Architektur: Box an Box – das modulare Einrichtungssystem „Mashu“
Architektin Hagar Abiri entwickelte ein nachhaltiges, frei kombinierbares Modulsystem, das für jeden Raum funktioniert
Modulare Systeme sind toll. Sie haben den Reiz der unbegrenzten Möglichkeiten. Die Architektin Hagar Abiri arbeitet gerne mit bestehenden und historischen Gebäuden, realisierte schon Projekte in Israel, der Schweiz und Berlin. Nachhaltigkeit und ein ressourcenschonendes Design waren dabei immer große Themen für sie, wurden aber mit der Geburt ihrer Tochter umso bedeutender. „Ich frage mich seitdem noch mehr, welche Veränderungen ich in der Welt gerne sehen würde“, sagt die Gestalterin, die der Produktion von Wegwerframsch in der Wohnbranche ein Ende setzen möchte. „Mashu“ ist Abiris Lösung der selbstgewählten Aufgabe. Ein flexibles Einrichtungssystem aus Sperrholz, das sich endlos variieren und erweitern lässt. Von jedem, für jeden.
Mutter zu werden, hat nicht nur Hagar Abiris Leben verändert, sondern auch ihren Blick auf die Welt geschärft. Als die israelische Architektin und Wahlberlinerin vorletztes Jahr ihre Tochter bekam, begann sie noch intensiver über nachhaltiges Design nachzudenken als vorher. „Rund um das Wohnumfeld wird der allermeiste Müll produziert“, sagt Abiri, die jetzt 33 ist. Und es stimmt: Bau- und Abbruchabfälle machen den Bärenanteil unserer Abfallwirtschaft aus. Laut Abfallbilanz des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2014 waren das 209,5 von insgesamt 400,9 Tonnen Abfall, also gut die Hälfte. Mit diesem Wissen im Hinterkopf setzte sich Abiri an den Schreibtisch in ihrem Büro im Prenzlauer Berg und begann, über ein flexibles, erweiterbares Einrichtungssystem nachzudenken, mit dem man Innenräume komplett gestalten kann. „Es ging mir nicht um ein konkretes Möbelstück, sondern um eine Struktur, die alles würde sein können“, erzählt sie.
Ergebnis ihres eineinhalbjährigen Entwicklungsprozesses ist ein frei kombinierbares System basierend auf einer würfelförmigen Box von 40 x 40 x 40 Zentimetern Größe. „Ich habe es ‚Mashu‘ genannt, was auf Hebräisch so viel wie ‚etwas‘ bedeutet. Ich glaube, Berlin hat mich dabei stark beeinflusst. Die Leute hier nehmen alles, was sie finden, und funktionieren es zu etwas anderem um.“
Nach verschiedenen Versuchen mit anderen Materialien landete Abiri bei Sperrholz. Es vereinte alle Eigenschaften auf sich, die sie für ihre Idee brauchte: Es ist langlebig, aus einem nachwachsenden Rohstoff hergestellt, lässt sich sehr flach stapeln und per Post verschicken und es ist sehr belastbar.
Nach verschiedenen Versuchen mit anderen Materialien landete Abiri bei Sperrholz. Es vereinte alle Eigenschaften auf sich, die sie für ihre Idee brauchte: Es ist langlebig, aus einem nachwachsenden Rohstoff hergestellt, lässt sich sehr flach stapeln und per Post verschicken und es ist sehr belastbar.
Abiri, die bisher immer mit lokalen Architekten und Gutachtern zusammengearbeitet hat, besonders, wenn sie Projekte im Ausland von Berlin aus steuerte, hat auch für „Mashu“ den passenden Partner gefunden und ihr System aus Boxen mit der Dortmunder Schreinerei CNC Holzfräse zusammen entwickelt. Durch die so entstandene neuartige Verbindung lassen sich Sperrholzbretter leicht ineinanderstecken und stabil miteinander verbinden.
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Ein Video veranschaulicht die Montage eines Mashubausatzes. Die einzelnen Bretter werden einfach zu einer stabilen Box verleimt. Sonderteile wie abnehmbare Deckel oder Lamellenfächer für Zeitschriften lassen sich, ebenso wie Schubladen, dazu bestellen. Eine Bespannung mit Schnur kann man sich selbst herstellen, indem man einfach Löcher in die Seiten bohrt. Daran zeigt sich übrigens die Grundidee von Mashu: Jeder kann alles, was er möchte, damit und daraus machen. Modifizierungen und Anpassungen sind Teil des Konzeptes.
