Houzzbesuch: Ein Dreiseithof für eine Berliner Baugemeinschaft
Ein Wohntraum, im Werden begriffen: Ein Architekt, ein Maler und eine Musikerin teilen sich einen alten Hof im Havelland
Päwesin ist ein kleines Dorf im Havelland. Wie überall in der Umgebung prägen auch hier die typischen ockerfarbenen Ziegelbauten das Ortsbild. Die Havelseen sind nicht weit, der kleine Fluss Streng fließt am Ortsrand entlang und verbindet zwei Seen miteinander. Ferienidylle pur. Das hat sich auch Jan Liebscher gedacht, als er mit einem befreundeten Maler auf der Suche nach einem Zweitwohnsitz auf dem Land war. „Wir hatten lange nach einem Haus nördlich von Berlin gesucht“, erzählt Jan Liebscher. „Dann haben uns Freunde erzählt, dass bei ihnen in der Nachbarschaft ein alter Bauer seinen Hof verkaufen möchte.“
Statt nach Norden fuhr Liebscher mit Familie und Malerfreund nach Westen. Der Dreiseithof hat sofort überzeugt, vor allem die Scheune. Hier sollten eine Ferienwohnung und ein Maleratelier entstehen. Da der Komplex doch recht groß ist, hat die kleine Baugruppe noch ein weiteres Mitglied gesucht – und in der Schwester des Malers gefunden, einer Musikerin.
Statt nach Norden fuhr Liebscher mit Familie und Malerfreund nach Westen. Der Dreiseithof hat sofort überzeugt, vor allem die Scheune. Hier sollten eine Ferienwohnung und ein Maleratelier entstehen. Da der Komplex doch recht groß ist, hat die kleine Baugruppe noch ein weiteres Mitglied gesucht – und in der Schwester des Malers gefunden, einer Musikerin.
Nach dem Kauf 2011 hat Liebscher noch im Juli desselben Jahres den Bauantrag gestellt. So konnte bereits 2012 mit dem Umbau begonnen werden. Die Kosten hat die Baugruppe proportional zur Grundfläche der Wohneinheiten geteilt. Für den Innenausbau und die Fenster waren die Bauherren selbst verantwortlich. „Wir hatten uns auch keine Rechtsform gegeben, wie es sonst bei Baugemeinschaften üblich ist“, so Liebscher. Formal wird er nun noch eine Abgeschlossenheits- und eine Teilungserklärung machen.
Baugemeinschaften – alles über Hintergründe und Organisationsformen in einer fünfteiligen Artikel-Serie
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Architekt Liebscher hat die Planung für den gesamten Umbau übernommen. „Es musste recht schnell gehen, da es sonst zu teuer geworden wäre. Vor allem bei der Fassade zur Gartenseite hat es dann doch ein wenig länger gedauert“, räumt er ein. Die neuen Fenster sitzen sowohl an der Vorderseite als auch zum Garten hin bündig in der Fassade. So wird klar, dass hier nachträglich etwas verändert wurde. Die Absturzsicherungen vor den bodentiefen Fensterflügeln sind aus Stahlseilen und fast nicht sichtbar.
VORHER: Bevor es zum Wohnen kam, musste tüchtig umgebaut werden. Die Scheunenwände waren nicht gedämmt und hatten zur Hofseite nur wenige Fenster, …
… zur Gartenseite nur zwei Kellerfenster. Der Boden bestand aus Stampflehm.
Das Bodenniveau im Erdgeschoss liegt rund anderthalb Meter unter dem der Scheunendurchfahrt. Das sollte auch so bleiben. So entstand die Möglichkeit, auf verschiedenen Ebenen zu wohnen. In der Ferienwohnung links der Durchfahrt hat Liebscher für sich und seine Familie mehrere Räume so angeordnet, dass sie sich ineinander verzahnen und miteinander über Treppen und Leitern verbunden sind.
