Architektur
Pritzker-Preisträger 2016: Architekt Alejandro Aravena aus Chile
Er „verkörpert das Revival des sozial engagierten Architekten“, hieß es in der Laudatio – wir stellen den Anwalt der kleinen Leute vor
Es war sein Engagement im sozialen Wohnungsbau, das den Architekten Alejandro Aravena, 48, von den anderen Pritzker-Preis-Anwärtern unterschied. Nun hat er die höchste Auszeichnung seiner Branche bekommen. „Das menschliche Leben ist so viel wertvoller als Geld“, sagte der chilenische Architekt der „New York Times“, kurz nachdem er von der Entscheidung der Jury erfahren hatte.
Die Jury weiter: „Alejandro Aravena verkörpert das Revival des sozial engagierten Architekten, besonders durch sein langjähriges Engagement im Kampf gegen die globale Wohnungsknappheit und für ein besseres urbanes Umfeld aller. Er hat ein tiefes Verständnis für Architektur und die Gesellschaft, das sich in seinen Schriften, seinem Engagement und seinen Entwürfen niederschlägt.“
Dabei verfolgt er ungewöhnliche Ansätze. Auf dem Bild ist ein Projekt zu sehen, das den Typus des „schrittweisen Wohnungsbaus“ zeigt, den Aravena entwickelt hat. Der Prozess erlaubt ihm, „ein halbes gutes Haus“ auf einem teureren Grundstück zu realisieren, das sich in Reichweite guter wirtschaftlicher oder beruflicher Möglichkeiten befindet – und das die Bewohner selbst fertig bauen können. Dadurch gebe er ihnen das Gefühl, „etwas erreicht und in die eigenen Zukunft investiert zu haben“, so die Stiftung.
Oben im Bild ist der der Rohbau zu sehen, wie ihn Aravena mit öffentlichen Mitteln realisiert hat. Darunter sieht man die fertiggestellten Häuser, mit den Ausbauten, die die Bewohner selbst hinzugefügt haben. „Wir wollten dadurch verdeutlichen, dass Architektur kein zusätzlicher Kostenpunkt sondern ein zusätzlicher Wert ist“, sagte Aravena der „New York Times“. „Wir möchten unser Talent – unser Wissen – auf Aufgaben verwenden, die der Mehrheit der Bevölkerung zugute kommen.“
Abbildung: Villa Verde Wohnungsbau (2013); Constitución, Chile (Foto: Elemental)
Dabei verfolgt er ungewöhnliche Ansätze. Auf dem Bild ist ein Projekt zu sehen, das den Typus des „schrittweisen Wohnungsbaus“ zeigt, den Aravena entwickelt hat. Der Prozess erlaubt ihm, „ein halbes gutes Haus“ auf einem teureren Grundstück zu realisieren, das sich in Reichweite guter wirtschaftlicher oder beruflicher Möglichkeiten befindet – und das die Bewohner selbst fertig bauen können. Dadurch gebe er ihnen das Gefühl, „etwas erreicht und in die eigenen Zukunft investiert zu haben“, so die Stiftung.
Oben im Bild ist der der Rohbau zu sehen, wie ihn Aravena mit öffentlichen Mitteln realisiert hat. Darunter sieht man die fertiggestellten Häuser, mit den Ausbauten, die die Bewohner selbst hinzugefügt haben. „Wir wollten dadurch verdeutlichen, dass Architektur kein zusätzlicher Kostenpunkt sondern ein zusätzlicher Wert ist“, sagte Aravena der „New York Times“. „Wir möchten unser Talent – unser Wissen – auf Aufgaben verwenden, die der Mehrheit der Bevölkerung zugute kommen.“
Abbildung: Villa Verde Wohnungsbau (2013); Constitución, Chile (Foto: Elemental)
Kurz nach der Verkündigung gestern wurden auf allen Social-Media-Kanälen Loblieder auf den Pritzker-Preisträger 2016 gesungen. Aravena sagte dem traditionsreichen Architekturmagazin „Architectural Record“ nachdem er die Nachricht erhalten hatte: „Für ein paar Minuten verstand ich nicht, weshalb ich angerufen wurde. Als ich es dann begriff, war das Gefühl so überwältigend, dass ich nicht sprechen konnte. Ich war zu bewegt.“
Beim in diesem Bild gezeigten Projekt bestand die Herausforderung für Aravena darin, 100 Familien mit einem Zuschuss von 7500 Dollar pro Gebäude in einem 30 Jahre alten Slum unterzubringen. Er baute den Familien das „halbe Haus“, das sie nur mit Schwierigkeiten selbst hätten bauen können, und ließ Raum, die Häuser in Eigenleistung so fertigzustellen, wie die Familien es selbst gerne haben wollten. „Nach einem Jahr hatten sich die Immobilienwerte verdreifacht, und trotzdem haben alle Familien es vorgezogen, dort zu bleiben und ihre Häuser weiter zu verbessern“, sagt Aravena.
