Houzzbesuch: Heimelige Zwanzigerjahre-Villa am Meer bei Stockholm
Mit viel Stilgefühl schuf die Gründerin der Ikea-Hack-Marke Bemz für sich und ihre Familie ein Scandi-Zuhause mit neuenglischem Einschlag
Sara Norrman
26. September 2016
Es war eine folgenschwere Begegnung. Als die gebürtige Kanadierin Lesley Pennington bei einem Arbeitsmeeting einen charmanten Schweden kennenlernte, ahnte sie nicht, wo sie ein paar Jahre später leben würde: In einer alten Holzvilla im Umland von Stockholm – mit besagtem Schweden und der gemeinsamen Tochter. Dass sie außerdem ihr eigenes kleines Textilunternehmen leiten und mit bekannten Designern wie Tricia Guild und Christian Lacroix kooperieren würde, wäre ihr im Traum nicht eingefallen. Doch genau so kam es.
Auf einen Blick
Hier wohnen: Lesley Pennington, Gründerin von Bemz, mit Ehemann Fredrik, Tochter Zoe und Tibet-Terrier Ruffa
In: Viggbyholm, Täby, nahe Stockholm, Schweden
Auf: 270 Quadratmetern (acht Zimmer, Küche, drei Badezimmer, Hauswirtschaftsraum, Gästezimmer, Sauna)
Fotos: Adam Helbaoui, Kronfoto
Hier wohnen: Lesley Pennington, Gründerin von Bemz, mit Ehemann Fredrik, Tochter Zoe und Tibet-Terrier Ruffa
In: Viggbyholm, Täby, nahe Stockholm, Schweden
Auf: 270 Quadratmetern (acht Zimmer, Küche, drei Badezimmer, Hauswirtschaftsraum, Gästezimmer, Sauna)
Fotos: Adam Helbaoui, Kronfoto
Viggbyholm ist etwa 20 Kilometer von der Stockholmer Innenstadt entfernt. Der Badeort hat sich bis heute viel von seinem einstigen Charme bewahrt – hier fühlt man sich immer ein bisschen wie in den Ferien. „Bevor die Straßen und die Bahnverbindung hierher ausgebaut wurden, war die Region ziemlich ab vom Schuss“, erzählt Lesley Pennington. „Heute dauert es nur 30 Minuten bis ins Zentrum von Stockholm, wenn man die Roslagsbanan nimmt, eine charmante Schmalspurbahn, die mich im Winter immer an alte Skizüge erinnert. Unser Haus wurde 1926 gebaut.“
Der Garten war früher eine Apfelplantage, bis heute werfen die Bäume jedes Jahr eine reiche Ernte ab. „Wir hatten immer ein richtig schlechtes Gewissen, dass wir nicht alle Äpfel essen konnten – es sind einfach zu viele“, so Pennington. „In den letzten beiden Jahren haben wir dann die Ernte in eine öffentliche Mosterei im nahegelegenen Åkersberga gebracht und daraus Saft machen lassen.“
Der Garten war früher eine Apfelplantage, bis heute werfen die Bäume jedes Jahr eine reiche Ernte ab. „Wir hatten immer ein richtig schlechtes Gewissen, dass wir nicht alle Äpfel essen konnten – es sind einfach zu viele“, so Pennington. „In den letzten beiden Jahren haben wir dann die Ernte in eine öffentliche Mosterei im nahegelegenen Åkersberga gebracht und daraus Saft machen lassen.“
Der kleine rote Buddha, der erhaben über den Eingangsbereich wacht, stammt aus Kambodscha. Rote Akzente vor weißem Grund finden sich in den sorgfältig eingerichteten Räumen immer wieder.
