Vorher-Nachher: Elternhaus wird Zuhause für drei Generationen
Inspiriert von asiatischen Raumkonzepten wurde ein Siebzigerjahrehaus umgebaut. Nun wohnen darin Mutter, Vater, Kinder – und die Oma
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Nicola Enderle
14. Juli 2016
Houzz Deutschland, Redakteurin.
Wie man sich schön einrichtet? Ich finde mit viel Persönlichkeit und eigenem Stil, der kann auch gerne schräg sein. Meinem eigenen bin ich auf der Spur – in unserem Houzz-Magazin helfen wir Ihnen Ihren zu finden, zeigen spannende Projekte und blicken durch Schlüssellöcher. Haben Sie ein schönes Zuhause? Erzählen Sie mir davon!
Houzz Deutschland, Redakteurin.
Wie man sich schön einrichtet? Ich finde mit viel... Mehr
Wie es ist, mit der Schwiegermutter unter einem Dach zu leben? Ziemlich entspannt, praktisch und auch noch cool und schick – jedenfalls, wenn man diese junge Familie aus Pocking in Niederbayern fragt. Die fünfköpfige Familie lebt mit der Großmutter zusammen, und zwar in deren saniertem Siedlungshaus aus den frühen siebziger Jahren. Der 500 Quadratmeter umfassende Bestandsbau wurde von Architekt Florian Schätz dafür in zwei separate, in sich aber offen gestaltete Wohneinheiten geteilt. Die Aufteilung stärkt das Zusammenleben der drei Generationen, da sie Rückzugsorte bietet. Inspirieren ließ sich der bayrische Architekt in Asien, wo er seit vielen Jahren lebt: „Das Haus ist ein Wechselspiel aus asiatischem, familiengebundenem Lebensstil und deutscher Sachlichkeit.“ Was Modedesigner Helmut Lang damit zu tun hat? Erfahren Sie gleich!
Auf einen Blick
Hier wohnt: eine Großfamilie bestehend aus einem Paar mit seinen drei Kindern und der Großmutter
In: Pocking, Niederbayern
Auf: knapp 500 Quadratmetern, umgeben von 900 Quadratmetern Grundstück
Sanierungskosten: 565.000 Euro
Experte: Architekt Florian Schätz von Face 2050
Fotos: Jörn Blohm, Florian Schätz
Auf einen Blick
Hier wohnt: eine Großfamilie bestehend aus einem Paar mit seinen drei Kindern und der Großmutter
In: Pocking, Niederbayern
Auf: knapp 500 Quadratmetern, umgeben von 900 Quadratmetern Grundstück
Sanierungskosten: 565.000 Euro
Experte: Architekt Florian Schätz von Face 2050
Fotos: Jörn Blohm, Florian Schätz
VORHER: Aus dem bestehenden Elternhaus der Bauherrin, einem Siedlungshaus aus den Siebzigern, sollte das Zuhause für drei Generationen werden. Leben unter einem Dach war für die Familie und die Großmutter die beste Entscheidung. „Hauptaufgabe war, den Bestand in zwei separate, aber integrierte Komponenten aufzuteilen“, sagt der beauftragte Architekt Florian Schätz von Face 2050. Um mehr über die Bewohner, den Kontext und die Umbaumöglichkeiten zu erfahren, analysierte er zuvor den Ort sehr genau. „Meine Aufgabe ist es, Synergien zwischen dem Gebauten und dem Ort zu schaffen.“
NACHHER: Der in Bayern geborene Architekt, Stadtforscher und Professor Schätz lebt seit zehn Jahren in Singapur – deshalb brachte er Inspirationen aus Asien mit in dieses Haus. „Die Reduzierung des Zen in Japan, Ein- und Ausblicke und die Veredelung durch einfache Materialien wirken auf meine Arbeit und damit auch auf dieses Haus. Und auch das für Asien so normale Zusammenleben von Generationen unter einem Dach kommt bei dieser Architektur zum Tragen“, so Schätz.
Apropos Dach: Das wurde im Zuge der Sanierung komplett rückgebaut und mit Zwerchgiebel und kubischen Schleppgauben neu aufgesetzt.
Im Bild: Westfassade. Im vorderen Teil des Hauses lebt die fünfköpfige Familie auf zwei Ebene, im hinteren Bereich im Erdgeschoss die Großmutter
Apropos Dach: Das wurde im Zuge der Sanierung komplett rückgebaut und mit Zwerchgiebel und kubischen Schleppgauben neu aufgesetzt.