Abbildung: Quinta Monroy Wohnungsbau (2004); Iquique, Chile (Foto: Cristobal Palma)
Beim in diesem Bild gezeigten Projekt bestand die Herausforderung für Aravena darin, 100 Familien mit einem Zuschuss von 7500 Dollar pro Gebäude in einem 30 Jahre alten Slum unterzubringen. Er baute den Familien das „halbe Haus“, das sie nur mit Schwierigkeiten selbst hätten bauen können, und ließ Raum, die Häuser in Eigenleistung so fertigzustellen, wie die Familien es selbst gerne haben wollten. „Nach einem Jahr hatten sich die Immobilienwerte verdreifacht, und trotzdem haben alle Familien es vorgezogen, dort zu bleiben und ihre Häuser weiter zu verbessern“, sagt Aravena.
Abbildung: Quinta Monroy Wohnungsbau (2004); Iquique, Chile (Foto: Cristobal Palma)
Ein weiteres Beispiel für Aravenas grundlegende Ansatz des „halben guten Hauses“ – ist dieses Projekt in Villa Verde. Oben: Aravenas Initialprojekt, das aus öffentlichen Mitteln finanziert wurde. Unten sieht man, was die Bewohner selbst hinzugefügt haben.
Abbildung: Villa Verde Wohnungsbau (2013); Constitución, Chile (Foto: Elemental)
Abbildung: Villa Verde Wohnungsbau (2013); Constitución, Chile (Foto: Elemental)
Mit dem Ziel, erschwingliche Siedlungsbauten in Mexiko zu errichten, die dort laut Aravena normalerweise 30.000 Dollar aufwärts kosten, realisierte der Architekt dieses Projekt. Eine ebenerdige Wohneinheit wurde dabei jeweils mit einer darüber liegenden Maisonette kombiniert. Die Häuser kosten im Bau 20.000 Euro, können aber „durch Erweiterungen in Eigenbauleistungen der Bewohner den Wohnstandard mittlerer Einkommensstufen von 72 Quadratmetern erreichen“, sagt er.
Abbildung: Monterrey Siedlungsbau (2010); Monterrey, Mexiko (Foto: Ramiro Ramirez)
Abbildung: Monterrey Siedlungsbau (2010); Monterrey, Mexiko (Foto: Ramiro Ramirez)
Der Architekt hat viele „energieeffiziente Gebäude realisiert, die mit innovativen Fassaden und Grundrissen auf das lokale Klima eingehen und den Nutzern Räume mit natürlichem Licht und geselligen Gemeinschaftsbereichen bieten“, sagt die Stiftung in ihrer Beurteilung.
Obwohl Aravena Glasfassaden für das Klima in Santiago de Chile unangemessen findet, weil durch die hohen Außentemperaturen im Inneren ein Treibhausklima entsteht, beschloss er doch, es für die Außenhülle dieser beiden Gebäude zu verwenden, die ein anderes Gebäude einschließen, das energieeffizienter ist und einen Austausch zwischen den beiden Strukturen erlaubt.
Abbildung: Siamesische Türme (2005), San Joaquin Campus, Päpstliche Katholische Universität von Chile; Santiago de Chile (Foto: Cristobal Palma)
Obwohl Aravena Glasfassaden für das Klima in Santiago de Chile unangemessen findet, weil durch die hohen Außentemperaturen im Inneren ein Treibhausklima entsteht, beschloss er doch, es für die Außenhülle dieser beiden Gebäude zu verwenden, die ein anderes Gebäude einschließen, das energieeffizienter ist und einen Austausch zwischen den beiden Strukturen erlaubt.
