Die komplizierte Sache mit den heimischen Pflanzen
Sind heimische Pflanzen immer besser? Und was bedeutet überhaupt „heimisch“ – wo zieht man die Grenze? Eine Orientierung
Einer der häufigsten Wünsche, den unsere Kunden äußern, ist der nach heimischen Pflanzen. Wenn sie allerdings hören, welche Pflanzen bei einer strengen Auslegung dieser Regel wegfallen, rudern die meisten zurück. Deshalb möchte ich hier etwas Licht in ein Thema bringen, das komplexer ist als viele vielleicht vermuten.
Die Angelegenheit betrifft nicht nur die großen Gehölze, sondern auch Stauden und Einjährige. Zwei meiner heimischen Lieblingsstauden sind etwa die Sterndolde Astrantia major und der Waldgeißbart Aruncus dioicus. Auch das unkomplizierte, leuchtend gelbe heimische Ochsenauge Buphtalmum salicifolium (im Bild) könnte öfter Verwendung finden!
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Aber nicht alle heimischen Pflanzen wachsen auf allen Standorten. Jede Pflanze bevorzugt bestimmte Boden- und Klimaverhältnisse und manche reagieren empfindlicher auf Abweichungen als andere.
Heidekraut Calluna vulgaris oder Grau-Heide Erica cinerea mögen zum Beispiel keine kalkreichen alkalischen Böden. Ein Sanddorn – der Name sagt es schon – wächst nur schlecht auf schweren Böden. Die heimische Sterndolde Astrantia major (im Bild) gedeiht besonders im Halbschatten gut, mag aber keine zu trockenen, sonnigen Standorte.
Heimische Pflanzen wachsen nur dann gut, wenn der Standort passt. Manchmal wachsen ausländische Pflanzen sogar besser – wenn der Wuchsort hier ihrem natürlichen Standort ähnelt.
Heidekraut Calluna vulgaris oder Grau-Heide Erica cinerea mögen zum Beispiel keine kalkreichen alkalischen Böden. Ein Sanddorn – der Name sagt es schon – wächst nur schlecht auf schweren Böden. Die heimische Sterndolde Astrantia major (im Bild) gedeiht besonders im Halbschatten gut, mag aber keine zu trockenen, sonnigen Standorte.
Heimische Pflanzen wachsen nur dann gut, wenn der Standort passt. Manchmal wachsen ausländische Pflanzen sogar besser – wenn der Wuchsort hier ihrem natürlichen Standort ähnelt.
In naturidentischen Gärten haben fremde Gehölze und Stauden nichts zu suchen – ebenso wenig wie in der freien Landschaft. Aus Naturschutzgründen sollten dort nur Pflanzen angesiedelt werden, die hier von Natur aus vorkommen, um Florenverfälschung zu vermeiden. Besonders wichtig ist dies bei großflächigen Ansaaten, die sich selbst versamen.
Einige eingewanderte Pflanzen bereiten tatsächlich Schwierigkeiten. Sogenannte Neophyten wie etwa das Springkraut und die Goldrute haben an vielen Stellen die heimische Flora verdrängt. Beide sind extrem ausbreitungsfreudige und durchsetzungskräftige Stauden.
Einige eingewanderte Pflanzen bereiten tatsächlich Schwierigkeiten. Sogenannte Neophyten wie etwa das Springkraut und die Goldrute haben an vielen Stellen die heimische Flora verdrängt. Beide sind extrem ausbreitungsfreudige und durchsetzungskräftige Stauden.
Tatsächlich sind viel weniger Pflanzen heimisch als die meisten denken. Lässt man bei der Planung alle Pflanzen weg, die beispielsweise bei der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus noch nicht im Lande waren, fallen auch folgende Pflanzen aus: Sonnenhut, Indianernessel, Phlox, Rauhblatt- und Glattblatt-Astern, Pfingstrose, Amberbaum, Zaubernuss, Hortensie, Weigelie, Duft-Schneeball, Thuja und ebenso die Nutzpflanzen Sonnenblume, Garten-Erdbeere und Kartoffel.
