Der neue Scandi-Style ist ... anders als Sie denken!
Alles ist weiß und minimalistisch? Wir schauen uns die Klischees genauer an – und stellen fest: Nur eins davon stimmt
Cajsa Carlson
23. April 2018
Aus den nordischen Ländern kommen nach wie vor jede Menge Designs und Einrichtungsideen – aber die aktuellen Entwürfe haben kaum noch etwas mit den Scandi-Stereotypen zu tun, wie der Rest der Welt sie vielleicht noch im Kopf hat. Eine Fülle an Farben und auffälligen Materialien, dazu funkelndes Messing: Das ist die neue Welle, die das Scandi-Klischee von hellen Holzmöbeln vor weißen Wänden schneller wegspült, als Sie smörgåsbord sagen können.
Auf den diesjährigen Möbelmessen tauschen viele Hersteller Minimalismus gegen Maximalismus ein. Oberflächen, die sich bislang sittsam und bescheiden zeigten, werden mit üppigen Mustern überzogen. Die Wände ziehen uns mit intensiven Tönen aus Smaragdgrün, Denimblau oder Rubinrot in ihren Bann. Sind Sie bereit, ihre Vorstellungen über die skandinavische Interior-Szene aufzufrischen? Hier sind ein paar Insider-Einsichten.
Auf den diesjährigen Möbelmessen tauschen viele Hersteller Minimalismus gegen Maximalismus ein. Oberflächen, die sich bislang sittsam und bescheiden zeigten, werden mit üppigen Mustern überzogen. Die Wände ziehen uns mit intensiven Tönen aus Smaragdgrün, Denimblau oder Rubinrot in ihren Bann. Sind Sie bereit, ihre Vorstellungen über die skandinavische Interior-Szene aufzufrischen? Hier sind ein paar Insider-Einsichten.
1. Skandinavisches Design ist brutal minimalistisch. Nein, unbehandeltes Holz und funktionale Möbel sind kein Pflichtprogramm. Mittlerweile hat sich das nordische Design viele Stilelemente aus repräsentativen Londoner Stadtwohnungen oder Luxus-Apartments in L.A. abgeguckt. Die Designszene globalisiert sich immer stärker, und so haben auch skandinavische Designer sich ein Stil-Update gegönnt und exklusivere Gestaltungsmerkmale übernommen, die vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen wären. Polster schwelgen in Samt, ab und zu funkelt ein Messing-Detail hervor, und an den Wänden empfangen uns satte Blau- und Bordeaux-Töne. Auch internationale Publikationen wie das Stilmagazin der New York Times haben schon darüber berichtet, dass der als minimalistisch bekannte Scandi-Stil sich wieder auf seine maximalistischen Wurzeln besinnt – das 18. Jahrhundert, als die opulente Fülle von Versailles und anderen europäischen Herrscherhäusern auch im Norden die Optik bestimmte.
2. Eine Scandi-Wohnung hat immer weiß zu sein. Ein beliebtes Missverständnis: Auch wenn weiße Wände im lichtarmen Norden traditionell eine große Rolle spielen, ist Weiß in skandinavischen Wohnräumen noch lange nicht die einzig zulässige Wandfarbe. In den vergangenen Jahren waren in schwedischen Wohnungen vor allem Pastellfarben, Rosa-Töne, tiefe Blau- und Grün-Noten zu sehen. Ein übergreifender Trend besteht darin, neben Wänden auch Fußleisten, Türrahmen und Fensterbretter Ton in Ton gestrichen werden wie in dieser Wohnung im Zentrum von Stockholm.
3. Unsere Wohnungen sehen alle gleich aus. Natürlich gibt es sie immer noch, die „typisch skandinavischen“ Wohnungen, aber die individuelle Kreativität hat mittlerweile einen höheren Stellenwert. Dieses kreative Zuhause ist vollgepackt mit ungewöhnlichen und überraschenden Ideen – darunter einem Wohnzimmer, in dem Gemälde an der Decke hängen. Insgesamt kann man sagen, dass skandinavisches Interior Design eher die Persönlichkeit der Bewohner widerspiegelt, als unter allen Umständen einem festen Stilkanon zu entsprechen.
4. Es geht immer bierernst zu. Okay: Den Menschen aus den nordischen Ländern eilt der Ruf voraus, ernst und sachlich zu sein. Aber das heißt nicht, dass sie ständig Trübsal blasen. Es gibt eine Menge spielerisches, humorvolles Design aus Schweden, Dänemark und Norwegen – vom klassischen Holzspielzeug des Gestalters Kay Bojesen bis zum „Panton-Chair“. Unsere Designs können sogar richtig über die Stränge schlagen, vor allem in Kinderzimmern, wie diese Tapete von Mr Perswall zeigt.
