Houzzbesuch
Manufakturbesuch: Das Geheimnis des „Papier d'Arménie“
Das vielleicht berühmteste Räucherpapier der Welt wird seit 130 Jahren in Frankreich von Hand hergestellt – wir haben die Manufaktur besucht
Die kleine, einstöckige Fabrik ähnelt mit ihren roten Backsteinen von außen einer Grundschule aus dem frühen 19. Jahrhundert. Doch mit ihrem wunderbaren Duft erfüllt sie die Luft der gesamten Umgebung. Denn hier in Montrouge, einem Vorort von Paris, wird das „Papier d’Arménie“ (Armenisches Papier) hergestellt. Die Geschichte des Räucherpapiers beginnt im Jahr 1885; seitdem hat sich bei der Herstellung kaum etwas geändert. Deshalb wurde dem Unternehmen auch das begehrte Label „Entreprise du Patrimoine Vivant“ verliehen, eine Auszeichnung für hochwertige Handwerks-Traditionen. Seit jeher ist es in Familienbesitz. Wie rund 1500 Betriebe in Frankreich darf er sich daher auch: „Entreprise Familiale Centenaire“ nennen – mit dem Label werden jahrhundertealte Familienunternehmen gewürdigt, die in unserer schnelllebigen Zeit immer rarer werden.
Heute wird das Unternehmen von Mireille Schvartz geleitet, der Ur-Enkelin des Mitbegründers Henri Rivier. An der Herstellungsweise hat sie nichts Grundlegendes verändert. Zwischen 12.000 und 16.000 Heftchen verlassen pro Tag die Fabrik – das entspricht einer jährlichen Produktion von etwa drei Millionen Stück. Verkauft wird das Räucherpapier weltweit in über 20.000 Verkaufsstellen, wobei ein Zehntel der Produktion ins Ausland exportiert wird. Bekannt wurde das Duftpapier unter anderem durch den französischen Chansonnier Serge Gainsbourg, der ihm mit dem Lied „Les P’tits Papiers“, gesungen von Régine, ein Denkmal gesetzt hat.
Die Erfindung des Papier d’Armenie
Als der französische Chemiker Auguste Ponsot im Jahr 1880 eine Reise nach Armenien unternahm, entdeckte er dort die desinfizierende und reinigende Wirkung des Benzoeharzes, das bereits die Ottomanen als Lufterfrischer in ihren Häusern (und sogar als Mittel gegen Cholera) einsetzten.
Wieder zurück in Frankreich, schloss sich Ponsot mit dem Pharmazeuten Henri Rivier zusammen. Sie entwickelten eine Methode, mit der sich das Harz in reinem Alkohol verflüssigen ließ. Schließlich fanden sie heraus, dass ein mit dieser Lösung durchtränktes Stück Papier wie Weihrauch flammenlos verbrennt. Sechs Monate lang tüftelten die beiden, bis sie die Herstellung so weit perfektioniert hatten, dass das Räucherpapier in Produktion gehen konnte. 1889 wurde das bereits erfolgreiche Produkt auf der Pariser Weltausstellung (jene, für die auch der Eiffelturm errichtet wurde), mit einem Preis geehrt.
Als der französische Chemiker Auguste Ponsot im Jahr 1880 eine Reise nach Armenien unternahm, entdeckte er dort die desinfizierende und reinigende Wirkung des Benzoeharzes, das bereits die Ottomanen als Lufterfrischer in ihren Häusern (und sogar als Mittel gegen Cholera) einsetzten.
Wieder zurück in Frankreich, schloss sich Ponsot mit dem Pharmazeuten Henri Rivier zusammen. Sie entwickelten eine Methode, mit der sich das Harz in reinem Alkohol verflüssigen ließ. Schließlich fanden sie heraus, dass ein mit dieser Lösung durchtränktes Stück Papier wie Weihrauch flammenlos verbrennt. Sechs Monate lang tüftelten die beiden, bis sie die Herstellung so weit perfektioniert hatten, dass das Räucherpapier in Produktion gehen konnte. 1889 wurde das bereits erfolgreiche Produkt auf der Pariser Weltausstellung (jene, für die auch der Eiffelturm errichtet wurde), mit einem Preis geehrt.