Im Bild: Westfassade. Im vorderen Teil des Hauses lebt die fünfköpfige Familie auf zwei Ebene, im hinteren Bereich im Erdgeschoss die Großmutter
VORHER: Nachdem der Großvater verstorben war, wollte sich die Großmutter räumlich verkleinern, aber auch in der Nähe der Familie und Enkelkinder bleiben. „Die Sanierung war daher die logische Konsequenz“, sagt Schätz. „Die Wünsche der Familie waren, das Haus im Bestand so umzugestalten, dass alle unter einem Dach leben können, dabei aber alle drei Generationen ihre privaten Rückzugsmöglichkeiten genießen.“
Zudem wurde das Haus aus den Siebzigerjahren auf den Standard eines Niedrigenergiehauses gebracht. Die sanierte Ölheizung und eine zugeschaltete Photovoltaikanlage versorgen die überall verlegte Fußbodenheizung mit Energie.
Zudem wurde das Haus aus den Siebzigerjahren auf den Standard eines Niedrigenergiehauses gebracht. Die sanierte Ölheizung und eine zugeschaltete Photovoltaikanlage versorgen die überall verlegte Fußbodenheizung mit Energie.
NACHHER: Durch den Umbau sind beide Teile des Hauses getrennt voneinander nutzbar und von außen über ein gemeinsames Podium erschlossen. „Die Höhe des Podiums bedingt sich aus der Bestandshöhe des Gebäudes. Um die zusätzliche Barrierefreiheit im Wohnbereich der Großmutter zu gewährleisten, wurde die Garagenrückseite durchbrochen und die Wohnung an der Nordseite mit einer Rampe erschlossen“, so der Architekt.
VORHER: Teile des Hauses wurden im Zuge der Sanierung entkernt – so auch das Treppenhaus. Aus dem ehemals engen Eingangsbereich mit Treppe wurde ein luftiges und geräumiges Entree.
NACHHER: Im von allen Familienmitgliedern genutzten Erdgeschoss regieren massives Eichenholz, Rohstahl und freigelegte Betondecken; am Boden ist weiches Kunstharz eingesetzt worden. „Diese eher schroffen Details unserer Entwurfssprache lernten wir von Projekten in Asien. Wobei die Materialwahl eher an niederbayerische Bauernhöfe und ehemalige Industrieanlagen in der Umgebung erinnern mag“, so Schätz.
„Für mich sind Materialien wie die Weinliste zu einem Menü. Sie verfeinern die Atmosphäre und runden die Räume ab“, so der Architekt. „Ähnlich einem Modestück von Helmut Lang bricht ein Detail dann aber wiederum mit der Gestaltung des Raumes, ohne dabei das Gesamtbild zu stören.“
Dieses „brechende Element” ist in diesem Haus der harte Beton. „Beton hatte für mich immer etwas Anmutiges, Metaphysisches. Der Abdruck, der Guss, die Schalung, die Bewehrung, die schlichte Farbe und Kühle sind immer wieder faszinierend. In der Kombination mit Eichenholz oder Rohstahl entsteht eine scharfe, industrielle und raue Poetik“, so Schätz.
Dieses „brechende Element” ist in diesem Haus der harte Beton. „Beton hatte für mich immer etwas Anmutiges, Metaphysisches. Der Abdruck, der Guss, die Schalung, die Bewehrung, die schlichte Farbe und Kühle sind immer wieder faszinierend. In der Kombination mit Eichenholz oder Rohstahl entsteht eine scharfe, industrielle und raue Poetik“, so Schätz.
Ein fünf Meter langer Eichentisch auf einem Stahlkragarm wird zum Blickfang des offenen Wohnraums, der gleich an den Eingangsbereich anschließt. Die Küche befindet sich auf der bildabgewandten Seite. „Am Tisch finden bis zu sechzehn Personen Platz“, so Schätz. Ein Zuhause für eine richtig Großfamilie also.
Die geölte Eiche des Tisches wird in den Schiebetüren, der Treppe und der Garderobe aufgegriffen, „und bildet mit dem Industrieharzboden eine farbliche Einheit“, so der Architekt.
Stühle: Eames Plastic Sidechair, Vitra; Kupferleuchte: Orient P2, Lightyears
Die geölte Eiche des Tisches wird in den Schiebetüren, der Treppe und der Garderobe aufgegriffen, „und bildet mit dem Industrieharzboden eine farbliche Einheit“, so der Architekt.
Stühle: Eames Plastic Sidechair, Vitra; Kupferleuchte: Orient P2, Lightyears
Der Innenausbau des Mehrgenerationenhauses wurde von einer Schreinerei und einer Kunstschlosserei aus der Region durchgeführt. „Die Planung meiner Architektur ist global, die Ausführung aber absolut lokal“, so Schätz.
VORHER: Bevor der Architekt Wände einreißen und die Vertäfelung der Decke entfernen ließ, sah man dem Wohnbereich des Hauses an, wie viele Jahre er auf dem Buckel hatte.