Die Römer führten die Walnuss und den Pfirsich mit im Gepäck. Der Lavendel, der Bauernjasmin Philadelphus coronarius und der Wildflieder Syringa vulgaris kommen ursprünglich aus dem mediterranen Raum, die Hortensie aus Nordamerika und Ostasien.
Wo zieht man also die Grenze zwischen heimisch und nicht heimisch? Ginkgo beispielsweise gilt bei uns als typisch asiatischer Baum. Versteinerungen belegen allerdings, dass Ginkgo-Arten hier (und bis ins norwegische Spitzbergen!) im Tertiär heimisch waren und in der darauffolgenden Eiszeit ausstarben.
In der Evolution entwickelten sich je nach Klimazone unterschiedliche Typen von Pflanzen. Allerdings wachsen bei uns deutlich weniger Arten als in anderen Ländern mit vergleichbarem Klima. Schuld daran ist eine Kombination aus Eiszeiten und Topographie. Bei uns wirkten die Alpen als Querriegel und verhinderten die Abwanderung der Pflanzen in den Süden – viele Pflanzenarten starben einfach aus.
Im Bild: Ginkgo biloba ‘Pendula’ mit prachtvoller Herbstfärbung
In der Evolution entwickelten sich je nach Klimazone unterschiedliche Typen von Pflanzen. Allerdings wachsen bei uns deutlich weniger Arten als in anderen Ländern mit vergleichbarem Klima. Schuld daran ist eine Kombination aus Eiszeiten und Topographie. Bei uns wirkten die Alpen als Querriegel und verhinderten die Abwanderung der Pflanzen in den Süden – viele Pflanzenarten starben einfach aus.
Im Bild: Ginkgo biloba ‘Pendula’ mit prachtvoller Herbstfärbung
In Nordamerika oder Asien gibt es kein Gebirge als Querriegel, deshalb konnten die Pflanzen vor der einbrechenden Kälte der Eiszeit ungehindert in den Süden ausweichen und später wieder einwandern, indem die Samen und Früchte sich mit Tieren oder dem Wind verbreiteten.
Neben Ginkgo fielen auch heimische Magnolie, Walnussbaum und Serbische Fichte Picea omorika der Eiszeit zum Opfer. Der hochgeschätzte Walnussbaum kam mit den Römern zurück in unsere Breitengrade, Ginkgo und Magnolie erst Jahrhunderte später.
Neben Ginkgo fielen auch heimische Magnolie, Walnussbaum und Serbische Fichte Picea omorika der Eiszeit zum Opfer. Der hochgeschätzte Walnussbaum kam mit den Römern zurück in unsere Breitengrade, Ginkgo und Magnolie erst Jahrhunderte später.
Gärtner und Pflanzen-Sammler bedienten sich aus dem weltweiten Fundus und importierten besonders im 18. und 19. Jahrhundert, was ihnen gefiel und mit unserem Klima zurechtkam, beispielsweise die Pfingstrose und Weigelie. Das heißt nicht, dass diese Pflanzen immer noch aus anderen Kontinenten anreisen. Deutsche oder zumindest europäische Baumschulen vermehren diese Pflanzen und ziehen sie für den Verkauf für unsere Gärten heran.
Im Bild: Rudbeckia fulgida var. Goldsturm, eine Staude, die sehr häufig in unseren Gärten anzutreffen ist. Herkunft: Nordamerika. Die feuerrote Montbretie im Hintergrund stammt aus Südafrika.
Im Bild: Rudbeckia fulgida var. Goldsturm, eine Staude, die sehr häufig in unseren Gärten anzutreffen ist. Herkunft: Nordamerika. Die feuerrote Montbretie im Hintergrund stammt aus Südafrika.
Die Pflanzen ferner Länder fanden nicht nur in ihren Wildformen Eingang in unsere Gärten, sondern Pflanzenliebhaber kreuzten ihr Aussehen und ihre Eigenschaften auch in heimische Sorten ein.
Pflanzenzüchtung durch Auslese und Kreuzung ist eine Kunst, die schon seit Jahrtausenden betrieben wird. Bei der Züchtung geht es um das Aussehen, um besondere Farben, Duft und Blühdauer, und bei Nutzpflanzen besonders um Geschmack und Fruchtgröße. Im Bild sind beispielsweise der dunkelrote und geschlitztblättrige Holunder Sambucus ‘Black Lace’, eine Weiterentwicklung der grünen Standardart, und die Strauch-Hortensie Hydrangea arborescens ‘Annabelle’ mit übergroßen weißen Blüten zu sehen.