Die ausgeprägte schwere Note des Benzoeharzes erinnert stark an die Düfte des Orients. Dies war auch einer der Gründe, warum Ponsot und Rivier das Harz für einen Raumduft verwendeten: Reisen in den Orient waren damals absolut en vogue, doch nur wenige konnten sich den Luxus leisten. Der Lufterfrischer ermöglichte es den Menschen immerhin, sich über den Duft in andere Welten zu träumen…
Die Herstellung ist zwar nicht besonders kompliziert, braucht aber natürlich ein spezielles Know-how, das die Manufaktur über viele Jahrzehnte perfektioniert hat. Sie erfolgt in 10 großen Schritten, die sich über rund sechs Monate hinziehen und fast komplett von Hand durchgeführt werden.
Die Herstellung ist zwar nicht besonders kompliziert, braucht aber natürlich ein spezielles Know-how, das die Manufaktur über viele Jahrzehnte perfektioniert hat. Sie erfolgt in 10 großen Schritten, die sich über rund sechs Monate hinziehen und fast komplett von Hand durchgeführt werden.
1. Die Rohstoffgewinnung
Gewonnen wird das Harz des Benzoebaumes durch Einschneiden des Baumstammes. Dafür muss ein Baum ein Mindestalter von 25 Jahren haben. In Laos, wo das Benzoeharz für das Papier d’Arménie herkommt, stehen die Wälder unter strenger staatlicher Kontrolle. Der kostbare Saft wird per Hand abgezapft und in Holzkisten nach Frankreich transportiert, wo er auch für die Parfümindustrie weiterverarbeitet wird. So ist das Harz etwa in den berühmten Parfüms „Shalimar“ von Guerlain und „Opium“ von Yves Saint Laurent enthalten.
Gewonnen wird das Harz des Benzoebaumes durch Einschneiden des Baumstammes. Dafür muss ein Baum ein Mindestalter von 25 Jahren haben. In Laos, wo das Benzoeharz für das Papier d’Arménie herkommt, stehen die Wälder unter strenger staatlicher Kontrolle. Der kostbare Saft wird per Hand abgezapft und in Holzkisten nach Frankreich transportiert, wo er auch für die Parfümindustrie weiterverarbeitet wird. So ist das Harz etwa in den berühmten Parfüms „Shalimar“ von Guerlain und „Opium“ von Yves Saint Laurent enthalten.
2. Die Mazeration
Das gewonnene Harz muss in Alkohol aufgelöst werden. Das Geheimnis liegt dabei im Mischverhältnis zwischen Alkohol und Benzoeharz – und das ist streng geheim! Hier sieht man eine fertige Lösung, für die eine Menge an reinem Alkohol verwendet wurde, die dem Flakon entspricht, und Harzsplitter in etwa der Menge auf der Hand.
Das gewonnene Harz muss in Alkohol aufgelöst werden. Das Geheimnis liegt dabei im Mischverhältnis zwischen Alkohol und Benzoeharz – und das ist streng geheim! Hier sieht man eine fertige Lösung, für die eine Menge an reinem Alkohol verwendet wurde, die dem Flakon entspricht, und Harzsplitter in etwa der Menge auf der Hand.
Bis vor wenigen Jahren wurde in der Fabrik in Montrouge alles noch per Hand abgewogen. Erst 2007 haben elektronische Waagen die mechanischen abgelöst. Für die geheime Rezeptur muss die Menge an Benzoeharz bis aufs kleinste Milligramm stimmen – nur so ist das Ergebnis zufriedenstellend. Und auch wenn man sich hier noch gern mit den guten alten Messgeräten umgibt – benutzt werden sie nicht mehr.
Nachdem der genau berechnete Anteil an Benzoeharz zum Alkohol gegeben wurde, löst sich das Harz nach und nach auf. Jeden Morgen mischt der Herstellungsleiter mit einer Kurbel (oben auf den Bottichen) die Lösung persönlich durch. Nach zwei Monaten hat sich das Harz vollständig im Alkohol aufgelöst.
3. Das Bad in der Salzlösung
Das für die Duftstreifen verwendete Papier wird in Schweden produziert – ebenfalls nach einem streng geheimen Verfahren. Der Text auf den einzelnen Papierstreifen wird mit einer umweltschonenden Tinte aufgedruckt.