Dem Garten mit bodentiefen Fenstern zugewandt liegt der Essplatz. Von hier kann der Blick über den Garten und den kleinen Bach schweifen, der hinterm Haus fließt.
Die Rückwand hinter dem Esstisch ist geschlämmt, so dass das Leichtziegelmauerwerk der neuen Vorsatzschale durchscheint. „Den Unterzug haben wir erhalten. Die neuen sichtbaren Deckenbalken werden von neuen Stahlträgern aufgenommen. Die gesamte Deckenkonstruktion lastet auf der neuen Vorsatzschale“, beschreibt Liebscher. Das Schornsteinmauerwerk an der Rückwand ist noch unverputzt. Doch das stört hier niemanden. „Es ist noch einiges im Entstehen. Nicht für jede Ecke haben wir schon ein Lösung gefunden. Das wird nach und nach kommen“, ist sich der Architekt sicher.
Die Rückwand hinter dem Esstisch ist geschlämmt, so dass das Leichtziegelmauerwerk der neuen Vorsatzschale durchscheint. „Den Unterzug haben wir erhalten. Die neuen sichtbaren Deckenbalken werden von neuen Stahlträgern aufgenommen. Die gesamte Deckenkonstruktion lastet auf der neuen Vorsatzschale“, beschreibt Liebscher. Das Schornsteinmauerwerk an der Rückwand ist noch unverputzt. Doch das stört hier niemanden. „Es ist noch einiges im Entstehen. Nicht für jede Ecke haben wir schon ein Lösung gefunden. Das wird nach und nach kommen“, ist sich der Architekt sicher.
Auch vom Sofa öffnet sich der Blick in die Landschaft. Doch begehrter ist bei den Bewohnern und ihren Gästen ein anderer Platz …
„Die Stufen zur Küche sind ein richtig guter Sitzplatz geworden“, so Liebscher, der hier gerne mit seiner Tochter Fanni sitzt.
Die Küche liegt gleich neben dem Eingang. Der neue Estrichboden ist im Winter angenehm von der Fußbodenheizung erwärmt. Sie zieht sich bis in den Badbereich, der nur durch hohe Drehtüren vom Wohnbereich abgetrennt ist.
Sind sie offen, ist von der Badewanne aus der Garten zu sehen. Das Bad zur Gartenseite zu legen, wäre mit zu großem Aufwand verbunden gewesen, denn die Kanalisation geht zur Straße hin und das Grundstück ist insgesamt Richtung Garten leicht abschüssig.
Die Toilette ist vom Bad getrennt. „Wir haben diese rosa Sanitärkeramik von Luigi Colani durch Zufall gefunden und fanden sie perfekt. Doch der Installateur hat sich zunächst scherzhaft geweigert, dieses ungewöhnliche, rosafarbene Stück einzubauen“, erinnert sich Liebscher.
Eine halbe Treppe tiefer liegt eine kleine Sitzecke. Hier ist auch die Garderobe untergebracht. Die Leuchten in der Ecke sind Sammelstücke. Noch werden sie nicht benötigt. „Wir haben unsere Lampen selbst gemacht, angeregt durch eine Laterne von Fanni“, so Liebscher.
Auf dieser Ebene versteckt sich auch viel Stauraum, der unter dem Küchenbereich liegt. Eine große Drehtür gibt den Weg in das Büro von Liebscher frei. Der Wochenendsitz bietet auch unter der Woche Ruhe zum Arbeiten. „Ich komme gerne hierher, um zu lernen“, sagt auch Fanni.
Anstelle von Klinken oder Türknäufen sind die Türen mit Schlaufen versehen.
Anstelle von Klinken oder Türknäufen sind die Türen mit Schlaufen versehen.
Noch eine Ebene tiefer, im ehemaligen Rübenkeller, liegt das Schlafzimmer der Eltern. Hier ist die neue Betondecke mit Sichtschalung recht niedrig. Den Boden tiefer zu legen war nicht möglich, da der Grundwasserstand hoch ist und bei Hochwasser das Wasser von unten in den Raum dringen könnte.