Als die Familie das Haus 2012 kaufte, war es von den vorherigen Eigentümern gerade erst frisch renoviert und in neutralen Farbtönen eingerichtet worden. „Es war wie ein angefangenes Bild, das darauf wartete, weitergemalt zu werden. Viele Möbelstücke, die die Vorbesitzer dagelassen hatten, waren sehr hübsch“, erinnert sich Pennington. „Mein erster Gedanke war, dass ich ein Stück Natur ins Haus holen wollte. Eine weitere Inspirationsquelle waren die orangefarbenen Dachziegel des Hauses. Grün und Terrakotta standen also ziemlich schnell als Ausgangspunkt für mein Farbkonzept fest.“
Sofas: Karlstad, Ikea; Sofabezüge: Bemz; Kissen: Bemz und H&M; Tisch: Hay; Stuhl: Diamond, Design von Harry Bertoia, Knoll; Stehleuchte: Bruno Munari, DesignTorget
Sofas: Karlstad, Ikea; Sofabezüge: Bemz; Kissen: Bemz und H&M; Tisch: Hay; Stuhl: Diamond, Design von Harry Bertoia, Knoll; Stehleuchte: Bruno Munari, DesignTorget
Pennington stammt ursprünglich aus Toronto. Ihren schwedischen Ehemann Fredrik hat sie bei Apple kennengelernt, wo die beiden zusammen gearbeitet haben. Als sie später mit ihrer gemeinsamen Tochter im Mutterschutz war, kam ihr die Idee für ihre eigenen Firma Bemz, die individuelle Bezüge für Sofas, Sessel und Betten von Ikea produziert und verkauft. „Ich wollte gern ein eigenes Unternehmen starten, aber dass ich am Ende im Textilbereich landete, war nicht geplant. Schließlich habe ich eigentlich einen Abschluss in Kunst und Kunstgeschichte! Damals hatte ich gerade ein Sofa von Ikea gekauft, aber der mitgelieferte Bezug gefiel mir nicht. Ich wollte etwas Individuelleres, konnte aber im Internet nichts in der Art finden, also dachte ich: ‘Hey, das ist doch eine gute Geschäftsidee!’ Im nächsten Moment saß ich schon an einem Businessplan!”
Auch diese 5 Firmen pimpen Ikea-Möbel
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Ähnlich intuitiv ging die Unternehmerin auch bei der Einrichtung ihres Zuhauses vor. Aus der alten Wohnung hat die Familie nur relativ wenige Sachen mitgebracht. „Vieles habe ich auf Blocket [das größte schwedische Online-Verkaufsportal] und anderen Auktionsseiten im Internet secondhand gekauft, zum Beispiel den Bertoia-Stuhl im Wohnzimmer. Allerdings muss ich bei diesen Auktionen immer aufpassen, dass ich nicht in einen Rausch verfalle. Man bietet schnell mehr, als man sich vorgenommen hat.“ Der Vintage-Esstisch – „Super-Circle” von Piet Hein und Bruno Mathsson (heute von Fritz Hansen produziert) – war nicht gerade ein Schnäppchen, aber wenn die Eigentümer mal wieder Freunde zu Besuch haben und locker bis zu zehn Gäste daran Platz finden, dann wissen sie: Er war sein Geld wert.
Antike chinesische Kommode: auf Blocket gefunden; Hängeleuchte: Louis Poulsen
Antike chinesische Kommode: auf Blocket gefunden; Hängeleuchte: Louis Poulsen
Ein Haus einzurichten, ist ein Prozess, der eine Weile dauern kann. Wie so oft im Leben zahlt sich Geduld aus. „Dieses Haus ist unser Rückzugsort von der hektischen Welt da draußen. Da lohnt es sich, sich die Zeit zu nehmen, um herauszufinden, wie und mit welchen Möbeln man leben will. Übereilte Entscheidungen beim Möbelkauf können schnell zu Enttäuschungen führen. Wenn man, wie wir, ein paar Möbelstücke von den vorherigen Eigentümern übernehmen kann, die gut zum Haus passen – umso besser. Ein Haus ist wie ein Ökosystem.“
Gemälde: Former 1, Kenneth Börjesson
Gemälde: Former 1, Kenneth Börjesson
Die chinesische Glaskommode hat Pennington vor allem wegen ihrer Größe ausgewählt. Dass auch die rostrote Farbe perfekt zu ihrem Stil passt, war ein glücklicher Zufall. „Ich musste mich erst daran gewöhnen, wie klein die Zimmer in schwedischen Häusern sind, im Vergleich zu dem, was ich aus den USA und Kanada kannte. Da sind die richtigen Maße beim Möbelkauf umso wichtiger. Ein zu großes oder zu kleines Stück kann den ganzen Raum ruinieren. In diesem Sinne gilt: Größe vor Stil.”
