Houzzbesuch
Houzzbesuch: Dieses Haus in Down Under macht sich unsichtbar
Dieser Bau vereint Gegensätze: Er ist provisorisch und langlebig, abgeschlossen und offen zugleich – und der Garten geht drinnen weiter
Wenn die Arbeitstage hinter ihnen liegen, sind Louise Wright, Mauro Baracco und ihr dreijähriger Sohn Frank fast immer in ihrem Wochenendhaus anzutreffen. Es liegt an der Bucht von Western Port, einer ruhigen Strandlandschaft südöstlich von Melbourne, und ist etwas ganz Besonderes: eine gewächshausartige Architektur, die mit dem australischen Busch verschmelzen kann, wenn die großen Schiebetore geöffnet sind – und die der umgebenden Vegetation sogar erlaubt, den Innenraum zu erobern.
Das Grundstück besteht hauptsächlich aus einem Streifen Buschland, der an der Küstenlinie der Bucht von Western Port endet. „Wir haben das Land gekauft, weil wir die Bucht irgendwann mal zum Segeln nutzen möchten. Und als Surferin habe ich natürlich auch gerne ein paar gute Wellen in erreichbarer Nähe“, sagt Louise Wright. „Wir sind nur 15 Autominuten von den Surfstränden auf Phillip Island entfernt.“
Nachdem sie das Gelände 2009 gekauft hatten, zelteten Baracco und Wright regelmäßig auf dem Gelände. „Dadurch wurden wir sehr vertraut mit der Vegetation und wussten, wo wir das Haus am besten errichten“, erklärt Wright. „Wir haben dabei auch erfahren, dass das Grundstück manchmal überflutet wird.“ Erst vier Jahre später begannen sie mit dem Bau.
Von Eukalyptusbäumen umgeben, verschwindet das Haus fast in der Landschaft. Die Dimensionen sind beeindruckend, auch wenn es sich nur um eine einfache Tragstruktur aus Stahl handelt, die mit transparenten Polykarbonatplatten verkleidet ist. Nach zwei Wochen Bauzeit stand das Gebäude auf dem Grundstück. Eingriffe in das Gelände konnten auf ein Minimum reduziert werden, und Abfall fiel dabei fast gar nicht an. „Ein sehr unaufwändiges Bauprojekt“, fasst Wright zusammen. „Wir hatten gerade mal einen Kubikmeter Abfall, und der war zum größten Teil wiederverwertbar.“
Das Architektenpaar Louise Wright und Mauro Baracco setzt in seinem „Gartenhaus“, wie es die beiden nennen, beispielhaft um, was Architekten und Designer gerne mit den Worten „weniger ist mehr“ beschreiben. Gewohnt wird auf einer erhöhten Plattform, die von einer großen transparenten „Hütte“ umschlossen ist. „Was uns vorschwebte, hatte weniger mit einem Haus zu tun als mit einem halbwegs dauerhaften Zelt“, schildert Wright ihren ökologisch ausgerichteten Plan, die Umgebung (den australischen Busch) mit dem Bau möglichst wenig zu beeinträchtigen.
Der erhöhte Fußboden, das „Deck“, besteht aus Zypressenholz, das einen Kalkanstrich bekam. Zwischen dieser Fläche und den Außenwänden verläuft der etwa einen Meter breite Innengarten-Streifen.
„Der Garten hat auch einen Fußboden“, sagt Wright, „und zwar Eukalyptusmulch. Er deckt die Erde mit einer weichen Schicht ab, die gut für die Pflanzen ist und über die man auch barfuß laufen kann.“
„Seitdem wir das Haus gebaut haben, stand das Gelände erst einmal unter Wasser“, berichtet Wright, „aber es gab keine Probleme. Das Wasser ging wieder zurück und der Boden trocknete auf ganz natürliche Weise.“
Ihre Campingzeiten haben Wright und Baracco noch in guter Erinnerung. Am Zelten gefiel ihnen besonders, „dass man zu dem Ort, an dem man sich befindet, einen engen Kontakt hat.“ In ihrem Haus haben sie die Atmosphäre deshalb ganz bewusst spartanisch gehalten, fast wie in einem sommerlichen Zeltlager.
Der Innenraum gliedert sich in nur drei verschiedene Ebenen: Das separate Bad auf Höhe des Erdbodens, ein kleines Schlafzimmer, das über eine Leiter zu erreichen ist, und den erhöhten Wohnbereich, der mit einer Küchenzeile abschließt. „Der Raum, der am ehesten Ähnlichkeit mit einem Zimmer hat, ist unsere Schlafebene“, sagt Wright. „Wir haben sie als kleines Zwischengeschoss konstruiert, dort oben steht unser Doppelbett und das Kinderbett. Unten auf der Wohnebene steht noch ein Tagesbett, auf dem man auch übernachten kann.“
Wright kaufte ein paar Tische bei Ikea, die bei Bedarf zusammengeschoben werden. Hier essen, arbeiten und spielen die Familienmitglieder.