NACHHER: „Die nun offen gelegte Betondecke erlaubt eine Zeitreise in die Geschichte und die Tradition eines Bauwerks auf der Suche nach seiner Identität. Die Modernisierung des Hauses erlaubt es uns, diese neu zu erforschen und freizulegen“, so Schätz. „Von außen steht das Haus zwar nach wie vor in banaler Analogie zur Umgebung, entfaltet jedoch im Innenraum eine offene und zeitlose Wohnqualität.“
Große Fenster lassen jetzt Außen- und Innenraum miteinander verschmelzen. Die Fensterfront neben den Sofas rahmt den Pflaumenbaum, der einst vom Großvater gepflanzt wurde.
Große Fenster lassen jetzt Außen- und Innenraum miteinander verschmelzen. Die Fensterfront neben den Sofas rahmt den Pflaumenbaum, der einst vom Großvater gepflanzt wurde.
Von der Eingangsdiele führt eine einläufige Treppe mit Trittstufen und Handlauf aus Eiche ins Obergeschoss. Schwarzstahl-Wangen rahmen den Aufstieg. Schwarzstahl wurde zudem im Wohnzimmer an der Brüstung der Empore eingesetzt (links), er vermittelt einen loftartigen, industriellen Charakter.
Runter geht es in den gemeinsam genutzten Kellerzugang, in dem sich ein kleiner Spabereich mit Sauna, die Waschküche und der Heizkeller befinden. Barrierefreiheit gibt es hier vorerst nicht, der Zugang könnte bei Bedarf aber mit einem Treppenlift nachgerüstet werden.
Runter geht es in den gemeinsam genutzten Kellerzugang, in dem sich ein kleiner Spabereich mit Sauna, die Waschküche und der Heizkeller befinden. Barrierefreiheit gibt es hier vorerst nicht, der Zugang könnte bei Bedarf aber mit einem Treppenlift nachgerüstet werden.
Im Obergeschoss befinden sich die privaten Räume der fünfköpfigen Familie. „Der sehr belastbare Industrieteppich zieht sich vom Büro über die Kinderzimmer, Spiel- und Räuberhöhle bis zur Ankleide und ins Schlafzimmer des Elternbereichs, die sich unter dem Dach befinden“, so Schätz.
Simpler Industrieteppich wurde in den oberen Etagen auch verlegt, um dadurch die Kosten der Sanierung im Rahmen zu halten. „Dadurch, dass ein Großteil der Mittel für die energetische Sanierung aufgewendet wurde, mussten in manchen gestalterischen Belangen Kompromisse eingegangen werden.“
Die Großmutter lebt im Erdgeschoss des nördlichen Hausteils, mit eigenem Schlafzimmer, Bad, Küche, Wohn- und Essbereich. Hier haben alle Räume Schiebetüren und sind barrierefrei gestaltet. „Dadurch hat jeder seinen privaten Bereich, Oma und Familie können aber doch jederzeit zusammen sein. Für die Mutter der Familie ist es eine große Erleichterung, dass die Oma mit im Haus lebt. Die drei kleinen Kinder sind sehr lebhaft“, so der Architekt.
„Die Planung des Hauses erlaubt eine langfristige Flexibilität. Die Wohneinheit der Großmutter etwa könnte mit einem Deckendurchbruch mit den Kinderzimmern im Obergeschoss verbunden werden – und somit das Haus durch einen minimalen Eingriff zum Zweifamilienhaus umwandeln“, so der Architekt.
Holzlamellen verkleiden einen Balkon an der Giebelseite – sie bieten Sichtschutz, außerdem reguliert der geschützte Balkon das Raumklima auf natürliche Weise mit. „Dies sind ebenfalls Entwurfselemente, wie man sie in der modernen Resort- und Lifestyle-Architektur Südostasiens wiederfindet“, erklärt Architekt Schätz.
Weltenbummler: Familiensache – mehrere Generationen unter einem Dach
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Die Holzlamellen als Sichtschutz an Giebel-Balkon - Seite verstehe ich nicht. Macht das nicht dunkel und inwiefern reguliert es das Raumklima?
Wir haben den Sonnenstand im 3D am Computer simuliert und die Lamellen nach der Beschattung und dem Sonnenstand im Hochsommer ausgerichtet. Die Lamellen sind in unterschiedlichen Abständen zueinander fixiert und drehen sich zueinander auf. Somit reflektiert über die Querstellung genügend Licht in die Balkonloggia und das angrenzende SPA ohne die Räume durch den südseitigen Sonnenstand zu sehr aufzuheizen. Neben dem Witterungsschutz bieten die Lamellen durch die Querstellung auch einen Sichtschutz vom und zum Nachbarhaus. Durch die Abstände entsteht eine Querlüftung mit der die Wärme abtransportiert wird und somit die Temperatur in der Loggia natürlich (je nach Aussentemperatur) reguliert ist.