Abbildung: Siamesische Türme (2005), San Joaquin Campus, Päpstliche Katholische Universität von Chile; Santiago de Chile (Foto: Cristobal Palma)
Siamesische Türme (2005), San Joaquin Campus, Päpstliche Katholische Universität von Chile; Santiago de Chile (Foto: Cristobal Palma)
Aravena machte 1992 an der Päpstlichen Katholischen Universität von Chile seinen Abschluss und eröffnete zwei Jahre später das eigene Büro. 2001 übernahm er die Leitung des „Elemental“ – ein “Do Tank,” der „sich auf Projekte des öffentlichen Interesses und sozialen Einflusses konzentriert, darunter Wohnungsbau, öffentlicher Raum, Infrastruktur und Verkehr“, wie es im Jurytext heißt.
Hier ist ein Aussichtspunkt zu sehen, der Teil einer Kette lokaler Plätze ist, die sich von der Mündung des Río Maule bis zum Puerto Maguellines in Constitución, Chile, erstrecken. Sie sind Teil des nachhaltigen Wiederaufbauplans nach dem Tsunami.
Abbildung: Strandpromenade (2014); Constitución, Chile (Foto: Felipe Diaz)
Hier ist ein Aussichtspunkt zu sehen, der Teil einer Kette lokaler Plätze ist, die sich von der Mündung des Río Maule bis zum Puerto Maguellines in Constitución, Chile, erstrecken. Sie sind Teil des nachhaltigen Wiederaufbauplans nach dem Tsunami.
Abbildung: Strandpromenade (2014); Constitución, Chile (Foto: Felipe Diaz)
Tom Pritzker, Vorsitzender und Präsident der Hyatt-Stiftung, die den Preis sponsort, sagte, Aravenas Arbeit „schafft Möglichkeiten für die weniger Privilegierten, lindert die Folgen von Naturkatastrophen, reduziert den Energieverbrauch und erzeugt einladende öffentliche Plätze. Innovativ und inspirierend zeigt er, wie Architektur in Bestform das Leben von Menschen verbessern kann.“
Diese Raststelle schuf Aravena an einem abgelegenen Bergrücken, der an einer mexikanischen Pilgerroute liegt. Die geknickte Struktur, die einem hohlen Stein gleicht, bietet ein schattiges Plätzchen mit Querlüftung.
Abbildung: Las Cruces, Pilger-Aussichtspunkt (2010); Jalisco, Mexiko (Foto: Iwan Baan)
Diese Raststelle schuf Aravena an einem abgelegenen Bergrücken, der an einer mexikanischen Pilgerroute liegt. Die geknickte Struktur, die einem hohlen Stein gleicht, bietet ein schattiges Plätzchen mit Querlüftung.
Abbildung: Las Cruces, Pilger-Aussichtspunkt (2010); Jalisco, Mexiko (Foto: Iwan Baan)
Aravena saß selbt von 2009 bis 2015 in der Prtizker-Preis-Jury, war 2000 und 2005 Professor der Harvard Graduate School of Design und ist Direktor der diesjährigen Biennale in Venedig, die im Mai eröffnen wird.
