Houzzbesuch
Houzzbesuch: Ein behindertengerechtes Traumhaus in Neuseeland
Ein Berater für körperbehinderte Menschen, der selbst im Rollstuhl sitzt, baute mit seiner Familie ein schickes barrierefreies Haus am Meer
Als Rollstuhlfahrer, Bauberater und Vorstandsmitglied der Organisation CCS Disability Action weiß Stew Sexton ziemlich gut über barrierefreies Bauen Bescheid. Als er und seine Frau Doreen beschlossen, ihr in die Jahre gekommenes Cottage an der Küste von Eastbourne, Neuseeland, durch ein neues Haus zu ersetzen, wusste er daher, worauf es ihm ankam. Er arbeitete eng mit der neuseeländischen Zertifizierungsstelle Lifemark zusammen, die Wohnhäuser im Hinblick auf Barrierefreiheit bewertet. Und natürlich unterstützten seine Brüder Andrew (Architekt) und Richard (Bauunternehmer) das Projekt. Gemeinsam entwarf und baute das Trio ein Haus, das dem Paar bis ins hohe Alter ein schickes und gleichzeitig leicht zugängliches Zuhause bieten wird.
16 Jahre lang haben Stew und Doreen in dem alten Cottage direkt am Meer und am Rande eines Hügels in Eastbourne, Neuseeland gewohnt – und die vielen Mängel des Hauses tapfer ertragen. Bis sie endlich beschlossen, ihrer unbefriedigenden Wohnsituation ein Ende zu setzen. Über zwei Jahre lang planten sie mit Stews Bruder, dem Architekten Andrew Sexton, an ihrem neuen Haus. Stews anderer Bruder Richard, ein Bauunternehmer, der heute als Ausbilder arbeitet, führte schließlich die eineinhalb Jahre dauernden Bauarbeiten durch.
Flaches Land ist in der Umgebung rar, und so verfügt das 720 Quadratmeter große Grundstück über gerade einmal 90 Quadratmeter an ebener Fläche – die dann für das Haus voll ausgenutzt wurden. Vor dem Haus führt eine Straße entlang, dahinter ragt ein Felsen steil in die Höhe. Und auch der fantastische Blick aufs Meer ist nicht umsonst – den gibt es in der Gegend von Wellington nur im Paket mit heftigen Winden.
Flaches Land ist in der Umgebung rar, und so verfügt das 720 Quadratmeter große Grundstück über gerade einmal 90 Quadratmeter an ebener Fläche – die dann für das Haus voll ausgenutzt wurden. Vor dem Haus führt eine Straße entlang, dahinter ragt ein Felsen steil in die Höhe. Und auch der fantastische Blick aufs Meer ist nicht umsonst – den gibt es in der Gegend von Wellington nur im Paket mit heftigen Winden.
Da das Haus sehr nah an der Straße gelegen ist, hat Andrew das Schlafzimmerfenster im Erdgeschoss mit einem Sichtschutz versehen. Hierfür nutzte er die Holzverkleidung der Fassade, indem er jede zweite Holzlatte einfach wegließ. Auch das Garagentor ließ er nahtlos in die Holzfassade integrieren.
Laut Stew war es nur logisch, die Lifemark-Prinzipien umzusetzen, schließlich sitzt er seit seiner Kindheit selbst im Rollstuhl. Andrew wusste daher auch, worauf es Stew beim Wohnen ankommt – aber die Umsetzung erwies sich teilweise doch als Herausforderung. Am wichtigsten war Stew ein direkter Zugang von der Garage ins Haus, viel Bewegungsfreiheit und breite Flure, damit er sich im Rollstuhl problemlos bewegen kann.
Heute befinden sich im Eingangsbereich sowohl die Treppe als auch ein mit Wasserkraft betriebener Aufzug im hinteren Teil des Flurs (der einzige Bereich des Hauses, der mit Teppich ausgelegt ist). Die keilförmige Architektur fügt sich exakt in den Hügel ein und bietet genug Platz für einen ebenerdigen Garten sowie eine Terrasse.