Normalerweise verbrennt Papier mit einer Flamme, wenn es mit Feuer in Kontakt kommt. Tränkt man es jedoch in gelöstem Benzoeharz, verändert es seine Brenneigenschaften und verbrennt flammenlos, wie zum Beispiel auch Weihrauch.
Zunächst aber wird das Papier mit einer salzhaltigen Lösung getränkt. Das beschleunigt die spätere Verbrennung zusätzlich und führt dazu, dass ein schwacher Qualm freigesetzt wird.
Das für die Duftstreifen verwendete Papier wird in Schweden produziert – ebenfalls nach einem streng geheimen Verfahren. Der Text auf den einzelnen Papierstreifen wird mit einer umweltschonenden Tinte aufgedruckt.
Normalerweise verbrennt Papier mit einer Flamme, wenn es mit Feuer in Kontakt kommt. Tränkt man es jedoch in gelöstem Benzoeharz, verändert es seine Brenneigenschaften und verbrennt flammenlos, wie zum Beispiel auch Weihrauch.
Zunächst aber wird das Papier mit einer salzhaltigen Lösung getränkt. Das beschleunigt die spätere Verbrennung zusätzlich und führt dazu, dass ein schwacher Qualm freigesetzt wird.
4. Die Lufttrocknung
Nachdem das Papier in die Salzlösung getaucht wurde, wird es auf Gittern an der Luft getrocknet. In dem Trocknungsraum im Erdgeschoss weht, ganz simpel durch die offenen Fenster, stets ein frischer Luftzug. Eine zusätzliche Belüftungsanlage sorgt dafür, dass es auch an heißen Sommertagen nicht zu warm wird.
Nachdem das Papier in die Salzlösung getaucht wurde, wird es auf Gittern an der Luft getrocknet. In dem Trocknungsraum im Erdgeschoss weht, ganz simpel durch die offenen Fenster, stets ein frischer Luftzug. Eine zusätzliche Belüftungsanlage sorgt dafür, dass es auch an heißen Sommertagen nicht zu warm wird.
Bevor das Papier gleich in die Benzoe-Lösung getaucht wird, muss es richtig trocken sein. Dabei gilt die Regel: Je trockener das Papier, desto mehr von der Benzoe-Lösung kann es später aufnehmen.
5. Das Papier zeigt Farbe
Nach dem zweimonatigen Mazerationsprozess hat sich die Benzoeharz-Lösung in eine dunkelrote, etwas dickere Flüssigkeit verwandelt. In Eimern abgefüllt, wird sie in die Werkstatt transportiert. Aufwändige Technik sucht man hier vergebens – simple Blecheimer tun es auch.
Nach dem zweimonatigen Mazerationsprozess hat sich die Benzoeharz-Lösung in eine dunkelrote, etwas dickere Flüssigkeit verwandelt. In Eimern abgefüllt, wird sie in die Werkstatt transportiert. Aufwändige Technik sucht man hier vergebens – simple Blecheimer tun es auch.
In der Werkstatt wird dann das Papier in das Mazerat aus Alkohol und Benzoeharz getaucht. Dabei erhält es seine typische rötliche Färbung. Obwohl dafür nur eine einzige Person und ein Behälter benötigt werden, ist hier höchste Professionalität geboten.
6. Das Abstreichen per Hand
Wie das Tränken des Papiers in der salzhaltigen Lösung und anschließend in dem Mazerat, wird auch das Abstreichen des überschüssigem Mazerats von Hand durchgeführt. Dafür ist eine einzige Angestellte zuständig, die mit langsamen und präzisen Bewegungen das feuchte Papier so auspresst, dass es nicht zerreißt. Schon ihre Mutter hat diese Bewegungen unzählige Male durchgeführt. Nicht nur die Leitung der Fabrik ist also ein Familienbetrieb – auch das zwölfköpfige Team gibt sein Wissen direkt an seine Nachfahren weiter. Insgesamt arbeiten acht Angestellte in der Produktion und vier im Büro.
7. Die Kontrolle
Nach dem Auspressen wird das Papier genauestens überprüft. Schon beim geringsten Fehler wird der gesamte Bogen aussortiert. Die Ausschussware ist beliebt, regelmäßig kommen Fans vorbei, um die entsorgten Papierbögen günstig zu kaufen.