Pflanzenzüchtung durch Auslese und Kreuzung ist eine Kunst, die schon seit Jahrtausenden betrieben wird. Bei der Züchtung geht es um das Aussehen, um besondere Farben, Duft und Blühdauer, und bei Nutzpflanzen besonders um Geschmack und Fruchtgröße. Im Bild sind beispielsweise der dunkelrote und geschlitztblättrige Holunder Sambucus ‘Black Lace’, eine Weiterentwicklung der grünen Standardart, und die Strauch-Hortensie Hydrangea arborescens ‘Annabelle’ mit übergroßen weißen Blüten zu sehen.
Chinesische Pflanzenliebhaber züchteten bereits vor über 1000 Jahren eigene Sorten von Edel-Pfingstrosen, die erst Ende des 19. Jahrhunderts in europäischen Gärten ankamen.
In der modernen Pflanzenzüchtung geht es nicht nur ums Aussehen, sondern auch um Robustheit gegen Krankheiten, Pilzbefall und Schädlinge, um die Winterhärte oder den allgemeinen Wuchs. Es gibt mittlerweile beispielsweise Sorten des heimischen Spitz-Ahorns, die statt der üblichen 25 Meter nur halb so groß werden und damit besser geeignet für heutige kleine Gärten und das Stadtbild sind, so wie zum Beispiel die Sorten ‘Cleveland’ oder ‘Farlake’s Green’.
In der modernen Pflanzenzüchtung geht es nicht nur ums Aussehen, sondern auch um Robustheit gegen Krankheiten, Pilzbefall und Schädlinge, um die Winterhärte oder den allgemeinen Wuchs. Es gibt mittlerweile beispielsweise Sorten des heimischen Spitz-Ahorns, die statt der üblichen 25 Meter nur halb so groß werden und damit besser geeignet für heutige kleine Gärten und das Stadtbild sind, so wie zum Beispiel die Sorten ‘Cleveland’ oder ‘Farlake’s Green’.
Einige Pflanzenzüchtungen sind steril. Gefüllte Blüten haben oft keine Staubgefäße mehr, an denen Insekten Nahrung sammeln können. Manche Zuchtsorten können keine Früchte mehr ansetzen. Pauschalieren lässt sich aber auch hier nicht: Es gibt beispielsweise Zuchtrosen gefüllt und ungefüllt, mit und ohne Hagebutten. Das heißt, einige gezüchtete Rosen haben immer noch Nutzen für die Tierwelt – trotz Einkreuzung ausländischer Arten.
Die meisten Gartenbesitzer mit dem Wunsch nach heimischen Pflanzen streben im Grunde einen naturnahen Garten an. Und in einem naturnahen Garten sind heimische Pflanzen nur ein Baustein neben vielen.
Es ist wichtig, den eigenen Standort genau zu analysieren. Liegt mein Garten am Feldrand oder habe ich einen Balkon im 5. Stock in einer Innenstadt? Was für Standortbedingungen herrschen bei mir hinsichtlich Boden, Niederschlag, Himmelsausrichtung, Sonneneinstrahlung und Minimaltemperaturen vor? Möchte ich wirklich einen naturidentischen Garten mit ausschließlich heimischen Wildpflanzen? Oder einen naturnahen mit möglichst viel Blüte?
Ein Garten, der nur auf den heimischen Standardpflanzen basiert, kann eintönig aussehen, bei heimischen Spezialpflanzen braucht es Fachwissen – in der Planung und in der Pflege. Auch bei Anforderungen wie bestimmten Blühzeiten, Farben, Resistenzen, Standortverträglichkeiten oder auch Wuchsgrößen ist die heimische Auswahl eingeschränkt, aber nicht unmöglich.
