Houzzbesuch: Uriges Chalet von 1841 in den Schweizer Alpen
Aus der Zeit gefallen und doch modern – wie ein Architekt sein Chalet in Graubünden behutsam und beharrlich sanierte
Nicola Enderle
28. Januar 2017
Houzz Deutschland, Redakteurin.
Wie man sich schön einrichtet? Ich finde mit viel Persönlichkeit und eigenem Stil, der kann auch gerne schräg sein. Meinem eigenen bin ich auf der Spur – in unserem Houzz-Magazin helfen wir Ihnen Ihren zu finden, zeigen spannende Projekte und blicken durch Schlüssellöcher. Haben Sie ein schönes Zuhause? Erzählen Sie mir davon!
Houzz Deutschland, Redakteurin.
Wie man sich schön einrichtet? Ich finde mit viel... Mehr
Es ist oft ein hehres Ziel bei Renovierungen. Modernes soll sich mit Bestand, Altes mit Neuem vereinen – bloß oft dominiert am Ende doch das Zeitgenössische. Eben das sollte bei diesem Chalet im schweizerischen Fidaz auf keinen Fall passieren. Der Architekt Egon Meier, der dieses Ferienhaus für sich selbst renovierte, wollte eine echte Zeitreise ins Vergangene erleben, das Haus so gut wie möglich in den Originalzustand zurücksetzen (aber ohne dabei ganz auf moderne Annehmlichkeiten zu verzichten). Um dem ursprünglichen Charme des Chalets von 1841 auf die Spur zu kommen, griff er zu ungewöhnlichen Methoden.
Auf einen Blick
Hier urlaubt: der Architekt Egon Meier mit Frau und Tochter
In: Fidaz bei Flims, Schweiz
Auf: 122 Quadratmetern (plus Keller und Fonduestube)
Experte: Meier Architekten
Auf einen Blick
Hier urlaubt: der Architekt Egon Meier mit Frau und Tochter
In: Fidaz bei Flims, Schweiz
Auf: 122 Quadratmetern (plus Keller und Fonduestube)
Experte: Meier Architekten
Während eines Urlaubs bei Freunden spazierte Architekt Egon Meier durch das Örtchen Fidaz im Kanton Graubünden. Irgendwann stand er vor einem ortstypischen, sehr einfachen Chalet, gebaut im Jahr 1841. „Als ich das Schild ‚Zu verkaufen‘ sah, war meine Leidenschaft sofort geweckt. Nach zwei Bieterrunden erhielt ich ein paar Tage später den Zuschlag“, so Meier.
Statt sofort mit Umbau und Sanierung anzufangen, näherte Meier sich seiner neuen Liebe langsam – einen ganzen Winter über nutzten er und seine Familie das einfache Haus so, wie es war. „Wir wollten das Chalet und die alte Baukunst erleben – ohne fließendes Wasser und bei niedrigen Temperaturen“, so Meier. „Es war einer der besten Winter überhaupt.“
Statt sofort mit Umbau und Sanierung anzufangen, näherte Meier sich seiner neuen Liebe langsam – einen ganzen Winter über nutzten er und seine Familie das einfache Haus so, wie es war. „Wir wollten das Chalet und die alte Baukunst erleben – ohne fließendes Wasser und bei niedrigen Temperaturen“, so Meier. „Es war einer der besten Winter überhaupt.“
Dann ging es an die behutsame Erneuerung. Der traditionelle Strickbau (Blockbauweise) aus Fichte war noch gut in Schuss, doch das Dach musste aufwendig neu aufgebaut werden. Dazu wurden erst die morschen Balken durch Altholz aus der Region ersetzt, dann das Dach originalgetreu rekonstruiert.
Auch im Inneren warteten Herausforderungen – unter anderem Bodenlatten, die von Schutt und viel Mäusekot befreit werden mussten, bevor Stube und Essplatz neu entstehen konnten.
Der Specksteinofen und der offene Kamin sind original. „Bis vor dem Umbau waren das die einzigen Heizmöglichkeiten für das Haus“, sagt Meier. Heute wird das Chalet zusätzlich mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe beheizt. „Nachhaltigkeit ist unsere einzige Zukunft“, so Meier, der aus diesem Grund auch stets auf hochwertige Materialien setzt.
Nach wie vor ist aber der offene Kamin das Herzstück des Hauses. „Er verbreitet Gemütlichkeit – und auch das gegrillte Fleisch gelingt hier immer, weil man direkt daneben sitzt“, sagt Meier lachend.
Der Specksteinofen und der offene Kamin sind original. „Bis vor dem Umbau waren das die einzigen Heizmöglichkeiten für das Haus“, sagt Meier. Heute wird das Chalet zusätzlich mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe beheizt. „Nachhaltigkeit ist unsere einzige Zukunft“, so Meier, der aus diesem Grund auch stets auf hochwertige Materialien setzt.
Nach wie vor ist aber der offene Kamin das Herzstück des Hauses. „Er verbreitet Gemütlichkeit – und auch das gegrillte Fleisch gelingt hier immer, weil man direkt daneben sitzt“, sagt Meier lachend.
Apropos kulinarische Genüsse: Im urigen Keller des Chalets ist ein kleines Fondue-Stübli entstanden. „Dort wurde während des Umbaus so viel Erde abgetragen, dass man nun aufrecht darin stehen kann – und wir oft darin gemütlich zusammenkommen“, so Meier.
Den rustikalen Tisch hat der Architekt selbst entworfen, gebaut hat ihn eine regionale Zimmerei.
