Houzzbesuch: Vom Kornspeicher zum Prärie-Refugium
Das alte Silo in Montana war gekauft, ein lang gehegter Wohntraum schien zum Greifen nah. Doch dann kam der Umbau …
In der Prärie von Montana stehen überall Kornspeicher herum, eigentümliche Architekturen, von denen die pensionierte Kunstlehrerin Kate Morris ein ganzes Laben lang fasziniert war. Immer, wenn sie durch die hügelige Graslandschaft fuhr, stellte sie sich vor, in einem der Speicher zu leben. Als sie von ihrem Vater rund 100 Hektar Land erbte, stand ihrem Traum nichts mehr im Weg. Sie kaufte ein großes Silo, ließ es auf ihr Grundstück transportieren und dann… passierte erst einmal gar nichts. „Ich hatte geglaubt, dass ich das Ganze allein hinbekommen würde“, erzählt sie. „Was für ein Irrtum!“
Auf einen Blick
Hier wohnt: Kate Morris, eine pensionierte Kunstlehrerin
In: Great Falls, Montana, USA
Auf: 84 Quadratmetern
Experten: Architekt Nick Pancheau, Bauunternehmer Tom Skovron
Besonderheit: Der Architekt, den die Eigentümerin schließlich engagierte, ist ihr ehemaliger Schüler
Auf einen Blick
Hier wohnt: Kate Morris, eine pensionierte Kunstlehrerin
In: Great Falls, Montana, USA
Auf: 84 Quadratmetern
Experten: Architekt Nick Pancheau, Bauunternehmer Tom Skovron
Besonderheit: Der Architekt, den die Eigentümerin schließlich engagierte, ist ihr ehemaliger Schüler
NACHHER: Der Kornspeicher hat einen Durchmesser von zehn Metern und ist acht „Ringe“ hoch – das entspricht etwa sechs Metern (ohne Dach). Pancheau hat den ursprünglichen Charakter des Silos erhalten, indem er eine Art „Gebäude im Gebäude“ entwarf. Das innenliegende Wohnhaus ist durch großzügige Einschnitte in die Hülle mit der Außenwelt verbunden.
Von der auskragenden Terrasse kann Morris die Zugvögel am angrenzenden Stauweiher beobachten.
Von der auskragenden Terrasse kann Morris die Zugvögel am angrenzenden Stauweiher beobachten.
Als Pancheau erfuhr, dass Morris sich eine Brücke wünschte, die den Eingang in der zweiten Etage mit dem angrenzenden Hügel verbindet, machte er beinahe Luftsprünge. „Davon träumt jeder Architekt“, erzählt er. „Wir haben viel zu selten die Gelegenheit, Brücken zu entwerfen. Dabei sind sie praktisch und wunderschön und eine tolle Möglichkeit, die Landschaft einzubeziehen.“
Da es in der Gegend oft sehr windig ist, versetzte Pancheau den Eingangsbereich leicht nach innen, so dass er gut geschützt ist. Die Verkleidung lackierte er. „Schon aus der Ferne erkennt man das knallige Gelb, es weist wie ein Signalfeuer den Weg zum Eingang“, erklärt er.
Bei der Farbwahl orientierte sich Pancheau auch am Logo der Firma MFS, die diese Getreidespeicher herstellt. Ein Überbleibsel des alten leuchtend gelben Logos ist noch über dem Eingangsbereich zu erkennen.
Da es in der Gegend oft sehr windig ist, versetzte Pancheau den Eingangsbereich leicht nach innen, so dass er gut geschützt ist. Die Verkleidung lackierte er. „Schon aus der Ferne erkennt man das knallige Gelb, es weist wie ein Signalfeuer den Weg zum Eingang“, erklärt er.
Bei der Farbwahl orientierte sich Pancheau auch am Logo der Firma MFS, die diese Getreidespeicher herstellt. Ein Überbleibsel des alten leuchtend gelben Logos ist noch über dem Eingangsbereich zu erkennen.
Hier erkennt man gut, wie der Wohnraum im Inneren des Kornspeichers ein eigenständiges „Haus im Haus“ bildet. Die Treppe führt vom Untergeschoss, in dem sich Morris ein Atelier eingerichtet hat in den Wohnbereich. Außerdem befinden sich auf der unteren Ebene auch ein Badezimmer mit Klimaanlage sowie der Hauswirtschafts- und der Haustechnik-Raum – das Haus ist an das öffentliche Wasser- und Stromnetz angeschlossen.
