen. Hersteller wie Keim, die schon damals Farben produzierten, haben dieselben Produkte nach wie vor im Sortiment. Auch die Schweizer Firma der Chemikerin Katrin Trautwein, KT Color, verwendet nur Naturpigmente, deren Leuchtkraft sehr viel größer ist als die von Kunstpigmenten. Zunächst machte sich die Firma mit Le-Corbusier-Farben einen Namen, inzwischen steht KT Color für hohe Qualität, die ihren Preis hat.
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Farbigkeit von Bauteilen
Bunt sind in Altbauten traditionell nicht nur Wände und Fassaden gewesen, sondern auch bestimmte Details. „Gerade habe ich für die Sanierung eines Treppenhauses Fliesen nach historischen Vorbild gesucht und beauftragt. Es gibt einige Hersteller, die sich darauf spezialisiert haben“, sagt Innenarchitektin Eva Lorey.
Selten verlangen Denkmalpfleger die exakte Einhaltung historischer Farbkonzepte. Wenn Farben vorgeschrieben werden, dann in der Regel an denkmalgeschützten Fassaden. Daher bleibt im Innenraum immer Interpretationsspielraum. Sie selbst als Bauherr entscheiden, wie sehr Sie sich an der Vergangenheit orientieren wollen:
„Wenn das Farbkonzept für Fliesen, Lackflächen, Wände und Decken steht, werden meist Probeanstriche ausgeführt, um die Wirkung zu überprüfen. Vor Ort lässt sich dann meist schnell eine Entscheidung treffen“, sagt Lorey.
In dieser Charlottenburger Wohnung haben die Architekten von Jesterressel alte Wandbemalungen von 1909 erhalten und andere Teile des Raumes in schlichtem Weiß gestrichen.
Bunt sind in Altbauten traditionell nicht nur Wände und Fassaden gewesen, sondern auch bestimmte Details. „Gerade habe ich für die Sanierung eines Treppenhauses Fliesen nach historischen Vorbild gesucht und beauftragt. Es gibt einige Hersteller, die sich darauf spezialisiert haben“, sagt Innenarchitektin Eva Lorey.
Selten verlangen Denkmalpfleger die exakte Einhaltung historischer Farbkonzepte. Wenn Farben vorgeschrieben werden, dann in der Regel an denkmalgeschützten Fassaden. Daher bleibt im Innenraum immer Interpretationsspielraum. Sie selbst als Bauherr entscheiden, wie sehr Sie sich an der Vergangenheit orientieren wollen:
„Wenn das Farbkonzept für Fliesen, Lackflächen, Wände und Decken steht, werden meist Probeanstriche ausgeführt, um die Wirkung zu überprüfen. Vor Ort lässt sich dann meist schnell eine Entscheidung treffen“, sagt Lorey.
In dieser Charlottenburger Wohnung haben die Architekten von Jesterressel alte Wandbemalungen von 1909 erhalten und andere Teile des Raumes in schlichtem Weiß gestrichen.
Das Architekturbüro Karl Kaffenberger machte sich um die Sanierung dieser neugotischen Villa von 1900 im Rheingau verdient. Sandsteinmaßwerk, ein Tür mit Schmiedeeisen und Bleiglasfenster wurden hier mit einer rot leuchtenden, halbhohen Tapete zusammengebracht. Eine cremefarbene Zierleiste bildet den Abschluss und Übergang zur beige gestrichenen Wand.
SERIE ZUR ALTBAUSANIERUNG
Teil 1: Über schützenswerte Epochen
Teil 2: Vorbereitung und Entwurf
Teil 3: Der gute Draht zum Denkmalamt
Teil 5: Richtig dämmen, dichten, lüften
Mehr Tipps zum Umbauen & Renovieren sowie spannende Vorher/Nachher-Dokumentationen im Magazin von Houzz >>>
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Teil 1: Über schützenswerte Epochen
Teil 2: Vorbereitung und Entwurf
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Danke für den Hinweis, das ist eine gute Ergänzung!
Reinacryl als Bindemittel ist dann aber keine NATURFARBE mehr!
Hallo Frau Klausing, da haben sie recht. Reinacryl ist ein modernes Bindemittel. Der Vorteil dieses Bindemittels liegt in dem Pigmentbindevermögen und der Transparenz, so dass mit diesem Bindemittel ein hohes Farbspektrum von lasierenden Farbtönen bis hin intensiv farbkräftigen Tönen. Die Naturbindemittel wie Kalk und Lehm bieten dafür ein schöneres Wohnambiente. In vielen Objekten kombinieren wir daher beides - z.B. Kalk als Volumenfarben und Reinacrylfarben für die farbintensiven Flächen.
Wir stehen auf "Öko", setzen diese auch zum Großteil ein, denken aber nich rein "im Lager" - und auch die modernen Bindemittel haben ihr Vorzüge und bieten schöne Farben, wenn sie mit Naturpigmenten eingetönt sind.
Viele Grüße und danke für Ihren Hinweis, dem ich durchaus zustimmen kann.