Form follows material: Die junge Lust am Designexperiment
Wenn Formen nicht mehr überraschen, wendet man sich dem Material zu. Sechs spannende Liasons zwischen Alt und Neu, Handwerk und Technologie
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Karen Bofinger
27. April 2016
Beim Besuch der großen Möbelmessen hat man manchmal das Gefühl, die Formen seien auserzählt – zu viele Re-Editionen überschwemmen den Markt seit Jahren, zu sehr folgen die Hersteller Moderne und Mid-Century, deren Entwürfe allenfalls durch ein paar neue Farben oder Muster zeitgemäß aufgepeppt werden (ja, eine etwas pauschalisierte Beobachtung). Auf der anderen Seite, im Alltag, wird die Sehnsucht nach haptischer Erfahrung befeuert, legen wir immer mehr Wert auf echte, besondere Materialien; sei es Naturstein, Massivholz, Sperrholz oder unglasierte Keramik.
Was folgt daraus? Wirklich spannend wird Produkt- und Möbeldesign, wenn es am und mit dem Material selbst arbeitet. Besonders junge Designer, fern der Beschränkungen industrieller Serienreife, wagen dabei das Experiment, verknüpfen Althergebrachtes und Neues, traditionelles Handwerk und moderne Technologie. Wo die Experimente hinführen? Weiß noch keiner. Aber die folgenden sechs Projekte sind während des Salone del Mobile in Mailand besonders aufgefallen.
Was folgt daraus? Wirklich spannend wird Produkt- und Möbeldesign, wenn es am und mit dem Material selbst arbeitet. Besonders junge Designer, fern der Beschränkungen industrieller Serienreife, wagen dabei das Experiment, verknüpfen Althergebrachtes und Neues, traditionelles Handwerk und moderne Technologie. Wo die Experimente hinführen? Weiß noch keiner. Aber die folgenden sechs Projekte sind während des Salone del Mobile in Mailand besonders aufgefallen.
1. Talia Mukmel, Israel
Sand, Ton – elementarste Materialien, die schon immer auch für Gefäße genutzt wurden. Für „Terra Cotta 2.2.“ kombinierte Talia Mukmel aus Israel sie mit fein geätzten Ornamentgittern aus Metall – und kreiert eine neue Ästhetik, die dennoch archaisch wirkt.
Sand, Ton – elementarste Materialien, die schon immer auch für Gefäße genutzt wurden. Für „Terra Cotta 2.2.“ kombinierte Talia Mukmel aus Israel sie mit fein geätzten Ornamentgittern aus Metall – und kreiert eine neue Ästhetik, die dennoch archaisch wirkt.
2. Jessica Smarsch, USA/Niederlande
Rhythmus gehört unausweichlich zum Handwerk des Webens. Bewegungen und Stimmungen direkt in Muster übersetzen – das tut, grob gesagt, die amerikanische Textildesignerin Jessica Smarsch, die in Eindhoven arbeitet. Mit digitaler Technik zeichnet sie minimale Muskelbewegungen auf – für diese Decken einmal vor, einmal nach einem Spaziergang. Spezielle Software rechnete diese Bewegungen in Webmuster um, die eigenartig zeitlos wirken.
Rhythmus gehört unausweichlich zum Handwerk des Webens. Bewegungen und Stimmungen direkt in Muster übersetzen – das tut, grob gesagt, die amerikanische Textildesignerin Jessica Smarsch, die in Eindhoven arbeitet. Mit digitaler Technik zeichnet sie minimale Muskelbewegungen auf – für diese Decken einmal vor, einmal nach einem Spaziergang. Spezielle Software rechnete diese Bewegungen in Webmuster um, die eigenartig zeitlos wirken.
3. Henningmade, Niederlande
Holz, einer der ältesten Werkstoffe der Welt. Sven Hulsbergen Henning aber erfindet ihn neu – für den Tisch „Le Reflet” (192 x 96 x76 Zentimeter)
kombinierte er etwa unzählige Schichten aus per Laser gecuttetem Mahagoni mit Deckplatten aus Acryl.
Holz, einer der ältesten Werkstoffe der Welt. Sven Hulsbergen Henning aber erfindet ihn neu – für den Tisch „Le Reflet” (192 x 96 x76 Zentimeter)
kombinierte er etwa unzählige Schichten aus per Laser gecuttetem Mahagoni mit Deckplatten aus Acryl.
4 Studio Milena Kling, Deutschland
Erst war es Zufall, dann Absicht: In ihrem Projekt „Natural Ruby” experimentiert die Berlinerin Milena Kling mit Verfärbungen, die beim Glasblasen durch den Kontakt mit Metallen entstehen. Statt der klassischen Holzformen nutzte sie Kupferbögen – die durch chemische Reaktion rubinfarbene Spuren hinterlassen.
Erst war es Zufall, dann Absicht: In ihrem Projekt „Natural Ruby” experimentiert die Berlinerin Milena Kling mit Verfärbungen, die beim Glasblasen durch den Kontakt mit Metallen entstehen. Statt der klassischen Holzformen nutzte sie Kupferbögen – die durch chemische Reaktion rubinfarbene Spuren hinterlassen.
5. Ke, China
Altes Textilhandwerk, das geht auch in China zunehmend verloren. Fan Weiyan, Huang Yi und Ling Xiao von Ke wollen Kesi, traditionelle Techniken der Seidenweberei in der Region Suzhou, in die Zukunft retten – mit innovativen Nutzungen und Materialadaptionen. Für diese Leuchte wurde die Seide etwa mit Kupferfäden durchzogen. Ihre Form wird so stabil und flexibel zugleich.
Altes Textilhandwerk, das geht auch in China zunehmend verloren. Fan Weiyan, Huang Yi und Ling Xiao von Ke wollen Kesi, traditionelle Techniken der Seidenweberei in der Region Suzhou, in die Zukunft retten – mit innovativen Nutzungen und Materialadaptionen. Für diese Leuchte wurde die Seide etwa mit Kupferfäden durchzogen. Ihre Form wird so stabil und flexibel zugleich.
6. Alcarol, Italien
Faulendes, schimmelndes Holz? Kann wunderschön sein, jedenfalls wenn es in Acrylharz gebadet wurde. Zur „Fungi Collection“ von Alcarol gehören Tisch, Bank, Hocker und sogar ein Paravent. Auch so kann Altes für die Neuzeit bewahrt werden…
Welches Materialexperiment finden Sie am spannendsten? Haben Sie vielleicht kürzlich selbst tolle Experimente junger Designer entdeckt?
Faulendes, schimmelndes Holz? Kann wunderschön sein, jedenfalls wenn es in Acrylharz gebadet wurde. Zur „Fungi Collection“ von Alcarol gehören Tisch, Bank, Hocker und sogar ein Paravent. Auch so kann Altes für die Neuzeit bewahrt werden…
Welches Materialexperiment finden Sie am spannendsten? Haben Sie vielleicht kürzlich selbst tolle Experimente junger Designer entdeckt?
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