Wie das Tränken des Papiers in der salzhaltigen Lösung und anschließend in dem Mazerat, wird auch das Abstreichen des überschüssigem Mazerats von Hand durchgeführt. Dafür ist eine einzige Angestellte zuständig, die mit langsamen und präzisen Bewegungen das feuchte Papier so auspresst, dass es nicht zerreißt. Schon ihre Mutter hat diese Bewegungen unzählige Male durchgeführt. Nicht nur die Leitung der Fabrik ist also ein Familienbetrieb – auch das zwölfköpfige Team gibt sein Wissen direkt an seine Nachfahren weiter. Insgesamt arbeiten acht Angestellte in der Produktion und vier im Büro.
7. Die Kontrolle
Nach dem Auspressen wird das Papier genauestens überprüft. Schon beim geringsten Fehler wird der gesamte Bogen aussortiert. Die Ausschussware ist beliebt, regelmäßig kommen Fans vorbei, um die entsorgten Papierbögen günstig zu kaufen.
8. Ofentrocknung
Die Trockenöfen, in denen anderswo Fleisch und Fisch geräuchert werden, erreichen eine Temperatur von etwa 60 Grad Celsius. Für die Fabrik wurden sie so angepasst, dass sich darin das vollgesogene Papier perfekt trocknen lässt. Der Alkohol verdunstet dabei vollständig. Behutsam befestigt die Angestellte jeden einzelnen Papierbogen im Ofen.
Die Trockenöfen, in denen anderswo Fleisch und Fisch geräuchert werden, erreichen eine Temperatur von etwa 60 Grad Celsius. Für die Fabrik wurden sie so angepasst, dass sich darin das vollgesogene Papier perfekt trocknen lässt. Der Alkohol verdunstet dabei vollständig. Behutsam befestigt die Angestellte jeden einzelnen Papierbogen im Ofen.
9. Perforation
Mithilfe dieser alten Druckmaschine werden die einzelnen Papierbögen perforiert. Sie sind äußerst reißfest und werden stapelweise per Hand eingelegt. So entstehen die berühmten schmalen Papierstreifen.
10. Schnitt
Mithilfe einer weiteren Maschine werden im letzten Schritt die Bögen in kürzere Streifen geschnitten, diese anschließend zusammengeheftet und mit einem Deckblatt versehen.
Mithilfe dieser alten Druckmaschine werden die einzelnen Papierbögen perforiert. Sie sind äußerst reißfest und werden stapelweise per Hand eingelegt. So entstehen die berühmten schmalen Papierstreifen.
10. Schnitt
Mithilfe einer weiteren Maschine werden im letzten Schritt die Bögen in kürzere Streifen geschnitten, diese anschließend zusammengeheftet und mit einem Deckblatt versehen.
Das Sortiment
In diesem alten Aktenschrank sind einige fertige und auch historische Produkte ausgestellt: zum einen natürlich das Papier, aber auch Duftkerzen aus früheren Zeiten. Sie wurden zwar nicht vor Ort hergestellt, verströmen aber denselben, unverwechselbaren Duft wie das Papier.
In diesem alten Aktenschrank sind einige fertige und auch historische Produkte ausgestellt: zum einen natürlich das Papier, aber auch Duftkerzen aus früheren Zeiten. Sie wurden zwar nicht vor Ort hergestellt, verströmen aber denselben, unverwechselbaren Duft wie das Papier.
Anlässlich des 130. Firmenjubiläums gab das Traditionsunternehmen dieses Jahr eine Kennlernbox heraus, die neben den klassischen Duftstreifen auch Heftchen mit zwei weiteren Duftnoten enthält: „Rose“, ein beliebter Lufterfrischer, und „Armenien“, kreiert von einem berühmten Parfümeur eigens für diese Ausgabe. Für wahre Fans gibt es sogar ein Reiseset, mit Streichhölzern, Duftstreifen und feuerfester Transportbox, in der die Streifen verbrannt werden können. So verleiht man jedem Hotelzimmer einen ganz besonderen Duft…
Weiterlesen: Handwerk mit langer Tradition – zu Besuch in der Porzellanmanufaktur Meissen >>>
Weiterlesen: Handwerk mit langer Tradition – zu Besuch in der Porzellanmanufaktur Meissen >>>