Heute befinden sich im Eingangsbereich sowohl die Treppe als auch ein mit Wasserkraft betriebener Aufzug im hinteren Teil des Flurs (der einzige Bereich des Hauses, der mit Teppich ausgelegt ist). Die keilförmige Architektur fügt sich exakt in den Hügel ein und bietet genug Platz für einen ebenerdigen Garten sowie eine Terrasse.
Über die Raumaufteilung waren sich die Sextons schnell einig: Das Erdgeschoss nutzt das Paar eher privat – mit Schlafzimmer, Badezimmer, Gästezimmer und Hauswirtschaftsraum. Im Obergeschoss befinden sich Wohn- und Arbeitsraum sowie die Küche. Dank großer Schiebetüren kann Stew alle Zimmer problemlos mit dem Rollstuhl befahren.
Stew wollte auf keinen Fall ein Badezimmer, das nach Pflegeeinrichtung aussieht. Trotzdem sollte für ihn natürlich alles einfach zu benutzen sein.
Auf Stütz- und Hebevorrichtungen für Dusche und WC verzichtete er und er wählte ein Standard-WC aus. Dennoch ließ er die Wände vorsichtshalber so tragfähig ausbauen, dass ein späteres Nachrüsten mit Hebevorrichtungen möglich ist (noch ist er auf der Suche nach einer schicken Lösung).
Auf Stütz- und Hebevorrichtungen für Dusche und WC verzichtete er und er wählte ein Standard-WC aus. Dennoch ließ er die Wände vorsichtshalber so tragfähig ausbauen, dass ein späteres Nachrüsten mit Hebevorrichtungen möglich ist (noch ist er auf der Suche nach einer schicken Lösung).
Die verlängerte Badewannenverkleidung dient gleichzeitig als Duschsitz. Die Dusche ist bodengleich und so gut erreichbar. Wie die Toilette ist auch das Waschbecken ein Standardmodell – tiefer gehängt – das er bequem vom Rollstuhl aus erreichen kann.
Barrierefreies Bad planen: Worauf muss man achten?
Barrierefreies Bad planen: Worauf muss man achten?
Aus den vielen Winkeln der Architektur hat Andrew Sexton das Beste herausgeholt. So führt etwa die Glastür vorne links in einen kleinen Innenhof zum Wäschetrocknen, und der Schrank neben der Tür ist mit einer Kleiderstange auf einer Höhe von einem Meter ausgestattet – sehr zur Freude von Stew, denn jetzt kann er zum ersten Mal im Leben seine Kleider selbst aufhängen.
Das Wohn- und Arbeitszimmer im Obergeschoss gestalteten die Brüder so offen wie möglich – zum einen, damit es schön hell ist, zum anderen, damit Stew sich uneingeschränkt bewegen kann. Hier gibt es weder Flure noch Türen. Um die Bereiche dennoch klar voneinander abzugrenzen, entwarf Andrew einen Kubus aus Holz, der wie ein Raum im Raum funktioniert. Den größten Platz darin nimmt der Aufzug ein, aber auch ein Vorratsschrank, der Kühlschrank sowie die Klavierecke haben drumherum ihren Platz gefunden. Aber eins nach dem anderen.
Vor allem die riesige Glasfront mit dem wunderschönen Ausblick trägt zu der luftigen Atmosphäre bei. Anstatt Platz für eine Terrasse zu verschwenden, die ohnehin nur selten benutzt werden würde (dafür ist es hier einfach zu windig), hat Andrew mit einer doppelt verglasten Schiebetür das Draußen-Gefühl ins Wohnzimmer geholt. Dank innenliegender Glasbalustraden kann die Schiebetür an windstillen Tagen komplett geöffnet werden.
Hinter dem Haus gibt es dann doch noch eine kleine Terrasse. Gut geschützt vor Wind, ist sie der perfekte Ort für Stews Grillplatz und einen keinen Gemüsegarten auf Hochbeeten.