Den rustikalen Tisch hat der Architekt selbst entworfen, gebaut hat ihn eine regionale Zimmerei.
Doch zurück ins Erdgeschoss. Die originalen Dielen im Wohnzimmer wurden erst entfernt und aufgearbeitet, dann geseift und wieder eingesetzt. Die Wandvertäfelung ist zum Teil noch original, aber auch hier wurde behutsam aufgefrischt. „Die defekten Teilstücke wurden aus Altholzbrettern aus der Region wieder hergestellt und auf die Farbe des Holzes angepasst. Denn was ich an diesem Haus besonders schätze ist die alte Zimmermannskunst“, so Meier.
Die Küche des Chalets ist durch eine Tür von der Wohnstube getrennt. Komplett offene Wohnräume, wie sie heute beliebt sind, gab es früher schließlich nicht.
Alle Küchenschränke hat der Architekt selbst geplant und aus Altholzbrettern aus Fichte beim Tischler bauen lassen.
Alle Küchenschränke hat der Architekt selbst geplant und aus Altholzbrettern aus Fichte beim Tischler bauen lassen.
Sowohl am Boden als auch für die Küchenarbeitsfläche wurde ein belgischer Granit (Blaustein) verwendet. „Das ist das einzige Material, das nicht aus der Gegend stammt“, so der Architekt. Durch den dunklen Ton passt der Granit jedoch gut zum rustikalen Stil des Chalets.
Unter dem Steinboden wurde eine Fußbodenheizung verlegt.
Unter dem Steinboden wurde eine Fußbodenheizung verlegt.
Um die feinen Details kümmerte sich Meiers Partnerin; von Bettwäsche und Vorhängen über die Fonduegabeln bis hin zu der dekorativen Folie auf dem Küchenfenster. „Je nach Tageszeit und Licht sieht es durch den Schattenwurf so aus, als ob die Geissen einen Berg hochlaufen würden“, so Meier.
Die Treppe ist ebenfalls ein Eigenentwurf des Architekten: „Die Konstruktionsart wurde von historischen alten Treppen in Stallbauten abgeleitet. Die Balken, die dafür verwendet wurden, sind 180 Jahre alt. Auch der Tischler, der die Treppe gebaut hat, hatte viel Freude daran, seine handwerklichen Talente so richtig auszuleben“, so Meier.
Auch bei den Wänden plante der Architekt gründlich. „Damit diese so ursprünglich wie möglich wirken, besuchte ich mit dem Gipser die Kirche von Fidaz und sagte ihm, dass ich genau dieselbe Gipsstruktur auf den Wänden haben möchte – mitsamt den charakteristischen Unebenheiten“, so Meier.
Auch bei den Wänden plante der Architekt gründlich. „Damit diese so ursprünglich wie möglich wirken, besuchte ich mit dem Gipser die Kirche von Fidaz und sagte ihm, dass ich genau dieselbe Gipsstruktur auf den Wänden haben möchte – mitsamt den charakteristischen Unebenheiten“, so Meier.
Im Flur im Obergeschoss hat der Architekt die Decke zum Spitzboden entfernen lassen, so dass hier ein hoher Raum entstand. Für das Kinderzimmer ließ der Architekt als historische Anspielung eine Wohnbox einbauen.
Das Stockbett im Kinderzimmer hat Meier zusammen mit seiner kleinen Tochter Lynn entworfen, ein Schreiner aus Zürich fertigte es an. Eine Stalleiter war die Inspiration für die Holzleiter aus Altholz. „Das Besondere im Kinderzimmer ist jedoch eine kleine Geheimtür über dem Bett, durch die meine Tochter auf den Dachboden gelangt um zu spielen“, so Meier.
Neben dem Kinderzimmer gibt es im Haus noch ein weiteres Schlafzimmer und ein Gästezimmer.
Das Schlafzimmer der Eltern ist besonders durch die Wand aus Altholz so gemütlich. „Dazu wurde die über hundert Jahre alte Vertäfelung ausgebaut, behandelt, geseift, isoliert und wieder eingebaut“, so Meier.
Auch das Gästezimmer ist schlicht eingerichtet. Das moderne Boxspringbett stiehlt dem Holzbau und den hölzernen Accessoires nicht die Schau, sondern hält sich optisch zurück.
Auch die Bäder im Chalet sind ländlich-rustikal gehalten – wirken mit bodengleicher Dusche und Glaswand jedoch gleichzeitig modern.
Im Gästebad fällt die Steinverkleidung auf. Die Platten wurden absichtlich etwas versetzt und in einem leichten Relief angebracht, um den ursprünglichen Charakter des Hauses zu betonen.
Der Architekt freut sich schon auf die nächsten Urlaubstage im Chalet. Dann nämlich wird nicht nur auf Skiern gestanden, sondern auch im Stall des Nachbarn: „Meine Tochter freut sich schon aufs Ausmisten“, sagt Meier lachend. In Fidaz ist eben alles noch ein bisschen wie früher.
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Ich liebe diese urig bäuerliche Gemütlichkeit, die dieses Haus ausstrahlt. Hier wurde auf ganzer Linie der Charme des Hauses beibehalten. Alles scheint vollkommen alltagstauglich und nirgends finde ich ein "Zuviel" auf den Fotos.
Wunderschön und behutsam renoviert, so dass der Charme des Hauses erhalten wurde. Auch die Einrichtung ist sehr gut gewählt zu diesem Haus. Sehr gelungen.
Идеальное..!