In der Kommode bewahrt Pennington ihr geliebtes Kristallglas auf, darunter einige Stücke von Orrefors, der berühmten Glasmanufaktur aus Småland.
In der Kommode bewahrt Pennington ihr geliebtes Kristallglas auf, darunter einige Stücke von Orrefors, der berühmten Glasmanufaktur aus Småland.
Die Küche von Marbodal stammt noch vom vorherigen Eigentümer. Pennington findet sie perfekt. „Sie ist optimal geplant, und es gibt keine Oberschränke, die den Raum beengt wirken lassen.“
Stauraum in der Küche bieten die Unterschränke, Regale und Schubladen. Unter der Woche kommt Pennigton eher selten zum Kochen, am Wochenende aber kocht sie gern und viel. „Dabei kann ich wunderbar entspannen. Ich koche keine komplizierten Gerichte, sondern mag saisonale, regionale Küche mit Produkten aus der Umgebung – Pilze im Herbst, Spargel im Frühjahr und Beeren im Sommer.“
Im Obergeschoss hat Pennington zwischen Kinder- und Elternschlafzimmer eine gemütliche Sofaecke eingerichtet – der perfekte Ort für freitägliche Familien-Filmabende oder einfach zum Rumhängen. Hier stellt die Familie auch jedes Jahr den Weihnachtsbaum auf. „Das Sofa ‘Söderhamn’ von Ikea ist riesig und vor allem wunderbar flexibel: Es besteht aus einzelnen Elementen, die man frei im Raum verschieben kann – je nachdem, ob man spielen, sich unterhalten oder fernsehen will“, erzählt Pennington. Da ihr Unternehmen eng mit Ikea verbunden ist, muss sie immer auf dem Laufenden sein, was der Möbelgigant gerade so macht: „Wenn Ikea ein Produkt aus dem Sortiment nimmt, müssen wir umso mehr dafür produzieren, weil wir dann die einzigen Anbieter von Ersatzbezügen sind.“
Im Elternschlafzimmer setzt sich die Farbpalette aus erdigen Tönen fort. Auf dem Bett liegt ein antiker Überwurf aus Usbekistan, und bei der rauen Holzwand hinter dem Bett handelt es sich in Wahrheit um Fototapete im Antikholz-Look von Mr Perswall.
Kopfteil, Betthusse und Vorhänge: Bemz
Kopfteil, Betthusse und Vorhänge: Bemz
Vom Erker aus hat man einen freien Blick auf die Bucht von Stora Värtan. Die kreisförmige Hängeleuchte, die so gut in den Raum passt, ist ebenfalls ein Überbleibsel der vorherigen Eigentümer. „Es wäre eine Schande gewesen, sie wegzuwerfen“, findet Pennington.