Hinter dem Haus gibt es dann doch noch eine kleine Terrasse. Gut geschützt vor Wind, ist sie der perfekte Ort für Stews Grillplatz und einen keinen Gemüsegarten auf Hochbeeten.
Damit der große, loftartige Raum den statischen Anforderungen gerecht wird, kam jede Menge Stahl zum Einsatz, den Andrew jedoch geschickt hinter edlen Oberflächen aus Tasmanischer Esche versteckt hat.
Als gelerntem Koch und leidenschaftlicher Hobbybäcker war es Stew wichtig, bei der Planung der Küche ein Wörtchen mitzureden. Die zentrale Kücheninsel war jedoch Andrews Idee. Sie dient zugleich als Arbeitsplatte und Esstisch und ist auf der einen Seite komplett offen, damit Stews Rollstuhl darunter passt. Auf der anderen Seite befinden sich Schrankelemente. Um den Raum optisch zu vergrößern, hat Andrew auf einen altbekannten Trick zurückgegriffen: Ein Spiegelband, das über die gesamte Südwand des Raums verläuft, reflektiert das Licht und verleiht dem Raum zusätzlich Tiefe.
Der Induktionsherd schließt plan mit der Arbeitsplatte ab, sodass Stew die Töpfe leicht vom Herd nehmen kann. Stew erinnert sich, dass es schon etwas brauchte, ihn davon zu überzeugen, sich von seinem geliebten Gasherd zu trennen, aber dann wollte er ihn doch. Es ist ihm jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, dass ein Induktionsherd für Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit eher unpraktisch sei, da die Kontrollleuchten schlecht zu erkennen sind.
Der Induktionsherd schließt plan mit der Arbeitsplatte ab, sodass Stew die Töpfe leicht vom Herd nehmen kann. Stew erinnert sich, dass es schon etwas brauchte, ihn davon zu überzeugen, sich von seinem geliebten Gasherd zu trennen, aber dann wollte er ihn doch. Es ist ihm jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, dass ein Induktionsherd für Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit eher unpraktisch sei, da die Kontrollleuchten schlecht zu erkennen sind.
Das Schrankelement an der Stirnseite ist mit einem zweiten Spülbecken, einer Unterbau-Mikrowelle sowie Arbeitsplatte und Spritzschutz aus Edelstahl ausgestattet. Die Griffmulden waren Stews Vorschlag. So bleibt er nirgends hängen, wenn er mit dem Rollstuhl daran vorbeifährt. Extra leicht schließende Schubladen sorgen dafür, dass alle Utensilien jederzeit griffbereit sind. Der Ofen von Fisher & Paykel verfügt über ausziehbare Ablageflächen, die für Stew das Hantieren mit heißen Töpfen leichter und sicherer machen. Das gesamte Küchendesign ist so geplant, dass Stew und Doreen hier auch problemlos zusammen kochen können, ohne sich in die Quere zu kommen.
Ein Oberlicht bringt Tageslicht in den Küchenbereich und vor allem in die Klavierecke links daneben.
Hier sieht man, wie sich die Klavierecke in die Nische zwischen Aufzugbox und Küchenzeile schmiegt.
Geht man weiter um die Boc, kommt man wieder zum Arbeitsbereich.
Stew und Doreen arbeiten beide von Zuhause aus. Über die halbhohe Wand mit Einbauschränken können sie von ihren Schreibtischen aus jederzeit den Blick auf das Meer erhaschen, ohne dass umgekehrt die Büroecke vom Wohnbereich aus einsehbar ist.
Stew und Doreen arbeiten beide von Zuhause aus. Über die halbhohe Wand mit Einbauschränken können sie von ihren Schreibtischen aus jederzeit den Blick auf das Meer erhaschen, ohne dass umgekehrt die Büroecke vom Wohnbereich aus einsehbar ist.