„Mashu“ als Möbelsystem aufzufassen, wäre falsch, so Abiri. „Es ist ein leichtes Konstruktionsmaterial, mit dem Menschen sich ihr eigenes Umfeld gestalten können“, sagt sie. In seiner Schlichtheit ist es bewusst an japanisches Design angelehnt, das die Architektin liebt.
Im Interior-Design habe man zwei Optionen, so Abiri. Entweder man gebe die Gestaltung in Auftrag und bezahle dafür, oder man mache alles selbst. „Ich wollte etwas entwerfen, das alles sein kann und das eine unbegrenzte Lebenszeit hat. Kein Möbelstück, das man einmal aufstellt und das den ersten Umzug aus mangelnder Qualität nicht überlebt.“
Im Interior-Design habe man zwei Optionen, so Abiri. Entweder man gebe die Gestaltung in Auftrag und bezahle dafür, oder man mache alles selbst. „Ich wollte etwas entwerfen, das alles sein kann und das eine unbegrenzte Lebenszeit hat. Kein Möbelstück, das man einmal aufstellt und das den ersten Umzug aus mangelnder Qualität nicht überlebt.“
„Ich stelle mir das so vor: Als Student hat man vielleicht 12 Boxen, mit denen man wohnt. Wenn man später umzieht, erweitert man das System beliebig“, so Hagar Abiri. Die Visualisierung zeigt, welche Möglichkeiten „Mashu“ für die Gestaltung einer Wohnung bietet. Man kann einfach alles damit machen: Einbauschränke daraus bauen, die Boxen zu einer Treppe mit integrierten Regalfächern aufstapeln, weitere Boxen zur Kücheninsel, zur Trennwand, zum Bett werden lassen…
Modular im Dachgeschoss: Eine Küche als Einbaublock
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„Mashu“ ist von Abiri so konzipiert, dass es in jedem beliebigen Innenraum funktioniert. Hier sehen wir, wie das System als Coffeeshop-Interior aussehen könnte. Tresen, Barplateau, Regal und Hocker – sie alle sind aus Abiris Boxen gefertigt. Die Variationsmöglichkeiten sind schier unendlich.
Ein Büroloft soll eingerichtet werden? Auch das kann „Mashu“, aus dem hier Container auf Rollen, Schreibtische, Regale, Trennwände, Sitzinseln entstanden sind.
Nach einjähriger Entwicklungszeit nimmt das Projekt nun Gestalt an und kann bestellt werden. Ganz bewusst liefert die Architektin nur die Bausteine zum Innenausbau und gibt jedem die Freiheit, den Rest in Eigenleistung zu realisieren. Entsprechend gering sind daher auch ihre kaufmännischen Ambitionen: „Ich bin Gestalterin, nicht Unternehmerin. Meine Intention bei der Konzeption von Mashu war, etwas Flexibles zu entwerfen und es der Welt zu geben. Ich wünsche mir einfach, dass Leute es benutzen. Ich bin total neugierig darauf zu sehen, was daraus entsteht.“
Abiri denkt momentan darüber nach, weitere Elemente zu entwickeln, mit denen sich „Mashu“ ergänzen ließe – beispielsweise Metallbeschläge, um Füße anschrauben zu können. Die Architektin hofft, eine Plattform zu etablieren, auf der junge Designer ihre Ideen basierend auf Mashu anbieten können. Man könnte das mit dem Beliebten Ikea-Hack vergleichen, nur das Mashu nicht gehackt werden muss, sondern dazu da ist, verändert zu werden. „Es ist wirklich schwierig, eine bestehende Konzeption eines Designs zu verändern. Deshalb ist die Konzeption hier auf ein Minimum reduziert und flexibel.“
Übrigens: Wenn etwas sehr gut ist, sagt man auf Hebräisch „mashu mashu“ dazu. Dito.
Preise: 4 Boxen/ ab 230 Euro, 100 Boxen/ ab 4500 Euro. Bestellungen immer in Viererstückzahlen, da die Mashu Boxen auf einer Palette mit vier Teilen geliefert werden – je höher das Auftragsvolumen, desto niedriger der Preis.
Übrigens: Wenn etwas sehr gut ist, sagt man auf Hebräisch „mashu mashu“ dazu. Dito.
Preise: 4 Boxen/ ab 230 Euro, 100 Boxen/ ab 4500 Euro. Bestellungen immer in Viererstückzahlen, da die Mashu Boxen auf einer Palette mit vier Teilen geliefert werden – je höher das Auftragsvolumen, desto niedriger der Preis.