„Ich hatte bis dahin noch nie einen Getreidespeicher von innen gesehen“, erzählt Pancheau. „Es ist ziemlich beeindruckend da drinnen: sehr schlicht und funktionell, mit einer fast schon magischen Atmosphäre. Man hätte auch einfach nur ein Bett reinstellen und alles so lassen können, wie es ist. Diese besondere Atmosphäre wollten wir unbedingt erhalten.“
„Ich hatte bis dahin noch nie einen Getreidespeicher von innen gesehen“, erzählt Pancheau. „Es ist ziemlich beeindruckend da drinnen: sehr schlicht und funktionell, mit einer fast schon magischen Atmosphäre. Man hätte auch einfach nur ein Bett reinstellen und alles so lassen können, wie es ist. Diese besondere Atmosphäre wollten wir unbedingt erhalten.“
Einen Kornspeicher aufzutreiben, der groß genug ist, um daraus ein Wohnhaus zu machen, war übrigens gar nicht so einfach, wie Morris erzählt. Jemanden zu finden, der die Umbaupläne von Pancheau umsetzen konnte und wollte, erwies sich als noch schwieriger.
Und wieder einmal half der Zufall: Eines Tages war Morris gerade im Baumarkt unterwegs und zeigte einem der Mitarbeiter ihre Skizzen, als der Bauunternehmer Tom Skovron den Laden betrat. Der Mitarbeiter fragte Skovron scherzhaft, ob nicht er Lust hätte, das Kornspeicher-Haus zu bauen und der antwortete ganz trocken: „Klar, als Kind habe ich bestimmt 300 Kornspeicher gebaut. Nur ein Haus habe ich noch nie in einen gesetzt.“
Und wieder einmal half der Zufall: Eines Tages war Morris gerade im Baumarkt unterwegs und zeigte einem der Mitarbeiter ihre Skizzen, als der Bauunternehmer Tom Skovron den Laden betrat. Der Mitarbeiter fragte Skovron scherzhaft, ob nicht er Lust hätte, das Kornspeicher-Haus zu bauen und der antwortete ganz trocken: „Klar, als Kind habe ich bestimmt 300 Kornspeicher gebaut. Nur ein Haus habe ich noch nie in einen gesetzt.“
Die Idee zur extravaganten Kücheninsel hatte Morris selbst. Dafür klebte sie einfach eine Arbeitsplatte aus Speckstein auf zwei Werkzeugschränke. „Mit ihren riesigen Schubladen sind die extrem praktisch. Ich finde sie viel besser als herkömmliche Küchenschränke“, erzählt sie.
Diese giftgrünen Exemplare fand sie im Sonderangebot. Zufällig passten sie perfekt zu den grünen Lampenschirmen, die Morris selbst gebastelt hat. Auch die Keramik-Fliesen als Spritzschutz sind eine Eigenkreation.
In die Wand zwischen Küche und Schlafzimmer ist ein Fenster eingelassen, so dass die Morgensonne den gesamten Innenraum durchfluten kann. Wenn sie dann auf das gegenüberliegende Wellblech trifft, entsteht ein wunderbarer Lichteffekt.
Küchenschränke: Ikea mit Fronten „Abstrakt“; Werkzeugschränke: Viper
Diese giftgrünen Exemplare fand sie im Sonderangebot. Zufällig passten sie perfekt zu den grünen Lampenschirmen, die Morris selbst gebastelt hat. Auch die Keramik-Fliesen als Spritzschutz sind eine Eigenkreation.
In die Wand zwischen Küche und Schlafzimmer ist ein Fenster eingelassen, so dass die Morgensonne den gesamten Innenraum durchfluten kann. Wenn sie dann auf das gegenüberliegende Wellblech trifft, entsteht ein wunderbarer Lichteffekt.
Küchenschränke: Ikea mit Fronten „Abstrakt“; Werkzeugschränke: Viper
Der Fußboden besteht aus OSB-Platten (Grobspan) und ist mit einem wasserbasierten Polyurethan-Lack versiegelt, den Morris selbst aufgetragen hat. Man kann darauf noch die Stempel erkennen, die die Holzqualität angeben.
Mehr über die Verwendung von OSB und anderen Verbundhölzern in Innenräumen
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Auch den Esstisch hat Morris, die eine zeitlang als Möbelbauerin arbeitete, selbst gebaut. Er besteht aus einer Sperrholzplatte und zwei Böcken. „Die passenden Stühle habe ich noch nicht gefunden“, erzählt sie.
Das Fenster rechts neben dem Kühlschrank liegt der Eingangstür gegenüber. So hat man beim Betreten einen tollen Blick quer durch die gesamte Wohnung, auf die beeindruckende Landschaft vor dem Wohnzimmerfenster.
Das Fenster rechts neben dem Kühlschrank liegt der Eingangstür gegenüber. So hat man beim Betreten einen tollen Blick quer durch die gesamte Wohnung, auf die beeindruckende Landschaft vor dem Wohnzimmerfenster.
Auf der anderen Seite gibt es eine eher ungewöhnliche Aussicht: Die Fenster öffnen sich zur Wellblech-Wand des Kornspeichers.
Wenn abends das Licht angeschaltet ist, erzeugt das einzigartige Lichteffekte – hier im Atelier in der unteren Etage.