5. Skandinavier mögen nur dezente Muster. Es gibt viele junge Designer, die sich an wirklich ungewöhnliche (und manchmal ziemlich krasse) Muster wagen. Die nordischen Länder haben eine lange Textiltradition, die wunderschöne Muster hervorgebracht hat – zum Beispiel die von Marimekko oder Josef Frank (für Svenskt Tenn). Diesen Quasten tragenden Tiger hat die Stockholmer Designerin Lisa Bengtsson entworfen.
6. Wir kaufen alles bei Ikea. Zugegeben: Eine Menge unserer Sachen kaufen wir tatsächlich bei Ikea. Aber unser Stilbewusstsein beschränkt sich nicht auf aktuelle Trends – wir wissen auch einen guten Flohmarktfund zu schätzen und sind stolz auf unsere Erbstücke. Die perfekte Symbiose dieser beiden Richtungen? Zeigt sich darin, dass viele Ikea-Produkte aus vergangenen Jahrzehnten mittlerweile zu hohen Beträgen gehandelt werden und sogar bei Versteigerungen von Mid-Century-Klassikern zu finden sind. Insidertipp: Von der Hängeleuchte „Sinnerlig“ (im Bild) sollten sie schon mal ein oder zwei Exemplare auf dem Dachboden einlagern. Dass daraus einmal ein gesuchter Klassiker wird, ist so gut wie sicher.
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7. Im Scandi-Design sind die Dinge nicht nur wunderschön, sondern auch nützlich. In diesem Punkt können wir Ihnen tatsächlich nicht widersprechen. So abgefahren manche unserer Designs auch sein mögen, die Möbel werden immer gut zu benutzen sein. Ein Stuhl sollte bequem sein, und ein Sofa muss einladend wirken – unabhängig davon, wie abwegig die Farbe oder das Material vielleicht sind. Und wenn ein Stuhl von Hans Wegner so schön ist, um als Abstellplatz für eine Vase zweckentfremdet zu werden, umso besser.
8. Scandi – was heißt das überhaupt? Für uns, die wir hier leben, ruft das Schlagwort „Scandi“ nicht dieselben Assoziationen hervor wie offenbar in anderen Teilen der Welt. In Zeitschriften und im Netz sehen wir oft Bilder von Wohnräumen, denen das Etikett „Scandi“ aufgepappt wurde, obwohl sie uns eher an den Stil eines französischen Chateaus oder einer amerikanischen Mid-Century-Wohnung erinnern. An den Bildern, die wir Ihnen gezeigt haben, sehen Sie: Hinter dem nordischen Stil verbirgt sich weitaus mehr als ein bisschen Holz, eine weiße Wand und eine brennende Kerze.
Auch geografisch trifft der Begriff nicht ganz zu. Für uns ist Skandinavien eine geografische Bezeichnung, die Dänemark, Norwegen und Schweden umfasst. Wir sprechen daher eher von den nordischen Ländern, denn dann zählen auch Finnland und Island dazu. Alle diese Länder sind durch kulturelle Merkmale, gemeinsame Handelsbeziehungen und politische Schnittmengen miteinander verbunden.
Aber wie immer Sie uns auch nennen möchten: Wir teilen natürlich weiterhin gerne unsere Vorliebe für gutes Design, spielerische Muster und nützliche – aber schöne – Dinge mit dem Rest der Welt.
Inspirationen im skandinavischen Stil
Auch geografisch trifft der Begriff nicht ganz zu. Für uns ist Skandinavien eine geografische Bezeichnung, die Dänemark, Norwegen und Schweden umfasst. Wir sprechen daher eher von den nordischen Ländern, denn dann zählen auch Finnland und Island dazu. Alle diese Länder sind durch kulturelle Merkmale, gemeinsame Handelsbeziehungen und politische Schnittmengen miteinander verbunden.
Aber wie immer Sie uns auch nennen möchten: Wir teilen natürlich weiterhin gerne unsere Vorliebe für gutes Design, spielerische Muster und nützliche – aber schöne – Dinge mit dem Rest der Welt.
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Vielen Dank für dieses amüsante Ausräumen gängiger Vorurteile hinsichtlich der angeblichen Einrichtungsvorlieben von Menschen in der nördlichen Hemsphäre. ;-)
Manches Mal wundert man sich tatsächlich, was (auch hier auf Houzz) alles als "Skandi" gezeigt oder verkauft wird, aber so gar nichts mit Skandinavien zu tun hat. Ich bekomme mittlerweile Pickel, wenn ich "Skandi" (aber auch "Boho", "Industrial" usw.) höre und bin immer wieder verwundert, wie viele sich doch freiwillig in diesen "Schubladen" verorten lassen. Und ich frage mich, was passiert, wenn der nächste Trend am Horizont aufzieht? Ob dann der Lieferwagen mit den neuen Möbeln die Kinderlein mit den Bullerbü-Vornamen wieder mitnimmt? Oder werden die dann alle umgetauft? Kommt der Hund ins Tierheim? Wird der Volvo verkauft? :))) - Daher nochmals Danke für den Blick über den Tellerrand hinaus!