Es ist wichtig, den eigenen Standort genau zu analysieren. Liegt mein Garten am Feldrand oder habe ich einen Balkon im 5. Stock in einer Innenstadt? Was für Standortbedingungen herrschen bei mir hinsichtlich Boden, Niederschlag, Himmelsausrichtung, Sonneneinstrahlung und Minimaltemperaturen vor? Möchte ich wirklich einen naturidentischen Garten mit ausschließlich heimischen Wildpflanzen? Oder einen naturnahen mit möglichst viel Blüte?
Ein Garten, der nur auf den heimischen Standardpflanzen basiert, kann eintönig aussehen, bei heimischen Spezialpflanzen braucht es Fachwissen – in der Planung und in der Pflege. Auch bei Anforderungen wie bestimmten Blühzeiten, Farben, Resistenzen, Standortverträglichkeiten oder auch Wuchsgrößen ist die heimische Auswahl eingeschränkt, aber nicht unmöglich.
Manche Tierarten sind auf bestimmte Pflanzen angewiesen. Es stimmt aber nicht pauschal, dass einheimische Wildtiere sich nur an einheimischen Pflanzen laben und in einheimischen Bäumen und Sträuchern ihre Nester bauen. Schmetterlinge trinken beispielsweise auch Nektar der im Sommer blühenden Buddleia, auch Schmetterlingsstrauch genannt. Den Namen trägt der Strauch zurecht – im Sommer können sich Hunderte von Schmetterlingen auf einer einzigen Pflanze tummeln. Herkunft: Nordamerika. Auch Sonnenhut Echinacea purpurea und Katzenminze Nepeta fassenii stehen bei der heimischen Insektenwelt hoch im Kurs.
In naturnahen Gärten können Wildstauden anderer Länder einen wunderbaren Platz finden und spannungsreiche optische Kontraste und Kombinationen erzeugen. Im Bild: Die nordamerikanische Präriestaude Nadelblättriges Mädchenauge Coreopsis verticillata zusammen mit Gräsern und Sonnenbraut.
Meine Anregung: Suchen Sie Bäume, Sträucher und Stauden aus, die der heimischen Tier- und Vogelwelt als Nist- und Nährpflanzen dienen – egal wo diese herkommen. Es ist nicht nur die Pflanzenwahl, die einen nachhaltigen Garten ausmacht. Wichtig sind die Benutzung von Regenwasser, durchlässige Fugen bei Belägen, Verwendung von Recyclingmaterial und heimischem Naturstein, Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten für Tiere- Und räumen Sie Ihren Garten nicht zu sehr auf!
Entdecken Sie besondere Sorten – gegen den Einheitsbrei, der in vielen Baumschulen und Gärtnereien angeboten wird. Beschäftigen Sie sich mit ihren Pflanzen, bestellen Sie bei Spezialgärtnereien, die aus Liebe zu den Pflanzen diese kultivieren (denn lukrativ ist es nicht). Es gibt beispielsweise über 50 Sorten von Minze und Lavendel; auch für Wildstauden gibt es besondere Gärtnereien.
Haben Sie noch Tipps und Anregungen zu diesem komplexen Thema? Dann nutzen Sie dafür gerne die Kommentarfunktion.
Meine Anregung: Suchen Sie Bäume, Sträucher und Stauden aus, die der heimischen Tier- und Vogelwelt als Nist- und Nährpflanzen dienen – egal wo diese herkommen. Es ist nicht nur die Pflanzenwahl, die einen nachhaltigen Garten ausmacht. Wichtig sind die Benutzung von Regenwasser, durchlässige Fugen bei Belägen, Verwendung von Recyclingmaterial und heimischem Naturstein, Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten für Tiere- Und räumen Sie Ihren Garten nicht zu sehr auf!
Entdecken Sie besondere Sorten – gegen den Einheitsbrei, der in vielen Baumschulen und Gärtnereien angeboten wird. Beschäftigen Sie sich mit ihren Pflanzen, bestellen Sie bei Spezialgärtnereien, die aus Liebe zu den Pflanzen diese kultivieren (denn lukrativ ist es nicht). Es gibt beispielsweise über 50 Sorten von Minze und Lavendel; auch für Wildstauden gibt es besondere Gärtnereien.
Haben Sie noch Tipps und Anregungen zu diesem komplexen Thema? Dann nutzen Sie dafür gerne die Kommentarfunktion.
Im Bild: die heimische Kornelkirsche Cornus mas.