„Alejandro Aravena führt eine neue Generation von Architekten an, die ein holistisches Verständnis der gebauten Umwelt haben, und er hat die Fähigkeit demonstriert, soziales Verantwortungsbewusstsein, ökonomische Anforderungen, die Gestaltung des menschlichen Lebensraums und der Stadt miteinander zu verbinden“, schreibt die Jury. „Nur wenigen ist es gelungen, Architektur als kunstvolles Unternehmen zu praktizieren und dabei gleichzeitig heutige soziale und ökonomische Herausforderungen zu meistern. Aravena (…) hat beides geschafft und indem ihm das gelang, die Rolle eines Architekten um wichtige Aspekte erweitert.“
Abbildung: Medizinische Hochschule (2004), Päpstliche Katholische Universität von Chile; Santiago de Chile (Foto: Roland Halbe)
„Alejandro Aravena führt eine neue Generation von Architekten an, die ein holistisches Verständnis der gebauten Umwelt haben, und er hat die Fähigkeit demonstriert, soziales Verantwortungsbewusstsein, ökonomische Anforderungen, die Gestaltung des menschlichen Lebensraums und der Stadt miteinander zu verbinden“, schreibt die Jury. „Nur wenigen ist es gelungen, Architektur als kunstvolles Unternehmen zu praktizieren und dabei gleichzeitig heutige soziale und ökonomische Herausforderungen zu meistern. Aravena (…) hat beides geschafft und indem ihm das gelang, die Rolle eines Architekten um wichtige Aspekte erweitert.“
Abbildung: Medizinische Hochschule (2004), Päpstliche Katholische Universität von Chile; Santiago de Chile (Foto: Roland Halbe)
Medizinische Hochschule (2004), Päpstliche Katholische Universität von Chile; Santiago de Chile (Foto: Roland Halbe)
Atrium, UC Innovation Center — Anacleto Angelini (2014), San Joaquin Campus, Päpstliche Katholische Universität von Chile; Santiago de Chile (Foto: James Florio)
Bicentennial Children’s Park (2012); Santiago de Chile (Foto: Cristobal Palma)
Bicentennial Children’s Park (2012); Santiago, Chile (Foto: Cristobal Palma)
Hütte der Schriftstellerresidenzen (2015), Foundation Jan Michalski; Montricher, Schweiz (Foto: +2 Architectes)
Studentenwohnheim in St. Edward’s (2008); Austin, Texas (Foto: Cristobal Palma)
Studentenwohnheim in St. Edward’s (2008); Austin, Texas (Foto: Cristobal Palma)
Aravena und seine Partner am „Elemental“ – Gonzalo Arteaga, Juan Cerda, Victor Oddo und Diego Torres – wurden nach einem Erdbeben mit Tsunami im Jahr 2010 gebeten, am Wiederaufbau der Stadt Constitución, Chile, mitzuarbeiten.
Abbildung: Plan zur nachhaltigen Rekunstruktion von Constitución (seit 2010); Constitución, Chile (Bild: Elemental)
Abbildung: Plan zur nachhaltigen Rekunstruktion von Constitución (seit 2010); Constitución, Chile (Bild: Elemental)
Stadtpromenade (seit 1997, in Planung); Santiago de Chile (Bild: Elemental)
Stadtpromenade (seit 1997, in Planung); Santiago de Chile (Bild: Elemental)
Was liegt nun noch vor Aravena und „Elemental“? Der Architekt schrieb in einer Mail an die Stiftung, dass er und seine Kollegen „das Momentum nutzen wollen, um neue Territorien zu erforschen, neue Herausforderungen anzunehmen und neue Handlungsfelder zu betreten.“ Er fügt hinzu: „Nach einem solchen Höhepunkt ist der Weg frei für alles Mögliche. Daher ist unser Plan, keinen Plan zu haben und dem Vagen und Unvorhergesehenen ins Auge zu sehen.“
Abbildung: „Elemental“, von links nach rechts: Alejandro Aravena, Claudio Tapia, Gonzalo Arteaga and Paula Livingstone; Santiago, Chile (Bild: Elemental)
Luftschlösser für die Ewigkeit: Posthumer Pritzker-Preis 2015 für Frei Otto >>>
Abbildung: „Elemental“, von links nach rechts: Alejandro Aravena, Claudio Tapia, Gonzalo Arteaga and Paula Livingstone; Santiago, Chile (Bild: Elemental)
Luftschlösser für die Ewigkeit: Posthumer Pritzker-Preis 2015 für Frei Otto >>>
Seine Arbeit umfasst ein breites Spektrum von Maßstäben und Bauaufgaben, vom Einfamilienhaus bis hin zu großen öffentlichen Gebäuden. „Er weiß um Materialien und Konstruktionsweisen ebenso wie um die Bedeutung von Poesie und die Fähigkeit der Architektur, auf verschiedenen Ebenen zu kommunizieren“, schrieb die neunköpfige Jury, in der auch die Pritzker-Preisträger Glenn Murcutt, Richard Rogers und der Richter des U.S. Supreme Courts Stephen Breyer saßen, in ihrer Beurteilung.
Porträt: Cristobal Palma