Zur Grundausstattung der Küche gehören eine Arbeitsplatte und ein Spülbecken aus Edelstahl sowie eine tragbare Doppelkochplatte. Unter der Arbeitsplatte befinden sich ein Kühlschrank und eine Waschmaschine, außerdem ist dort viel Platz für Geschirr und Kochutensilien. Ein weißer Vorhang deckt den gesamten Unterbau ab.
Diesen Bereich unter der Schlafebene hat das Paar mit ausgewählten Stücken einladend gestaltet. „Das Sofa besteht aus einem dänischen Gestell aus den 1960er-Jahren, und die Sitzpolster haben wir mit Stoff des Textilausstatters Zepel beziehen lassen. Den Korbsessel haben wir aus einem tollen Laden im Melbourner Stadtteil Northcote, der sich Retro Vintage nennt. Dann haben wir noch einen originalen Butterfly Chair und ein paar Frosta-Hocker von Ikea. Wir haben uns hier für Möbel mit dezenter Ausstrahlung entschieden.“
Wright erzählt, dass sie manchmal mitten in der Nacht aufwacht und es dann genießt, am nächtlichen Himmel den Mond und die Sternbilder zu betrachten. Bei Regen wird es ziemlich laut, aber Wright freut sich über die Erfahrung, mitten in der Natur zu leben und doch vor Wind und Wetter geschützt zu sein.
Einrichtung und sanitäre Anschlüsse in Bad und WC sind einfach, aber zweckmäßig. „In die Entwässerungsrohre haben wir einen Rückstau-Schutz eingebaut, der für Hochwassergebiete entwickelt wurde“, sagt Wright. Er sorgt dafür, dass kein Wasser durch die Rohre ins Haus gelangt, wenn das Gelände überflutet wird.
Hinter dem WC liegt das Bad. Es ist mit Sperrholz ausgekleidet und verfügt über eine einfache Duschkabine. „Hier kann man im Stehen duschen, und wir mussten trotzdem die Wände nicht fliesen wie in einem normalen Bad“, erläutert Wright.
Von außen entzieht sich das Gebäude immer wieder dem Blick. Dazu tragen bewegliche, zwei Geschosse hohe Außenwände bei. Sind sie geöffnet, gehen Innen- und Außenräume nahtlos ineinander über und erlauben der üppigen Vegatation, sich praktisch überall auszubreiten, wo es ihr gefällt. Die Innenflächen sind ebenso dicht begrünt wie die Außenflächen, und wenn die Familie die Gartenarbeit in Angriff nimmt, muss sie in vielen Fällen nicht einmal das Haus verlassen.
„Wir haben bei der Bepflanzung ein Renaturierungsprogramm angewendet, das als Bradley-Methode bekannt ist“, erläutert Wright. Dieses Konzept wurde von den aus Sydney stammenden Schwestern Joan und Eileen Bradley in den Sechzigerjahren entwickelt, um der ursprünglichen Vegetation in Australien eine Chance zu geben, sich gegen eingeschleppte, invasive Pflanzen zu behaupten. Dabei werden kleinere Flächen, die von einheimischen Pflanzen umgeben sind oder an solche Pflanzen angrenzen, systematisch gereinigt, damit sich anschließend wieder die ursprüngliche Flora darauf ansiedelt und unerwünschtes Unkraut verdrängt.
„Wir haben bei der Bepflanzung ein Renaturierungsprogramm angewendet, das als Bradley-Methode bekannt ist“, erläutert Wright. Dieses Konzept wurde von den aus Sydney stammenden Schwestern Joan und Eileen Bradley in den Sechzigerjahren entwickelt, um der ursprünglichen Vegetation in Australien eine Chance zu geben, sich gegen eingeschleppte, invasive Pflanzen zu behaupten. Dabei werden kleinere Flächen, die von einheimischen Pflanzen umgeben sind oder an solche Pflanzen angrenzen, systematisch gereinigt, damit sich anschließend wieder die ursprüngliche Flora darauf ansiedelt und unerwünschtes Unkraut verdrängt.
„Auf diese Weise sind viele einheimische Pflanzen zum Vorschein gekommen“, erzählt Wright. „Und mit den Jahren hat sich der Bestand stabilisiert. Zum Beispiel ist uns aufgefallen, dass sich im Innengarten hinter dem Daybed eine Teebaumart angesiedelt hat. Ursprünglich hatten wir vor, im Haus einheimische Arten anzupflanzen, aber diese Pläne haben wir wieder verworfen – wir lassen lieber der Natur freien Lauf.“
Schon vor ihren „Gartenarbeiten“ gab es eine vielfältige Vegetation und schöne Bäume, jetzt gibt es noch mehr davon. Verschiedene Eukalyptusarten sind auf dem Gelände zu finden, im Unterholz haben sich Teebäume ausgebreitet, und weite Flächen sind mit Wallaby- und Kängurugras bewachsen. Außerdem gedeihen hier Akazien, Heidekraut, einheimische Lilien und Orchideen.