Auch hier gibt es eine Drehtür. Gefertigt hat sie der Zimmermann, da kein Tischler die Gewährleistung übernehmen wollte.
Bei der Fensterlaibung wird deutlich, wie stark die ursprüngliche Scheune gedämmt wurde. Eine Vorsatzschale und die Kerndämmung bilden quasi ein Haus im Haus. „Wir haben die ursprünglichen Fensterstürze möglichst sichtbar gelassen. So wird klar, dass sich hier Altes und Neues verbinden“, erklärt Liebscher.
Von der Hofdurchfahrt geht es nicht nur in die beiden Erdgeschosswohnungen und den Garten, hier finden auch häufig Feste statt. Darum wird die Durchfahrt auch gerne Scheunensalon genannt. Ein idealer Ort, um bei fast jeder Witterung mit Freunden und Familie zusammenzukommen.
Rechts der Scheunendurchfahrt befindet sich das Atelier des Malers. Vom Eingang geht es wenige Stufen hinunter in den offenen Atelierraum. Auch hier ist eine Fußbodenheizung verlegt. Zusätzlich steht hier ein Ofen, der schnell für wohlige Wärme sorgt. Der offene Kamin hingegen, der ebenfalls nachträglich eingebaut wurde, ist eher was fürs Auge.
Bei der Innenausstattung ist gleich zu erkennen, wie unterschiedlich die Stile der Bauherren sind. Das Sofa vor der Terrasse ist grob gezimmert und mit dicken Teppichen belegt.
Im Bild: Blick von der Galerie auf den Atelierraum
Im Bild: Blick von der Galerie auf den Atelierraum
Im hinteren Teil des Raums, unter einer Empore, liegt der Küchenbereich. Grobes Altholz gibt der Küchenzeile ihren Charakter. Die Fliesen stammen aus einem historischen Baustoffhandel, die Pfannen hängen einfach an Nägeln. „Georgischer Barock“ nennt Liebscher diesen eigenwilligen Stil im Scherz, da ein befreundeter Künstler aus Georgien die Küche gebaut hat.
Auf die Empore führt eine Treppe, die ebenfalls vom Eingang abgeht. Wo früher eine Dreschmaschine stand, ist heute das Schlafzimmer. Die oberste Reihe der Hohlziegel ist unverputzt, unfertig, wie es scheint. Statt Perfektionismus wird hier das Unperfekte zelebriert.
Die zahlreichen Artefakte aus Papua-Neuguinea sind Erbstücke, die die Familie des Malers gerne Museen geschenkt hätte, die diese aber nicht wollten.
Im Bad hat der Künstler einen Teil der Wände selbst gefliest und dafür verschiedene Fundstücke verwendet. Die Dusche allerdings hat ein Profi übernommen. Hier sind quadratische weiße Fliesen von Villeroy und Boch verlegt. „In den Bädern haben wir in allen Wohnungen die gleichen Fliesen verwendet. Sie unterscheiden sich lediglich in Größe und Farbe“, erläutert Liebscher.
Wo ehemals ein Taubenschlag stand, geht es über eine Betontreppe in das Dachgeschoss der ehemaligen Scheune. Die Kombination aus altem Ziegelmauerwerk und schwerem Beton betont den industriellen Charakter, den Liebscher bewusst für die Gestaltung eingesetzt hat.
Ein riesiger Raum prägt das Dachgeschoss. Hier finden zum Beispiel Chorproben statt. Zum Garten hin sollte eine Dachterrasse entstehen. Um sie zu ermöglichen, hat Liebscher eine Gaube eingeplant. Ihre bodentiefen Fenster geben den Blick auf die Tanne, vor allem aber auf die Umgebung frei.