Neben diesem Haus besitzt die Familie noch ein Sommerhaus in Grisslehamn, etwa 110 Kilometer nördlich von Stockholm. Wer die Wahl hat, hat die Qual: Wo sind sie an heißen Sommertagen lieber? „Die Häuser sind sehr unterschiedlich. Das Häuschen in Grisslehamn ist eher einfach, es liegt direkt an der wilden See und inmitten der Natur. Dort gibt es nicht einmal einen Garten, um den man sich kümmern muss.“
Neben diesem Haus besitzt die Familie noch ein Sommerhaus in Grisslehamn, etwa 110 Kilometer nördlich von Stockholm. Wer die Wahl hat, hat die Qual: Wo sind sie an heißen Sommertagen lieber? „Die Häuser sind sehr unterschiedlich. Das Häuschen in Grisslehamn ist eher einfach, es liegt direkt an der wilden See und inmitten der Natur. Dort gibt es nicht einmal einen Garten, um den man sich kümmern muss.“
Das Zimmer der 14-jährigen Tochter Zoe weicht deutlich vom Rest des Hauses ab, was die Farbwahl und die Stimmung angeht – und zwar mit voller Absicht. „Sie wusste genau, wie ihr Zimmer aussehen sollte“, erinnert sich Pennington. „Die Farben Korallenrot und Hellblau hat sie als Erstes ausgewählt und dann den Rest darauf abgestimmt.“
Betthusse und Tagesdecke: Bemz; Teppich: Ikea; Nachttisch: Hay
Betthusse und Tagesdecke: Bemz; Teppich: Ikea; Nachttisch: Hay
Auch vom Gästezimmer aus kann man einen tollen Ausblick genießen. Das Haus ist ganz auf das Meer ausgerichtet – ein klarer Hinweis darauf, dass es eigentlich eher als Sommerdomizil gebaut wurde und nicht für den Winter, wenn Sturm und Eis auf die Ostseeküste treffen.
Das Gemälde „Svårt Besked“ („Schlechte Neuigkeiten“) hat Pennington auf dem alljährlichen Spring Salon in der Liljevalchs Konsthall in Stockholm gekauft. Es stammt von dem Künstler Jan Berg.
Das Gemälde „Svårt Besked“ („Schlechte Neuigkeiten“) hat Pennington auf dem alljährlichen Spring Salon in der Liljevalchs Konsthall in Stockholm gekauft. Es stammt von dem Künstler Jan Berg.
Die bunten Kissen sind Teil einer Kollektion, die Penningtons Firma 2015 in Zusammenarbeit mit dem Creative Director Sacha Walckhoff von Christian Lacroix entworfen hat. „Das Design erinnert mich an typisch schwedische Kurbitsmalerei, die hauptsächlich in der historischen Provinz Dalarna verbreitet war.“ Prominentestes Beispiel für das Kunsthandwerk sind die bunt bemalten und weltbekannten Dala-Pferde.
Mehr Bilder von Häusern und Wohnungen in Schweden entdecken
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Die Badezimmereinrichtung ist ein Mix aus antiken Elementen und dezenter Moderne. Sie bietet sämtlichen Komfort, den man sich denken kann, ohne dabei zu kalt und klinisch zu wirken. Die Betonbadewanne stammt ebenfalls noch von den vorherigen Eigentümern. Pennington mag sie sehr. „Meinen Stil würde ich als eklektisch beschreiben – ein Mix aus modern und klassisch. Ich will mich nicht auf einen Stil festlegen, mein Zuhause soll Ausdruck meiner Persönlichkeit sein.“
Die nach Süden ausgerrichtete Veranda hat Pennington ganz bewusst „un-schwedisch“ gestaltet. „Ich habe mir hier ein kleines Stück Neuengland geschaffen. Mit Sitzgelegenheiten für diverse Anlässe, zum Beispiel einem schlichten Stuhl für den Morgenkaffee und einer gemütlichen überdachten Sitzecke als Outdoor-Wohnzimmer, damit wir draußen sitzen können, auch wenn es regnet.“
Ab März kann die Familie hier sitzen – wenn auch noch auf kuscheligen Rentier-Fellen. „Wir müssen ganz schön aufpassen: Wenn die Vögel ihr Nest bauen, klauen sie gern mal etwas von dem Fell für ihr Nest . Manchmal komme ich morgens runter und überall fliegen Fellfetzen herum!“
„Auf dem Meer ist immer viel zu sehen. Im Sommer gehen die Leute baden oder segeln, aber auch im Winter ist jede Menge los, zum Beispiel Kitesailing auf dem Eis, Schlittschuhlaufen, Parasailing…“, erzählt Pennington. Links und rechts führen Wege zum Strand hinunter, und ganz in der Nähe gibt es einen Yachthafen.
Weitere Houzzbesuche am Wasser
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