Häufig lassen sich Wildtiere auf dem Grundstück blicken. Regelmäßigen Besuch bekommen die beiden von einem Blauzungen-Skink (einer Echsenart), und ab und zu hüpfen Kängurus vorbei. Am späten Nachmittag lassen sich viele Vögel in den Bäumen nieder, vor allem Wasservögel und Kookaburras. Schlangen habe sie zum Glück noch nicht gesehen, sagt Wright, aber sie ist sich sicher, dass es in der Umgebung welche gibt. „Wir halten alle Gräser niedrig und treffen die üblichen Vorsichtsmaßnahmen“ – zum Beispiel gehen sie in der Schlangenzeit nie ohne Schuhe aus dem Haus. „Wir haben ziemlich viele Spinnen, aber die stören uns nicht allzu sehr. Manchmal verscheuchen wir sie.“
Häufig lassen sich Wildtiere auf dem Grundstück blicken. Regelmäßigen Besuch bekommen die beiden von einem Blauzungen-Skink (einer Echsenart), und ab und zu hüpfen Kängurus vorbei. Am späten Nachmittag lassen sich viele Vögel in den Bäumen nieder, vor allem Wasservögel und Kookaburras. Schlangen habe sie zum Glück noch nicht gesehen, sagt Wright, aber sie ist sich sicher, dass es in der Umgebung welche gibt. „Wir halten alle Gräser niedrig und treffen die üblichen Vorsichtsmaßnahmen“ – zum Beispiel gehen sie in der Schlangenzeit nie ohne Schuhe aus dem Haus. „Wir haben ziemlich viele Spinnen, aber die stören uns nicht allzu sehr. Manchmal verscheuchen wir sie.“
Im Sommer heizt sich das Haus schnell auf. Doch die Bäume, die es umgeben, werden von Jahr zu Jahr größer und spenden mehr Schatten – die Sommermonate werden dadurch immer angenehmer. Auch im Inneren wachsen Teebäume: „Wir hoffen, dass sie einen Baldachin bilden, wenn sie größer werden – das würde für weiteren Schatten sorgen“, sagt Wright. Bis dahin decken die beiden das Dach im Sommer mit einer riesigen Decke ab und setzen einen Bodenventilator ein.
Durch die Fenster kann quergelüftet werden. Und über Kondensationfeuchtigkeit müssen sie sich ohnehin keine Sorgen machen. „Wenn sich mal Wasser an den Wänden niederschlägt, tropft es einfach in den Innengarten ab“, so Wright.
Durch die Fenster kann quergelüftet werden. Und über Kondensationfeuchtigkeit müssen sie sich ohnehin keine Sorgen machen. „Wenn sich mal Wasser an den Wänden niederschlägt, tropft es einfach in den Innengarten ab“, so Wright.
Ein Holzofen (das in Australien verbreitete Modell Nectre 15 LE) reicht aus, um im Winter genug Wärme zu produzieren. „Wir müssen nur ein bisschen heizen, um an den meisten Wintertagen eine angenehme Umgebungstemperatur zu haben“, sagt Wright.
Während im Westen die Sonne untergeht, sitzt Baracco am Tisch und liest. Ab und zu lässt er seinen Blick über die Kuhweiden schweifen, die hinter dem Haus liegen. Mit Insekten gibt es keine Probleme, denn an allen Türen und Fenstern befinden sich verschiebbare Fliegengitter, die Moskitos und andere kleine Störenfriede draußen halten.
Die untergehende Abendsonne erfüllt das Haus mit einem Glühen. „Dieses abendliche Leuchten im Haus ist wirklich hinreißend“, sagt Wright.
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Hier wohnen: Louise Wright, Mauro Baracco und ihr Sohn Frank
In: Western Port, Victoria, Australien
Auf: 64 Quadratmetern Grundfläche. Die Wohnfläche im Erdgeschoss umfasst 33 Quadratmeter; ringförmig umgibt sie ein Innenraumgarten, der 1 bis 1,50 Meter breit ist. Dazu kommen ein Bad (4 Quadratmeter) und ein Zwischengeschoss mit Schlafgelegenheit (9 Quadratmeter).
Architekten: Louise Wright und Mauro Baracco von Baracco+Wright Architects
Baujahr: Das Grundstück kauften die beiden 2009, ihr Gebäude errichteten sie 2013. Die Kosten (ohne Grundstückskosten) betrugen 60.000 australische Dollar (etwa 40.000 Euro).