An der gegenüberliegenden Seite hingegen rückt der Dorfkern mit Kirche und kleinen Bauernhäusern in den Blick. „Die Dachgeschosswohnung hat den größten Bezug zum Dorf. Von hier sind die meisten Ausblicke und Einblicke gegeben“, beschreibt Liebscher.
An der gegenüberliegenden Seite hingegen rückt der Dorfkern mit Kirche und kleinen Bauernhäusern in den Blick. „Die Dachgeschosswohnung hat den größten Bezug zum Dorf. Von hier sind die meisten Ausblicke und Einblicke gegeben“, beschreibt Liebscher.
VORHER: Für die Akustik wurde das Dach extra um einen Meter erhöht. Der offene Dachstuhl ist komplett neu. Lediglich das Bestandsmauerwerk trägt die neue Dachkonstruktion aus vier vorgefertigten Dachbindern. „Es war schon sehr aufregend, als die Dachbinder eingesetzt wurden. Der Grundriss der Scheune ist eher ein Parallelogramm als ein Rechteck. Zudem sind die Wände mit relativ vielen Fenstern unterbrochen. Wir hatten also nicht viel Spielraum, um die Dachbinder einzusetzen. Es musste alles passen“, erinnert sich Liebscher.
Durch die indirekte Beleuchtung, die auf den verstärkten Wänden liegt, wirkt das Dach, als würde es schweben.
Auffallend ist der Stirnholzboden. Auch er verleiht dem Raum industriellen Charakter. „Hier kommt der Berliner Wohnstil stark durch“, so Liebscher.
Auffallend ist der Stirnholzboden. Auch er verleiht dem Raum industriellen Charakter. „Hier kommt der Berliner Wohnstil stark durch“, so Liebscher.
Von dem fast 240 Quadratmeter großen Raum sind lediglich an den Giebelwänden kleine Räume abgetrennt. Auf der einen Seite liegen Schlafkammern und der Technikraum, auf der anderen Toiletten und Bad. Auch die Eichenholzküche mit der Arbeitsplatte aus Keramikfliesen liegt an der Giebelwand. Sie öffnet sich mit einem Tresen zum großen Raum hin. Die Bauherrin hat für die Einbauten einen Hamburger Tischler beauftragt. Er hat die Küche, die Tische und auch die Sitzbänke über den Heizkörpern gefertigt.
„Wir haben aber vorwiegend Handwerker aus der Umgebung beauftragt. Der eine hat den anderen empfohlen. Und die Arbeit ist wirklich gut geworden“, so Liebscher. Den Dachdecker hat er allerdings auch wegen seines Namens gewählt. An Hardy Krüger kam er einfach nicht vorbei.
Mehr Fotos der Baugemeinschaft im Havelland im Fotografenprofil von Kate Jordan
„Wir haben aber vorwiegend Handwerker aus der Umgebung beauftragt. Der eine hat den anderen empfohlen. Und die Arbeit ist wirklich gut geworden“, so Liebscher. Den Dachdecker hat er allerdings auch wegen seines Namens gewählt. An Hardy Krüger kam er einfach nicht vorbei.
Mehr Fotos der Baugemeinschaft im Havelland im Fotografenprofil von Kate Jordan
Hier wohnen: eine Architektenfamilie, ein Maler sowie eine Musikerin mit ihren zwei Mitbewohnern
In: Päwesin im Havelland
Aufteilung: drei Wohnungen – zwei im Erdgeschoss, eine unter dem Dachstuhl
Experten: Bromsky Architekten – Jan Liebscher, Franziska Streb
Fotos: Kate Jordan
Die kleine Baugruppe musste nicht lange über die Aufteilung der Wohneinheiten diskutieren. Im Erdgeschoss rechts sollte das Maleratelier entstehen. Eine hohe Tanne bietet Schutz vor direkter Sonne. Links der Scheunendurchfahrt entstand die Ferienwohnung mit Büro für die Familie und unterm Dach ein Proberaum mit Schlafnischen.