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Das Wohnzimmer ragt aus der Konstruktion heraus. Mit seinen großzügigen Fensterfronten auf zwei Seiten bietet es einen atemberaubenden Panoramablick über die weite Prärielandschaft und den Stauweiher, in dem Morris einige Forellen angesiedelt hat, damit sie immer frischen Fisch angeln kann.
Die Bertoia-Stühle ersteigerte Morris bei einer Auktion für ausrangiertes Bücherei-Mobiliar.
Sofa: Friheten, Ikea
Die Bertoia-Stühle ersteigerte Morris bei einer Auktion für ausrangiertes Bücherei-Mobiliar.
Sofa: Friheten, Ikea
Der Kork-Fußboden im Badezimmer ähnelt von Farbton und Muster her dem OSB-Fußboden im restlichen Haus.
Die Fliesen in der Dusche hat Morris selbst verziert. Die rechte Wand folgt der Form des Kornspeichers. Durch die Fensteröffnung kommt schön viel Tageslicht in den Raum.
Die Fliesen in der Dusche hat Morris selbst verziert. Die rechte Wand folgt der Form des Kornspeichers. Durch die Fensteröffnung kommt schön viel Tageslicht in den Raum.
Hier sehen wir die allererste Skizze, die Pancheau im Zuge seiner Planung angefertigt hat.
Und hier eine weitere Zeichnung, die entstand, als das Grundkonzept festgelegt war.
Auf diesem Foto, das während der Bauarbeiten aufgenommen wurde, kann man schön das konische Dach des Kornspeichers erkennen. Wenn man heute mit einer Leiter auf das Wohnzimmerdach klettern würde, hätte man genau diesen Anblick, da das Dach beim Umbau nicht verändert wurde.
Das Land, auf dem das Kornspeicher-Haus heute steht, hatte Morris’ Vater gekauft, als er in den Ruhestand ging. „Meine Mutter drängte ihn immer, etwas Sinnvolles mit seinem Geld anzufangen. Also gab er ein Inserat in der Zeitung auf, in dem er ein Stück Land zum Jagen und Angeln suchte“, erzählt Morris. So kam er zu diesem Grundstück, das etwa 30 Minuten von seinem Wohnort entfernt lag. „Bis zu seinem Tod war er jeden Tag hier“, erzählt Morris. „Nach dem Mittagessen schnappte er sich die Hunde und kam her, um zu angeln, zu gärtnern oder spazieren zu gehen. Pünktlich um 17 Uhr war er wieder zu Hause und trank seinen Martini. Nachbarn erzählen, dass man die Uhr nach ihm stellen konnte.“
Und auch Morris hat hier zu eienr Routine gefunden: Mit dem Sonnenaufgang, den sie von ihrem Bett aus sehen kann, steht sie auf, trinkt einen Kaffee an der Kücheninsel und dreht anschließend eine Runde mit ihren zwei Pudeln. Danach geht sie in ihr Atelier, um an ihren Kunstwerken zu arbeiten. Am Nachmittag geht sie noch einmal mit den Hunden raus; trinkt dann auf dem Balkon einen Martini und genießt den Sonnenuntergang. Den Balkon nennt sie übrigens liebevoll ihr „Pier“, weil er in die Landschaft ragt wie eine Seebrücke ins Meer. „Die europäischen Siedler, die auf ihrem Weg nach Westen hier vorbeikamen, verglichen die endlosen Graslandschaften gern mit dem Meer und nannten ihre Pferdewagen ‘Prärie-Schiffe’“, erzählt sie.
Einen Fernseher braucht Morris hier nicht: Abends liegt sie oft einfach da und schaut in den Himmel: „Der Sternhimmel hier draußen ist sagenhaft.“
Mehr Fotos des Hauses
Hier eine kleine Übersicht über die Projektkosten:
Einen Fernseher braucht Morris hier nicht: Abends liegt sie oft einfach da und schaut in den Himmel: „Der Sternhimmel hier draußen ist sagenhaft.“
Mehr Fotos des Hauses
Hier eine kleine Übersicht über die Projektkosten:
- Kornspeicher (mit einem Durchmesser von knapp zehn Metern und einer Höhe von sechs Metern) plus eine sechs Meter hohe Leiter: 11 968 Dollar ( rund 10 000 Euro)
- Aufbau des Kornspeichers: 9 050 Dollar ( etwa 7.500 Euro)
- Architekt: 9975 Dollar (etwa 8500 Euro, ein Freundschaftspreis)
- Baumaßnahmen: 163 220 Dollar (knapp 140.000 Euro)
- Geräte, Arbeitsplatten, Möbel etc.: rund 18 000 Dollar (etwa 15 000 Euro)
Dann klopfte eines Tages der Zufall an die Tür: zufällig traf sie einen ehemaligen Schüler, Nick Pancheau – der inzwischen Architekt geworden war. Sie erzählte ihm von ihrer Idee und „er hat sofort verstanden, was ich meinte“, erinnert sich Morris.