Die Holzverkleidung (auch hier tasmanische Esche) setzt die schräg verlaufende Wand gekonnt in Szene. Rechts im Bild sehen wir die Tür zur rückseitigen Terrasse.
Clever: In der Wand verbirgt sich ein Schrankbett für Gäste.
Getreu dem Motto „Wenn ich etwas nicht kann, finde ich einen Weg, es zu tun“, hat Stew hat immer viel Wert auf seine Unabhängigkeit gelegt, und das Haus hat ihm das Leben erleichtert: Trockenen Fußes vom Auto ins Haus zu kommen, Steckdosen in rollstuhlgerechter Höhe von 50 Zentimetern – Details wie diese haben nicht nur sein eigenes Leben erleichtert, sagt er. „Das Haus hat nicht nur mein Leben verbessert, sondern auch das meiner Familie. Wir haben endlich genug Platz, um Gäste einzuladen, und auch die Höhe der Arbeitsflächen und Schränke empfinden die meisten meiner Mitmenschen als angenehm.“
Getreu dem Motto „Wenn ich etwas nicht kann, finde ich einen Weg, es zu tun“, hat Stew hat immer viel Wert auf seine Unabhängigkeit gelegt, und das Haus hat ihm das Leben erleichtert: Trockenen Fußes vom Auto ins Haus zu kommen, Steckdosen in rollstuhlgerechter Höhe von 50 Zentimetern – Details wie diese haben nicht nur sein eigenes Leben erleichtert, sagt er. „Das Haus hat nicht nur mein Leben verbessert, sondern auch das meiner Familie. Wir haben endlich genug Platz, um Gäste einzuladen, und auch die Höhe der Arbeitsflächen und Schränke empfinden die meisten meiner Mitmenschen als angenehm.“
Stew nutzt das Haus auch als eine Art Selbstversuch, um seine künftigen Kunden noch besser beraten zu können: Wie schafft man Platz für einen Lift? Wie lassen sich maximale Bewegungsfreiheit und leichte Erreichbarkeit zwischen den einzelnen Bereichen sicherstellen, damit die Bewohner bis ins hohe Alter und auch im Fall von Pflegebedürftigkeit Freude an ihrem Zuhause haben?
Für sein Konzept wurde Stew von Lifemark mit fünf Sternen ausgezeichnet, und er ist überzeugt: Viele seiner Ideen könnten auch anderswo zum Einsatz kommen. Er überschlägt, dass sie etwa ein Prozent der Baukosten aumachten. (Für die Wasserpumpe etwa, die den Lift betreibt, musste ein drei Meter tiefes Loch in die Erde gebohrt werden.) „Das Haus ist sowohl für ältere Menschen als auch für junge Familien mit kleinen Kindern geeignet“, so Stew. „Ich jedenfalls bleibe hier wohnen, bis sie mich mit den Füßen voran hier raustragen.“
Was ist möglich beim barrierefreien Wohnen? Eine Berliner Musterwohnung zeigt’s
Für sein Konzept wurde Stew von Lifemark mit fünf Sternen ausgezeichnet, und er ist überzeugt: Viele seiner Ideen könnten auch anderswo zum Einsatz kommen. Er überschlägt, dass sie etwa ein Prozent der Baukosten aumachten. (Für die Wasserpumpe etwa, die den Lift betreibt, musste ein drei Meter tiefes Loch in die Erde gebohrt werden.) „Das Haus ist sowohl für ältere Menschen als auch für junge Familien mit kleinen Kindern geeignet“, so Stew. „Ich jedenfalls bleibe hier wohnen, bis sie mich mit den Füßen voran hier raustragen.“
Was ist möglich beim barrierefreien Wohnen? Eine Berliner Musterwohnung zeigt’s
Hier wohnen: Stew Sexton (Berater für körperbehinderte Menschen) und seine Frau Doreen (Buchhalterin)
In: Eastbourne, Wellington, Neuseeland
Auf: 180 Quadratmetern
Experten: Architekt Andrew Sexton und Bauunternehmer Richard Sexton